BT-Drucksache 17/884

BAföG ausbauen und Chancengleichheit stärken

Vom 2. März 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/884
17. Wahlperiode 02. 03. 2010

Antrag
der Abgeordneten Swen Schulz (Spandau), Dr. Ernst Dieter Rossmann,
Dr. Hans-Peter Bartels, Klaus Barthel, Willi Brase, Ulla Burchardt, Michael Gerdes,
Iris Gleicke, Klaus Hagemann, Christel Humme, Oliver Kaczmarek, Daniela Kolbe
(Leipzig), Ute Kumpf, Thomas Oppermann, Florian Pronold, René Röspel,
Marianne Schieder (Schwandorf), Andrea Wicklein, Dagmar Ziegler,
Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

BAföG ausbauen und Chancengleichheit stärken

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Bildung ist Menschenrecht. Sie ist der Schlüssel zur selbstbestimmten Lebens-
führung und Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe jedes Einzelnen. Es
ist daher Aufgabe des Staates, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die
Bürgerinnen und Bürger unabhängig von ihrer sozialen Herkunft, ob mit oder
ohne Behinderung, oder ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit die ihren
Wünschen und Fähigkeiten entsprechenden bestmöglichen Bildungsangebote
wahrnehmen können. Die Offenheit und Leistungsfähigkeit des Bildungssys-
tems sowie die Chancengleichheit in der Bildung ist ein entscheidender Indika-
tor für soziale Gerechtigkeit in einer Gesellschaft. Ein wichtiger Beitrag für
mehr Chancengleichheit in der Bildung und damit zur Verwirklichung des
Rechts auf Bildung ist das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Ein
sozial gerechtes und leistungsfähiges BAföG ist eine dauerhafte Anforderung
an die Bildungspolitik von Bund und Ländern.

Gerechtigkeit braucht Chancengleichheit in der Bildung

Der Bildungserfolg in Deutschland ist wie in kaum einem anderen Industrie-
land durch die soziale Herkunft, die Unterstützungsbedürftigkeit durch Behin-
derung oder Krankheit und den ökonomischen Status geprägt. Dies bestätigen
immer wieder aufs Neue nationale wie internationale Vergleichsstudien.

Die Selektivität des deutschen Bildungswesens zeigt sich auch beim Zugang zu
akademischen Bildungsgängen. So spricht die 18. Sozialerhebung des Deut-
schen Studentenwerks von einer knapp vierfach höheren Chance von Kindern
aus einem Akademikerhaushalt auf ein Studium als von Kindern aus einem Ar-

beiterhaushalt. Zudem hat sich die Selektivität im akademischen Bereich in den
letzten Jahrzehnten deutlich verschärft: während seit 1983 der Anteil der Stu-
dierenden aus sozioökonomisch höheren Herkunftsgruppen sich bis 2006 ver-
doppeln konnte, hat sich der Anteil der Studierenden aus niedrigen Herkunfts-
gruppen gleichzeitig nahezu halbiert. In ihrem Bericht „Bildung auf einen
Blick“ aus 2008 hat die OECD ebenfalls dokumentiert, dass Deutschland beim

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Studienzugang für Kinder aus Arbeiterfamilien sogar den schlechtesten Wert
aller Vergleichsstaaten aufweist.

Dies zeigt: Das deutsche Bildungssystem selbst ist weiter sozial hochselektiv
und nicht in der Lage, unterschiedliche individuelle soziale und wirtschaftliche
Ausgangsbedingungen über eine entsprechende Förderung insoweit auszuglei-
chen, um einen tatsächlich chancengleichen Zugang zu höheren Bildungsgän-
gen zu gewährleisten. Mehr noch, im Fortlauf der Bildungsbiographie verfesti-
gen sich soziale Diskriminierungen weiter und führen sowohl bei der Erlangung
der Hochschulzugangsberechtigung als auch bei der akademischen Ausbildung
zu sozialer Ungerechtigkeit beim Zugang zu Bildung. Zu vielen jungen Men-
schen werden aufgrund der Chancenungleichheit Bildungs- und Zukunfts-
chancen vorenthalten und ihre individuelle Lebensführung beeinträchtigt.

