BT-Drucksache 17/9024

zu dem Antrag der Abgeordneten Ewa Klamt, Albert Rupprecht (Weiden), Michael Kretschmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Peter Röhlinger, Dr. Martin Neumann (Lausitz), Sylvia Canel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP - Drucksache 17/6504 - Forschung zur Sicherung der weltweiten Ernährung

Vom 20. März 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/9024
17. Wahlperiode 20. 03. 2012

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
(18. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Ewa Klamt, Albert Rupprecht (Weiden),
Michael Kretschmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Dr. Peter Röhlinger, Dr. Martin Neumann (Lausitz),
Sylvia Canel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 17/6504 –

Forschung zur Sicherung der weltweiten Ernährung

A. Problem

Hunger und Mangelernährung insbesondere in ländlichen Gebieten der Ent-
wicklungsländer und ein anhaltender Anstieg der Weltbevölkerung bei gleich-
zeitiger Verknappung von Anbauflächen und Wasser zählen zu den aktuellen
und langfristigen zentralen Herausforderungen der internationalen Gemein-
schaft.

B. Lösung

Durch Forschung und Wissenstransfer sollen Beiträge zum Aufbau funktionie-
render umweltschonender und nachhaltiger Ernährungssysteme in den von
Hunger betroffenen Gebieten geleistet werden. Die Bundesregierung wird auf-
gefordert, Forschungsthemen mit einer größtmöglichen Wirkung im Hinblick
auf die Lösung des Welternährungsproblems zu identifizieren. Oberste Prä-
misse bei allen Maßnahmen sind die Beachtung von Nachhaltigkeitsaspekten
und die Risikovermeidung für Mensch und Natur.

Annahme des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
C. Alternativen

Ablehnung des Antrags.

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Drucksache 17/9024 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/6504 anzunehmen.

Berlin, den 29. Februar 2012

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

Ulla Burchardt
Vorsitzende

Ewa Klamt
Berichterstatterin

René Röspel
Berichterstatter

Dr. Petra Sitte
Berichterstatterin

Dr. Peter Röhlinger
Berichterstatter

Krista Sager
Berichterstatterin

Die Bundesregierung solle im Einzelnen unter anderem auf- Die meisten Analysen und Berichte zum Welternährungs-
problem befassten sich mit dem Handlungsbedarf und
gefordert werden,

• eine Gesamtbetrachtung des Ernährungssystems sowie
einen breiten systemischen Ansatz zu verfolgen,

• internationale Forschungskooperationen anzustreben und

Handlungsmöglichkeiten in technischer, sozialer, ökono-
mischer und politischer Hinsicht. Eine solche ambitionierte
Gesamtanalyse sei dem TAB nicht möglich gewesen. Der
Untersuchungsauftrag sei auf die Frage fokussiert worden:
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/9024

Bericht der Abgeordneten Ewa Klamt, René Röspel, Dr. Petra Sitte, Dr. Peter
Röhlinger und Krista Sager

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
17/6504 in seiner 133. Sitzung am 20. Oktober 2011 beraten
und an den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technik-
folgenabschätzung zur federführenden Beratung und an den
Auswärtigen Ausschuss, den Rechtsausschuss, den Haus-
haltsausschuss, den Ausschuss für Wirtschaft und Technolo-
gie, den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz, den Verteidigungsausschuss, den Aus-
schuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, den Aus-
schuss für Gesundheit, den Ausschuss für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit, den Ausschuss für Men-
schenrechte und humanitäre Hilfe und an den Ausschuss für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zur Mit-
beratung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Fraktionen der CDU/CSU und FDP erklären, dass
Hunger und Mangelernährung insbesondere in ländlichen
Gebieten der Entwicklungsländer und ein anhaltender An-
stieg der Weltbevölkerung bei gleichzeitiger Verknappung
von Anbauflächen und Wasser zu den aktuellen und lang-
fristigen zentralen Herausforderungen der internationalen
Gemeinschaft zählen.

Die sozialen, politischen und ökonomischen Ursachen von
Hunger seien komplexer Natur. Verschärft werde die Situa-
tion zusätzlich durch die Auswirkungen des Klimawandels,
die anhaltende Reduzierung landwirtschaftlich nutzbarer
Flächen sowie die Veränderung von Essgewohnheiten der
Bevölkerung in Schwellenländern. Nachernteverluste in
Entwicklungsländern und Nahrungsmittelverschwendung
bzw. -verluste bei Endverbrauchern in reichen Ländern
seien hoch.

