BT-Drucksache 17/9233

Stilllegungsplan des subventionierten Steinkohlebergbaus und Finanzierung der RAG-Stiftung

Vom 30. März 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/9233
17. Wahlperiode 30. 03. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Oliver Krischer, Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn,
Sylvia Kotting-Uhl, Undine Kurth (Quedlinburg), Nicole Maisch, Dr. Hermann E. Ott,
Dorothea Steiner und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Stilllegungsplan des subventionierten Steinkohlebergbaus und Finanzierung der
RAG-Stiftung

Das Steinkohlebeihilfengesetz sieht den Ausstieg aus dem subventionierten
Steinkohlebergbau in Deutschland bis 2018 vor. Die vom Bergbau hinterlasse-
nen Altlasten und Ewigkeitskosten, die auch nach der Beendigung des Bergbaus
jährlich mit dreistelligen Millionenbeträgen anfallen werden, sollen aus Mitteln
der RAG-Stiftung bestritten werden. Diese Stiftung, getragen vom Bund und
den Bergbauländern Nordrhein-Westfalen und dem Saarland, soll sich aus den
Erlösen aus dem geplanten Verkauf der Evonik Industries AG finanzieren, die
sich heute noch überwiegend im Eigentum der RAG-Stiftung befindet.

Im Dezember 2011 hat die Europäische Kommission den von der Bundesregie-
rung vorgelegten Stilllegungsplan für die letzten in Deutschland in Betrieb
befindlichen Bergwerke bis 2018 genehmigt. Unverständlicherweise ist die
Bundesregierung nicht bereit, diesen Stilllegungsplan zu veröffentlichen und
verweist auf vertrauliche, schützenswerte Daten eines Unternehmens (Antwort
der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 37 auf Bundestagsdrucksache
17/9085).

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wann ist nach Kenntnissen der Bundesregierung mit dem geplanten Börsen-
gang der Evonik Industries AG zu rechnen?

2. Werden Alternativen zu einem Börsengang in Betracht gezogen?

Wenn ja, welche?

3. Gibt es Überlegungen innerhalb der Bundesregierung oder den Gremien der
RAG-Stiftung, die Evonik Industries AG nicht zu veräußern?

Wenn ja, mit welcher Begründung und welchem Ziel?

4. Ist es nach Auffassung der Bundesregierung mit dem in der Satzung veran-
kerten Stiftungszweck vereinbar, dass die RAG-Stiftung gegebenenfalls auch

weitere Anteile an Industrieunternehmen, die nicht zur RAG-Stiftung gehö-
ren oder einen konkreten Bezug zum auslaufenden Steinkohlebergbau haben,
zu erwerben,

a) wenn nein, warum,

b) wenn ja, welche Arten von Unternehmen kämen aus Sicht der Bundes-
regierung hierfür in Betracht?

Drucksache 17/9233 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

5. Erwartet die Bundesregierung nach heutigem Erkenntnisstand, dass die Er-
löse aus einem Börsengang/Verkauf der Evonik Industries AG ausreichen,
um die Stillsetzungskosten, Alt- und Ewigkeitslasten des Steinkohleberg-
baus zu finanzieren, und wie begründet sie ihre Erwartung?

6. Hält die Bundesregierung die im Gutachten der KPMG AG Wirtschaftsprü-
fungsgesellschaft (KPMG) zu den Stillsetzungskosten, Alt- und Ewigkeits-
lasten des Steinkohlebergbaus aus dem Jahr 2006 angestellten Annahmen
und errechneten Ergebnisse hinsichtlich der Kosten nach wie vor für
aktuell?

7. Wenn nein, welche Annahmen und Ergebnisse haben sich nach Auffassung
der Bundesregierung geändert, und welche Konsequenzen hat das für die
Planung zur Finanzierung der Stillsetzungskosten, Alt- und Ewigkeitslasten
des Steinkohlebergbaus?

8. Ist nach Kenntnis der Bundesregierung eine Überarbeitung oder Aktualisie-
rung des KPMG-Gutachtens geplant, bereits in Auftrag gegeben oder fertig-
gestellt?

9. Wann ist nach Auffassung der Bundesregierung nunmehr mit einer Ent-
scheidung über den zukünftigen Vorstand der RAG-Stiftung zu rechnen,
und welche Prioritäten setzt die Bundesregierung bei der Auswahl der Per-
sonen für den Vorstand?

10. Welche konkreten Rechtsgrundlagen hindern die Bundesregierung daran,
den von der EU-Kommission genehmigten Stilllegungsplan für den deut-
schen Steinkohlebergbau zu veröffentlichen?

11. Welche „vertraulichen, schützenswerten Daten eines Unternehmens“ (Ant-
wort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 37 auf Bundestags-
drucksache 17/9085) enthält der Plan, die seine vollständige Veröffent-
lichung verhindern?

12. Zu welchen Unternehmen steht die RAG-Stiftung nach Auffassung der
Bundesregierung in irgendeinem Wettbewerbsverhältnis, die ein besonderes
Schutzbedürfnis von Unternehmensdaten der RAG-Stiftung rechtfertigen
würden?

13. Ist der Bundesregierung bekannt, dass ohne erhebliche öffentliche Förde-
rung in Milliardenhöhe jährlich schon seit Jahrzehnten keine Tonne Stein-
kohle in Deutschland mehr gefördert würde und deshalb ein öffentliches
Interesse mit maximaler Transparenz zur sachgerechten Verwendung der
Steuergelder für den Steinkohlebergbau, aber auch zur Vermeidung weiterer
unnötiger Alt- und Ewigkeitslasten besteht?

14. Wenn ja, weshalb veröffentlicht die Bundesregierung dann den Still-
legungsplan nicht vollständig?

15. Ist der Bundesregierung das Urteil des Verfassungsgerichtshofs für das
Land Nordrhein-Westfalen vom 19. August 2008 (Az.: 07/2007 VerfGH) zu
Informationsrechten von Abgeordneten zur öffentlichen Finanzierung des
Steinkohlebergbaus bekannt, und welche Konsequenzen zieht sie daraus?

16. Woraus resultiert nach Informationen der Bundesregierung der Mehrbedarf
der RAG-Stiftung in Höhe von 4 Mrd. Euro zur Beseitigung der Ewigkeits-
kosten des Kohlebergbaus ab 2019 in Höhe von 10,8 Mrd. Euro, die auf der
Kuratoriumssitzung verkündet wurden (bitte konkret aufschlüsseln)?

17. Wer hat den finanziellen Mehrbedarf errechnet, und wann wurde der Auf-
trag zur Berechnung (von wem) in Auftrag gegeben?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/9233

18. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass es in den kommenden Jahren
zu weiteren Kostensteigerungen zur Beseitigung der Ewigkeitskosten des
Kohlebergbaus kommen wird, und falls nein, mit welcher finanziellen Grö-
ßenordnung ist zu rechnen?

Berlin, den 30. März 2012

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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