BT-Drucksache 17/9288

Einsetzung von Bund-Länder-Kommissionen zur Gesamtaufklärung der Morde der Jenaer Neonazi-Zelle

Vom 5. April 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/9288
17. Wahlperiode 05. 04. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Petra Pau, Dr. Petra Sitte, Steffen Bockhahn, Sevim Dag˘delen,
Ulla Jelpke, Frank Tempel, Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Einsetzung von Bund-Länder-Kommissionen zur Gesamtaufklärung
der Morde der Jenaer Neonazi-Zelle

Am 24. November 2011 und am 8. Februar 2012 setzte der Bundesminister des
Innern, Dr. Hans-Peter Friedrich, jeweils eine Bund-Länder-Kommission zur
Gesamtaufklärung der Morde der Jenaer Neonazi-Zelle ein.

Die erste Bund-Länder-Kommission bestehend aus dem ehemaligen Präsidenten
des Bundesverfassungsschutzes und des Bundesnachrichtendienstes Dr. Hansjörg
Geiger, dem früheren Präsidenten des Bundeskriminalamtes Ulrich Kersten
und dem ehemaligen Bundestagsabgeordneten und CSU-Experten für Inneres
Wolfgang Zeitlmann bekam am 24. November letzen Jahres die Aufgabe,
Akteneinsicht im Fall der Jenaer Neonazi-Zelle zu nehmen. Diese Dreierkom-
mission sollte durch die Akteneinsicht einen Gesamtüberblick über die Akten
der Polizei und den Geheimdiensten von Bund und Ländern bekommen. Bun-
desminister Dr. Hans-Peter Friedrich sagte zur Einsetzung seiner Unter-
suchungskommission: „Ich wünsche mir einen Komplettüberblick über die
Aktenlage und alle bisherigen Ermittlungen“. Darüber hinaus sollte laut „DER
TAGESSPIEGEL“ vom 24. November 2011 das Ziel sein, politische Schluss-
folgerungen zu erarbeiten, um sie dann der Politik zur Verfügung zu stellen.
Allerdings sind seit der Einsetzung dieser Kommission noch keine Ergebnisse
bekannt geworden. Die „Süddeutsche Zeitung“ schreibt am 9. Februar 2012,
dass seit dem 24. November 2011 nichts passiert sei und kein Kommissionsmit-
glied bisher auch nur eine Akte gelesen hätte. Zu diesem Zeitpunkt war die
Kommission aber schon 77 Tage eingesetzt.

Am 8. Februar 2012 wurde eine zweite Kommission eingesetzt. Ihre Mitglieder,
der ehemalige Berliner Senator für Inneres und Sport Dr. Ehrhart Körting, der
frühere Hamburger Senator für Inneres und Sport Heino Vahldieck, der Münch-
ner Rechtsanwalt Prof. Dr. Eckhart Müller, und der einstige Bundesanwalt am
Bundesgerichtshof Bruno Jost, nahmen Anfang Februar 2012 ihre Arbeit mit
einer ähnlichen Aufgabenstellung wie die erste Kommission auf. In einer
Meldung des Bundesministeriums des Innern vom 8. Februar 2012 wird die Er-
stellung eines Gesamtbildes der Zusammenarbeit zwischen den Sicherheits-
behörden der Länder und den Bundesbehörden als Ziel formuliert. Weiter heißt

es, das Gremium soll weitere Vorschläge zur Verbesserung der Zusammenarbeit
der Sicherheitsbehörden erarbeiten. Doch ähnlich wie die erste Kommission
sind auch von der zweiten Kommission noch keine Ergebnisse bekannt gewor-
den. Dies könnte an der geringen Handlungsbefugnis liegen, denn ein Bericht
der „tagesschau“ vom 8. Februar 2012 (www.tagesschau.de/inland/nsu184. html)
meldet, dass das Gremium keine eigene Ermittlungsbefugnis hat. Einen Monat
später (am 9. März 2012) schreibt „DER TAGESSPIEGEL“, dass die Bund-

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Länder-Kommission bisher keine personelle Unterstützung erhalten habe.
Sodass die Kommission auch einen Monat nach ihrer Einsetzung weder eine
eigene Ermittlungsbefugnis noch personelle Unterstützung hat.

