BT-Drucksache 17/8490

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Willi Brase, Klaus Barthel, Dr. Ernst Dieter Rossmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD - Drucksache 17/7957 - Gleichwertigkeit von Berufsbildung und Abitur sichern b) zu dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Ekin Deligöz, Katja Dörner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 17/8352 - Deutschen Qualifikationsrahmen zum Erfolg führen - Gleichwertigkeit von Abitur und Berufsabschlüssen sicherstellen

Vom 25. Januar 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8490
17. Wahlperiode 25. 01. 2012

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
(18. Ausschuss)

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Willi Brase, Klaus Barthel,
Dr. Ernst Dieter Rossmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
– Drucksache 17/7957 -–

Gleichwertigkeit von Berufsbildung und Abitur sichern

b) zu dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Ekin Deligöz, Katja Dörner,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/8352 –

Deutschen Qualifikationsrahmen zum Erfolg führen –
Gleichwertigkeit von Abitur und Berufsabschlüssen sicherstellen

A. Problem

Zu Buchstabe a

Die Kultusministerkonferenz (KMK) hat in ihrer Sitzung am 20. Oktober 2011
beschlossen, die Allgemeine Hochschulreife im Deutschen Qualifikationsrah-
men (DQR) auf Stufe 5 einzuordnen, die zweijährigen dualen Ausbildungen auf
Stufe 3 und die drei- und dreieinhalbjährigen Ausbildungen im Wesentlichen auf
Stufe 4. Dieser Beschluss wird der Gleichwertigkeit von allgemeiner und beruf-
licher Bildung nicht gerecht und setzt die duale Ausbildung herab. Auch gefähr-
det er die Durchlässigkeit des Bildungssystems im Ganzen. Nach den vorliegen-
den Informationen werden die mit der Allgemeinen Hochschulreife vergleichba-
ren Qualifikationen in Europa überwiegend den Niveaustufen 3 und 4 des
Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR) zugeordnet.
Zu Buchstabe b

Der Arbeitskreis „Deutscher Qualifikationsrahmen“ hat im März 2011 eine bil-
dungsbereichsübergreifende Matrix mit acht Niveaustufen fachlicher und perso-
naler Kompetenzen verabschiedet. Die KMK hat am 20./21. Oktober 2011 be-
schlossen, die Allgemeine Hochschulreife, die fachgebundene Hochschulreife
und lediglich die höchste Stufe der beruflichen Erstausbildung auf Stufe 5 und

Drucksache 17/8490 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

den überwiegenden Teil auf Stufe 4 sowie die zweijährigen Erstausbildungen
auf Stufe 3 einzuordnen.

Der Beschluss der KMK wird der Gleichwertigkeit von allgemeiner und beruf-
licher Bildung nicht gerecht und gefährdet die Durchlässigkeit innerhalb des
Bildungssystems.

Der deutsche Sonderweg einer höheren Einstufung der Allgemeinen Hochschul-
reife könnte den Umsetzungsprozess des EQR weiter verzögern.

B. Lösung

Zu Buchstabe a

Die Bundesregierung soll aufgefordert sowie ein Appell an die Ministerpräsi-
dentenkonferenz gerichtet werden, sich für eine Gleichwertigkeit der Allgemei-
nen Hochschulreife und der mindestens dreijährigen dualen Ausbildungsgänge
durch Einordnung auf die Niveaustufe 4 des DQR einzusetzen. Sollte dies nicht
umsetzbar sein, ist auf die Einordnung allgemeinbildender Schulabschlüsse in
den DQR zu verzichten.

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/7957 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktion der
SPD bei Stimmenthaltung der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN.

