BT-Drucksache 17/8944

Ansichten zum Klimaschutz im Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG

Vom 8. März 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8944
17. Wahlperiode 08. 03. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms, Dr. Hermann E. Ott, Dr. Anton Hofreiter,
Stephan Kühn, Harald Ebner, Bettina Herlitzius, Daniela Wagner und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ansichten zum Klimaschutz im Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG

Am 24. März 2010 wurde Dr. Knut Löschke durch den Bundesminister für Ver-
kehr, Bau und Stadtentwicklung, Dr. Peter Ramsauer, als alleinigem Aktionärs-
vertreter in der Hauptversammlung der Deutschen Bahn AG in den Aufsichtsrat
der Deutschen Bahn AG (DB AG) berufen. In einem Vortrag für die Friedrich
A. von Hayek- Gesellschaft e. V. an der Universität Passau am 20. Januar 2012
vertrat Dr. Knut Löschke Thesen, die im Widerspruch zur Geschäftspolitik der
DB AG stehen. Erst kürzlich hat die DB AG ihr Klimaschutzprogramm, das zu-
vor auf den Schienenverkehr beschränkt war, auf den gesamten Konzern aus-
geweitet. Entgegen der Geschäftspolitik des Unternehmens der DB AG vertritt
Dr. Knut Löschke zudem Ansichten, die den Klima- und Energiezielen des allei-
nigen Aktionärs Bundesrepublik Deutschland widersprechen. Danach sollen
unter anderem die klimaschädlichen Treibhausgase bis 2020 um 40 Prozent und
bis 2030 um 55 Prozent unter das Niveau von 1990 sinken, bis 2050 soll
Deutschland weitgehend frei von klimaschädlichen Gasen sein.

Im Fazit des Vortrags an der Universität Passau erklärt Dr. Knut Löschke:

„Es wird herauskommen, dass die natürlichen und permanenten Veränderungen
des Klimas nicht wesentlich vom CO2 und schon gar nicht von unserem CO2-
Eintrag abhängig sind und dass alle darauf bauenden Argumente und Folgerun-
gen falsch sind.

Es wird herauskommen, dass die widersinnige Subventionierung der massen-
haften Photovoltaikanlagen und der massenhaften Installation von Windmüh-
lenanlagen energie- und volkswirtschaftlicher Unfug ist und dass dies der lang-
fristigen Entwicklung tatsächlich alternativer Energiesysteme im Wege steht.“

Weiterhin vergleicht Dr. Knut Löschke die Klimapolitik der Bundeskanzlerin
Dr. Angela Merkel mit dem Sozialismus der ehemaligen DDR und ruft zum
Widerstand auf:

,Im Namen der Wahnidee von einer „Klimarettung“ erleben wir eine Ungeheu-
erlichkeit grandiosen Ausmaßes: Wir erleben die „wissenschaftlich“ begründete
Vernichtung unserer Freiheit, die Installation von diktatorischen Strukturen, die

Ausschaltung von Pluralität und Demokratie und von individueller Selbst-
bestimmung. Wir erleben die Herausbildung einer neuen Religion und deren
Kirche. Wir erleben die Herausbildung einer Diktatur.

Unsere aller Kanzlerin, beraten durch Rahmsdorf, Schellnhuber und Co., will
uns, wie sie selber 2007 sagte, in eine neue, weltweite „soziale Klimagerechtig-
keit“ durch die „Große Transformation“ führen. Mehr als 60 % aller

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Bundesbürger unterstützen es bereits. In der DDR waren laut offiziellen Wahl-
ergebnissen 99,7 % für den Weg in den weltweiten Sozialismus. Es gibt also
noch Einiges zu tun. Liebe Freunde im Geiste von Hayek: Principiis obsta! Weh-
ret den Anfängen solange es noch nicht zu spät ist!‘

Die Ansichten von Dr. Knut Löschke sind dessen Privatmeinung und durch das
Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Es stellt sich allerdings die Frage,
wie sich diese auf die Tätigkeit im Aufsichtsrat der DB AG auswirken und die
strategische Ausrichtung des Unternehmens beeinflussen. Die DB AG setzt sich
mit einem eigenen Klimaschutzziel aktiv für den Klimaschutz ein. Klimaschutz
soll zu einem Geschäftsmodell gemacht werden. Teil dieses Geschäftsmodelles
sind CO2-freie Angebote für Kunden, die Steigerung des Ökostromanteils bis
2020 auf 35 Prozent und eine CO2-freie Gestaltung des Schienenverkehrs bis
2050. Die Bundesrepublik Deutschland beeinflusst als Eigentümerin und allei-
nige Aktionärin maßgeblich über den Aufsichtsrat die strategische Grundausrich-
tung des Unternehmens. Laut Bundestagsdrucksache 13/6194 gehört die Verhal-
tensweise der Aufsichtsratsmitglieder des Bundes im Aufsichtsrat der DB AG
zur Verantwortung der Bundespolitik. Dr. Knut Löschkes öffentliche Äußerun-
gen lassen schlussfolgern, dass er sowohl die Politik der DB AG als auch die
seines Auftraggebers für falsch oder sogar gefährlich hält.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Inwiefern sieht die Bundesregierung ihre Ziele in der Energie- und Klima-
politik durch Dr. Knut Löschke im Aufsichtsrat der DB AG vertreten?

2. Inwiefern ist der Bundesregierung bekannt, dass der Aufsichtsrat Dr. Knut
Löschke sich für eine Änderung der strategischen Ausrichtung der Deutschen
Bahn AG einsetzt?

3. Hält die Bundesregierung es für das Image und Geschäftspolitik der DB AG
als klimafreundlichem Transportmittel förderlich, wenn einer seiner obersten
Vertreter Thesen vertritt, die im offensichtlichen Widerspruch zur Geschäfts-
politik der DB AG stehen?

4. Ist es der Vermarktung des Angebots EcoPlus für den Güterverkehr und Um-
welt-Plus für den Personenverkehr, mit dem die CO2-Emissionen komplett
ausgeglichen werden, förderlich, wenn ein Aufsichtsratsmitglied des Unter-
nehmens Klimaschutz für „Nonsens“ hält?

5. Welche Qualifikationen und Gründe waren 2010 ausschlaggebend dafür, dass
Dr. Peter Ramsauer in seiner Funktion als Vertreter des Alleineigentümers
Bundesrepublik Deutschland, Dr. Knut Löschke in der Hauptversammlung
der DB AG zum neuen Aufsichtsrat bestellte?

6. Waren mögliche frühere öffentliche Äußerungen von Dr. Knut Löschke zum
Klimawandel und zur Politik der Bundeskanzlerin dem Bundesminister für
Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Dr. Peter Ramsauer, oder anderen Ver-
tretern seines Hauses, zu diesem Zeitpunkt bekannt?

7. Plant der Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Dr. Peter
Ramsauer, ein persönliches Gespräch mit Dr. Knut Löschke zu seinen Thesen
vor der nächsten Hauptversammlung der DB AG?
Wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 7. März 2012

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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