BT-Drucksache 17/9376

zu dem Antrag der Abgeordneten Birgitt Bender, Fritz Kuhn, Elisabeth Scharfenberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 17/5098 - Leistungen bei Schwangerschaft und Geburt aus der Reichsversicherungsordnung in das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch überführen und zeitgemäß ausgestalten

Vom 24. April 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/9376
17. Wahlperiode 24. 04. 2012

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Birgitt Bender, Fritz Kuhn,
Elisabeth Scharfenberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/5098 –

Leistungen bei Schwangerschaft und Geburt aus der Reichsversicherungsord-
nung in das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch überführen und zeitgemäß ausgestalten

A. Problem

Vielen Schwangeren sind ihre gesetzlichen Ansprüche auf Hebammenhilfe vor,
während und nach der Geburt nicht bekannt. Nach Auffassung der Antragsteller
liegt dies auch darin begründet, dass diese Leistungsansprüche in der Reichsver-
sicherungsordnung (RVO) und nicht, wie bei Leistungsansprüchen gegenüber
der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) üblich, im Fünften Buch Sozial-
gesetzbuch (SGB V) geregelt seien. Zudem seien die RVO-Regelungen nicht
zeitgemäß, da u. a. eine gesetzliche Definition der Hebammenhilfe, die Be-
nennung sämtlicher Geburtsorte, die Leistungsansprüche adoptierter Säuglinge
oder die des Vaters beim Tod der Mutter sowie die Hebammenbetreuung bei
einem Schwangerschaftsabbruch fehlten und zusätzlich psychosoziale Aspekte
aufgenommen werden müssten.

B. Lösung

Die Antragsteller fordern, dass die in der RVO definierten Leistungsansprüche
zur Hebammenhilfe durch einen entsprechenden Gesetzentwurf der Bundes-
regierung ergänzt, modernisiert und in das SGB V überführt werden.

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD.

C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Kosten

Kosten wurden nicht erörtert.

Drucksache 17/9376 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/5098 abzulehnen.

Berlin, den 23. April 2012

Der Ausschuss für Gesundheit

Dr. Carola Reimann
Vorsitzende

Mechthild Rawert
Berichterstatterin

– Vergütungsregelungen für die Bereitschaftsdienste privaten Krankenversicherung e. V. (PKV) und Verbraucher-

von Beleghebammen und für Leistungen, die nicht
direkt an den Gebärenden erbracht werden;

– Zusammenführung der Abrechnungsdaten aller ge-

zentrale Bundesverband e. V. (vzbv). Als Einzelsachverstän-
diger war Prof. Dr. Klaus Vetter eingeladen. Auf das Wort-
protokoll wird Bezug genommen.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/9376

Bericht der Abgeordneten Mechthild Rawert

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 17/5098 in
seiner 109. Sitzung am 13. Mai 2011 in erster Lesung beraten
und zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Ge-
sundheit und zur Mitberatung an den Ausschuss für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Vielen Schwangeren sind ihre gesetzlichen Ansprüche auf
Hebammenhilfe vor, während und nach der Geburt nicht
bekannt. Nach Auffassung der Antragsteller liegt dies auch
darin begründet, dass diese Leistungsansprüche in der
Reichsversicherungsordnung (RVO) und nicht, wie bei Leis-
tungsansprüchen gegenüber der gesetzlichen Krankenver-
sicherung (GKV) allgemein üblich, im Fünften Buch Sozial-
gesetzbuch (SGB V) geregelt seien. Zudem seien die RVO-
Regelungen nicht zeitgemäß, da u. a. eine gesetzliche Defi-
nition der Hebammenhilfe, die Benennung sämtlicher Ge-
burtsorte, die Leistungsansprüche adoptierter Säuglinge oder
die des Vaters beim Tod der Mutter sowie die Hebammen-
betreuung bei einem Schwangerschaftsabbruch fehlten und
zusätzlich psychosoziale Aspekte aufgenommen werden
müssten.