Zu Buchstabe b

Die Bundesregierung soll aufgefordert werden, sich für eine Konsenslösung hin-
sichtlich der Zuordnung der Qualifikationen einzusetzen. Sie soll auf die Bun-
desländer einwirken, die Gleichwertigkeit der Allgemeinen Hochschulreife und
der mindestens dreijährigen dualen Ausbildungen durch Einordnung auf die Ni-
veaustufe 4 sichtbar zu machen. Zweijährige berufliche Erstausbildungen sollen
nicht mehr als eine Niveaustufe unterhalb der Allgemeinen bzw. der fachgebun-
denen Hochschulreife angesiedelt werden.

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/8352 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktio-
nen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen

Zu Buchstabe a

Annahme des Antrags auf Drucksache 17/7957.

Zu Buchstabe b

Annahme des Antrags auf Drucksache 17/8352.

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/8490

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

a) den Antrag auf Drucksache 17/7957 abzulehnen,

b) den Antrag auf Drucksache 17/8352 abzulehnen.

Berlin, den 25. Januar 2012

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

Ulla Burchardt
Vorsitzende

Uwe Schummer
Berichterstatter

Willi Brase
Berichterstatter

Heiner Kamp
Berichterstatter

Agnes Alpers
Berichterstatterin

Kai Gehring
Berichterstatter

bildungen auf Stufe 3 und die drei- und dreieinhalbjährigen
Ausbildungen im Wesentlichen auf Stufe 4 einzuordnen. Die

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat in seiner Sit-
zung am 14. Dezember 2011, der Haushaltsausschuss, der
Antragsteller kritisieren, dass dieser Beschluss der Gleich-
wertigkeit von allgemeiner und beruflicher Bildung nicht
gerecht werde und die duale Ausbildung herabsetze. Auch
gefährde er die Durchlässigkeit des Bildungssystems im

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend so-
wie der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäi-
schen Union haben jeweils in ihren Sitzungen am 25. Januar
2012, mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
Drucksache 17/8490 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Uwe Schummer, Willi Brase, Heiner Kamp,
Agnes Alpers und Kai Gehring

I. Überweisung

Zu Buchstabe a

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
17/7957 in seiner 146. Sitzung am 1. Dezember 2011 beraten
und an den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technik-
folgenabschätzung zur federführenden Beratung und an den
Haushaltsausschuss, den Ausschuss für Arbeit und Soziales,
den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend so-
wie den Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäi-
schen Union zur Mitberatung überwiesen.

Zu Buchstabe b

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
17/8352 in seiner 152. Sitzung am 19. Januar 2012 beraten
und an den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technik-
folgenabschätzung zur federführenden Beratung und an den
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie, den Ausschuss
für Arbeit und Soziales, den Ausschuss für Familie, Senio-
ren, Frauen und Jugend sowie den Ausschuss für die Ange-
legenheiten der Europäischen Union zur Mitberatung über-
wiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen

Zu Buchstabe a

Die Fraktion der SPD weist auf die Empfehlung des Euro-
päischen Parlaments und des Rates hin, einen Europäischen
Qualifikationsrahmen einzurichten (EQR). Vor diesem Hin-
tergrund sei der Deutsche Qualifikationsrahmen (DQR) zwi-
schen dem Bundesministerium für Bildung und Forschung
und der Kultusministerkonferenz vereinbart worden. Ziel
des DQR sei es, bildungsbereichsübergreifend alle Qualifi-
kationen des deutschen Bildungssystems darzustellen und
Verlässlichkeit, Durchlässigkeit sowie Qualitätssicherheit zu
gewährleisten.

Der Arbeitskreis „Deutscher Qualifizierungsrahmen“ habe
eine bildungsbereichsübergreifende Matrix erarbeitet und
fachliche sowie personale Kompetenzen acht Niveaustufen
zugeordnet. Die Fraktion der SPD führt aus, dass derzeit Un-
einigkeit in der Zuordnung der Allgemeinen Hochschulreife
und der Berufsabschlüsse zu den Niveaustufen bestehe. Ins-
besondere die dreieinhalbjährigen Berufsausbildungen mit
ihren hochkomplexen Kompetenzen sollten nicht schlechter
als die Allgemeine Hochschulreife bewertet werden.