Vor diesem Hintergrund sollten Forschung und Wissens-
transfer einen Beitrag zum Aufbau funktionierender ökolo-
gischer Ernährungssysteme in den von Hunger betroffenen
Gebieten leisten. Die Bundesregierung soll aufgefordert
werden, Forschungsthemen mit einer größtmöglichen Wir-
kung im Hinblick auf die Lösung des Welternährungs-
problems zu identifizieren. Oberste Prämisse bei allen Maß-
nahmen seien die Beachtung von Nachhaltigkeitsaspekten
und die Vermeidung von Risiken für Mensch und Natur.

Die Antragsteller möchten einen Schwerpunkt auf jene For-
schungsbereiche gelegt sehen, die bisher international noch
nicht bearbeitet worden seien. Ferner fordern sie einen ge-
meinsamen strategischen Ansatz und eine enge Abstim-
mung der beteiligten Ressorts.

• Informations- und Wissensmanagement auszubauen und
den Wissenstransfer sicherzustellen und

• die Forschungsergebnisse öffentlich zugänglich zu
machen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Auswärtige Ausschuss, der Rechtsausschuss, der Haus-
haltsausschuss, der Ausschuss für Wirtschaft und Tech-
nologie, der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft
und Verbraucherschutz, der Verteidigungsausschuss, der
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der
Ausschuss für Gesundheit, der Ausschuss für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit, der Ausschuss für
Menschenrechte und humanitäre Hilfe und der Ausschuss
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
haben jeweils in ihren Sitzungen am 29. Februar 2012 mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen
die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Antrag auf
Drucksache 17/6504 anzunehmen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfol-
genabschätzung hat die Vorlage in seiner 66. Sitzung am
29. Februar 2012 in Verbindung mit dem Bericht zur Tech-
nikfolgenabschätzung „Forschung zur Lösung des Welter-
nährungsproblems – Ansatzpunkte, Strategien, Umsetzung“
auf Drucksache 17/6026 beraten.

Der Ausschuss empfiehlt: Annahme des Antrags auf Druck-
sache 17/6504 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Zum Bericht „Forschung zur Lösung des Welternährungs-
problems – Ansatzpunkte, Strategien, Umsetzung“ des
Büros für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bun-
destag (TAB) wird einführend erklärt, dass zunächst die
spezielle Perspektive der Untersuchung erläutert und
Schlussfolgerungen vorgestellt werden sollen, die nicht be-
reits in vielen anderen Dokumenten zum Welternährungs-
problem enthalten seien. Ferner solle ein Blick auf die wis-
senschaftliche und politische Diskussion in den vergange-
nen Monaten geworfen werden.
bei der Netzwerkbildung den Schwerpunkt auf Afrika zu
legen,

„Welchen Beitrag kann die Forschung zur Lösung des Welt-
ernährungsproblems leisten?“

Drucksache 17/9024 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Die Fragestellung sei innovativ, und in vielen Dokumenten
werde lediglich betont, dass Wissenschaft und Forschung
eine zentrale Rolle bei der Lösung des Welternährungs-
problems spielten, aber nicht wie sie realisiert werden soll-
ten.

Der Bericht habe angesichts der Komplexität des Themas
weder ein Forschungsprogramm noch eine Liste von priori-
tären Forschungsvorhaben vorlegen können. Dies sei vor
dem Hintergrund der Komplexität und des Themas und der
Vielzahl beteiligter Disziplinen, Fördereinrichtungen und
Ressorts eine kontinuierliche Aufgabe von Wissenschaft,
Politik und sonstigen kompetenten gesellschaftlichen
Akteuren.

Das TAB gebe zunächst einen Überblick über die sehr
unterschiedlichen Einflussgrößen auf das Welternährungs-
problem wie naturräumliche, technologische, wirtschaft-
liche, gesellschaftliche und rechtliche Bedingungen und
Entwicklungen. Leitgedanke sei, dass alle Einflussfaktoren
auf das Welternährungsproblem auch Ansatzpunkte für Ver-
besserungsmöglichkeiten böten, die erforscht werden könn-
ten.

Bei der Analyse vieler Dokumente sei deutlich geworden,
dass häufig eine einzelne Perspektive dominiere, entweder
die Mengen- oder die Zugangsperspektive, deutlich seltener
aber eine Ernährungsperspektive. In der Mengenperspektive
stehe die insgesamt produzierte und nachgefragte Nah-
rungsmittelmenge im Fokus. Aus der Zahl der Menschen,
ihrem Nahrungsbedarf sowie der Fortschreibung bisheriger
Konsumtrends werde hierbei auf die insgesamt benötigte
Menge an Nahrungsmitteln geschlossen.

