BT-Drucksache 17/9218

zu dem Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 17/8893 - Schweinepest tierschonend bekämpfen - Notimpfung ersetzt grundloses Keulen

Vom 29. März 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/9218
17. Wahlperiode 29. 03. 2012

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
(10. Ausschuss)

zu dem Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/8893 –

Schweinepest tierschonend bekämpfen – Notimpfung ersetzt grundloses Keulen

A. Problem

Nach Darstellung der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN stößt die vorsorgliche Tötung gesunder Tiere im Fall eines Aus-
bruchs der Klassischen Schweinepest sowohl bei Fachleuten als auch in der
Öffentlichkeit zu Recht auf deutliche Kritik. Die derzeit geltende Nichtimp-
fungspolitik der Europäischen Union im Zusammenhang mit der Klassischen
Schweinepest ist ihrer Ansicht nach aus wissenschaftlicher Sicht nicht mehr zeit-
gemäß. Die Entwicklung hochwirksamer und moderner Impfstoffe für Notimp-
fungen und des Real-Time-PCR-Nachweisverfahrens eröffnen nach Ansicht der
Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN neue Mög-
lichkeiten in der Bekämpfung der Schweinepest. Durch eine Notimpfung nicht
infizierter Tiere ist die massenhafte Keulung zur Ausbreitungsverhinderung
ihrer Ansicht nach nicht mehr notwendig.

Mit dem Antrag auf Drucksache 17/8893 soll die Bundesregierung insbesondere
aufgefordert werden, den Ansatz „Impfen statt Keulen“ im Tierseuchenbekämp-
fungskonzept zu stärken, beim Ausbruch der Klassischen Schweinepest die Eil-
verordnung für ein großflächiges „Stand still“ zu erlassen und die betroffenen
Bundesländer zu einer Notimpfung aufzufordern sowie im Hinblick auf die Vor-
bereitung der Tiergesundheitsstrategie für die Europäische Union ab 2014 auf
eine EU-weite Durchsetzung des Ansatzes „Impfen statt Keulen“ zu drängen.

B. Lösung

Annahme des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD,

FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE
LINKE.

C. Alternativen

Ablehnung des Antrags.

Drucksache 17/9218 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Wurden nicht erörtert.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Wurde nicht erörtert.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Wurde nicht erörtert.

Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten

Wurde nicht erörtert.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Wurde nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/9218

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/8893 anzunehmen.

Berlin, den 21. März 2012

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Hans-Michael Goldmann
Vorsitzender und Berichterstatter

Dieter Stier
Berichterstatter

Dr. Wilhelm Priesmeier
Berichterstatter

Dr. Kirsten Tackmann
Berichterstatterin

Friedrich Ostendorff
Berichterstatter

der Klassischen Schweinepest nicht durch lebende Tiere
oder tierische Produkte verschleppt wird;

entsprechende Regelungen einzusetzen, die es dann anderen
Ländern nicht mehr so leicht erlauben würden, aus nichti-
4. die Entwicklung weiterer Markerimpfstoffe voranzutrei-
ben;

5. die Aufklärung der Verbraucherinnen und Verbraucher

gen Gründen im Zusammenhang mit Fleisch notgeimpfter
Tiere Handelsbeschränkungen vorzunehmen. Darüber hin-
aus sei es Aufgabe der Bundesregierung, bei der Weltorga-
nisation für Tiergesundheit (OIE), die für die derzeitigen
Drucksache 17/9218 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Dieter Stier, Dr. Wilhelm Priesmeier, Dr. Kirsten
Tackmann, Hans-Michael Goldmann und Friedrich Ostendorff

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
17/8893 in seiner 165. Sitzung am 8. März 2012 erstmals
beraten und an den Ausschuss für Ernährung, Landwirt-
schaft und Verbraucherschutz zur Beratung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Nach Darstellung der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stößt die vorsorgliche Tötung
gesunder Tiere im Fall eines Ausbruchs der Klassischen
Schweinepest sowohl bei Fachleuten als auch in der Öffent-
lichkeit zu Recht auf deutliche Kritik. Die derzeit geltende
Nichtimpfungspolitik der Europäischen Union im Zusam-
menhang mit der Klassischen Schweinepest ist ihrer An-
sicht nach aus wissenschaftlicher Sicht nicht mehr zeitge-
mäß. Die Entwicklung hochwirksamer und moderner Impf-
stoffe für Notimpfungen und des Real-Time-PCR-Nach-
weisverfahrens eröffnen nach Ansicht der Fraktionen CDU/
CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN neue
Möglichkeiten in der Bekämpfung der Schweinepest. Durch
eine Notimpfung nicht infizierter Tiere ist die massenhafte
Keulung zur Ausbreitungsverhinderung ihrer Ansicht nach
nicht mehr notwendig.

