BT-Drucksache 17/9440

Ausbau der deutsch-polnischen Bahnverbindungen

Vom 25. April 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/9440
17. Wahlperiode 25. 04. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Hans-Joachim Hacker, Petra Ernstberger, Iris Gleicke,
Ute Kumpf, Thomas Oppermann, Florian Pronold, Dr. Frank-Walter Steinmeier
und der Fraktion der SPD

Ausbau der deutsch-polnischen Bahnverbindungen

Auch noch mehr als 20 Jahre nach dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ sind die
Eisenbahnverbindungen zu unserem polnischen Nachbarn in einem unbefriedi-
genden Zustand. So beträgt die Fahrtzeit mit der Bahn von Berlin nach Breslau
mehr als fünf Stunden, obgleich man in den 30er-Jahren nur zweieinhalb Stun-
den benötigte.

Bereits im deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag von 1991 wurde fest-
gehalten, dass die Bundesrepublik Deutschland und die Republik Polen eine
„Erweiterung der Transportverbindungen im Luft-, Eisenbahn- und Straßenver-
kehr sowie in der See- und Binnenschifffahrt unter modernster Technologien“
anstreben.

Zuletzt forderte der Deutsche Bundestag die Bundesregierung im Juni 2011 in
dem fraktionsübergreifenden Antrag „Deutschland und Polen – Verantwortung
aus der Geschichte, Zukunft in Europa“ auf Bundestagsdrucksache 17/6145
dazu auf, die Zusammenarbeit mit Polen in allen Politikbereichen voranzutrei-
ben und für „rasche und substanzielle Fortschritte beim Ausbau der grenzüber-
schreitenden Verkehrsinfrastruktur zu sorgen, insbesondere bei den Schienen-
verbindungen in Richtung Stettin, Warschau und Breslau“.

Auch die Bundesregierung hat sich anlässlich des 20. Jahrestages der Unter-
zeichnung des deutsch-polnischen Vertrages über gute Nachbarschaft und
freundschaftliche Zusammenarbeit verpflichtet, zusammen mit der polnischen
Regierung ein Programm zur erweiterten Zusammenarbeit vorzulegen. Dabei
hat man sich darauf geeinigt, den überregionalen Verkehr weiterzuentwickeln
und verschiedene, namentlich genannte Verkehrsprojekte voranzubringen. So
haben sich die Regierungen explizit auf eine deutliche Fahrzeitreduzierung auf
den Schienenstrecken Berlin–Breslau und Berlin–Stettin verständigt und den
Ausbau und die Elektrifizierung der Strecken zwischen Horka und Hoyers-
werda sowie Breslau und Dresden beschlossen. Darüber hinaus sollte die Zu-
sammenarbeit der zuständigen Eisenbahnbehörden durch die „baldige Unter-
zeichnung des im Oktober 2010 paraphierten deutsch-polnischen Abkommens

über die Zusammenarbeit im Bereich des Eisenbahnverkehrs“ gestärkt werden.

Alle diese Maßnahmen sind dringend notwendig, denn die Wirtschaft in
Deutschland und Polen wächst und partizipiert in enormen Maße voneinander,
wie der stetig steigende Güter- und Warenaustausch zwischen beiden Ländern
beweist. Auch verbringen immer mehr Polen in Deutschland ihren Urlaub und
sind eine immer wichtiger werdende Zielgruppe unserer hiesigen Tourismus-
wirtschaft. Die strukturschwache Region von Ost-Vorpommern kann bei besse-

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rer Anbindung von der boomenden Wirtschaft im nahen Stettin partizipieren.
Aufgrund niedriger Immobilienpreise ziehen immer mehr Polen in die deut-
schen Grenzregionen und bringen damit, neben Steuereinnahmen, auch neue
Impulse und neues Leben in Gebiete, die sonst von Abwanderung und Überal-
terung bedroht sind.

