BT-Drucksache 17/920

Stand des Ausbaus von Offshore-Windparks in der Nord- und Ostsee

Vom 1. März 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/920
17. Wahlperiode 01. 03. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, Ingrid Nestle, Oliver Krischer,
Sylvia Kotting-Uhl, Undine Kurth (Quedlinburg), Nicole Maisch, Dr. Hermann Ott,
Dorothea Steiner und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Stand des Ausbaus von Offshore-Windparks in der Nord- und Ostsee

Die Ziele zum Ausbau der Windkraft auf dem Meer sind ambitioniert. Sollten
sie realisiert werden, verändert sich die deutsche Energielandschaft deutlich.
Der Ausbau scheint trotz vielfach gelöster technischer Probleme aber nicht
deutlich an Fahrt aufzunehmen. Damit drohen viele Investitionen an Wert zu
verlieren – mittlerweile haben bereits viele Küstenstädte, Bundesländer und
Unternehmen bspw. in den Hafenausbau oder in Fertigungsanlagen für Funda-
mente investiert. Viele der 30 000 anvisierten Arbeitsplätze durch den Off-
shore-Ausbau drohen gar nicht oder nur stark zeitverzögert zu entstehen.

Wir fragen die Bundesregierung

1. Was versteht die Bundesregierung unter termingerechter Anbindung, wenn
sie beabsichtigt die Formulierung des Koalitionsvertrages zwischen CDU,
CSU und FDP umzusetzen, der zufolge „die termingerechte Anbindung der
Offshore-Windparks an das Stromnetz [ist] zügig und effektiv zu realisieren“
sei?

Welche konkreten Termine für jeden bisher genehmigten Offshore-Wind-
park meint die Bundesregierung?

2. Wie wird sichergestellt, dass tatsächlich die termingerechte Anbindung er-
folgt, und welche Sanktionen gibt es?

Werden unternehmensfinanzierte Projekte von der Regelung der Bundesnetz-
agentur (BNetzA) gegenüber Projektfinanzierungen bevorzugt, und wenn
nein, warum nicht?

3. Ist schon absehbar, welche Offshore-Windparks Probleme bei der Einhal-
tung dieser Termine bekommen werden?

4. Teilt die Bundesregierung die Befürchtung, dass die AKW-Betreiber
(AKW = Atomkraftwerk) nach einer möglichen Laufzeitverlängerung weni-
ger Interesse haben könnten Offshore-Windparks auszubauen?

Was will sie ggf. dagegen tun?

5. Welche einzelnen Offshore-Windparks (Projektname, Antragsteller, aktuel-
ler Rechteinhaber) sind bisher in Nord- und Ostsee genehmigt?

Wie viele Windparks sind dies insgesamt, und wie viel Anlagen können da-
mit errichtet werden?

Mit welchem Jahresenergieertrag rechnet die Bundesregierung bei der voll-
ständigen Realisierung dieser Windparks?

Drucksache 17/920 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

6. Wie viele Parks sind schon vollendet, und an welchen wird momentan
schon konkret gebaut, also Fundamente von Windenergieanlagen, Um-
spannplattformen o. Ä. errichtet?

7. Zu welchen Zeitpunkten werden nach Einschätzung der Bundesregierung
in den derzeit genehmigten Parks jeweils die Arbeiten für die Installation
der Windenergieanlagen beginnen und fertiggestellt?

8. Wie viele Parks mit wie vielen Windenergieanlagen befinden sich im Ge-
nehmigungsverfahren (Projektname, Antragsteller, aktueller Antragsteller)?

Welche Anträge sind davon „auf Vorrat gestellt“, und welche Anträge wer-
den von den Antragstellern stringent betrieben?

9. An welchen genehmigten Offshore-Windparks sind die 4 deutschen Ver-
bundunternehmen mit welchen Prozentanteilen beteiligt?

Wie sehen die entsprechenden Zahlen bei den beantragten Projekten aus?

An wie viel Prozent der insgesamt genehmigten Parks sind die vier großen
Stromkonzerne beteiligt?

10. Wie viel Zeit ist bei den bislang genehmigten Parks jeweils zwischen Ge-
nehmigung und der Verwirklichung der vom Bundesamt für Seeschifffahrt
und Hydrographie zur Überprüfung des Realisierungswillens vorgeschrie-
benen weiteren Verfahrensschritte („Meilensteine“) verstrichen (bitte für
jeden Park einzeln angeben)?

11. Wurden sämtliche vorgeschriebenen Verfahrensschritte („Meilensteine“)
bislang eingehalten?

Welche nicht in welchen Parks?

Wie geht das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie mit diesen
Fällen um?

