BT-Drucksache 17/9304

Führungswechsel im Vorstand der Deutschen Flugsicherung GmbH

Vom 2. April 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/9304
17. Wahlperiode 02. 04. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Stephan Kühn, Dr. Anton Hofreiter, Dr. Valerie Wilms,
Harald Ebner, Bettina Herlitzius, Daniela Wagner und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Führungswechsel im Vorstand der Deutschen Flugsicherung GmbH

Seit Langem wird über den direkten Wechsel von Regierungsmitgliedern und
Spitzenbeamten des öffentlichen Dienstes an die Spitze von großen Wirtschafts-
unternehmen oder in deren Aufsichtsräte kritisch diskutiert (siehe dazu: Artikel
im Handelsblatt vom 22. Dezember 2006 „Union will Wechselverbot auch für
Politiker“, Antrag der Fraktion der FDP „Regeln und Grenzen für den Personal-
wechsel vom öffentlichen Dienst zur Wirtschaft“, Bundestagsdrucksache
15/3739; Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Berufstätigkeit
von ausgeschiedenen Mitgliedern der Bundesregierung regeln“, Bundestags-
drucksache 16/948).

Laut Berichten mehrerer Medien trennt sich der Aufsichtsrat der bundeseigenen
Deutschen Flugsicherung GmbH (DFS) zum Jahresende 2012 von seinen Ge-
schäftsführern. Der Aufsichtsrat habe beschlossen, die Verträge der drei Mana-
ger nicht zu verlängern. Die Gründe dafür sind öffentlich nicht bekannt.

Ferner wurde darüber berichtet, dass der Staatssekretär im Bundesministerium
für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Prof. Klaus-Dieter Scheurle, ein mög-
licher Nachfolger für einen der bisherigen Vorsitzenden der DFS-Geschäftsfüh-
rung sei. Der Bund wolle darüber dem Vernehmen nach im dritten Quartal 2012
entscheiden (Handelsblatt vom 17. Februar 2012, Frankfurter Rundschau vom
8. Februar 2012, stern.de vom 1. Februar 2012).

Der Staatssekretär Prof. Klaus-Dieter Scheurle ist seit November 2009 im Bun-
desministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) der leitende
Beamte für den Bereich Luft- und Raumfahrt und seit Juli 2010 Aufsichtsrats-
vorsitzender der DFS. Es wirft daher erhebliche Fragen auf, wenn die Bundes-
regierung ihren Einfluss auf die zu 100 Prozent im Bundeseigentum stehende
DSF dahingehend nutzt, dass eben dieser politische Beamte, Prof. Klaus-Dieter
Scheurle, nun die Leitung der Geschäftsführung der DFS übernehmen soll.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Trifft es zu, dass der Aufsichtsrat der DFS die Verträge der drei Geschäftsfüh-

rer der DFS nicht verlängert hat bzw. nicht verlängern will?

Falls ja, wie wird diese Entscheidung begründet?

Hat Staatssekretär Prof. Klaus-Dieter Scheurle an dieser Entscheidung mit-
gewirkt?

Drucksache 17/9304 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

2. Soll die Geschäftsführung der DFS weiterhin aus drei Mitgliedern beste-
hen?

Falls ja, wie wird dies begründet?

Falls nein, wie viele Mitglieder soll die künftige Geschäftsführung der DFS
umfassen, und wie wird dies begründet?

Hat sich Staatssekretär Prof. Klaus-Dieter Scheurle an dieser Entscheidung
beteiligt?

3. Warum wurden die Verträge der drei Geschäftsführungsmitglieder nicht
verlängert, insbesondere der Vertrag mit dem Geschäftsführungsmitglied
J. B., der sich laut Presseberichten im vergangenen Jahr in der heftigen
Tarifauseinandersetzung mit den Fluglotsen besonders erfolgreich für das
Unternehmen engagiert hatte (Handelsblatt vom 1. Dezember 2012)?

4. Wie wird bei der künftigen Bestellung des Vorstands dem Deutsche Corpo-
rate Governance Kodex entsprochen, der eine angemessene Berücksichti-
gung von Frauen bei der Zusammensetzung des Vorstands vorsieht?

5. Plant der Aufsichtsrat der DFS, den jetzigen Aufsichtsratsvorsitzenden der
DFS, Staatssekretär Prof. Klaus-Dieter Scheurle, als möglichen Nachfolger
für einen der bisherigen Geschäftsführer einzusetzen?

Falls ja, wie wird dies begründet?

Hat sich Staatssekretär Prof. Klaus-Dieter Scheurle an dieser Entscheidung
beteiligt?

6. Hat der Aufsichtsrat der DFS bereits eine Personalentscheidung über eine
Geschäftsführerfunktion von Staatssekretär Prof. Klaus-Dieter Scheurle ge-
troffen?