Die Kultusministerkonferenz habe jedoch in ihrer Sitzung
am 20. Oktober 2011 beschlossen, die Allgemeine Hoch-
schulreife im DQR auf Stufe 5, die zweijährigen dualen Aus-

tionen in Europa überwiegend den Niveaustufen 3 und 4 des
EQR zugeordnet.

Die Bundesregierung solle daher aufgefordert und an die
Ministerpräsidentenkonferenz solle ein Appell gerichtet
werden, sich für eine Gleichwertigkeit der Allgemeinen
Hochschulreife und der mindestens dreijährigen dualen Aus-
bildungsgänge durch Einordnung auf die Niveaustufe 4 des
DQR einzusetzen. Sollte dies nicht umsetzbar sein, sollte auf
die Einordnung allgemeinbildender Schulabschlüsse in den
DQR verzichtet werden.

Zu Buchstabe b

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erklärt, dass, vor
dem Hintergrund der Empfehlung des Europäischen Parla-
ments und des Rates, einen EQR einzurichten, das Bundes-
ministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und die
KMK vereinbart hätten, einen bildungsbereichsübergreifen-
den DQR zu entwickeln.

Der Arbeitskreis „Deutscher Qualifikationsrahmen“ habe im
März 2011 eine bildungsbereichsübergreifende Matrix mit
acht Niveaustufen fachlicher und personaler Kompetenzen
verabschiedet. Die KMK habe am 20./21. Oktober 2011 be-
schlossen, die Allgemeine Hochschulreife, die fachgebunde-
ne Hochschulreife und lediglich die höchste Stufe der beruf-
lichen Erstausbildung auf Stufe 5 und den überwiegenden
Teil auf Stufe 4 sowie die zweijährigen Erstausbildungen auf
Stufe 3 einzuordnen.

Es wird kritisiert, dass der Beschluss der KMK der Gleich-
wertigkeit von allgemeiner und beruflicher Bildung nicht ge-
recht werde und die Durchlässigkeit innerhalb des deutschen
Bildungssystems beeinträchtige. Der deutsche Sonderweg
einer höheren Einstufung der Allgemeinen Hochschulreife
könnte darüber hinaus den Umsetzungsprozess des EQR
weiter verzögern.

Die Bundesregierung solle daher aufgefordert werden, sich
für eine Konsenslösung hinsichtlich der Zuordnung der Qua-
lifikationen einzusetzen. Sie solle auf die Bundesländer ein-
wirken, die Gleichwertigkeit der Allgemeinen Hochschulrei-
fe und der mindestens dreijährigen dualen Ausbildungen
durch Einordnung auf die Niveaustufe 4 sichtbar zu machen.
Zweijährige berufliche Erstausbildungen sollten nicht mehr
als eine Niveaustufe unterhalb der Allgemeinen bzw. der
fachgebundenen Hochschulreife angesiedelt werden.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Zu Buchstabe a
Ganzen. Nach den vorliegenden Informationen würden die
der Allgemeinen Hochschulreife vergleichbaren Qualifika-

FDP gegen die Stimmen der Fraktion der SPD bei Stimment-
haltung der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/8490

GRÜNEN empfohlen, den Antrag auf Drucksache 17/7957
abzulehnen.

Zu Buchstabe b

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie, der
Ausschuss für Arbeit und Soziales, der Ausschuss für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie der Aus-
schuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
haben jeweils in ihren Sitzungen am 25. Januar 2012 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP
gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Antrag auf
Drucksache 17/8352 abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgen-
abschätzung hat die Vorlagen in seiner 60. Sitzung am 18. Ja-
nuar 2012 anberaten. Im Rahmen der Beratung fand ein Ge-
spräch mit zwei Vertretern der Ständigen Konferenz der
Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutsch-
land (KMK) statt:

Martin Gorholt, Staatssekretär für Wissenschaft, Forschung
und Kultur des Landes Brandenburg,

Udo Michallik, Generalsekretär der KMK.