Deutschland gehen mit der sozialen Bildungsbenachteiligung erhebliche Fach-
kräftepotenziale verloren, die damit für die Deckung des weiter steigenden
Fachkräftebedarfs nicht zur Verfügung stehen. Das IW (Institut der deutschen
Wirtschaft) bezifferte 2008 den volkswirtschaftlichen Verlust aus nicht besetz-
ten Fachkräftestellen auf rund 28,5 Mrd. Euro im Jahr und prognostizierte
Mitte 2009 eine Lücke von bis zu 425 000 Ingenieuren und Naturwissenschaft-
lern allein bis 2020. Damit gefährden wir sowohl die Sicherung unseres künf-
tigen Wohlstandes als auch die Konkurrenzfähigkeit deutscher Produkte und
Dienstleistungen im internationalen Innovationswettbewerb. Chancenungleich-
heit in der Bildung hat somit negative ökonomische Auswirkungen, die zudem
von der demografischen Entwicklung weiter verschärft werden.

BAföG sichert mehr Chancengleichheit

Die Bekämpfung der sozialen Selektivität ist die zentrale bildungs- und sozial-
politische Herausforderung. Um sie zu bewältigen, ist ein starkes und leistungs-
fähiges BAföG unverzichtbar. Es ist ausdrücklich zu begrüßen, dass die
Fraktion der CDU ihre ablehnende Position seit 2005 aufgegeben hat und
Bundesministerin Dr. Annette Schavan es nun erhöhen statt abschaffen will.
Der Deutsche Bundestag hofft auf einen entsprechenden Lernprozess auch bei
der Fraktion der FDP, die in der vergangenen Legislaturperiode das BAföG
noch als „angestaubten“ und „unzeitgemäßen“ „alten Karren“ bewertete, der
durch das 22. BAföG-Änderungsgesetz lediglich eine neue „Lackschicht“ er-
halten habe.

Nachdem die Regierungskoalition der CDU/CSU und FDP bis 1998 das BAföG
deutlich verschlechterte und die Zahl der Geförderten drastisch reduzierte, hat
die Bundesregierung unter Führung der Fraktion der SPD nach 1998 das
BAföG deutlich verbessert und den Anteil der Geförderten stark angehoben.
Das BAföG wurde somit wieder zu einem wirkungsvollen Instrument für mehr
Chancengleichheit. Auch in der vergangenen Legislaturperiode konnte die
Große Koalition auf Initiative der Fraktion der SPD das BAföG erfolgreich
weiterentwickeln und eine Umwandlung in ein Volldarlehenssystem verhin-
dern. Die notwendige Anpassung der Bedarfssätze um 10 Prozent und der Frei-
beträge um 8 Prozent wurde erfolgreich umgesetzt und die Förderung durch
mehrere Maßnahmen sinnvoll erweitert: dies gilt für eine mit Blick auf den
Bologna-Prozess sinnvolle Verbreiterung der Förderung eines Studiums im
Ausland ebenso wie für die Absenkung der Förderhürden für junge Menschen
mit Migrationshintergrund. Zudem konnte eine neue pauschale Förderleistung
für die Kinderbetreuung eingeführt werden, um die bessere Vereinbarung von
Familie und Ausbildung zu erleichtern. Auch in den Zahlen drückt sich die
Leistungsverbesserung aus: die Bundesmittel sind bis 2009 auf 1,433 Mrd.
Euro (Soll) gestiegen, eingerechnet den Darlehensanteil sogar auf 2,058 Mrd.
Euro. Der durchschnittliche Förderbetrag stieg dem 18. BAföG-Bericht zufolge

in 2008 auf 398 Euro für Studierende bzw. 321 Euro für Schülerinnen und

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Schüler. Allerdings sank entgegen den Erwartungen die durchschnittliche Zahl
der BAföG-Geförderten leicht auf rund 333 000 bei den Studierenden und
192 100 bei den Schülerinnen und Schülern. Damit ging auch der Anteil der
BAföG-Geförderten an den Studierenden wieder leicht auf 17,3 Prozent zu-
rück.

Insgesamt konnte zwar seit 1998 das BAföG wieder als leistungsfähiges Förder-
instrument neu aufgebaut und auch erfolgreich an neue Anforderungen und die
Kostenentwicklung angepasst werden. Unverkennbar bleibt aber, dass weitere
Maßnahmen für mehr Chancengleichheit notwendig sind. Zudem sind zusätz-
liche Hürden etwa durch die Einführung von Studiengebühren in einigen Bun-
desländern aufgestellt worden. Studiengebühren für das Erststudium sind im
Sinne für mehr Chancengleichheit abzuschaffen. Entsprechend zu begrüßen ist
die Entwicklung in Hessen und im Saarland und mit Sorge zu betrachten der
Fortbestand der Studiengebühren in Hamburg.

