BT-Drucksache 17/869

a) zu dem Gesetzentwurf der Fraktion der SPD -17/520- Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes b) zu dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -17/447- Umsatzsteuerermäßigung für Hotellerie zurücknehmen

Vom 1. März 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/869
17. Wahlperiode 01. 03. 2010

Beschlussempfehlung und Bericht
des Finanzausschusses (7. Ausschuss)

a) zu dem Gesetzentwurf der Fraktion der SPD
– Drucksache 17/520 –

Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes

b) zu dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/447 –

Umsatzsteuerermäßigung für Hotellerie zurücknehmen

A. Problem

Als Bestandteil des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes gilt seit dem 1. Januar
2010 für Beherbergungsleistungen ein ermäßigter Umsatzsteuersatz in Höhe
von 7 Prozent. Beabsichtigt wurden hiermit die Senkung der Übernachtungs-
preise, die Zunahme an Investitionen und insgesamt eine Stärkung des Beher-
bergungsgewerbes im internationalen Wettbewerb.

B. Lösung

Zu Buchstabe a

Mit dem Gesetzentwurf wird die Wiedereinführung des allgemeinen Umsatz-
steuersatzes für Beherbergungsleistungen angestrebt. Begründet wird dies mit
dem Nichteintritt der geplanten Auswirkungen sowie einem befürchteten büro-
kratischen Mehraufwand. Ferner seien steuerliche Mindereinnahmen in der
noch anhaltenden schwierigen Finanzlage nicht vertretbar.

Ablehnung des Gesetzentwurfs auf Drucksache 17/520 mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zu Buchstabe b

Mit dem Antrag wird die Rücknahme der Umsatzsteuerermäßigung für die
Hotellerie beabsichtigt. Nach Ansicht der Antragsteller könne dadurch der Ein-
druck eines potentiellen Zusammenhangs zwischen dieser Rechtsänderung und
einer an die FDP ergangenen Parteispende ausgeräumt werden. Darüber hinaus

Drucksache 17/869 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

seien die mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz für Beherbergungsleistungen
verbundenen Steuermindereinnahmen sowie der damit verbundene zusätzliche
Bürokratieaufwand nicht vertretbar.

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/447 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD,
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Zu Buchstabe a

Nach dem Gesetzentwurf ergeben sich folgende Auswirkungen auf die öffent-
lichen Haushalte des Bundes, der Länder und Gemeinden:

Zu Buchstabe b

Dem Antrag zufolge belaufen sich die Mehreinnahmen von Bund, Ländern und
Gemeinden durch eine Rücknahme auf mehr als rund 1 Mrd. Euro.

(Steuermehreinnahmen (+) in Mio. Euro)

Gebietskörperschaft Volle Jahreswirkung

Insgesamt +945

Bund +504

Länder +422

Gemeinden + 19

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/869

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

a) den Gesetzentwurf auf Drucksache 17/520 abzulehnen,

b) den Antrag auf Drucksache 17/447 abzulehnen.

Berlin, den 9. Februar 2010

Der Finanzausschuss

Dr. Volker Wissing
Vorsitzender

Peter Aumer
Berichterstatter

Martin Gerster
Berichterstatter

Dr. Thomas Gambke
Berichterstatter

Drucksache 17/869 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Peter Aumer, Martin Gerster und Dr. Thomas Gambke

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf der Fraktion
der SPD (Drucksache 17/520) sowie den Antrag der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Drucksache 17/447) in
der 19. Sitzung am 28. Januar 2010 beraten und dem Finanz-
ausschuss zur Federführung sowie dem Ausschuss für Wirt-
schaft und Technologie, dem Ausschuss für Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz, dem Ausschuss für
Tourismus und dem Haushaltsausschuss zur Mitberatung
überwiesen. Der Haushaltsausschuss wurde zudem an dem
Gesetzentwurf nach § 96 der Geschäftsordnung beteiligt.

Der Finanzausschuss hat den Gesetzentwurf sowie den
Antrag in seiner 7. Sitzung am 9. Februar 2010 abschließend
beraten.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen

Zu Buchstabe a

Das Wachstumsbeschleunigungsgesetz enthält das Ziel, u. a.
durch steuerliche Entlastung, das wirtschaftliche Wachstum
in Deutschland anzuregen, um die Finanz- und Wirtschafts-
krise rasch zu überwinden. Beabsichtigt wurde, durch die
Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Übernachtungsleistun-
gen, die Auslastung und Beschäftigung der Betriebe zu stei-
gern, um im internationalen Vergleich die Konkurrenzfähig-
keit des Beherbergungsgewerbes zu fördern.