1. Aus diesem Grund sollten die §§ 179, 195 bis 200 RVO
ergänzt, modernisiert und in das SGB V überführt wer-
den. Der Bereich der Hebammenhilfe solle zusätzlich
um verschiedene Aspekte ergänzt werden:

– Beschreibung der Geburt als natürlicher, gesunder,
nicht krankheitsähnlicher Vorgang und Stärkung der
Gesundheitsförderung;

– Definition einer umfassenden Hebammenhilfe, die
Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett, Stillzeit und
Elternberatung einschließt;

– Regelung der Leistungsansprüche auch für Säuglinge
und Adoptions- oder Pflegeeltern sowie für Väter
nach dem Tod der Mutter oder wenn diese nicht in
der Lage ist, den Säugling zu versorgen;

– Nennung aller Geburtsorte (Krankenhaus, Geburts-
haus, Hausgeburt) und Regelungen zur Kostenüber-
nahme;

– Betreuung durch Hebammen bei künstlich eingeleite-
ten (Fehl-)Geburten und anschließendem Wochen-
bett;

– umfassende Beteiligung der Hebammenverbände an
der Erstellung der Mutterschaftsrichtlinien des Ge-
meinsamen Bundesausschusses,

2. Die in § 134a SGB V geregelte Honorierung der Heb-
ammenhilfe gewährleistet nach Auffassung der Antrag-
steller keine angemessene, an der wirtschaftlichen Situa-
tion der Hebammen orientierte Bezahlung und soll daher
entsprechend konkretisiert werden.

3. Darüber hinaus fordern die Antragsteller die Bundes-
regierung auf, u. a. Vorschläge zu unterbreiten, wie die
Stellung der Hebammen gestärkt werden könne, ihnen
mehr Kompetenzen zugewiesen werden könnten und
wie die Qualitätssicherung gewährleistet und die Versor-
gung mit Hebammenhilfe sichergestellt werden könne.

4. Zusätzlich soll die Bundesregierung prüfen, wie eine
Stärkung der Erziehungskompetenz durch Familien-
hebammen verankert und finanziert werden könne und
wie die Richtlinie 2005/36/EG in nationales Recht um-
gesetzt werden könne.

III. Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
hat in seiner 63. Sitzung am 28. März 2012 mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen
der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD emp-
fohlen, den Antrag auf Drucksache 17/5098 abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Gesundheit hat ins seiner 43. Sitzung am
8. Juni 2011 die Beratungen zum Antrag auf Drucksache
17/5098 aufgenommen und beschlossen, eine öffentliche
Anhörung durchzuführen.

Die öffentliche Anhörung fand in der 56. Sitzung am 9. No-
vember 2011 statt. Als sachverständige Organisationen wa-
ren eingeladen: Berufsverband der Frauenärzte e. V. (BVF),
Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie
und Gesellschaft e. V. (AKF), Berufsverband der Kinder-
und Jugendärzte e. V. (BVKJ), Bund freiberuflicher Hebam-
men Deutschlands e. V. (BfHD), Bundesärztekammer
(BÄK), Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Ge-
burtshilfe e. V. (DGGG), Deutsche Gesellschaft für Hebam-
menwissenschaft e. V. (DGHWi), Deutsche Gesellschaft für
Perinatale Medizin (DGPM), Deutsche Krankenhausgesell-
schaft e. V. (DKG), Deutscher Fachverband für Haus-
geburtshilfe e. V. (DFH), Deutscher Frauenrat e. V. (DF),
Deutscher Hebammenverband e. V. (DHV), Gemeinsamer
Bundesausschuss (G-BA), Gesellschaft für Qualität in der
außerklinischen Geburtshilfe e. V. (QUAG), GKV-Spitzen-
verband, Green Birth e. V., Kassenärztliche Bundesvereini-
gung (KBV), Netzwerk der Geburtshäuser e. V., Verband der
setzlichen Krankenversicherungen für Hebammen-
leistungen.

In seiner 69. Sitzung am 28. März 2012 hat der Ausschuss seine
Beratungen, in deren Rahmen die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE

Drucksache 17/9376 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

GRÜNEN die Nummer 2 des Antrags auf Drucksache
17/5098 für erledigt erklärt hat, abgeschlossen.

Als Ergebnis empfiehlt der Ausschuss für Gesundheit mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen
die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD,
den Antrag auf Drucksache 17/5098 abzulehnen.

Die Fraktion der CDU/CSU betonte, dass das Anliegen, die
Hebammenhilfe künftig im SGB V zu verankern, durchaus
berechtigt sei. Die Anhörung habe gezeigt, dass die techni-
sche Überführung grundsätzlich möglich sei. Allerdings