Ausweitung des BAföG hat Priorität

Die Bundesregierung hat der Verbesserung der Chancengleichheit höchste
Priorität einzuräumen und bei der Verwendung knapper Haushaltsmittel ent-
sprechend zu privilegieren. Dem gegenüber sind die von ihr angekündigten
kostenintensiven Maßnahmen etwa zur Subventionierung privater Bildungs-
märkte oder zur Steigerung der Stipendiatenquote bildungspolitisch falsch. Der
Bund muss die gute Arbeit der Begabtenförderwerke weiter unterstützen. Doch
die angekündigten Pläne der Regierungskoalition für eine von den Begabten-
förderwerken abgetrenntes Stipendiensystem, das letztlich zu einer Auslese-
lotterie wird, in der je nach Studienfach, Region und Wirtschaftsnähe entschie-
den wird, lehnt die Fraktion der SPD ab. Diese Maßnahmen verfehlen das
Problem der mangelnden Chancengleichheit und sind geeignet, die regionalen,
fachlichen und sozialen Ungleichheiten im Bildungszugang und Bildungserfolg
sogar noch zu vergrößern.

Der Deutsche Bundestag begrüßt dem gegenüber die Ankündigung der Bun-
desregierung, das BAföG anheben zu wollen. Die sinkende Gefördertenquote
und die überraschend abnehmenden absoluten Förderzahlen sind ernst zu
nehmende Hinweise auf einen unverändert bestehenden Reformbedarf beim
BAföG. Allerdings sind die von Bundesministerin Dr. Annette Schavan vor-
geschlagenen Erhöhungen der Bedarfssätze und Freibeträge um 2 bzw. 3 Prozent
in Anbetracht der Herausforderungen unzureichend. Zudem gehen die vorge-
schlagenen punktuellen Erweiterungen nicht weit genug. Die Bundesratsinitia-
tive des Landes Rheinland-Pfalz (Bundesratsdrucksache 878/09) weist bereits
in die richtige Richtung und wird ausdrücklich begrüßt. Sie enthält wichtige
Vorschläge zu sinnvollen Weiterentwicklungen des BAföG und sollte in die
parlamentarischen Beratungen des Deutschen Bundestages soweit möglich ein-
bezogen werden.

Der Deutsche Bundestag sieht den drängendsten Handlungsbedarf in der Aus-
weitung des Kreises der BAföG-Geförderten. Dazu ist notwendig, vor allem
die Einkommensfreibeträge und die Kinderfreibeträge deutlich um mindestens
10 Prozent zu erhöhen sowie Freibeträge für alle Geschwisterkinder, also auch
denen in förderungsfähiger Ausbildung, gelten zu lassen. Weiterhin ist es sinn-
voll, den Vermögensfreibetrag für die Auszubildenden anzuheben. Darüber
hinaus ist die Altersgrenze im BAföG allgemein auf 35 Jahre sowie für die För-
derung eines Masterstudiums auf 40 Jahre anzuheben. Die bisherige Alters-
grenze ist angesichts der veränderten Bildungsbiographien, die immer weniger
von einer linearen und unterbrechungsfreien Bildungskarriere von der Schule
bis zum Hochschulabschluss geprägt sind, sondern zunehmend individuelle
Bildungswege und Unterbrechungen etwa durch eine Erwerbstätigkeit aufwei-

sen, nicht mehr zeitgemäß. Diese Maßnahme ist ein Einstieg in eine umfas-

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sende Bildungsförderung, die weitere Lebensphasen und Qualifizierungsbe-
darfe umfasst. Gerade mit Blick auf die bessere Vereinbarkeit von Familie und
Ausbildung, der Pflege von Angehörigen, dem sozial erwünschten gesellschaft-
lichen Engagement oder den notwendigen Ausbau der akademischen Fort- und
Weiterbildung sind Teilzeitbildungsangebote sinnvoll und ist ihre Zunahme zu
erwarten. Sie sind daher förderungsrechtlich zu berücksichtigen. Bildungspoli-
tisches Ziel ist, zusätzliche 100 000 BAföG-Geförderte zu erreichen statt ein
selektives Stipendienangebot des Bundes einzurichten.