In der 62. Sitzung am 25. Januar 2012 wurden die Anträge
abschließend beraten.

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technik-
folgenabschätzung empfiehlt:

Zu Buchstabe a

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/7957 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die
Stimmen der Fraktion der SPD bei Stimmenthaltung der
Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Zu Buchstabe b

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/8352 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP
gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Von Seiten der KMK wird deren Position zum langwierigen
Prozess der Bildung des EQR und DQR dargestellt. Auch die
Einigung über die Zuordnung der unterschiedlichen Ab-
schlüsse und Zertifikate zu acht Niveaustufen habe lange
gedauert. Die Stufen seien nicht durch Abschlüsse und
Zugangsberechtigungen, sondern durch fachliche und perso-
nale Kompetenzen definiert. Diese Zuordnung sei in Bezug
auf viele Abschlüsse wie schulische Abschlüsse, die Hoch-
schulabschlüsse Bachelor, Master sowie die Promotion im
Konsens erfolgt.

Kein Konsens sei im Hinblick auf die Zuordnung der beruf-
lichen und allgemeinbildenden Bildungsabschlüsse erzielt
worden. Zwei Vorschläge stünden zur Debatte:

auf die Stufe 4 zu platzieren, werde auch von Seiten des Bun-
des und der Wirtschaftsministerkonferenz unterstützt.

Die KMK habe die Zuordnung der beruflichen Bildungsab-
schlüsse zu den Stufen 3, 4 und 5 und die Zuordnung der All-
gemeinen und der fachgebundenen Hochschulreife zur Stufe 5
und die Fachhochschulreife zur Stufe 4 beschlossen.

Es wird betont, dass auch die KMK eine Gleichwertigkeit
der beruflichen und der allgemeinbildenden Abschlüsse an-
strebe. Die höchste Stufe der Berufsbildungsabschlüsse sei
die Stufe 5, auf der auch die Allgemeine Hochschulreife
platziert werden sollte.

Es wird darauf hingewiesen, dass vor allem die Sozialpartner
große Probleme mit der Aufteilung der beruflichen Bil-
dungsabschlüsse auf drei Stufen gehabt hätten. Vor dem Hin-
tergrund habe die KMK den neuen Vorschlag unterbreitet,
sowohl die Berufsbildungsabschlüsse als auch die Hoch-
schulreifeabschlüsse den Stufen 4 und 5 zuzuweisen. Auf
der Stufe 4 solle die Fachhochschulreife und auf Stufe 5 die
fachgebundene Hochschulreife und auch die Allgemeine
Hochschulreife positioniert werden.

Die Frage bei der Zuordnung der beruflichen Bildungsab-
schlüsse sei der Maßstab, wie Kompetenzen gemessen wer-
den könnten und ob die Dauer von Ausbildungen vernünfti-
ge Kriterien seien. Die Antwort der Sozialpartner sei, die
zweijährigen Berufsausbildungen der Stufe 3 und die drei-
und dreieinhalbjährigen Ausbildungen der Stufe 4 zuzuord-
nen.

Die Bewertung von beruflichen und schulischen Abschlüs-
sen auf europäischer Ebene sei nicht weniger kompliziert, da
die meisten Länder keine dualen Ausbildungsgänge hätten,
sondern entweder eine schulische Ausbildung oder in be-
stimmten Berufen eine kurze hochschulische Ausbildung für
bestimmte Berufe wie den orthopädischen Schuhmacher in
Italien oder den Augenoptiker in Spanien, die auf der Stufe 5
eingestuft würden, anböten.

Die KMK tendiere daher dazu, bei der EU erst einmal eine
Zertifizierung zu beantragen, die auch die beruflichen Bil-
dungsabschlüsse höher einstufe als es die Sozialpartner in
Deutschland vorsähen.

