BT-Drucksache 17/962

Position der Bundesregierung zu CO2-Grenzwerten für leichte Nutzfahrzeuge

Vom 5. März 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/962
17. Wahlperiode 05. 03. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Winfried Hermann, Dr. Anton Hofreiter, Bettina Herlitzius,
Stephan Kühn, Ingrid Nestle, Daniela Wagner, Dr. Valerie Wilms und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Position der Bundesregierung zu CO2-Grenzwerten für leichte Nutzfahrzeuge

Im Zeitraum 1990 bis 2007 haben die Treibhausgasemissionen des Verkehrs in
der EU um 36 Prozent zugenommen, während sie in anderen Sektoren um
9 Prozent gesunken sind. Vor dem Hintergrund der globalen Erwärmung ist eine
konsequente Absenkung der Emissionen des Straßenverkehrs unverzichtbar.
Dazu gehört auch eine EU-weite Regulierung der Neuwagen im Bereich der
leichten Nutzfahrzeuge. EU-weit hat die Anzahl leichter Nutzfahrzeuge in den
letzten fünf Jahren um mehr als ein Viertel und damit deutlich stärker als der
Pkw-Bestand zugenommen. Gegenwärtig gehören rund 11 Prozent aller Kraft-
fahrzeuge zur Gruppe der leichten Nutzfahrzeuge und ihre Zahl steigt weiter. In
Deutschland waren laut Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) zum 1. Januar 2009 rund
1,8 Millionen Kleinlaster bis 3,5 t zugelassen, sie machen mit 77 Prozent den
Löwenanteil der Nutzfahrzeuge aus.

Im Februar 2007 hat die EU-Kommission die Strategie zur Verringerung der
Kohlendioxid-Emissionen (CO2) von „leichten Kraftfahrzeugen“ (Pkw und
leichte Nutzfahrzeuge bis 3,5 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht) vorgelegt
(KOM(2007)19, 7. Februar 2007). Die Kommissionsmitteilung beinhaltete ne-
ben Vorgaben für Pkw auch Zielsetzungen für den durchschnittlichen CO2-Aus-
stoß leichter Nutzfahrzeuge (175 g/km in 2012 und 160 g/km in 2015). Die EU-
Kommission hat am 28. Oktober 2009 für leichte Nutzfahrzeuge einen Regulie-
rungsvorschlag vorgelegt. Die Bundesregierung berät derzeit mit den anderen
Mitgliedstaaten im Umweltministerrat und den Ausschüssen des Europäischen
Parlaments, federführend für das Verfahren ist der ENVI-Ausschuss (Ausschuss
für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherpolitik). Im Zusammenhang
mit den laufenden europäischen Beratungen fragen wir die Bundesregierung:

1. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass die Grenzwertvorgaben
ursprünglich sowohl für die Fahrzeugklasse der leichten Nutzfahrzeuge mit
einer Gesamtmasse von bis zu 2,6 t und mit einer Gesamtmasse von bis zu
3,5 t (Klasse N1) als auch für Nutzfahrzeuge mit einer Gesamtmasse von
3,5 bis 12 t (Klasse N2) sowie Fahrzeuge der Klasse M2 mit mindestens
8 Sitzplätzen und einer zulässigen Gesamtmasse von bis zu 5 t vorgesehen

waren?

Wenn ja, warum wurde der Geltungsbereich derartig eingeschränkt?

Drucksache 17/962 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

2. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass der vorliegende Vorschlag zu den
Grenzwerten für leichte Nutzfahrzeuge geeignet ist, einen angemessenen
Beitrag zu leisten, um die Vorgaben der Entscheidung Nr. 406/2009/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über die
Anstrengungen der Mitgliedstaaten zur Reduktion ihrer Treibhausgasemis-
sionen mit Blick auf die Erfüllung der Verpflichtungen der Gemeinschaft zur
Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2020 zur CO2-Reduktion um
10 Prozent (im Vergleich zu 2005) für jene Sektoren, die nicht dem Emis-
sionshandel unterliegen, zu erfüllen?

3. Welche Position nimmt die Bundesregierung zum Zieljahr bei der Einfüh-
rung eines CO2-Grenzwerts für den Durchschnitt der Gesamtflotte neuer
Nutzfahrzeuge ein?

4. Ist es zutreffend, dass sich die Bundesregierung dafür einsetzt, im Jahr 2014
zunächst nur für einen Teil der Neuwagenflotte den Durchschnittswert von
175 g CO2/km und erst im Jahr 2016 für die gesamte Flotte den Grenzwert
vorzuschreiben?

5. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die vorgesehene Anlaufphase
(Flotten-Phasing-In) die CO2-Reduktion zu beschleunigen vermag, bzw.
welcher Flottendurchschnitt wird damit in 2012 erreicht?

6. Inwieweit teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass mit Blick auf das
nationale Klimaschutzziel andere Sektoren stärker belastet werden, wenn im
Bereich Verkehr etwa der CO2-Grenzwert für die Gesamtflotte der leichten
Nutzfahrzeuge erst ab 2016 gilt?

