BT-Drucksache 17/9558

Rechtswidrige Extremismusklausel in den Bundesprogrammen gegen Rechtsextremismus sofort aufheben

Vom 9. Mai 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/9558
17. Wahlperiode 09. 05. 2012

Antrag
der Abgeordneten Daniela Kolbe (Leipzig), Sönke Rix, Dr. h. c. Wolfgang Thierse,
Petra Crone, Petra Ernstberger, Iris Gleicke, Kerstin Griese, Christel Humme,
Ute Kumpf, Caren Marks, Franz Müntefering, Aydan Özog˘uz, Thomas Oppermann,
Marlene Rupprecht (Tuchenbach), Rolf Schwanitz, Stefan Schwartze,
Dagmar Ziegler, Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

Rechtswidrige Extremismusklausel in den Bundesprogrammen gegen
Rechtsextremismus sofort aufheben

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Das Verwaltungsgericht Dresden hat die als Extremismusklausel bekannte
Bestätigungserklärung in den Richtlinien des Bundesprogramms „TOLERANZ
FÖRDERN – KOMPETENZ STÄRKEN“ für rechtswidrig erklärt (Az. 1 K
1755/11). Die Erklärung, wonach der Zuwendungsempfänger seine Partner hin-
sichtlich ihrer Absicht, die Ziele des Grundgesetzes zu verfolgen, überprüfen
solle, sei zu unbestimmt. Beispielsweise sei unklar, wer etwa „Partner“ ist und
welches Verhalten den Zuwendungsempfängern konkret abverlangt wird.

Die Extremismusklausel ist nicht nur widerrechtlich, sondern sie gefährdet auch
den gesellschaftlich notwendigen Kampf gegen rechte Ideologie und Gewalt.
Die Klausel diskreditiert und behindert zivilgesellschaftliches Engagement ge-
gen Rechtsextremismus. Sie stellt die Initiativen unter einen Generalverdacht
der Verfassungsfeindlichkeit und undemokratischen Gesinnung. Die Pflicht zur
Regelüberprüfung der Kooperationspartner fördert ein Klima des Misstrauens
und steht dem Ziel der Demokratieförderung entgegen.

Dabei leisten gerade die durch das Bundesprogamm „TOLERANZ FÖRDERN –
KOMPETENZ STÄRKEN“ und ähnliche Programme geförderten Träger durch
ihre Bildungs- und Präventionsarbeit einen unverzichtbaren Beitrag zur Stär-
kung der demokratischen Zivilgesellschaft und für die Achtung der Menschen-
rechte. Ohne die Förderung des Bundes wären die meisten dieser Projekte nicht
durchführbar. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesen Projekten arbeiten
in hoher Eigenmotivation unter oft schwierigen Bedingungen. Oft ist diese
Arbeit entbehrungsreich und von Rückschlägen geprägt.

Dass diese Arbeit als Teil einer systematischen präventiven Bekämpfung rechts-

extremistischer Ideologie und Gewalt eine zentrale gesamtgesellschaftliche
Aufgabe ist, haben alle im Deutschen Bundestag vertretenen Fraktionen ange-
sichts des Bekanntwerdens der Mordserie der Neonazi-Terrorgruppe „National-
sozialistischer Untergrund“ noch einmal einhellig bekräftigt. Vor diesem Hinter-
grund hat der Deutsche Bundestag in seiner Entschließung vom 22. November
2011 (Bundestagsdrucksache 17/7771) beschlossen zu überprüfen, wo dem
Engagement demokratischer Gruppen gegen Rechtsextremismus, Fremden-

Drucksache 17/9558 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
feindlichkeit und Antisemitismus Hindernisse entgegenstehen. Ein Ergebnis
dieser Prüfung kann vor dem Hintergrund der weitreichenden Kritik der Zivil-
gesellschaft an der Klausel und angesichts des aktuellen Urteils nur lauten: Es
ist auch die Extremismusklausel, die den Kampf gegen Rechtsextremismus be-
hindert.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

die Bestätigungserklärungen als Zuwendungsvoraussetzung aus den Richtlinien
der Bundesprogramme „TOLERANZ FÖRDERN – KOMPETENZ STÄR-
KEN“, „Initiative Demokratie stärken“ und „Zusammenhalt durch Teilhabe“ zu
streichen und die Vergabe der Zuwendungen im Rahmen dieser Programme
nicht an eine Unterzeichnung einer solchen Erklärung zu knüpfen.

Berlin, den 8. Mai 2012

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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