BT-Drucksache 17/9587

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Edgar Franke, Christine Lambrecht, Bärbel Bas, weiterer Abgeordneter und der Fraktion SPD - Drucksache 17/3685 - Korruption im Gesundheitswesen wirksam bekämpfen

Vom 9. Mai 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/9587
17. Wahlperiode 09. 05. 2012

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Edgar Franke, Christine Lambrecht,
Bärbel Bas, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
– Drucksache 17/3685 –

Korruption im Gesundheitswesen wirksam bekämpfen

A. Problem

Nach Schätzungen gehen der gesetzlichen Krankenversicherung durch Korrup-
tion, Abrechnungsbetrug und Falschabrechnung von Leistungen jährlich zwi-
schen 5 und 18 Mrd. Euro an Versicherungsgeldern verloren.

B. Lösung

Die Antragsteller fordern die Bundesregierung auf, in das Strafgesetzbuch
ergänzende Regelungen aufzunehmen, die sicherstellen, dass Korruptions-
handlungen niedergelassener Ärzte Straftatbestände darstellen, sowie einen
Straftatbestand zu schaffen, der sozialversicherungsrechtliche Sachverhalte ein-
bezieht. Außerdem sollen Falschabrechnungen von Krankenhäusern künftig
sanktioniert werden. Ferner soll darauf hingewirkt werden, dass die Länder
Schwerpunktstaatsanwaltschaften und Ermittlungsgruppen bei der Kriminal-
polizei bilden und die Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesund-
heitswesen als Profit-Center bei der sie tragenden Organisation verankert wer-
den.

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktion der SPD bei Stimmenthaltung
der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen

Annahme der Antrags.
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Wurden nicht erörtert.

Drucksache 17/9587 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Wurde nicht erörtert.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Wurde nicht erörtert.

Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten

Wurde nicht erörtert.

E.3 Erfüllungsaufwand für die Verwaltung

Wurde nicht erörtert.

F. Weitere Kosten

Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/9587

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/3685 abzulehnen.

Berlin, den 9. Mai 2012

Der Ausschuss für Gesundheit

Dr. Carola Reimann
Vorsitzende

Dr. Edgar Franke
Berichterstatter

Die Anhörung fand in der 70. Sitzung am 28. März 2012 nisse gebracht. Selbst der GKV-Spitzenverband habe keine
statt. Als sachverständige Organisationen waren eingeladen:
ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerver-
bände, Bundesarbeitsgemeinschaft SELBSTHILFE von

Informationen darüber, dass Krankenhausfalschabrechnun-
gen strafrechtlich verfolgt würden. In diesem Kontext habe
der Antrag sein Ziel verfehlt und man werde ihn ablehnen.
Drucksache 17/9587 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht des Abgeordneten Dr. Edgar Franke

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag der Fraktion der
SPD auf Drucksache 17/3685 in seiner 112. Sitzung am
27. Mai 2011 in erster Lesung beraten und zur federführen-
den Beratung an den Ausschuss für Gesundheit überwiesen.
Ferner hat er ihn zur Mitberatung an den Rechtsausschuss
überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Nach Schätzungen von Experten des European Healthcare
Fraud and Corruption Network gehen der gesetzlichen Kran-
kenversicherung durch Korruption, Abrechnungsbetrug und
Falschabrechnung von Leistungen jährlich zwischen 5 und
18 Mrd. Euro an Versicherungsgeldern verloren. Das sind
etwa drei bis zehn Prozent der gesamten Gesundheitsaus-
gaben.

Die Antragsteller fordern deshalb die Bundesregierung auf,
in das Strafgesetzbuch ergänzende Regelungen aufzuneh-
men, die sicherstellen, dass Korruptionshandlungen nieder-
gelassener Ärzte künftig Straftatbestände darstellen. Weiter
soll ein Straftatbestand geschaffen werden, der sozialver-
sicherungsrechtliche Sachverhalte einbezieht und es sollen
Falschabrechnungen von Krankenhäusern sanktioniert wer-
den.

Die Bundesregierung soll zudem darauf hinwirken, dass die
Länder qualifizierte Schwerpunktstaatsanwaltschaften und
Ermittlungsgruppen bei der Kriminalpolizei bilden und die
Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheits-
wesen als Profit-Center bei der sie tragenden Organisation
verankert werden, damit der erforderliche Personalausbau
nicht durch die Verwaltungskostendeckelung beeinträchtigt
wird.