12. Stimmt die Bundesregierung der These zu, dass die Offshore-Windparks
mit einer Beteiligung von E.on und Vattenfall kaum Fortschritte machen?

13. Wann sind für die einzelnen Offshore-Projekte die Baugenehmigungen er-
teilt worden, und bei welchen Projekten sind wann Verlängerungen erteilt
worden?

14. Zu welchem Zeitpunkt erlöschen bei den bereits genehmigten Parks je-
weils die Genehmigungen?

15. Wurde bei einzelnen Projekten bereits die Baugenehmigung in der Vergan-
genheit entzogen, und von welchen Faktoren hängt das ggf. ab?

16. Gibt es genehmigte Projekte, wo nach Einschätzung der Bundesregierung
eine „Claimsicherung“ ohne zeitnahe Bebauungsabsicht besteht?

Falls ja, wo?

17. Beabsichtigt die Bundesregierung, die jetzigen Regelungen der Baugeneh-
migungen zu verändern?

Wenn ja, mit welchen Zielen und Verfahrensänderungen?

18. Für welche der genehmigten und noch nicht in Bau befindlichen Offshore-
Windparks wurden bereits die Leitungen zum Abtransport des Stroms be-
antragt bzw. genehmigt?

19. Wie lange dauert erfahrungsgemäß die Bewilligung solcher Anträge?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/920

20. Welche Netzanbindungen (ausschließliche Wirtschaftszone, 12-Seemeilen-
Zone und onshore) der bislang genehmigten Offshore-Windparks sind der-
zeit in Bau oder Planung?

Wie weit sind diese jeweils fortgeschritten?

In welchen Fällen handelt es sich dabei um effiziente Sammelanbindungen
mehrerer Windparks?

21. Für welche Windparks haben transpower stromübertragungs gmbh und
50 Hertz Transmission GmbH bereits die Kabelanbindungen ausgeschrie-
ben, und wie weit sind die Verfahren?

Für welche Offshore-Projekte wurde die Netzanbindung verbindlich in
Auftrag gegeben?

22. Kann die Bundesregierung Befürchtungen ausschließen, dass die zuständi-
gen Übertragungsnetzbetreiber ihrer Verpflichtung zur rechtzeitigen Netz-
anbindung von Offshore-Windparks nicht gerecht werden?

23. Bei welchen Offshore-Vorhaben gibt es konkret Probleme bei der Netz-
anbindung, weil transpower stromübertragungs gmbh und/oder 50 Hertz
Transmission GmbH hier Bedenken angemeldet hat bzw. auf eine Nicht-
erfüllung der Validierungskriterien verweist?

24. Welche Lösung verfolgt die Bundesregierung hier?

25. Sind der Bundesregierung Vorhaben bekannt, die aufgrund einer ungeklär-
ten bzw. verzögerten Netzanbindung zurückgestellt oder aufgegeben wur-
den?

Falls ja, welche?

26. Sind weiterhin Projekte bekannt, bei denen gegenwärtig eine Verzögerung
oder Aufgabe aufgrund von Netzanbindungsproblemen befürchtet wird?

Wenn ja, welche?

27. Mit welchen konkreten Instrumenten will die Bundesregierung den Inves-
titionsstau bei der Realisierung der genehmigten Offshore-Projekte hin-
sichtlich Finanzierung und Netzanschluss auflösen?

28. Sind Bundesbürgschaften zur Reduzierung von Risiken während der Bau-
zeit und Baukostenüberschreitungen in Planung?

Sind der Bundesregierung Landesbürgschaften im Zusammenhang mit
Offshore-Projekten bekannt?

29. Ist es angedacht, das Konjunkturprogramm II für Offshore-Windkraftpro-
jekte über 2010 hinaus zu verlängern?

Gibt es Überlegungen, das Sonderprogramm der KfW Bankengruppe
(KfW-Sonderprogramm) Projektfinanzierung für Offshore-Windparks für
Projektgesellschaften, die sich mehrheitlich im öffentlichen Besitz befin-
den, zu öffnen?

30. Sind die durch die Bundesnetzagentur definierten Validierungskriterien
bzw. Verfahren (Positionspapier) geeignet, den Zirkelschluss hinsichtlich
Finanzierung und Netzanschluss aufzulösen?

31. Liegen der Bundesregierung Gutachten zum Arbeitsplatzeffekt der Off-
shore-Windparks vor?

Falls ja, mit welchem Ergebnis?

32. Welche Investitionen sind der Bundesregierung bekannt, die bereits von
Bundesländern bzw. Städten getätigt wurden, um am Offshore-Ausbau zu
partizipieren, bspw. Hafenausbauten u. Ä.?

