BT-Drucksache 17/9791

zu dem Antrag der Abgeordneten Sabine Zimmermann, Jutta Krellmann, Alexander Ulrich, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 17/9410 - Soziale Errungenschaften in der Europäischen Union verteidigen und ausbauen

Vom 24. Mai 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/9791
17. Wahlperiode 24. 05. 2012

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Sabine Zimmermann, Jutta Krellmann,
Alexander Ulrich, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 17/9410 –

Soziale Errungenschaften in der Europäischen Union verteidigen und ausbauen

A. Problem

Die Antragsteller sehen in der Europäischen Union (EU) über Jahrzehnte er-
kämpfte soziale Errungenschaften in Gefahr. Die Finanz- und Wirtschaftskrise
werde genutzt, um u. a. als Bedingung für Kredite in erheblichem Umfang so-
zialstaatliche Regelungen abzubauen.

B. Lösung

Mit dem Antrag soll ein grundlegender Kurswechsel in der EU-Politik der Kri-
senbekämpfung erreicht werden. Dazu gehöre, dass Deutschland weder den
Fiskalpakt noch den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) ratifiziere.
Die Bundesregierung solle für diese Position bei den Regierungen und Parla-
menten der anderen EU-Staaten werben.

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD,
FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion
DIE LINKE.

C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Kosten

Kostenrechnungen wurden nicht angestellt.

Drucksache 17/9791 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/9410 abzulehnen.

Berlin, den 23. Mai 2012

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales

Max Straubinger Josip Juratovic
Stellvertretender Vorsitzender Berichterstatter

Berlin, den 23. Mai 2012
I. Überweisung

Der Antrag auf Drucksache 17/9410 ist in der 178. Sitzung
des Deutschen Bundestages am 10. Mai 2012 an den Aus-
schuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Beratung
sowie an den Haushaltsausschuss, den Ausschuss für Wirt-
schaft und Technologie sowie den Ausschuss für die Ange-
legenheiten der Europäischen Union zur Mitberatung über-
wiesen worden.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Finanz- und Wirtschaftskrise sowie ihre Ursachen sind
nach Einschätzung der Antragsteller auch nach vier Jahren
noch ungelöst. Mehrere süd- und osteuropäische Staaten
stünden inzwischen vor dem finanziellen Ruin, ihre Bürge-
rinnen und Bürger vor dem sozialen Absturz. Die Troika be-
stehend aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank
und Internationalem Währungsfonds fordere als Gegenleis-
tung für Kredite, den Sozialstaat abzubauen und soziale
Standards wie Tarifverträge und Mindestlöhne auszuhöhlen.
Die Krise werde genutzt, um sozialstaatliche Regelungen in
unvorstellbarem Ausmaß einzureißen. Im Windschatten der
Krise bahne sich ein gigantisches Umverteilungsprogramm
seinen Weg. Zudem würden in der gesamten EU die Steuer-
zahlenden für die Bankenrettung zur Kasse gebeten. Nun
solle der soziale Kahlschlag mit dem Europäischen Stabili-
tätsmechanismus (ESM) und dem sogenannten Fiskalpakt
auf Dauer festgeschrieben werden. Die Bundesregierung sei
der Motor für diese Entwicklung. Notwendig sei ein grund-
legender Kurswechsel zugunsten der sozialen Absicherung
der Bürger und Bürgerinnen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Haushaltsausschuss, der Ausschuss für Wirtschaft
und Technologie sowie der Ausschuss für die Angelegen-
heiten der Europäischen Union haben den Antrag auf
Drucksache 17/9410 in ihren Sitzungen am 23. Mai 2012
beraten und dem Deutschen Bundestag gleichlautend mit
den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion DIE LINKE. die Ablehnung des Antrags empfohlen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den Antrag auf
Drucksache 17/9410 in seiner 105. Sitzung am 23. Mai
2012 abschließend beraten und dem Deutschen Bundestag
mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion DIE LINKE. die Ablehnung des Antrags empfohlen.

Die Fraktion der CDU/CSU kritisierte die dem Antrag zu-
grunde liegende Analyse. Die angegriffenen Maßnahmen
seien als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise not-
wendig; denn einige Länder hätten bisher deutlich über ihre
Verhältnisse gelebt. Der Antrag verdrehe die Tatsachen. Die
EU helfe den in Not geratenen Mitgliedstaaten und übe
Solidarität. Hetze dagegen müsse unterlassen werden. Über
den ESM bestehe Konsens in Europa wie auch über den
Fiskalpakt.

Die Fraktion der SPD stimmte der Analyse im Antrag zu.
Bisher liege der EU-Fokus auf dem gemeinsamen Markt.
Konkretes Handeln gelte allein Finanzmaßnahmen. Künftig
müsse man Europa stärker als gemeinsamen Standort be-
greifen, in dem auch die Sozialpolitik ihren Stellenwert
habe. In diesem Bereich laufe die Zeit für positive Verände-
rungen davon. Bei einer Jugendarbeitslosigkeit von 50 Pro-
zent müsse man sofort handeln. Allerdings teile die Fraktion
der SPD nicht die strategischen Konsequenzen des Antrags.
Wenn die Gewerkschaften einen Mindestlohn von 8,50 Euro
forderten, mache es keinen Sinn, im Deutschen Bundestag
einen Betrag von 10 Euro zu beschließen. Daher werde sich
die Fraktion bei der Abstimmung der Stimme enthalten.

Die Fraktion der FDP teilte weder Analyse noch Konse-
quenzen des Antrags. Die aktuellen Probleme in einigen
EU-Staaten entstammten nicht dem Sparprogramm, sondern
der Wirtschafts- und Finanzkrise. Wachstum als Lösung der
Probleme lasse sich auch nicht durch Schulden erkaufen,
sondern nur durch Strukturreformen erreichen. Entspre-
chend der Koalitionsvereinbarung zwischen CDU, CSU und
FDP lehne man darüber hinaus einen bundeseinheitlichen
Mindestlohn weiterhin ab. Die Fraktion stimme gegen den
Antrag.

Die Fraktion DIE LINKE. kritisierte den Abbau sozialer
Errungenschaften in der EU im Zuge der Krisenbekämp-
fung. Die Jugendarbeitslosigkeit liege inzwischen in einigen
europäischen Staaten bei rund 50 Prozent, die Arbeitslosig-
keit insgesamt sei stark gestiegen. Tarifverträge würden
ausgesetzt, Mindestlöhne gesenkt. Es gebe Massenentlas-
sungen im öffentlichen Dienst. Das alles schwäche zudem
die Gewerkschaften. Die Zahlen für die Situation in Europa
seien alarmierend. Daher wolle man versuchen, die Bundes-
regierung für einen Politikwechsel zu gewinnen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN schloss sich
der Bewertung an. Die Situation in vielen Ländern sei alar-
mierend. Der Fiskalpakt werde dort sehr skeptisch gesehen.
Eine Beschränkung aufs Sparen bei der Krisenbekämpfung
verursache zusätzliche Probleme, auch die Einnahmeseite
müsse in den Blick genommen werden. Zudem würden die
sozialen Standards in der EU derzeit mit Füßen getreten.
Aber anders als im vorliegenden Antrag sehe die Fraktion
die Antwort auf die Probleme in einer europäischen Lösung.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/9791

Bericht des Abgeordneten Josip Juratovic
Josip Juratovic
Berichterstatter

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