In dem Gesetzentwurf der Fraktion der SPD wird darauf hin-
gewiesen, dass es in der Öffentlichkeit eine breite Ab-
lehnung dieser Regelung gebe. Kritisch geäußert hätten sich
neben einer Vielzahl von Experten auch Vertreter der Regie-
rungsparteien.

Darüber hinaus sei nach Einführung des ermäßigten Umsatz-
steuersatzes eine Senkung der Übernachtungspreise nicht
eingetreten; im Gegenteil seien diese nach Einführung der
Regelung gestiegen. Zudem sei keine Erhöhung der Aus-
lastung und Beschäftigung der Betriebe zu verzeichnen, ein
Wachstumsschub für die Branche durch die Ermäßigung
auch in Zukunft nicht zu erwarten. Aufgrund dessen könnten
die erwarteten Steuermindereinnahmen von ca. 945 Mio.
Euro für Bund, Länder und Kommunen nicht mittels einer
Wachstumssteigerung selbst finanziert, sondern müssten
durch die Neuverschuldung abgedeckt werden.

Der allgemeine Umsatzsteuersatz für Beherbergungsleistun-
gen sei daher wieder einzuführen.

Zu Buchstabe b

In dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
wird auf Presseberichte verwiesen, nach denen die FDP im
Jahr 2009 eine Parteispende von einem Hotelunternehmer
erhalten habe. Dies habe den Eindruck eines möglichen
Zusammenhangs mit der Ermäßigung des Umsatzsteuersat-
zes für das Hotel- und Gaststättengewerbe entstehen lassen.
Auch wenn diese Verknüpfung faktisch nicht bestünde,
könnte die Koalition durch die Rücknahme der Rechts-
änderung diesen Eindruck gänzlich verwerfen. Nach An-
sicht der Antragssteller beschädige schon eine rein gedank-

liche Verknüpfung in der Öffentlichkeit das Ansehen der
Politik. Zudem sei angesichts einer Neuverschuldung von
ca. 86 Mrd. Euro des Bundes im Jahr 2010 diese Steuerent-
lastung nicht zu verantworten. Erwartet werde, statt einer
wirtschaftlichen Entlastung, eine Belastung der Gesamtwirt-
schaft, die durch höhere Kosten und mehr Bürokratie ent-
stünde.

Demzufolge sei die Umsatzsteuerermäßigung für Beherber-
gungsleistungen zurückzunehmen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse
Zu Buchstabe a

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat den
Gesetzentwurf der Fraktion der SPD (Drucksache 17/520) in
seiner 6. Sitzung am 24. Februar 2010 beraten und empfiehlt
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP ge-
gen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Vorlage abzulehnen.

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz hat den Gesetzentwurf in der 7. Sitzung am
24. Februar 2010 beraten und empfiehlt mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen
der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN, die Vorlage abzulehnen.

Der Ausschuss für Tourismus hat die Vorlage am
24. Februar 2010 beraten. Er empfiehlt mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der
Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE., den Gesetzent-
wurf abzulehnen.

Der Haushaltsausschuss hat die Vorlage in der 10. Sitzung
am 24. Februar 2010 beraten und mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Frak-
tionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
die Empfehlung ausgesprochen, den Gesetzentwurf abzuleh-
nen.

Zu Buchstabe b

Den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
(Drucksache 17/447) hat der Ausschuss für Wirtschaft und
Technologie in seiner 6. Sitzung am 24. Februar 2010 bera-
ten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Antrag ab-
zulehnen.

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz hat den Antrag in der 6. Sitzung beraten. Er
empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung.

Der Ausschuss für Tourismus hat den Antrag am
24. Februar 2010 beraten und empfiehlt mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen
der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung
der Vorlage.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/869

Der Haushaltsausschuss hat am 24. Februar 2010 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die
Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN die Empfehlung ausgesprochen, den An-
trag abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP wiesen
in den Ausschusserörterungen darauf hin, dass nach Ein-
führung der Ermäßigung des Umsatzsteuersatzes auf Beher-
bergungsleistungen zunächst abgewartet werden solle, ob
die geplanten Wirkungen eintreffen. Zudem gebe es bereits
Stellungnahmen von kleineren Unternehmen aus dem
Hotel- und Gaststättengewerbe, die die Ermäßigungen für
die geplante Förderung der Konkurrenzfähigkeit, sowie
einer Erhöhung der Beschäftigung nutzen würden.