Falls ja, welche, und wie wird diese begründet?

Hat sich Staatssekretär Prof. Klaus-Dieter Scheurle an dieser Entscheidung
beteiligt?

Falls nein, ist eine entsprechende Personalentscheidung geplant?

7. Sind bereits weitere Personalentscheidungen für die Besetzung der Ge-
schäftsführung vom Aufsichtsrat der DFS getroffen worden?

Falls ja, wie sehen diese aus, und wie werden sie begründet?

Falls nein, welche weiteren Personalentscheidungen für die Besetzung der
DFS sind geplant?

Hat sich Staatssekretär Prof. Klaus-Dieter Scheurle an diesen Entscheidun-
gen beteiligt?

8. Aus welchen Gründen unterstützt die Bundesregierung einen Wechsel von
Staatssekretär Prof. Klaus-Dieter Scheurle in die Geschäftsführung der
DFS?

9. Wie beurteilt die Bundesregierung die mögliche Wirkung eines Wechsels
von Staatssekretär Prof. Klaus-Dieter Scheurle nach innen ins Unternehmen
und nach außen in der Öffentlichkeit?

10. Wurde bei der Berufung von Prof. Klaus-Dieter Scheurle als Staatssekretär
im BMVBS schon über die Option für einen Wechsel in die Geschäftsfüh-
rung der DFS gesprochen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/9304

11. Ist geplant, dass weitere Personen aus dem beruflichen Umfeld von Staats-
sekretär Prof. Klaus-Dieter Scheurle (Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter, Ge-
schäftspartnerinnen/Geschäftspartner etc.) in die DFS wechseln?

Falls ja, in welcher beruflichen bzw. geschäftlichen Beziehung standen
diese zum Staatssekretär Prof. Klaus-Dieter Scheurle?

12. Plant oder erwägt die Bundesregierung bis zum Ablauf der Legislaturpe-
riode weitere personelle Umbesetzungen, bei denen leitende politische
Beamte in bundeseigene Unternehmen wechseln?

Falls ja, welche leitenden Beamten sollen in welche bundeseigenen Unter-
nehmen wechseln?

Wie werden diese Entscheidungen jeweils begründet?

13. Ist sich die Bundesregierung darüber bewusst, dass die sie tragenden Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP den Wechsel von Regierungsmitgliedern
und Spitzenbeamten des öffentlichen Dienstes an die Spitze von großen
Wirtschaftsunternehmen oder in deren Aufsichtsräte massiv kritisiert
haben?

14. Wie hoch waren die Gesamtbezüge, und wie hoch waren jeweils die Anteile
erfolgsunabhängiger und erfolgsabhängiger Bezüge der drei Geschäftsfüh-
rungsmitglieder in den Jahren 2006 bis 2011 (bitte nach Jahren und Vor-
standsmitglied getrennt aufführen)?

15. Welche jährlichen Bezüge (erfolgsunabhängige und erfolgsabhängige) soll
Prof. Klaus-Dieter Scheurle erhalten, angesichts der Tatsache, dass der bis-
herige Vorstandsvorsitzende der DFS für das Geschäftsjahr 2010 Gesamt-
bezüge in Höhe von 436 000 Euro (davon 320 000 erfolgsunabhängige und
116 000 erfolgsabhängige Bezüge) erhalten hat.

Welche jährlichen Bezüge (erfolgsunabhängige und erfolgsabhängige) sol-
len die weiteren Mitglieder des Vorstands künftig erhalten?

16. Durch welche Unternehmen wurde die im Zeitraum von 2004 bis 2006
angestrebte Kapitalprivatisierung der DFS beratend begleitet, bevor der da-
malige Bundespräsident Horst Köhler diese wegen verfassungsrechtlicher
Bedenken mit seinem Veto aufhielt?

17. Trifft es zu, dass der im BMVBS für die Abteilung Luft- und Raumfahrt
zuständige Staatssekretär Prof. Klaus-Dieter Scheurle im Rahmen seiner
Tätigkeit beim Bankkonzern Credit Suisse First Boston die Bundesregie-
rung bei der angestrebten Kapitalprivatisierung der DFS beraten hat?

18. Hat Staatssekretär Prof. Klaus-Dieter Scheurle im Rahmen seiner Tätigkeit
für Credit Suisse First Boston die Bundesregierung in weiteren Privatisie-
rungsverfahren beraten?

Falls ja, welche bundeseigenen Unternehmen waren dies?

19. Welche Aufträge wurden vom BMVBS an die Credit Suisse First Boston
seit der Ernennung von Prof. Klaus-Dieter Scheurle als Staatssekretär ver-
geben?

20. Aus welchen Gründen hat sich das BMVBS dabei jeweils für Credit Suisse
First Boston entschieden?

Berlin, den 2. April 2012

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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