In der Tierseuchenbekämpfung muss nach Darstellung der
Antragsteller zukünftig der Ansatz „Impfen statt Keulen“
gelten, damit unnötige Tierverluste minimiert werden und
dem Tierschutzgedanken Rechnung getragen wird. Durch
den Einsatz von Notimpfungen kann ihrer Ansicht nach das
Infektions- und Verschleppungsrisiko vermindert werden.
Zugleich müssen klare Rahmenbedingungen für den Ver-
trieb von Fleisch und Fleischprodukten von gegen Tierseu-
chen geimpften Tieren geschaffen werden. Zudem muss der
Verbraucher ihrer Ansicht nach dringend über die gesund-
heitliche Unbedenklichkeit solcher Lebensmittel aufgeklärt
werden.

Mit dem Antrag auf Drucksache 17/8893 soll die Bundes-
regierung aufgefordert werden,

1. den Ansatz „Impfen statt Keulen“ im Tierseuchenbe-
kämpfungskonzept zu stärken;

2. beim Ausbruch der Klassischen Schweinepest die Eil-
verordnung für ein großflächiges „Stand still“ zu er-
lassen und die betroffenen Bundesländer zu einer
Notimpfung aufzufordern;

3. die Länder bei der Durchführung einer Notimpfung mit
sicheren Impfstoffen zu unterstützen, damit das Virus

den Handelspartnern möglich und wirtschaftlich trag-
fähig bleibt;

6. die fleischverarbeitende Wirtschaft bei der Entwicklung
eines Konzeptes zur Schlachtung und Verarbeitung ge-
impfter Schweine zu unterstützen;

7. für Akzeptanz von notgeimpften Tieren bei Handelspart-
nern aus dem EU-Ausland und aus Drittländern zu wer-
ben;

8. sich auf internationaler Ebene für einen Paradigmen-
wechsel in der Tiergesundheitspolitik der EU einzuset-
zen und im Hinblick auf die Vorbereitung der Tierge-
sundheitsstrategie für die Europäische Union ab 2014
auf eine EU-weite Durchsetzung des Ansatzes „Impfen
statt Keulen“ zu drängen.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz hat den Antrag auf Drucksache 17/8893 in
seiner 66. Sitzung am 21. März 2012 abschließend beraten.
Der Ausschuss beschloss mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE., dem Deut-
schen Bundestag die Annahme des Antrags zu empfehlen.

Die Fraktion der CDU/CSU betonte, eine wichtige Grund-
lage für den vorliegenden gemeinsamen Antrag der Koali-
tionsfraktionen der CDU/CSU und FDP und der Opposi-
tionsfraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sei
ein thematisch ähnlicher Antrag der Fraktion der SPD vom
November 2011 gewesen. Der gemeinsame Antrag sehe
jetzt acht Einzelmaßnahmen vor, mit denen die Bundes-
regierung aufgefordert werde, bei der Tierseuchenbekämp-
fung und hierbei insbesondere bei der Bekämpfung der
Klassischen Schweinepest in Hinblick auf den Tierschutz
Keulungen auf das unerlässliche Maß zu reduzieren. Dazu
gehöre unter anderem, den Ansatz „Impfen statt Keulen“ im
Tierseuchenbekämpfungsgesetz zu stärken und die Aufklä-
rung der Verbraucherinnen und Verbraucher über die Unbe-
denklichkeit notgeimpfter Tiere zu unterstützen. Die Ver-
marktung von Fleisch notgeimpfter Tiere sei mit der
Fleischwirtschaft und dem Handel insgesamt noch zu ver-
bessern, da dort noch Unsicherheiten ausgeräumt werden
müssten.