die Ergebnisse des von allen geforderten Gutachtens zur Ver-
sorgungs- und Vergütungssituation in der Hebammenhilfe,
das vom Bundesministerium für Gesundheit noch nicht frei-
gegeben sei, abgewartet werden. Erst dann sei eine seriöse
Einschätzung der Situation in der Geburtshilfe und damit
auch der Hebammentätigkeit möglich. Außerdem sehe man
weiteren Diskussionsbedarf bei der Forderung nach Über-
weisungs- bzw. Einweisungsmöglichkeiten von Hebammen
an Ärzte und Ärztinnen sowie Krankenhäuser für weitere
notwendige Untersuchungen. Zum Problem der eklatant
steigenden Haftpflichtprämien biete der Antrag keine Lö-
sungsvorschläge. Aus den aufgeführten Gründen werde man
seien die eventuell erforderlichen gesetzlichen Folgeände-
rungen komplex und die Prüfung müsse dementsprechend
sorgfältig durchgeführt werden. Das IGES Institut arbeite
derzeit außerdem an einem Gutachten zur Versorgungs- und
Vergütungssituation in der Hebammenhilfe, das man zu-
nächst abwarten solle, bevor man eine Gesetzesänderung
vornehme. Die Forderungen zur Hebammenhonorierung
seien im Übrigen durch das Inkrafttreten des Versorgungs-
strukturgesetzes im Januar 2012 bereits angegangen worden
und auch die Prüfbitte, Leistungsansprüche für Familienheb-
ammen einzuführen, habe sich durch das Bundeskinder-
schutzgesetz grundsätzlich erledigt. Obwohl man das prinzi-
pielle Anliegen, die Regelungen der RVO in das SGB V zu
überführen, unterstütze, werde man aber aus den genannten
Gründen den Antrag ablehnen.

Die Fraktion der FDP bestätigte, dass die Überführung der
Regelungen für Schwangerschaft und Geburt von der RVO
in das SGB V ein berechtigtes Anliegen sei. Sinnvoll sei
auch die geforderte Benennung der Geburtsorte oder die
Übertragung der Leistungsansprüche auf den Säugling. Al-
lerdings formuliere der Antrag auch Forderungen, die die
Bundesregierung derzeit im Rahmen einer Prüfung der
Überführung der Ansprüche begutachten lasse oder die
bereits überholt seien. Die Koalition beabsichtige, zeitnah
eigene Vorschläge für eine Übertragung der Leistungen aus
der Reichsversicherungsordnung in das SGB V zu unterbrei-
ten. Deshalb werde man gegen den Antrag stimmen.

Die Fraktion der SPD stellte heraus, dass das Anliegen, die
Hebammenleistungen im SGB V zu verankern, seine Be-
rechtigung habe. Allerdings sei man nicht der Meinung, dass
Schwangeren in der Vergangenheit gesetzliche Ansprüche
auf Unterstützung durch Hebammen nicht bekannt gewesen
seien oder sie diese nicht erhalten hätten. Zunächst müssten

sich der Stimme enthalten.

Die Fraktion DIE LINKE. unterstütze ebenfalls die Forde-
rung nach der Überführung der Hebammenhilfe in das SGB V
und wies darauf hin, dass man sich bereits früher für dieses
Thema engagiert habe. Der vorliegende Antrag greife auch
das wesentliche Problem der Vergütungssituation der Heb-
ammen auf. Inzwischen sei zwar die künftige Honorierung
und die Einbeziehung der Höhe der Haftpflichtprämien gere-
gelt, noch nicht geklärt sei aber die adäquate Berücksichti-
gung der Haftpflichtprämienentwicklung der vergangenen
Jahre. Hier könne man noch keine wesentliche Verbesserung
der Situation erkennen. Deshalb werde man dem Antrag zu-
stimmen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bekräftigte,
dass die Hebammenhilfe künftig im SGB V verankert wer-
den müsse. Im Zuge der Überführung der Regelungen in das
SGB V sollten diese auch modernisiert werden und der Be-
treuungsbogen von Schwangerschaft und Geburt über Wo-
chenbett und Stillzeit sowie Elternberatung gespannt wer-
den. Zudem sollten die Ansprüche erweitert definiert werden
und dem Säugling zustehen, damit z. B. Adoptionseltern
oder Väter in den Genuss von Hebammenhilfe kämen. Eine
Konkretisierung des § 134a SGB V (Forderung Nummer 2
des Antrags) zur Honorierung der Hebammen sei in-
zwischen erfolgt; man müsse jedoch prüfen, ob diese bei den
Honorarverhandlungen berücksichtigt würde. Die Änderung
des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinder-
schutz weise zwar Haushaltsmittel des Bundes für Frühe
Hilfen auf, in deren Kontext Familienhebammen genannt
werden; damit erübrige sich aus Sicht der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN jedoch nicht die Prüfbitte der
Forderung Nummer 4.

Berlin, den 23. April 2012

Mechthild Rawert
Berichterstatterin

t mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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