7. Wie steht die Bundesregierung zu einem verbindlichen Folgegrenzwert für
2020?

8. Unterstützt die Bundesregierung das Konzept, künftig Grenzwerte durch
Zielwerte zu ersetzen, die deutlich weniger verbindlich sind, und wenn ja,
wie begründet sie dies?

9. Ist die Bundesregierung die Auffassung, dass Zielwerte das richtige Instru-
ment sind um die Planungssicherheit der Industrie sicherzustellen?

10. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die frühzeitige Festlegung
eines Folgegrenzwertes positive Auswirkungen auf die Zusammensetzung
der Nutzfahrzeugflotte im Jahr 2020 und in den Jahren davor haben könnte?

11. Von welcher CO2-Minderung im Jahr 2020 bei leichten Nutzfahrzeugen
gegenüber einer Trendentwicklung ohne Grenzwertfestlegung geht die
Bundesregierung aus bei Festlegung eines Zielwertes von 135 g CO2/km?

12. Von welcher CO2-Minderung im Jahr 2020 bei leichten Nutzfahrzeugen
gegenüber einer Trendentwicklung ohne Grenzwertfestlegung geht die
Bundesregierung aus, falls die Gesamtflotte der Nutzfahrzeuge im Jahr 2016
noch 175 g CO2/km ausstoßen darf?

13. Von welcher CO2-Minderung im Jahr 2020 bei leichten Nutzfahrzeugen
gegenüber einer Trendentwicklung ohne Grenzwertfestlegung geht die Bun-
desregierung aus, falls das Flotten-Phasing-In (ab 2014) nicht beschlossen
werden sollte, sondern der Flottengrenzwert direkt ab 2012 gelten würde?

14. Welcher Unterschied in der CO2-Minderung im Jahr 2020 bei leichten Nutz-
fahrzeugen gegenüber einer Trendentwicklung ohne Grenzwertfestlegung
ergibt sich, wenn ein CO2-Folgegrenzwert mit 125 g CO2/km in 2020 fest-
gelegt wird?

15. Wann wird sich die Bundesregierung auf ihre Verhandlungsposition für

einen Flottengrenzwert für 2020 festlegen, und wie wird dieser Grenzwert
aussehen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/962

16. Sind der Bundesregierung Untersuchungen bekannt, die zum Ergebnis
haben, dass eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 100 km/h bei leichten
Nutzfahrzeugen den CO2-Ausstoß und damit auch den realen Verbrauch um
rund 7 bis 8 Prozent verringern könnte?

17. Welche zusätzlichen Maßnahmen zur CO2-Minderung im Verkehrsbereich
will die Bundesregierung ergreifen, falls eine geringere CO2-Minderung
durch die Festlegung schwächerer CO2-Grenzwerte für Nutzfahrzeuge
erfolgt?

18. Wie hoch ist die Zahl der Neuzulassungen von Fahrzeugen der Klasse N1,
der Klasse N2 und der Klasse M2; aufgeschlüsselt hierbei jeweils für die
Jahre 1998 bis 2008 nach

a) den durchschnittlichen CO2-Emissionen,

b) der Anzahl der neu zugelassenen Fahrzeuge mit CO2-Emissionen unter
50 g/km,

c) der durchschnittlichen Bezugsmasse und

d) der Leistung und Höchstgeschwindigkeit?

19. Wie groß war der Gesamtbestand der Klasse N1 mit einer Bezugsmasse von
höchstens 2 610 kg in den Jahren 1998 bis 2008; aufgeschlüsselt nach

a) der Anzahl der Fahrzeuge und

b) gegliedert nach der jährlichen Fahrleistung innerorts/außerorts und Auto-
bahn?

20. Welche jährlichen CO2-Emissionen stieß der Gesamtbestand der Klasse N1
mit einer Bezugsmasse von höchstens 2 610 kg unter Annahme dieser Fahr-
leistung zwischen 1998 und 2008 aus?

21. Wie groß war der Gesamtbestand der Klasse N2 mit einer Bezugsmasse von
höchstens 2 610 kg in den Jahren 1998 bis 2008; aufgeschlüsselt nach

a) der Anzahl der Fahrzeuge und

b) gegliedert nach der jährlichen Fahrleistung innerorts/außerorts und Auto-
bahn?

22. Welche jährlichen CO2-Emissionen stieß der Gesamtbestand Klasse N2 mit
einer Bezugsmasse von höchstens 2 610 kg unter Annahme dieser Fahrleis-
tung aus?

23. Wie groß war der Gesamtbestand der Klasse M2 mit einer Bezugsmasse von
höchstens 2 610 kg in den Jahren 1998 bis 2008; aufgeschlüsselt nach

a) der Anzahl der Fahrzeuge und

b) gegliedert nach der jährlichen Fahrleistung innerorts/außerorts und Auto-
bahn?

24. Welche jährlichen CO2-Emissionen stieß der Gesamtbestand Klasse M2 mit
einer Bezugsmasse von höchstens 2 610 kg unter Annahme dieser Fahr-
leistung aus?

25. Welche weiteren Maßnahmen plant die Bundesregierung im Bereich der
leichten Nutzfahrzeuge, um das nationale Klimaschutzziel zu erreichen?

Berlin, den 5. März 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.