Als ein weiteres Problem wird von Seiten der KMK die Be-
setzung der Stufe 5 in Deutschland angesehen, wenn die All-
gemeine Hochschulreife der Stufe 4 und der Bachelor der
Stufe 6 zugeordnet werde. Es wird gefragt, ob es genügend
Weiterbildungszertifikate, die der Stufe 5 zugeordnet werden
könnten, gebe.

Es wird darauf hingewiesen, dass das Präsidium der KMK
am 31. Januar 2012 die Sozialpartner, Vertreter des Bundes,
das Berufsbildungsinstitut und Vertreter der Wirtschaftsmi-
nisterkonferenz zu einem Gespräch über Kompromisslösun-
gen eingeladen habe, die auch auf europäischer Ebene ak-
zeptiert werden könnten. Die Förderung der Mobilität im
europäischen Bildungsraum habe für die KMK eine große
Bedeutung. Sie schlage vor, die beruflichen Abschlüsse auf
die Stufen 4 und 5, die Allgemeine Hochschulreife und die
fachgebundene Hochschulreife auf Stufe 5 und die Fach-
hochschulreife auf der Stufe 4 einzuordnen.
Der Vorschlag der Sozialpartner, die beruflichen Bildungs-
abschlüsse auf die Stufen 3 und 4 sowie die Hochschulreife

Neben der fachlichen Seite sei auch die Akzeptanz der Be-
wertungen der Abschlüsse durch Eltern und Absolventen,

Drucksache 17/8490 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

die sich dann in den Zeugnissen und Zertifikaten wiederfän-
den, von Bedeutung.

Von Seiten der Fraktion der CDU/CSU wird erklärt, dass
sie die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer
Ausbildung als politisches Ziel verfolge. Die Philosophie
des EQR sei es, Grenzen zu überwinden, d. h. Qualifikatio-
nen nicht aufgrund der nationalen Herkunft, sondern auf der
Basis von Kompetenzen zu bewerten und einzuordnen. Es
sei nicht wichtig, ob jemand eine akademische Ausbildung
absolviert habe oder aus der beruflichen Praxis komme.
Wichtig seien die „Beruflichkeit“, die Qualifikationen, die
die Unternehmen nachfragten. Wie alle Fraktionen im Deut-
schen Bundestag sei man der Auffassung, dass EQR und
DQR die Gleichwertigkeit der schulischen, akademischen
und der beruflichen Bildung kompetenzorientiert auch abbil-
den sollten. Die bisherige Debatte sei nicht kompetenzorien-
tiert, sondern abschlussorientiert geführt worden.

Die praxisorientierte duale Ausbildung nach deutschem
Muster sei in Europa noch wenig verbreitet. Sie dürfe im
Rahmen der Zuordnungsdebatte und im Vergleich mit rein
schulischen Abschlüssen anderer Länder nicht an Wert ver-
lieren. Eine Berufsausbildung nach dem Abitur müsse zu
einer höheren Niveaustufe und nicht zu einer niedrigeren
führen.

Die Fraktion der CDU/CSU sei jedoch der Auffassung, dass
es nicht die Aufgabe des Parlaments sei, die Zuordnungen
von Bildungsabschlüssen zu den Niveaustufen zu bestim-
men. Dies müssten die verantwortlichen Akteure miteinan-
der aushandeln. Allerdings sollte die Gleichwertigkeit von
Berufsausbildung und Abitur gesichert sein.

Der Konflikt derzeit gehe um die Niveaustufen 4 und 5. Die
Fraktion der CDU/CSU stehe der Eingruppierung der Allge-
meinen Hochschulreife auf Stufe 4 positiv gegenüber, weil
diese Zuordnung realistisch sei. Falls jedoch eine Zuordnung
zur Stufe 5 erfolge, dann müssten auch alle dreijährigen Be-
rufsabschlüsse in Stufe 5 eingruppiert werden. Es werde je-
doch darauf aufmerksam gemacht, dass das Parlament nicht
über Berufsbilder, Prüfungsordnungen und Tarife entschei-
de. Dies sei im Konsensverfahren Aufgabe der Arbeitgeber-
verbände und der Gewerkschaften.