Der künftige Hauptstadtflughafen Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (BER)
wird auch für die west-polnischen Regionen ein wichtiger Luftverkehrsstandort
sein, der bahnseitig besser angeschlossen werden muss. Laut dem Verkehrsver-
bund Berlin-Brandenburg GmbH (VBB) müssen dafür bis 2020 sechs Bahn-
korridore zwischen dem BER und Westpolen ausgebaut werden.

Mit Blick auf die deutsche Geschichte ist daher jede deutsche Regierung in der
Pflicht, alles zu tun, um die sich stetig weiter entwickelnde Verzahnung der
deutschen und der polnischen Gesellschaft zu unterstützen. Dazu gehört ein ad-
äquater Ausbau der Schienenverkehrswege.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Mit welchen Maßnahmen kommt die Bundesregierung der im Antrag auf
Bundestagsdrucksache 17/6145 gestellten Forderung nach, für „rasche und
substanzielle Fortschritte beim Ausbau der grenzüberschreitenden Verkehrs-
infrastruktur zu sorgen, insbesondere bei den Schienenverbindungen in
Richtung Stettin, Warschau und Breslau“?

2. Wie vereinbart sich die Einstufung des Vorhabens „ABS (Berlin–) Anger-
münde–Grenze Polen D/PL (–Stettin)“ in Kategorie D des IRP 2011–2015
mit der Umsetzung eines raschen Ausbaus?

3. Geht die Bundesregierung davon aus, dass die im Schreiben von Bundes-
minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Dr. Peter Ramsauer, an den
Minister für Infrastruktur und Landwirtschaft des Landes Brandenburg, Jörg
Vogelsänger, vom 23. März 2012 angekündigte Realisierung des Vorhabens
„ABS (Berlin–) Angermünde–Grenze Polen D/PL (–Stettin)“ trotz Einstu-
fung in Kategorie D bis 2020 erfolgen kann?

4. Wird die ebenfalls in Kategorie D aufgeführte und nach Darstellung im
Schreiben vom 23. März 2012 erst nach 2015 beginnende durchgehende Er-
tüchtigung dieser Strecke auf 200 km/h ebenfalls bis zum Jahr 2020 reali-
siert?

5. Wann wird die nur 50 km lange Schienenstrecke zwischen Cottbus und der
polnischen Grenze auf der Verbindungstrasse Berlin–Breslau elektrifiziert?

6. Wann wird die nur 25 km lange Schienenstrecke zwischen Angermünde und
der polnischen Grenze auf der Verbindungstrasse Berlin–Stettin elektrifiziert?

7. Wann ist die Verlängerung der Systemschnittstelle Wechselstrom/Gleich-
strom von der Oderbrücke bis Frankfurt/Oder Hauptbahnhof geplant, damit
die polnischen Gleichstrom-Regionalexpresszüge mit der deutschen Re-
gionalbahn verknüpft werden können?

8. Warum und auf Grundlage welcher Erkenntnisse lehnt das Bundesministe-
rium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung einen Neubau der Karniner
Brücke zur besseren Anbindung der Insel Usedom und der Stadt Swinemünde
an die Region Berlin/Brandenburg ab?

9. Welche Schienenverkehrsangebote zur direkten Anbindung der benachbar-
ten polnischen Großstädte an den Flughafen Berlin Brandenburg GmbH sind
in den Planungen des Bundesverkehrsministeriums vorgesehen?

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10. Wie ist der Stand bezüglich des geplanten deutsch-polnischen Abkommens
über die Zusammenarbeit im Bereich des Eisenbahnverkehrs, und wann ist
voraussichtlich mit der Unterzeichnung und dem Inkrafttreten des Abkom-
mens zu rechnen?

11. Trifft es zu, dass die abschließende Unterzeichnung des deutsch-polnischen
Abkommens über die Zusammenarbeit im Eisenbahnverkehr dadurch be-
hindert wird, dass seitens des Bundesministers für Verkehr, Bau und Stadt-
entwicklung, Dr. Peter Ramsauer, dem Lückenschluss auf der Bahnstrecke
Berlin–Stettin bis 2016 nicht verbindlich zugestimmt wird?

Berlin, den 25. April 2012

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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