Demgegenüber werde in der Zugangsperspektive betont,
dass nicht die zahlenmäßig gesamte Lebensmittelmenge,
sondern vielmehr die reale Verfügbarkeit vor Ort entschei-
dend sei. Trotz eines seit Jahrzehnten bestehenden Über-
schusses der Produktion gegenüber dem Bedarf hätten viele
Millionen Menschen nach wie vor keinen ausreichenden
Zugang zu Nahrungsmitteln. In der Zugangsperspektive
liege das Interesse daher auf den Mechanismen, die die Ver-
teilung der verfügbaren Nahrungsmittel innerhalb der Welt-
bevölkerung bestimmten.

Die Ernährungsperspektive untersuche das individuelle
Ernährungsverhalten sowie dessen Bestimmungsfaktoren.
Das Welternährungsproblem sei bei dieser Sichtweise we-
der primär ein Mengenproblem noch ein bloßes Zugangs-
problem. Vielmehr gelte die Welternährung auch als Wis-
sens- und Befähigungsproblem, hervorgerufen durch unzu-
reichendes Wissen über eine gesunde Ernährung und geeig-
nete Zubereitungsweisen für die jeweils zur Verfügung
stehenden Nahrungsmittel.

Das TAB habe versucht, alle drei Perspektiven systematisch
zu berücksichtigen und zentrale Herausforderungen für die
zukünftige Forschung identifiziert:

Eine stärkere Berücksichtigung verbrauchsseitiger Themen:
Die Entwicklung der Konsummuster von Lebensmitteln und
nachwachsenden Rohstoffen, Nachernteverluste bei Lage-
rung, Verarbeitung, Vertrieb und Verwendung, der Zuwachs
der Siedlungs- und Verkehrsfläche und die fortschreitende
Bodendegradation. Das TAB weist darauf hin, dass die Stei-

Es erscheine mit Blick auf die vom Hunger hauptsächlich
betroffenen Kleinbauern und Landarbeiter unbedingt not-
wendig, die Effekte von landwirtschaftlichen Modernisie-
rungsmaßnahmen auf ihre Ernährungslage von vorneherein
zu berücksichtigen und mit zu erforschen. Technischer Fort-
schritt bzw. Produktionssteigerungen in einer rückständigen
Region führten nicht zwangsläufig zu einer Verbesserung
der Lage der dort von Hunger Betroffenen.

Vor diesem Hintergrund wird auf ein bislang wenig bearbei-
tetes Forschungsfeld, das globale Ernährungsverhalten,
hingewiesen. Gerade in Deutschland existiere eine Welter-
nährungsforschung höchstens in Ansätzen; dabei könnten
vielfältige Synergien mit hiesigen medizinischen und ökolo-
gisch relevanten Fragestellungen und entsprechend vorhan-
denen wissenschaftlichen Kapazitäten und Kompetenzen
erreicht werden.

Das TAB erläutert, welche drei Handlungsoptionen es für
die Forschungspolitik herausgearbeitet habe: Eine erwei-
terte Ressortkooperation bei der Forschungsförderung, eine
Verbesserung der Erfolgsbedingungen für eine partizipative,
nutzerorientierte Forschung sowie der Vorschlag kooperati-
ver „Leuchtturmprojekte“.

In den zuständigen Ressorts sei eine stärkere Problemorien-
tierung und ein expliziter Anspruch auf ressortübergreifen-
des Handeln erkennbar.

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenar-
beit und Entwicklung (BMZ) habe ein Konzept zur „Ent-
wicklung ländlicher Räume und ihr Beitrag zur Ernährungs-
sicherung“ vorgelegt. Die Ressortforschungseinrichtungen
des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (BMELV) hätten mit der neu gegründe-
ten Deutschen Agrarforschungsallianz (DAFA) eine neue
Vernetzungsmöglichkeit geschaffen, um gemeinsam kom-
plexe Aufgabestellungen anzugehen. Auch in der „Nationa-
len Forschungsstrategie BioÖkonomie 2030“ würden As-
pekte einer entwicklungsorientierten Agrarforschung an
vielen Stellen explizit angesprochen.