III. Stellungnahme des mitberatenden
Ausschusses

Der Rechtsausschuss hat in seiner 80. Sitzung am 25. April
2012 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gegen die Stimmen der Fraktion der SPD bei Stimm-
enthaltung der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN beschlossen zu empfehlen, den Antrag auf
Drucksache 17/3685 abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Gesundheit hat in seiner 65. Sitzung am
7. März 2012 die Beratungen zu dem Antrag der Fraktion
der SPD auf Drucksache 17/3685 aufgenommen und be-
schlossen eine öffentliche Anhörung durchzuführen.

desinnung der Hörgeräteakustiker (biha), Bundesinnungs-
verband für Orthopädie-Technik, Bundespsychotherapeu-
tenkammer (BPtK), Bundesverband der Arzneimittel-Her-
steller e. V. (BAH), Bundesverband der Pharmazeutischen
Industrie e. V. (BPI), Bundesverband der Verbraucherzent-
ralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bun-
desverband e. V. (vzbv), Bundesverband Medizintechnolo-
gie e. V. (BVMed), Deutsche Krankenhausgesellschaft e. V.
(DKG), Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand
(DGB), Deutscher Pflegerat e. V. (DPR), Deutscher Verband
für Physiotherapie – Zentralverband der Physiotherapeuten/
Krankengymnasten (ZVK) e. V., GKV-Spitzenverband,
Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), m.e.z.i.s. Mein
Essen zahl ich selbst e. V., Sozialverband Deutschland e. V.,
Transparency Deutschland, ver.di – Vereinte Dienstleis-
tungsgewerkschaft Bundesvorstand, Verein Demokrati-
scher Ärztinnen und Ärzte (VDÄÄ), Verein demokratischer
Pharmazeutinnen und Pharmazeuten (VDPP) und Vereini-
gung demokratische Zahnmedizin (VDZM). Als Einzel-
sachverständige waren eingeladen: Michael Frehse, Jörg
Engelhard und Dina Michels. Auf das Wortprotokoll der
Anhörung wird verwiesen.

Der Ausschuss hat in seiner 72. Sitzung am 25. April 2012
seine Beratungen fortgesetzt und abgeschlossen. Als Ergebnis
empfiehlt der Ausschuss für Gesundheit mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen
der Fraktion der SPD bei Stimmenthaltung der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Antrag
auf Drucksache 17/3685 abzulehnen.

Die Fraktion der FDP war der Auffassung, dass in dem An-
trag „Korruption im Gesundheitswesen bekämpfen“ keine
inhaltlichen Abgrenzungen vorgenommen würden, obwohl
diese unbedingt erforderlich seien. Auch die Anhörung habe
verdeutlicht, dass ein differenziertes Vorgehen wichtig ge-
wesen wäre. So würden beispielsweise Korruption und
Falschabrechnungen undifferenziert nebeneinander stehen.
Der Ansatz, dass Korruptionshandlungen niedergelassener
Ärzte künftig ein Straftatbestand darstellen sollten, sei im
Prinzip eine Selbstverständlichkeit. Für alle Bereiche gelte,
dass Straftaten verfolgt und geahndet würden. Allerdings
müsse zum Beispiel bei falschen Krankenhausabrechnungen
unterschieden werden, ob die Abrechnungen systematisch
fehlerhaft erfolgten, ob eine betrügerische Absicht dahinter
stehe oder ob es sich um unterschiedliche Abrechnungsmög-
lichkeiten der diagnosebezogenen Fallgruppen (DRGs) han-
dele. Gerade bei den Abrechnungsmöglichkeiten fehle es an
einer geeigneten Systematik. Das Fehlerspektrum sei sehr
breit, weshalb nicht pauschal von Falschabrechnungen ge-
sprochen werden könne, die es zu sanktionieren gelte. Es
werde suggeriert, dass sofortiger gesetzgeberischer Hand-
lungsbedarf bestehe, der Beweis hierfür werde aber nicht er-
bracht. Auch die Anhörung habe hierzu keine neuen Erkennt-
Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung
und ihren Angehörigen e. V. (BAG SELBSTHILFE), Bun-

Die Fraktion der CDU/CSU schloss sich den Ausführun-
gen der Fraktion der FDP an und ergänzte, dass es bereits

liche Klarstellung, sei dringend erforderlich. Das Sozialver-
sicherungsrecht und speziell der Bereich des SGB V seien
derart kompliziert, dass oftmals weder Staatsanwaltschaften
noch Gerichte sich bewusst seien, welche Probleme vorhan-
den seien. Eine sowohl sprachliche als auch rechtliche Präzi-
sierung werde deshalb für Klarheit sorgen, was für das Ge-
sundheitssystem förderlich sei. Hinzu komme, dass die hohe
Zahl der Falschabrechnungen von Krankenhäusern künftig
sanktioniert werden müsse. Derzeit blieben Falschabrech-
nungen, die es unbestritten gebe, in der Regel unbestraft. In
der Gesamtschau habe der Antrag bereits jetzt bei vielen
Akteuren Reaktionen bewirkt, was durch die große Zahl von
Rückmeldungen deutlich geworden sei.