Ferner wurde auf die bereits erfolgte Diskussion über diese
Steuerermäßigung verwiesen. Es würden zwar weitere Ver-
einfachungen der Regelung im Verwaltungswege erwogen,
an dem Gesetz werde es aber keine Änderungen geben. Aus
diesem Grund werde der Gesetzentwurf der Fraktion der
SPD sowie der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN abgelehnt.

Seitens der Fraktion der SPD wurde die Rücknahme der
Umsatzsteuerermäßigung für Beherbergungsleistungen ge-
fordert. Es fehle die Zustimmung zu dieser Regelung, so-
wohl in der Öffentlichkeit, als auch in weiten Teilen der
Politik. Weiterhin machte sie darauf aufmerksam, dass die
Rechtsänderung nicht zu einer von den Koalitionsfraktionen
in Aussicht gestellten Vereinfachung des Steuersystems bei-
trage. Außerdem werde bereits von politischer wie wirt-
schaftlicher Seite ein bürokratischer Mehraufwand bean-
standet.

Die Fraktion der SPD wies im Folgenden darauf hin, dass
nach Einführung der Regelung die Übernachtungspreise
gestiegen seien und auch eine Wachstumssteigerung nicht
festgestellt werden könne. Im Übrigen würde bei einer
Rücknahme der Ermäßigung die Zunahme der Staatsver-
schuldung um knapp 1 Mrd. Euro pro Jahr reduziert werden.
Zudem stelle sich die konkrete Frage der Auswirkungen der
Rechtsänderung für Jugendbildungsstätten.

Die Fraktion DIE LINKE. erinnerte an ihre von Anfang an
bestehende Ablehnung der Maßnahme. Die Umsatzsteuer-
ermäßigung für Beherbergungsdienstleistungen stehe im
Widerspruch zu einer angekündigten Prüfung des gesamten
Mehrwertsteuersystems, insbesondere mit Blick auf den
ermäßigten Steuersatz. Zudem seien neben dem Bund vor
allem die Länder und Gemeinden von den mit der Regelung
verbundenen Steuermindereinnahmen betroffen. Weiterhin
bestehe eine ablehnende Haltung gegenüber der Rechtsände-
rung, sowohl in der Öffentlichkeit, als auch bei den Finanz-
politikern der Länder.

Daher werde die Fraktion DIE LINKE. dem Gesetzentwurf
der Fraktion der SPD zustimmen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bat um eine
Klarstellung der Frage, ob eine Ermäßigung des Mehrwert-
steuersatzes auf Nebenleistungen geplant sei und mit wel-
chen Kosten und Steuerausfällen dies verbunden wäre.

Ferner wurde auf Berichte von Hoteliers und insbesondere
von Unternehmern hingewiesen, in denen ein hoher büro-
kratischer Mehraufwand beklagt werde. Dies lasse einen
Rückgang von Übernachtungen befürchten, nachdem die
Branche im vergangenen Jahr im Vergleich zum Einzel-
handel noch relativ stabil gewesen sei.

Die Bundesregierung erklärte, dass sich das Bundesminis-
terium der Finanzen bezüglich des noch ausstehenden BMF-
Schreibens in Abstimmung mit den Steuerbehörden der
Länder befinde. Innerhalb dessen würden auch Anwen-
dungsfragen wie der nach der Auswirkung der Regelung auf
Jugendbildungsstätten erörtert. Hinsichtlich der Ausgestal-
tung der Gesetzesanwendung bestehe der Anspruch einer
möglichst unbürokratischen wie eindeutigen Lösung.

Zum Verfahren kam der Finanzausschuss überein, die Bera-
tung vorbehaltlich der noch ausstehenden Mitberatungs-
voten abzuschließen.

Der Finanzausschuss empfiehlt mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der
Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD (Druck-
sache 17/520) sowie den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN (Drucksache 17/447) abzulehnen.

Berlin, den 9. Februar 2010

Peter Aumer
Berichterstatter

Martin Gerster
Berichterstatter

Dr. Thomas Gambke
Berichterstatter

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