Auf der Basis der Untersuchung erscheine es notwendig,
dass disziplinäre Grundlagenforschung, anwendungsorien-
tierte Agrarforschung und transdisziplinäre, praxisbasierte
Kompetenz aus der Entwicklungszusammenarbeit noch sys-
tematischer als bislang zusammengeführt würden. Um lang-
fristig substanzielle Forschung zur globalen Ernährungs-
sicherung leisten zu können, sollte überlegt werden, ob
neben den bestehenden Strukturen an Universitäten und
sonstigen Einrichtungen der Entwicklungsforschung eine
zentrale Anlaufstelle etabliert werden sollte, so wie sie in der
Schweiz mit dem Nord-Süd-Zentrum an der Eidgenössischen
Technischen Hochschule Zürich bereits existiere. Es wäre
aber auch der Aufbau mehrerer dezentraler, virtueller Kom-
petenzzentren zu verschiedenen Teilfragen bzw. regionalen
Aspekten einer entwicklungsorientierten Welternährungs-
forschung denkbar.

Darüberhinaus empfiehlt das TAB, die Erfolgsbedingungen
für eine partizipative, nutzerorientierte Forschung im Rah-
men der universitären Ausbildung und auch bei der For-
schungsförderung zu verbessern. Im Rahmen der Unter-
suchung hätten viele Fachleute, die tatsächlich mit Klein-
gerung der Flächenproduktivität nur ein Parameter, wenn
auch ein sehr wichtiger, sei.

bauern in problematischen Regionen gearbeitet hätten, das
Thema als enorm bedeutsam eingeschätzt.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/9024

Es werde ein zu geringer Stellenwert bzw. eine Marginali-
sierung sozialwissenschaftlicher Fächer in den agrarwissen-
schaftlichen Fakultäten und Forschungseinrichtungen kriti-
siert. Dies betreffe u. a. die Agrarsoziologie, die Agrar-
politik und - ökonomie oder im Bereich der landwirtschaft-
lichen Produktion die integrativen Fächer wie Pflanzenbau
und Tierhaltung, die für eine adressatenorientierte For-
schung als unerlässlich gelten würden. Hier erscheine eine
Umsteuerung durch die Länder und den Bund und die
Schaffung einer zentralen Stelle an einer geeigneten For-
schungseinrichtung notwendig.

Darüberhinaus wäre es auch sinnvoll, die Bedingungen der
Forschungsförderung anzupassen. Die Forschungsförde-
rung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft e. V., die
ganz überwiegend auf die Grundlagenforschung ausgerich-
tet sei, aber auch andere öffentliche Förderprogramme böten
bislang eher schlechte Erfolgschancen für Antragsteller par-
tizipativ angelegter Forschungsprojekte.

Zur Konkretisierung dieser Handlungsoptionen habe das
TAB die Konzeption und Entwicklung von „Leuchtturm-
projekten“ zur „Ernährungssicherung marginalisierter Be-
völkerungsgruppen durch eine nachhaltige Entwicklung
ländlicher Räume“ vorgeschlagen. Ziel wäre es, die ent-
wicklungsbezogenen Aktivitäten von Universitäten, außer-
universitären Instituten, fachlichen Organisationen und
NGOs mit Akteuren aus vorwiegend national bzw. euro-
päisch ausgerichteten Agrar-, Bio-, Sozial- und Wirtschafts-
wissenschaften zusammenzuführen. Die Finanzierung
würde in den Rahmen der „Nationalen Forschungsstrategie
BioÖkonomie 2030“ passen; das Konzept des BMZ „Ent-
wicklung ländlicher Räume und ihr Beitrag zur Ernährungs-
sicherung“ wäre als Orientierung zu nutzen; und die Res-
sortforschung des BMELV könnte sich über die DAFA ein-
bringen.

Zum Schluss gibt das TAB einen Überblick über die Ent-
wicklungen der vergangenen zwölf Monate.

Die stark gewachsene Aufmerksamkeit für das Ernährungs-
bzw. Konsumverhalten und für das Problem der Nachernte-
verluste: beide verbrauchsseitige Themen.

Die Fördermaßnahme „GlobE – Globale Ernährungssiche-
rung“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung
(BMBF) im Rahmen der „Nationalen Forschungsstrategie
BioÖkonomie 2030“, die im Sommer 2011 gestartet worden
sei. Sie erscheine als ein vielversprechender Anfang für eine
Erweiterung der bisherigen wissenschaftlichen Kooperation
mit afrikanischen Ländern.