Drucksache 17/920 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

33. Wie sehen die Planungen zur Netzeinbindung aus?

Inwieweit sind Anbindungen per Wechsel- oder Gleichstrom geplant?

34. Welche Anstrengungen unternimmt die Bundesregierung, dass Trassen mi-
nimiert und gebündelt werden?

Wann ist hier mit Entscheidungen zu rechnen?

35. Welche Haushaltstitel findet man für die Jahre 2005 bis 2011 für die ökolo-
gische Begleitforschung bezüglich Offshore-Wind?

Welche konkreten Projekte werden hier finanziert?

Ausbau Offshore versus Stromnetz insgesamt

36. Wie wird im geplanten Energiekonzept und den entsprechenden Gutachten
berücksichtigt, dass aufgrund der begrenzten Netzkapazitäten und des sich
verzögernden Netzausbaus Kohle- und Atomkraftwerke im Grundlastbe-
trieb in Konkurrenz zur Einspeisung aus erneuerbaren Energien stehen und
dass aufgrund der uneingeschränkten Vorrangregelungen für erneuerbare
Energien konventionelle Kraftwerke ihre Einspeisung bei Netzengpässen,
insbesondere in Norddeutschland, drosseln müssen, und wo erwartet die
Bundesregierung Engpässe (insbesondere rund um Brunsbüttel)?

37. Geht die Bundesregierung davon aus, dass alle 17 AKW in Deutschland
regelbar sind und dementsprechend unter Beachtung des Vorrangprinzips
für erneuerbare Energien gefahren werden können, oder gibt es insbeson-
dere bei älteren Siedewasserreaktoren Probleme?

Haben die AKW in der Vergangenheit stets den Vorrang für erneuerbare
Energien beachtet?

38. Was tut die Bundesregierung dafür, dass die Netzbetreiber von den innova-
tiven technischen Netzausbaumöglichkeiten nach dem Energieleitungsaus-
baugesetz (EnLAG) und der Anreizregulierungsverordnung (AnreizRegV)
(Erdkabel und Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung) auch tatsächlich
Gebrauch machen?

In welchen Fällen werden diese Möglichkeiten tatsächlich von Übertra-
gungsnetzbetreibern genutzt?

39. Wie beabsichtigt die Bundesregierung das Ziel des Koalitionsvertrages
umzusetzen, Interkonnektoren zu fördern?

Wie sieht diese Förderung konkret aus?

40. Wie ist der Planungsstand beim aktuellen Projekt NorGer?

Und wie schätzt die Bundesregierung die Wichtigkeit dieses Projektes ein?

41. Welche Rolle können Interkonnektoren wie NorGer bei der Vernetzung der
(europäischen) Offshore-Windparks in der Nordsee nach Ansicht der Bun-
desregierung spielen?

42. Welche rechtlichen Grundlagen bestehen für den Netzanschluss von Inter-
konnektoren?

43. Inwieweit werden Interkonnektoren in der laufenden Netzstudie Dena II
berücksichtigt?

44. Welche Maßnahmen ergreifen die Bundesregierung und ihre Behörden, da-
mit das Höchstspannungsnetz in Niedersachsen rechtzeitig ausgebaut ist,
um die Kapazitäten von Offshore-Windparks und des NorGer-Kabels auf-
nehmen zu können?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/920

North-Sea-Grid

45. a) Gibt es bereits konkrete Planungen oder Abschätzungen über Trassen
und Finanzierungen infolge der Ankündigung der Bundesregierung, ein
großes Verbundnetz in der Nordsee zu unterstützen, um die Offshore-
Windparks mit den skandinavischen Wasserspeichern sowie den großen
europäischen Stromverbrauchszentren zu verbinden, wie groß soll die
Gesamtkapazität der eingebundenen Offshore-Windparks sein, wann
sollen die ersten Leitungen realisiert sein, und um welche handelt es
sich dabei?

b) Wann sollen die ersten Leitungen realisiert sein, und um welche handelt
es sich dabei?

46. Wie gewährleistet die Bundesregierung, dass ein Offshore-Netz als Ge-
samtsystemlösung mit Verbindungen zu den europäischen Nachbarn auf-
gebaut wird, wenn andererseits der § 17 Absatz 2a des Energiewirtschafts-
gesetzes (EnWG) grundsätzlich nur die Einzelanbindung eines Offshore-
Windparks vorsieht?

47. Hält die Bundesregierung die im Positionspapier der BNetzA beschriebe-
nen Voraussetzungen für geeignet, die oben beschriebene Gesamtsystem-
lösung zeitnah zu realisieren und Synergieeffekte zu erzielen?

Wenn nein, welchen Handlungsbedarf sieht die Bundesregierung insoweit?

Berlin, den 1. März 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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