Wir fragen die Bundesregierung:

Bund-Länder-Experten-Kommission (24. November 2011)

1. Welche Überlegungen führten zu der Einsetzung dieser Bund-Länder-
Experten-Kommission?

2. Wie lautet ihr genauer Arbeitsauftrag?

3. Auf welcher gesetzlichen Grundlage arbeitet die Kommission?

4. Wo befindet sich das Büro der Bund-Länder-Experten-Kommission, und
wie ist die personelle, materielle und finanzielle Ausstattung von Büro und
Kommission allgemein?

5. Wie oft hat sie bis zum 30. März 2012 zu welchen Tagesordnungspunkten
getagt?

6. Welche Ergebnisse sind aus ihrer Arbeit bisher hervorgegangen?

7. Mit welchen Behörden hat sie sich bisher mit welchen Anliegen in Verbin-
dung gesetzt?

8. Welche Behörden haben der Kommission bisher Akten zur Verfügung ge-
stellt, und wie wurde den jeweiligen sonstigen Anliegen nachgekommen?

9. Welche Behörden haben der Kommission bisher die Aktenübergabe und
die Erfüllung anderer Anforderungen oder Anliegen verweigert?

10. Wie viele Akten haben die Mitglieder der Kommission bisher lesen können?

11. Trifft es zu, dass die Mitglieder der Kommission sich bisher nicht ein ein-
ziges Mal getroffen haben (Süddeutsche Zeitung, 9. Februar 2012)?

12. Bis zu welchem Zeitpunkt soll die Kommission ihre Arbeit abgeschlossen
haben?

Bund-Länder-Kommission-Rechtsterrorismus (8. Februar 2012)

13. Welche Überlegungen führten zu der Einsetzung der Bund-Länder-Kom-
mission-Rechtsterrorismus?

14. Wie lautet ihr genauer Arbeitsauftrag?

15. Auf welcher gesetzlichen Grundlage arbeitet diese Kommission?

16. Wo befindet sich das Büro der Bund-Länder-Kommission-Rechtsterroris-
mus, und wie ist die personelle, materielle und finanzielle Ausstattung von
Büro und Kommission allgemein?

17. Wie oft hat sie bis zum 30. März 2012 zu welchen Tagesordnungspunkten
getagt?

18. Welche Ergebnisse sind aus ihrer Arbeit bisher entstanden?

19. Mit welchen Behörden hat sie sich bisher mit welchen Anliegen in Verbin-
dung gesetzt?

20. Welche Behörden haben der Kommission bisher Akten zur Verfügung ge-
stellt, und wie wurde den jeweiligen sonstigen Anliegen nachgekommen?

21. Welche Behörden haben der Kommission bisher die Aktenübergabe und
die Erfüllung anderer Anforderungen oder Anliegen verweigert?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/9288

22. Wie viele Akten zum Rechtsterrorismus haben die Mitglieder der Kommis-
sion bisher lesen können?

23. Bis zu welchem Zeitpunkt soll die Kommission ihre Arbeit abgeschlossen
haben?

24. Welche Gemeinsamkeiten weisen die Arbeitsaufträge der beiden Kommis-
sionen auf, in welchen Funktionen ergänzen sie sich, und worin begründen
sich ihre Unterschiede in personeller, konzeptioneller und inhaltlicher Hin-
sicht?

25. In welcher Form wird die Kommission an den Arbeiten des Parlamentari-
schen Untersuchungsausschusses beteiligt?

26. Auf Grund welcher Überlegung wurden zwei Kommissionen mit fast glei-
chem Arbeitsauftrag eingesetzt?

Berlin, den 5. April 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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