Weiterhin müssen die Bedarfssätze sowie die Kinderzuschläge um 3 Prozent
angehoben werden, um eine ausreichende Unterstützung zu gewährleisten und
somit Bedürftigen die Ausbildung zu ermöglichen.

Um die Leistungsfähigkeit des BAföG jederzeit zu garantieren, soll ein System
etabliert werden, das die automatische Anpassung der Bedarfssätze und Ein-
kommensgrenzen an die Lebenshaltungskosten sichert.

Um trotz dieser Maßnahmen bestehende Lücken in der Ausbildungsförderung
zu schließen, ist eine zweite Einkommensgrenze einzuführen. Auszubildende,
die aufgrund eines zu hohen Einkommens keinen Anspruch auf Höchstförde-
rung durch das BAföG haben, aber unterhalb der zweiten Einkommensgrenze
liegen, erhalten den Rechtsanspruch auf ein unverzinsliches Darlehen. Diese
ergänzende Unterstützung soll bis zu vier Semester über der Regelstudienzeit
geleistet werden, so dass auch die Studierenden, die ihr Studium nicht inner-
halb der BAföG-Förderhöchstdauer abgeschlossen haben, auf das unverzins-
liche Darlehen zurückgreifen können.

Des Weiteren sind einige ergänzende Maßnahmen zu treffen, um das BAföG
aktuellen Erfordernissen anzupassen. Die Beschränkung der Förderhöchstdauer
auf die Regelstudienzeit wird den tatsächlichen Gegebenheiten nicht gerecht
und muss daher ausgeweitet werden. Die bestehende Förderlücke zwischen
Bachelorabschluss und Aufnahme eines Masterstudiums ist im Interesse der
Studierenden zu schließen, das Aufholen von Leistungsnachweisen bei weiterer
Förderung zu ermöglichen sowie Fachrichtungswechsel zu vereinfachen. Wei-
terhin sind die Sozialpauschalen anzupassen und die Möglichkeiten privater
Altersvorsorge zu verbessern. Darüber hinaus ist die Pflege naher Angehöriger
hinsichtlich der Förderungshöchstdauer künftig verlängernd zu berücksichtigen
und Schwangerschaft sowie Kinderbetreuung stärker zu berücksichtigen. Und
schließlich ist es überfällig, dass Partner in eingetragenen Lebenspartnerschaf-
ten auch im BAföG förderrechtlich mit Ehegatten gleichgestellt werden.

Der Deutsche Bundestag sieht zusätzlich zu diesen Bausteinen für eine kurz-
fristige BAföG-Novelle aufgrund der angeführten empirischen Befunde einen
wachsenden Handlungsbedarf in der bedarfsabhängigen Förderung von Schüle-
rinnen und Schülern aus sozial schwachen Familien, um die Erlangung von
Hochschulzugangsberechtigungen zu erleichtern – und zwar unabhängig da-
von, ob sie Zuhause wohnen oder nicht.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. das BAföG in seiner Funktion der Breitenförderung und zur Verbesserung
von Chancengleichheit in der Hochschulbildung aufrechtzuerhalten;

2. in einem Gesetzentwurf zur Novellierung des BAföG folgende Eckpunkte
zu berücksichtigen und dem Deutschen Bundestag vorzulegen:

– Die Einkommensfreibeträge sind um 10 Prozent, die Bedarfssätze um
3 Prozent anzuheben.

– Die Kinderfreibeträge sind um 10 Prozent, die Kinderzuschläge um

3 Prozent anzuheben.

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– Die förderrechtliche Altersgrenze ist auf 35 Jahre bzw. für ein Master-
studium auf 40 Jahre anzuheben.

– Der BAföG-Vermögensfreibetrag für die Auszubildenden ist auf 10 000
Euro anzuheben.

– Bei einem Übergang von einem Bachelor- in einen Masterstudiengang ist
eine durchgehende Förderung sicherzustellen.

– Die Förderhöchstdauer ist anzuheben auf bis zu zwei Semester über der
Regelstudienzeit.

– Bei Überschreitung der Förderhöchstdauer wird Studierenden bis zu zwei
Semester ein unverzinsliches Darlehen gewährt.