Das Parlament solle auch die Detailentscheidungen über den
DQR den Bildungsakteuren überlassen. Falls diese den Kon-
flikt nicht lösen könnten, werde empfohlen, prozesshaft mit
dem so genannten französischen Modell zu beginnen. Es
könne mit der Struktur der Berufsbildung begonnen und spä-
ter die allgemeinbildenden Abschlüsse integriert werden.
Damit bleibe das Gesetz des Handelns im Sinne der dualen
Ausbildung gewährleistet.

Die Fraktion der SPD plädiert vor dem Hintergrund der
langjährigen Debatte um die Gleichwertigkeit allgemeiner
und beruflicher Bildung dafür, die Allgemeine Hochschul-
reife, die Fachhochschulreife sowie die drei- und dreiein-
halbjährigen Abschlüsse des dualen Ausbildungssystems auf
Stufe 4 einzuordnen. Damit würde die besondere Bedeutung
der beruflichen dualen Ausbildung anerkannt. Die Einord-
nung des deutschen Abiturs auf Stufe 5 könne vor dem Hin-
tergrund der Bewertung europäischer Hochschulzugangsbe-

Es müsse vielmehr die Gleichwertigkeit zwischen Abitur
und der dualen Berufsausbildung im Rahmen des DQR
durchgesetzt werden. Die duale Ausbildung sei häufig Trieb-
feder für Innovation und Wirtschaftswachstum und es kom-
me daher darauf an, dass man möglichst viele und gute Men-
schen für das duale System gewinnen könne.

Es werde zu Bedenken gegeben, dass die Differenzierung
der dualen Abschlüsse und das In-Verhältnis-Setzen des
Abiturs, der Ausbildungen zur Friseurin, zum Bäcker, Anla-
genmechaniker und Mechatroniker diskriminierend wirken
könnte.

Wenn diese Differenzierungen gewünscht würden, dann
müsse auch wieder die Wertigkeit des Abiturs in den Bun-
desländern debattiert werden. Damit werde dann die erreichte
Systematik wieder außer Kraft gesetzt.

Daher plädiere die Fraktion der SPD dafür, die Allgemeine
Hochschulreife der Niveaustufe 4 zuzuordnen; Stufe 5 wer-
de für wichtige Aus- und Fortbildungen mit öffentlich-recht-
lichem Charakter gebraucht.

Es könne gut nachvollzogen werden, warum die Wirtschafts-
ministerkonferenz sich für eine gleichberechtigte Zuordnung
der Allgemeinen und fachgebundenen Hochschulreife sowie
der drei- und dreieinhalbjährigen Berufsausbildungen ausge-
sprochen habe. Damit werde auch der wesentliche Grund für
die industrielle Stärke Deutschlands zum Ausdruck ge-
bracht. Eine Abstufung der dualen Ausbildungsgänge wider-
spreche der Gleichwertigkeit der Abschlüsse.

Auch die Wirtschaftsverbände und die Gewerkschaften un-
terstützten diesen Ansatz der Aufstiegsfortbildung nach § 46
des Berufsbildungsgesetzes. Es sei daran zu erinnern, dass es
dort drei Ebenen gebe. Die erste Ebene bestehe aus ca.
30 000 sogenannten einfachen Fachwirten, die in der Stufe 5
eingeordnet werden sollten. Das mache nur Sinn, wenn diese
Stufe über der der vorausgehenden dualen Ausbildung liege.

Auf der zweiten Ebene gebe es die Aufstiegsfortbildung mit
ca. 80 000 Meistern, die in die Stufe 6, parallel zum Bache-
lor, eingeordnet werden sollten.

