BT-Drucksache 17/8876

zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Dorothea Steiner, Jerzy Montag, Ingrid Hönlinger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 17/7888 - Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen nach der EG Richtlinie 2003/35/EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz)

Vom 6. März 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8876
17. Wahlperiode 06. 03. 2012

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Dorothea Steiner, Jerzy Montag, Ingrid
Hönlinger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/7888 –

Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über ergänzende
Vorschriften zu Rechtsbehelfen nach der EG Richtlinie 2003/35/EG
(Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz)

A. Problem

Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 12. Mai 2011 (EuGH C-115/09 –
Trianel) festgestellt, dass die derzeitige Beschränkung der Klagemöglichkeit von
anerkannten Umweltverbänden auf drittschützende Normen europarechtswidrig
ist.

Der Gesetzentwurf zielt darauf ab, das deutsche Recht an die europarechtlichen
Vorgaben anzupassen. Eine Anpassung ist ferner aufgrund völkerrechtlicher
Vorgaben (Aarhus-Konvention) notwendig.

B. Lösung

Ablehnung des Gesetzentwurfs mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen

Keine.

D. Kosten

Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Drucksache 17/8876 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 17/7888 abzulehnen.

Berlin, den 29. Februar 2012

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Eva Bulling-Schröter
Vorsitzende

Dr. Thomas Gebhart
Berichterstatter

Dr. Matthias Miersch
Berichterstatter

Judith Skudelny
Berichterstatterin

Sabine Stüber
Berichterstatterin

Dorothea Steiner
Berichterstatterin

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher- eine frühzeitige Information der Öffentlichkeit bei Groß-

heit hat den Gesetzentwurf auf Drucksache 17/7888 in sei-
ner 65. Sitzung am 29. Februar 2012 abschließend beraten.

Die Fraktion der CDU/CSU erklärte, dass die Bundes-
regierung ein Gesetz zur Umsetzung des Urteils des Euro-

vorhaben zwingend notwendig. Schließlich müsse es die
Möglichkeit einer umfassenden gerichtlichen Kontrolle der
Genehmigung geben.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wies auf die
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/8876

Bericht der Abgeordneten Dr. Thomas Gebhart, Dr. Matthias Miersch, Judith
Skudelny, Sabine Stüber und Dorothea Steiner

I. Überweisung

Der Gesetzentwurf auf Drucksache 17/7888 wurde in der
149. Sitzung des Deutschen Bundestages am 15. Dezember
2011 zur federführenden Beratung an den Ausschuss für
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und zur Mitbe-
ratung an den Rechtsausschuss überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 12. Mai
2011 (EuGH C-115/09 – Trianel) festgestellt, dass das
Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz geltender Fassung nicht den
Anforderungen der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom
27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei
bestimmten öffentlichen und privaten Projekten in der durch
die Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 26. Mai 2003 geänderten Fassung ent-
spricht. Die derzeitige Beschränkung der Klagemöglichkeit
von anerkannten Umweltverbänden auf drittschützende
Normen ist nach dem Urteil europarechtswidrig, denn die
Richtlinien sehen für die betroffene Öffentlichkeit eine
weite Zugangsmöglichkeit zu Gerichten vor.

Eine weite Zugangsmöglichkeit der betroffenen Öffentlich-
keit sieht auch Artikel 9 Absatz 2 der Aarhus-Konvention
vor. Darüber hinaus fordert die Aarhus-Konvention eine
vollständige Überprüfung der angewandten Umweltvor-
schriften.

Ohne die Beschränkungen ermöglicht die Verbandsklage
die verbesserte Durchsetzung von umweltrechtlichen Stan-
dards, vor allem in Bereichen, in denen dem einzelnen Bür-
ger keine Klagemöglichkeit zukommt.

Die so erweiterte Klagemöglichkeit werde zu einem stärke-
ren Einfluss der Öffentlichkeit, insbesondere bei Planungs-
vorhaben, führen und damit gleichzeitig die Akzeptanz die-
ser Vorhaben in der Öffentlichkeit erhöhen.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Drucksache 17/7888
verwiesen.

III. Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses

Der Rechtsausschuss hat mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN emp-
fohlen, den Gesetzentwurf auf Drucksache 17/7888 abzu-
lehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Nachteile, da die anerkannten Umweltverbände sich auf das
Gemeinschaftsrecht berufen könnten.