Die Fraktion der SPD erklärte, wichtiger Bestandteil des
Antrags sei die Aufforderung an die Bundesregierung, sich
auch auf der europäischen Ebene und bei Drittländern für
über die Unbedenklichkeit notgeimpfter Tiere zu unter-
stützen, so dass die Vermarktung notgeimpfter Tiere bei

Regelungen bei den Keulungen infizierter Bestände verant-
wortlich sei, eine Diskussion in Gang zu setzen und zu ver-

schen Schweinepest sei sie von den anderen Fraktionen aus-
gegrenzt worden, obwohl sie signalisiert hätte, sich dem
Hauptanliegen des Antrages anschließen zu können. Auch

stände finde sie es richtig, dass jetzt dieser Grundsatz in die
Seuchenbekämpfungsarbeit bei Tieren einbezogen werden
solle.

Berlin, den 21. März 2012

Dieter Stier
Berichterstatter

Dr. Wilhelm Priesmeier
Berichterstatter

Dr. Kirsten Tackmann
Berichterstatterin

Hans-Michael Goldmann
Berichterstatter

Friedrich Ostendorff
Berichterstatter
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/9218

suchen, zu einer einvernehmlichen Regelung, vor allen Din-
gen beim Thema Handelsbeschränkungen, zu kommen.
Wenn es nicht gelänge, die OIE zu einem veränderten Ver-
halten bei der Tierseuchenbekämpfung zu überzeugen, sei
die im Antrag geforderte sinnvolle Strategie „Impfen statt
Keulen“ von vornherein zum Scheitern verurteilt.

Die Fraktion der FDP begrüßte nachdrücklich den inter-
fraktionellen Antrag. Mit ihm werde ein Paradigmenwech-
sel in der Tierseuchenbekämpfung gefordert, um zukünftig
unnötiges Keulen von Tieren zu vermeiden. Beim Ausbruch
von Tierseuchen wie der Klassischen Schweinepest sollten
gesunde Tiere nicht mehr präventiv getötet werden, sondern
eine Notimpfung verabreicht bekommen. Mit der Möglich-
keit von Impfungen stehe insgesamt eine gute Möglichkeit
zur Verfügung, um den Problemen angemessen gerecht zu
werden. Damit dieser tierschonende Ansatz „Impfen statt
Keulen“ auch wirtschaftlich tragfähig sei, müsse die Bun-
desregierung Aufklärungsarbeit bei Verbrauchern sowie bei
Wirtschaft und Handel über die Unbedenklichkeit notge-
impfter Tiere leisten. Darüber hinaus müsse sich die Bun-
desregierung auf EU-Ebene dafür einsetzen, dass der An-
satz „Impfen statt Keulen“ in die zukünftige EU-Tierge-
sundheitsstrategie aufgenommen werde. Der gemeinsame
Antrag sei ein wichtiger Schritt in Richtung mehr Tier-
schutz und Ernährungssicherheit.

Die Fraktion DIE LINKE. äußerte, bei der Erarbeitung des
interfraktionellen Antrages zur Bekämpfung der Klassi-

die Fraktion DIE LINKE. vertrete die Position, dass statt
des Keulens die Impfung der Bestände der bessere Weg sei.
Insgesamt bleibe der Antrag aber inhaltlich hinter den Er-
wartungen zurück, da er die derzeitigen internationalen
Handelsregeln als eigentliche Ursache der Nichtimpfungs-
politik nur unzureichend berücksichtige. So müsse mit einer
anderen Art der Produktion und des Handels Prävention ge-
gen mögliche Tierseuchen betrieben werden. Es sei ein
neuer konzeptioneller Ansatz bei der Tierseuchenbekämp-
fung notwendig, der über das Prinzip der reinen Notimpfun-
gen hinausgehe. Insbesondere wegen der fachlichen Mängel
des Antrages sowie aufgrund ihres Ausschlusses bei der
Antragserstellung werde sich die Fraktion DIE LINKE.
beim Antrag enthalten.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN legte dar, sie
unterstütze diesen Antrag, der ursprünglich einmal von der
Fraktion der SPD eingebracht worden sei, ausdrücklich. Die
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sei seit langer Zeit
schon für den Grundsatz „Impfen statt Keulen“ im Rahmen
der Tierseuchenbekämpfung. Man müsse natürlich – auch
wenn der Antrag von einer breiten Mehrheit der Fraktionen
getragen werde – noch mit der Fleischwirtschaft reden, da-
mit das Fleisch von geimpften Tieren, welches unter Han-
delsrestriktionen falle, von ihr dementsprechend vermarktet
werde. Man werde sicherlich noch einige Kraft darauf ver-
wenden müssen, dem Ansatz „Impfen statt Keulen“ zum
Durchbruch zu verhelfen. Trotz dieser schwierigen Um-

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