BT-Drucksache 17/9234

Ende des Betriebes der Kasseler Fuldaschleuse

Vom 30. März 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/9234
17. Wahlperiode 30. 03. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Nicole Maisch, Dr. Valerie Wilms, Markus Tressel,
Hans-Josef Fell, Bettina Herlitzius, Bärbel Höhn, Dr. Anton Hofreiter,
Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer, Stephan Kühn, Undine Kurth (Quedlinburg),
Dr. Hermann E. Ott, Daniela Wagner und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ende des Betriebes der Kasseler Fuldaschleuse

Im Zuge der Neubewertung der Bundeswasserstraßen ist derzeit unklar, welchen
Status die Fulda zwischen Kassel und Hannoversch Münden zukünftig erhält.
Die Einstufung von Bundeswasserstraßen ist Teil einer Reform der Wasser- und
Schifffahrtsverwaltung. Zukünftig sollen Wasserstraßen nach ihrer Bedeutung
für den Gütertransport im Gesamtnetz erfasst werden. Dadurch werden be-
stimmte Wasserstraßen neu bewertet werden müssen, z. B. in ihrer Bedeutung
für den Wassertourismus. Die Details und einzelnen Folgen einer Neubewertung
sind bisher jedoch unklar.

Für die Fulda ergeben sich Konsequenzen für den Flusslauf, die Anrainerkom-
munen sowie die Menschen vor Ort. Der Betrieb der Kasseler Fuldaschleuse soll
ab 2016 eingestellt werden. Für einen weiteren Betrieb müssten Sanierungskos-
ten in Höhe von 6 Mio. Euro investiert werden. Nach Auskunft der Stadt Kassel
können die Sanierungs- und Betriebskosten nicht kommunal übernommen wer-
den.

Die Fulda hat in ihrem Verlauf zwischen Kassel und Hannoversch Münden vier
Schleusen. Jede dieser Staustufen wird unter anderem eingesetzt, um die Fließ-
geschwindigkeit des Flusses und damit die Wassertiefe der Oberweser sowie des
Mittellandkanales, der einen Teil seines Bestandes aus der Weser bezieht, zu
steuern.

An den Staustufen sammelt sich Sediment, das regelmäßig ausgebaggert werden
muss, damit die Fulda schiffbar bleibt und Hochwasserschutz gegeben ist. Da-
mit haben die Schleusen auch großen Einfluss auf die betroffenen Flussökosys-
teme. Bei Schließung der Kasseler Fuldaschleuse wäre auch eine Durchlässig-
keit für die Schifffahrt nicht gegeben. Die Anlagerung von Sedimenten vor dem
Kasseler Wehr könnte direkte oder indirekte Hochwassergefahren mit sich brin-
gen. Eine Schließung der Schleuse hätte auch Konsequenzen für Wassertouris-
mus und Sportschifffahrt.

Eine Schiffbarkeit der Fulda ist nach Schließung der Kasseler Schleuse nur noch

in Teilen möglich. Die Anrainerkommunen haben jedoch ein hohes Interesse an
touristisch „durchgängigen“ Angeboten. Die Schifffahrt ist zudem elementarer
Bestandteil des zweitgrößten Volksfestes, dem Zissel in Kassel, bei dem die
Wassersportvereine mit der Stadt Kassel einen Wasserumzug durchführen.

Drucksache 17/9234 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

Schließung der Kasseler Schleuse

1. Verfügt die Bundesregierung über Kenntnisse zu den Kosten einer Schlie-
ßung bzw. eines Rückbaus der Schleuse in Kassel, und wie hoch sind diese?

2. Welches Schifffahrtsaufkommen fand an der Schleuse in den letzten zehn
Jahren statt (bitte getrennt nach Sportbooten, Fahrgastschiffen und Güter-
schiffen aufführen)?

3. Wird das Schifffahrtsaufkommen in gleicher Höhe auch ohne funktions-
fähige Schleuse zu bewältigen sein?

4. Gibt es eine Schätzung der Kosten für eine Verkleinerung der Schleuse in
Kassel, und wie hoch sind diese?

5. Hat die Bundesregierung Kenntnis über Bedarfe von Unternehmen, die ih-
ren Gütertransport auf die Fulda verlagern wollen oder dies in den letzten
20 Jahren getan haben?

6. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, dass Wassersport und
Wassertourismus auf der Fulda nach einer Rückstufung der Fulda als Bun-
deswasserstraße und bei einer Schließung der Kasseler Schleuse weiterhin
in bekanntem Umfang möglich ist?

7. Hat die Bundesregierung das Land Hessen sowie weitere eventuell betrof-
fene Länder und die betroffenen Kommunen über die Auswirkungen der
Reform in finanzieller und sachlicher Hinsicht informiert?

Wenn ja, in welcher Form?

Wenn nein, wann erfolgt dies?

Zustand des Flusses

8. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die Durchgängigkeit der
Fulda zu gewähren?

9. Welche Folgen sieht die Bundesregierung durch die Schließung der Kasse-
ler Schleuse auf die Wasserqualität der Fulda sowie die Natur am Fluss ins-
gesamt?

10. Wie kann nach einer Rückstufung der Fulda die Instandhaltung gewährleis-
tet werden?

11. Hat die Bundesregierung Kenntnis über die Menge an Sand und sonstigem
Material, die in den letzten zehn Jahren aus der Fulda ausgebaggert wurden
(bitte kumuliert und nach Jahren zusammengefasst angeben)?

12. Wie soll nach Ansicht der Bundesregierung sichergestellt werden, dass die
Sedimentfracht gemäß Wasserrahmenrichtlinie dem Lauf des Flusses fol-
gen kann?

13. Welche Wassertiefe der Fulda wird zurzeit durch Baggerung zwischen dem
Wehr „Neue Mühle“ in Kassel-Niederzwehren und der Kasseler Schleuse
sichergestellt?

14. Welche Wassertiefe benötigen

a) Baggerschiffe

b) Motorsportboote

c) Ruderboote, Kanus und Kajaks
d) Ausflugsschiffe/Personenschifffahrt?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/9234

15. Wie schätzt die Bundesregierung die Chancen ein, dass Baggerschiffe auch
ohne Schleuse weiterhin auf der Fulda bis zur Neuen Mühle in Kassel-Nie-
derzwehren fahren können?

Welche technischen oder logistischen Voraussetzungen wären notwendig?

Wehr

16. Welche Auswirkungen sieht die Bunderegierung bei einer Schließung bzw.
einem Rückbau der Kasseler Schleuse auf den Betrieb des Wasserkraft-
werks Vogt’sche Mühle, dem Wehr an der Kasseler Schleuse?

17. Hat die Bundesregierung Kenntnis von Entschädigungsansprüchen der
Wasserkraftbetreiber, wenn durch bauliche Veränderungen an Schleuse und
Wehr der Ertrag aus dem Kraftwerk sinkt?

18. Kann das Walzenwehr auch ohne Schleuse weiter betrieben werden?

19. Wie bewertet die Bundesregierung die kulturhistorische Wertigkeit des his-
torischen Walzenwehrs Finkenherd in Kassel?

Flussverlauf und Hochwasser

20. Welche Auswirkungen erwartet die Bundesregierung durch eine Schlie-
ßung bzw. den Rückbau der Kasseler Schleuse und/oder des Kasseler Weh-
res auf den Mittellandkanal und mittelbar auf den Edersee?

21. Welche Auswirkungen sieht die Bundesregierung auf den Hochwasserab-
fluss der Fulda im Stadtgebiet Kassel nach dem Rückbau der Schleuse und
der Einstellung der anschließend nicht mehr für die Schifffahrt erforder-
lichen Baggerarbeiten im Staubereich des Wehres Finkenherd?

Gibt es hierzu Untersuchungsergebnisse?

22. Wie schätzt die Bundesregierung den Einfluss durch die Schließung auf die
Hochwassergefährdung an anderen Stellen (zum Beispiel der nächsten
Staustufen bis Hannoversch Münden) ein?

23. Was würde ein Rückbau von Schleuse und/oder Wehr für den Betrieb der
Schleuse Wahnhausen bedeuten?

Berlin, den 30. März 2012

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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