Die Fraktion DIE LINKE. führte aus, dass die Zielrich-
tung des Antrags zwar stimme, der Antrag aber insgesamt
hinter dem Anspruch, die Korruption im Gesundheitswesen
zu bekämpfen, zurück bleibe und der Breite des Themas
nicht gerecht werde. So sei zwar die Einführung eines Kor-

liche Entscheidung abgewartet werden, um dann entspre-
chende Regelungen im SGB V oder im Strafrecht zu veran-
kern. Die Einrichtung von Schwerpunktstaatsanwaltschaf-
ten sei Ländersache und könne nur angeregt, nicht aber be-
einflusst werden. Mehr Möglichkeiten bestünden auf dem
Gebiet der Transparenz in den Versorgungsbereichen. Dies
sei eng mit dem Handlungsrahmen der Stellen zur Bekämp-
fung von Fehlverhalten verknüpft. Allerdings fehle es hier
an Stringenz. Bereits die Formulierung von vergleichbaren
Kriterien zur Erfassung von Fehlverhalten habe verhältnis-
mäßig lange gedauert. Diese mangelnde Konsequenz seitens
des Gesetzgebers sei kein starkes Signal für die Leistungser-
bringer. Fehlverhalten müsse künftig zwar sanktioniert wer-
den. Allerdings müssten die Krankenhausfalschabrechnun-
gen mittels definierter Kriterien in bewusste Falschabrech-
nungen und fehlerhafte Abrechnungen der DRGs unter-
schieden werden. Infolge dieser Überlegungen werde man
sich bei der Abstimmung ebenfalls enthalten.

Berlin, den 9. Mai 2012

Dr. Edgar Franke
Berichterstatter
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/9587

heute im Sozialrecht verschiedene Regelungen gebe, zum
Beispiel § 128 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch
(SGB V), die bei einem Fehlverhalten ein schnelles Reagie-
ren und empfindliche Sanktionen ermöglichten. So könne
bei einem Verstoß gegen sozialrechtliche Vorschriften unter
anderem die ärztliche Zulassung entzogen werden. Diese
Sanktionen seien ebenso wirksam wie die Aufnahme eines
neu definierten Straftatbestands in das Strafgesetzbuch.

Die Fraktion der SPD wies darauf hin, dass der gesetzlichen
Krankenversicherung durch Falschabrechnungen oder Kor-
ruption Milliardenschäden entstünden. Dies sei auch im Rah-
men der öffentlichen Anhörung von Seiten der Einzelsach-
verständigen deutlich gemacht worden. Der Antrag sei wich-
tig, weil er bei den Akteuren im Gesundheitswesen und ins-
besondere bei den niedergelassenen Ärzten ein noch nicht
ausreichend vorhandenes Unrechtsbewusstsein wecke. Ärzte
hätten teilweise ein Selbstverständnis, das nicht den morali-
schen Anforderungen gerecht werde. Die Schaffung eines
Spezialtatbestands, der den sozialversicherungsrechtlichen
Besonderheiten Rechnung trage, zumindest aber eine recht-

ruptionstatbestands und eines Straftatbestands, der die be-
sondere Stellung der GKV als schützenswertes Gut be-
nenne, genauso unterstützenswert wie der Ausbau von
Schwerpunktstaatsanwaltschaften. Nicht zielführend sei
aber die Organisation der Stellen zur Bekämpfung des Fehl-
verhaltens als Profit-Center. Die diesbezüglichen Personal-
kosten sollten aber aus den gedeckelten Verwaltungskosten
ausgegliedert werden. Bemerkenswert sei, dass weder
Pharma- noch Medizinproduktehersteller als Hauptinitiato-
ren von Korruptionsverhalten erwähnt würden. Deren Ein-
fluss auf die Ärzte müsse zurückgedrängt und diese sensibi-
lisiert werden. Zudem würden nicht sämtliche Facetten be-
trügerischen und korrupten Verhaltens erwähnt. Die zuneh-
mende Intransparenz der Versorgungslandschaft eröffne
vielfältige Korruptionsmöglichkeiten. An dieser Stelle
müsse angesetzt werden. Aus den genannten Gründen werde
man sich bei der Abstimmung enthalten.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bestätigte,
dass das Problem der Korruption nicht umfassend behandelt
werde. Bei der Ärzteproblematik müsse die höchstrichter-

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