Sie wies daraufhin, dass der Gesetzentwurf der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN keine Eins-zu-eins-Umset-
zung des Urteils sei, sondern durch die Einbindung von Stif-
tungen darüber hinausgehe.

Sie machte grundsätzlich deutlich, dass durch die Auswei-
tung der Klagemöglichkeiten das Grundproblem der Akzep-
tanz nicht gelöst würde. Hierfür sei vielmehr eine verstärkte
Einbindung zu Beginn der Entscheidungsprozesse notwen-
dig. Entsprechende Verzögerungen in den Entscheidungs-
prozessen werde man in Kauf nehmen müssen.

Die Fraktion der SPD erklärte, dass sie bereits in der gro-
ßen Koalition der Fraktionen CDU/CSU und SPD Bedenken
hinsichtlich der Beschränkungen gehabt hätte. Für die Er-
weiterung der Klagemöglichkeiten von Umweltverbänden
hätte sich damals keine Mehrheit im Deutschen Bundestag
gefunden.

Aus den Schlussanträgen der Generalanwältin Eleanor
Sharpston gehe der Gewinn weit gefasster Beteiligungs-
rechte für die Demokratie klar hervor. Die weite Zugangs-
möglichkeit stelle einen Paradigmenwechsel im Vergleich
zur bisherigen Rechtstradition dar, aber die Umweltver-
bände nähmen in diesem Bereich Anwaltsfunktion wahr, bei
deren Ausgestaltung man sich an den anderen EU-Staaten
orientieren könne. Die Erweiterung der Beteiligungsmög-
lichkeiten bedeute ein Mehr an Rechtssicherheit, wenn eine
Entscheidung getroffen worden sei.

Die Fraktion der FDP erklärte, dass eine Beteiligung im
Vorfeld wichtig sei. Wenn bereits zu Beginn eines Projektes
alle Einwände vorgebracht würden, wären nicht mehr so
viele Klagen notwendig. Man wolle in Deutschland einen
wirksamen Umweltschutz erreichen. Nicht gewollt sei, dass
Klageverfahren in die Länge gezogen und Großprojekte da-
durch teurer oder gar unmöglich würden. Dies ergebe sich
so auch aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs.

Bei der Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichts-
hofs solle man nicht über dessen Inhalt hinausgehen. Einer
Einräumung von Klagerechten für Stiftungen bedürfe es
nicht. Die gerichtliche Kontrolle sollte auf solche Normen
beschränkt bleiben, die für die Sachentscheidung von Be-
deutung seien.

Die Fraktion DIE LINKE. erklärte, dass die Aarhus-Kon-
vention bereits 2001 in Kraft getreten sei und dass das Um-
welt-Rechtsbehelfsgesetz dessen völkerrechtlichen Vorga-
ben nicht entspräche. Man sei der Auffassung, dass den
Verbänden eine umfassende Klagemöglichkeit ohne jede
Einschränkung eingeräumt werden müsse. Des Weiteren sei
päischen Gerichtshofs vorbereite. Derzeit erfolge die Res-
sortabstimmung. Für die Übergangszeit bestünden keine

Entstehungsgeschichte des Gesetzes und das Urteil des Eu-
ropäischen Gerichtshofs hin. Es könne nicht sein, dass nach

H. Heene
ese
Drucksache 17/8876 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

etwa einem Jahr noch kein Gesetzentwurf zur Umsetzung
der Entscheidung vorläge. Ein weiteres Hinausschieben der
Umsetzung sei der Sache nicht hilfreich und könne zu wei-
teren Verfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland füh-
ren.

Weiterhin machte sie deutlich, dass eine Einbeziehung von
Umwelt- und Naturschutzverbänden in der Regel zu einem
schnelleren Verfahrensabschluss führen.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit beschloss mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dem
Deutschen Bundestag zu empfehlen, den Gesetzentwurf auf
Drucksache 17/7888 abzulehnen.

Berlin, den 29. Februar 2012

Dr. Thomas Gebhart
Berichterstatter

Dr. Matthias Miersch
Berichterstatter

Judith Skudelny
Berichterstatterin

Sabine Stüber
Berichterstatterin

Dorothea Steiner
Berichterstatterin
mann

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