Die Empfehlungen des Wissenschaftlichen Beirats „Agrar-
politik“ des BMELV zu „Ernährungssicherung und nachhal-
tige Produktionssteigerung“ vom Januar diesen Jahres. Sie
stimmten in vielen Aspekten mit den Ergebnissen des TAB-
Berichts überein, z. B. den Synergien von Low-Input- und
High-Input-Systemen oder der Bedeutung der Nachfrage-
faktoren und der Nacherntetechnologien.

Vonseiten der Fraktion der CDU/CSU wird erklärt, dass
Ursachen von Hunger klimatische, soziale, politische und
ökonomische Faktoren seien. Ferner lägen in Entwicklungs-
ländern Produktionspotentiale brach. Neben der klassischen
Entwicklungshilfe seien daher verstärkte Forschungsaktivi-

währleistet werden. Die „Nationale Forschungsstrategie
BioÖkonomie 2030“ biete dafür einen geeigneten Rahmen.
Die Bundesregierung werde im Antrag der Koalitionsfrak-
tionen aufgefordert, mit einer themenoffenen Initiative den
weltweiten Aufbau einer nachhaltigen und leistungsstarken
Landwirtschaft zu fördern.

Der Bericht des TAB fordere ebenso wie der Antrag der Ko-
alitionsfraktionen eine ressortübergreifende Zusammenar-
beit und Abstimmung. Auch das BMBF habe die innovative
Förderinitiative „GlobE“ gestartet. Sie sei methodenoffen,
technologieübergreifend und interdisziplinär ausgerichtet.

Die Fraktion der SPD weist darauf hin, dass aufgrund der
gleichzeitigen Behandlung des TAB-Berichts und des vor-
liegenden Antrags eine Teilung der Bewertung nicht ohne
weiteres möglich sei. Der Widerspiegelung der Ergebnisse
des TAB-Berichts im Antrag werde als problematisch ge-
wertet. Der Aufbau des Berichts werde gelobt. Er lege dar,
dass es einen Nahrungsmittelüberschuss aufgrund von Ver-
teilungsproblemen gebe. Diese Fakten erwähne der Antrag
nicht. Der Antrag nehme gegenüber den Entwicklungslän-
dern eine richtungsweisende Haltung ein. Der Rückgang
landwirtschaftlich nutzbarer Flächen beträfe jedoch nicht
nur die Entwicklungsländer, sondern auch reiche, industrie-
geprägte Länder wie Deutschland.

Die Fraktion der SPD lehne es ab, die Probleme in den von
Hunger betroffenen Regionen mit neuen Technologien
lösen zu wollen. Vielmehr sollte eine Partizipation der Ziel-
gruppen angestrebt werden. Diesbezügliche Forderungen
des Antrags würden als zu schwach bewertet. Es sollten
auch nicht nur Mais, Weizen, Reis und Soja im Mittelpunkt
des Interesses stehen, sondern auch vernachlässigte Früchte,
die vor Ort einen großen Teil der Ernährung abdeckten. Ein
Forschungsprogramm solle auch die Auswirkungen von Be-
wirtschaftungsmethoden auf die Kleinbauern in Entwick-
lungsländern untersuchen.

Der TAB-Bericht empfehle weniger hochtechnisierte Land-
wirtschaftsformen in diesen Regionen. Der Antrag fordere
Forschungsprojekte, um Fehler aufzuzeigen und Lösungs-
wege zu liefern. Dies lehne die Fraktion der SPD ab.

Die Fraktion der FDP führt aus, dass die Vernetzung von
lokalen Ressourcen und internationale Netzwerke für die
von Hunger betroffenen Länder von großer Bedeutung
seien. Einige der im Fokus stehenden Länder würden auch
einschlägige Forschung betreiben und sich mit Pflanzen-
züchtung und Grüner Gentechnik befassen. Diese Aktivitä-
ten sollten in die eigene Forschung einbezogen werden.
Auch wenn in der Bundesrepublik Deutschland dadurch
Konflikte erzeugt werden sollten, sei es wichtig, für eigene
Beratung und auch Produkte zu werben. Darüber hinaus sei
es auch wichtig, Krankheiten bei Mensch, Tier und Pflanzen
in die Forschung einzubeziehen.