– Sofern aufgrund einer gutachterlichen Stellungnahme der Ausbildungs-
stelle zu erwarten ist, dass der/die Auszubildende innerhalb von zwölf
Monaten den Leistungsstand des dann aktuellen Fachsemesters nachwei-
sen kann, ist Ausbildungsförderung unter dem Vorbehalt der Rückforde-
rung zu leisten.

– Bei erstmaligem Fachrichtungswechsel ist künftig für die komplette
Dauer der für den neuen Studiengang maßgeblichen Regelstudienzeit
Normalförderung zu gewähren. Die bisherige Förderung mit Bankdarle-
hen für die Dauer der nicht anrechenbaren Semester aus dem alten Stu-
diengang zum Ende der Förderungsdauer hin entfällt.

– Die Pflege naher Angehöriger ist bei der Bestimmung der Förderungs-
höchstdauer zu berücksichtigen. Als Grund für die Verlängerung der Be-
zugsdauer von BAföG bis zu drei Jahre ist die Pflege von Angehörigen
künftig anzuerkennen.

– Schwangerschaft sowie die Erziehung von Kindern ist künftig bis zum
14. Lebensjahr der Kinder und ohne Nachweispflicht, dass die Kinderbe-
treuung studienzeitverlängernd wirkt, anzuerkennen.

– Die durchgängige Gleichbehandlung von Ehegatten mit Partnern einer
eingetragenen Lebenspartnerschaft sowohl in Bezug auf die Geförderten
als auch auf deren Eltern im Ausbildungsförderungsrecht und in der För-
derung von Aufstiegsfortbildungen ist zu gewährleisten.

– Die Sozialpauschalen sind den aktuellen Beitragssätzen anzupassen und
um die gesonderte Freistellung steuerlich geförderter privater Altersvor-
sorgebeiträge zu ergänzen.

– Freibeträge vom Elterneinkommen sind bei der BAföG-Berechnung für
alle Geschwister – also auch für Geschwister in förderungsfähiger Aus-
bildung – gleichermaßen zu gewähren;

3. eine sinnvolle Kopplung der Bedarfssätze, der Einkommensfreibeträge und
Kinderzuschläge mit anderen Indikatoren, wie z. B. die allgemeine Preisent-
wicklung, vorzunehmen, um eine zeitnahe und hinreichende kontinuierliche
Anpassung zu gewährleisten;

4. eine zweite Einkommensgrenze einzuführen, bis zu deren Höhe eine zins-
lose darlehensweise Förderung erfolgt. Überschreitet das Einkommen die
erste Einkommensgrenze, unterschreitet sie jedoch die zweite Einkommens-
grenze, so wird ein unverzinsliches Darlehen in Höhe des BAföG-Satzes bis
vier Semester über die Regelstudienzeit hinaus gewährt;

5. die Förderung auf Ausbildungen in Teilzeitform auszudehnen. Hierbei ist
auf den besonderen Bedarf der Studierenden mit Behinderung zu achten;

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6. für berufsbegleitende Studiengänge wie z. B. das „duale Studium“ ist recht-
lich zu prüfen und sicherzustellen, welche Form der Förderung – BAföG
oder BAB – bei diesen Personengruppen herangezogen werden muss;

7. zu prüfen, inwieweit Studierende mit Behinderung oder chronischen Erkran-
kungen besser gefördert werden können, damit den Anforderungen eines
Studiums unter erschwerten Bedingungen mehr Rechnung getragen wird;

8. Schülerinnen und Schüler über die Möglichkeiten des BAföG intensiver
aufzuklären, um möglichen Fehlinformationen, Hemmschwellen und dem
möglichen Studiumsverzicht vorzubeugen. Dies kann in Form von einem
bundesweiten BAföG-Informationstag geschehen; eine angemessene Ein-
bettung als Schwerpunkt in die Studieninformationstage ist ebenfalls mög-
lich;

9. bei den Bundesländern darauf hinzuwirken, dass die Studentenwerke in die
Lage versetzt werden, die Erstauszahlung an Neugeförderte ohne Verzöge-
rung durchzuführen. Sollte dies nicht möglich sein, muss für diese Über-
brückungsphase eine adäquate Finanzierungslösung im Sinne der Studieren-
den gefunden werden.

Berlin, den 2. März 2010

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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