Vonseiten der Fraktion Die LINKE. wird dem verbrau-
cherseitigen Ansatz des TAB-Berichts, auch im Zusammen-
hang mit den Stichwörtern „Armut“ und „Good Gover-
nance“, zugestimmt. Eine Beteiligung der zukünftigen
Nutzer, die Berücksichtigung der Rolle der Frauen in Ent-
wicklungsländern sowie die sozio-ökonomischen Existenz-
bedingungen seien für die Problemlösungen von besonderer
täten zur Entwicklung nachhaltiger Agrarwirtschaft notwen-
dig. Ferner müssten die Zugänge zu Lebensmitteln ge-

Bedeutung. Es werde empfohlen, vor Ort Lern- und
Kommunikationszentren aufzubauen. Außerdem sei ein

Berlin, den 29. Februar 2012

Ewa Klamt
Berichterstatterin

René Röspel
Berichterstatter

Dr. Petra Sitte
Berichterstatterin

Dr. Peter Röhlinger
Berichterstatter

Krista Sager
Berichterstatterin
Drucksache 17/9024 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

ursachenbezogener, interdisziplinärer und ethische Fragen
berücksichtigender Forschungsansatz notwendig.

Die Fraktion DIE LINKE. erklärt, dass auch die fiskalischen
Zusammenhänge des Welthandels Einfluss auf die Verknap-
pung von Nahrungsmitteln hätten. Wertekonflikte seien zu
untersuchen und mit Akteuren und zukünftigen Nutzern zu
diskutieren. Der Umgang mit der Natur vor Ort müsse in die
Analyse und Umsetzung von Maßnahmen aufgenommen
werden. In der Forschungsagenda müssten auch regionale
Vorstellungen über Integration, Steuerungsmöglichkeiten
und staatliche Einrichtungen berücksichtigt werden. Der
Antrag der Koalitionsfraktionen greife hier zu kurz. Es
werde versucht – wie die Bioökonomiestrategie der Bundes-
regierung –, Biologie in die Ökonomie einzupassen und
nicht umgekehrt. Eine einseitige Ausrichtung auf Agrar-
technologie und Agrarkonzerne sowie die Grüne Gentech-
nik sei höchst problematisch, weil ökonomische Abhängig-
keiten entstünden. Kleinbäuerliche Betriebe ermöglichten
demgegenüber eine Subsistenzwirtschaft. Letztlich müsse
eine Intensivierung der Nutzung von Naturgütern mit allen
Akteuren diskutiert werden, um Begrenzungsstrategien und
eine Optimierung der Ressourcennutzung zu realisieren. Da
diese Grundausrichtung dem vorliegenden Antrag fehle,
werde er abgelehnt.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kritisiert, dass
der Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP die we-
sentlichen Ergebnisse des TAB-Berichtes ignoriere. Der Be-
richt wolle nicht der Politik erläutern, wie die Welternäh-

rung gesichert werden könne, sondern wie die Forschung
ausgerichtet werden sollte, um gute Ergebnisse zu erzielen.
Elementare Schwerpunkte des Berichts seien partizipative
Forschungsmodelle und interdisziplinär ausgerichtete
Agrarforschungsprojekte. Der Fokus der Forschung solle
nicht auf Einzeltechnologien gesetzt werden, vielmehr
sollte die Forschung von einem „Low-Level-Inputsystem“
ausgehen, die Situation von Kleinbauern analysieren sowie
die Nachfrageseite und Nachernteverluste stärker berück-
sichtigen. Die zentrale Frage sei, ob die Bundesregierung
die forschungspolitischen Anregungen des TAB-Berichts
aufnehmen wolle. Im vorliegenden Antrag nehme man
wenig davon wahr, daher werde man ihn auch ablehnen.

Die Bundesregierung stellt klar, dass „GlobE“-Technolo-
gieaspekte aber auch sozialwissenschaftliche Aspekte und
Nachernteverluste berücksichtige. Alle Projekte würden mit
afrikanischen Partnern realisiert und nicht in Deutschland
erforscht und dann in Afrika durchgeführt. Der Aufbau von
Forschungskooperationen auf Augenhöhe mit den ange-
sprochenen Ländern könne nicht ad hoc mit viel Geld reali-
siert werden. „GlobE“ verfolge ein zweistufiges nachhalti-
ges Verfahren, indem Geld für Projekte zur Verfügung ge-
stellt werde, den Partnern aber auch ausreichend Zeit für die
Beantragung von Vollprojekten gegeben werde. Das BMBF
sei eng mit dem BMZ vernetzt. Das BMZ fördere jedes Pro-
jekt mit 400 000 Euro und sorge für die Einbindung der
Akteure vor Ort. Nicht der Wille oder Geld sei ein Problem,
sonder der Aufbau einer nachhaltigen Infrastruktur sei sehr
komplex.

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