Auf einer dritten Ebene gebe es noch ca. 10 000 sogenannte
Berufspädagogen oder strategische Professionals im IT-Be-
reich, die auf Stufe 7 eingestuft werden müssten. Aufgrund
dieser Logik könne es nicht sein, dass das Abitur auf Stufe 5,
wie von den Vertretern der KMK in der letzten Sitzung
gefordert, eingeordnet werde. Im Rahmen der Aufstiegsfort-
bildung sollten die Meister der Stufe 5 und die Bachelor-
absolventen der Stufe 6 zugeordnet werden. Diese Qualifika-
tionen würden von den Unternehmen, von der Industrie und
vom Handel benötigt.

Abschließend wird betont, dass aus Europa das deutliche
Signal komme, die Abschlüsse der Sekundarstufe II der
Stufe 4 zuzuordnen.

Die KMK wird gefragt, welchen Vorschlag sie mache, die
Stufe 5 sachgerecht zu füllen und auf welchen Stufen beim
KMK-Modell die Fachhochschulreife und die Allgemeine
Hochschulreife eingruppiert werden sollten.

Von Seiten der Fraktion der FDP werden Kompetenzen im
Hinblick auf Fachlichkeit und Personalfragen angesprochen.
Fachlichkeit verlange eine sog. Anleitungskompetenz und
rechtigungen entsprechend der Stufe 4 nicht nachvollzogen
werden.

im Personalwesen sei Führungskompetenz gefragt. Die
KMK werde daher gebeten, die Frage zu beantworten, wie

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/8490

ein Abiturient mit knapp 18 Jahren über Führungs- und
Anleitungskompetenz verfügen könne und warum sie vor
diesem Hintergrund das Abitur der Stufe 5 zuordne. Die
Fraktion der FDP empfehle eindringlich, die Allgemeine
Hochschulreife der Stufe 4 zuzuordnen. Sie fordere die
KMK auf, endlich umzudenken und die getroffene Fehlent-
scheidung zu revidieren. Die Einführung des DQR in
Deutschland sowie die Verwirklichung des EQR in der Eu-
ropäischen Union dürfe durch die fachliche und ordnungs-
politische Fehlentscheidung der KMK nicht blockiert wer-
den.

Sollte eine Einigung in diesem Sinne nicht möglich sein,
empfehle die Fraktion der FDP, auf die Zuordnung der allge-
meinbildenden Schulabschlüsse zu verzichten.

Von Seiten der Fraktion DIE LINKE. wird der nachfolgen-
de Änderungsantrag auf Ausschussdrucksache 17(18)243 in
die Beratung eingebracht:

1. Der letzte Satz unter II. („Sollte dies nicht umsetzbar
sein, soll auf die Einordnung allgemeinbildender Schul-
abschlüsse in den DQR grundsätzlich verzichtet wer-
den.“) sowie der letzte Satz unter III. (gleichlautend)
werden gestrichen.

B e g r ü n d u n g

Die bildungsbereichsübergreifende Anerkennung von
Qualifikationen ist eines der zentralen Ziele des Deut-
schen Qualifikationsrahmens. Mit einer Ausklammerung
allgemeinbildender Schulabschlüsse würde dieses Ziel
zwangsläufig verfehlt. Der grundlegende Anspruch des
DQR, bildungsbereichsübergreifend alle Qualifikationen
des deutschen Bildungssystems zu umfassen, würde auf-
gekündigt und der DQR wäre an den in seiner vom Ar-
beitskreis DQR im März 2011 beschlossenen Fassung
formulierten Ansprüchen gemessen bereits gescheitert.

2. Nach II. wird der folgende Abschnitt eingefügt:

„III. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregie-
rung auf,

den Entwurf für den Deutschen Qualifikationsrahmen so-
wie die Einordnung der Bildungsabschlüsse in diesen
Rahmen dem Deutschen Bundestag vorzulegen, bevor sie
verbindlich in Kraft gesetzt werden.“

Die Nummerierung des folgenden Abschnittes wird ent-
sprechend angepasst.

B e g r ü n d u n g

Eine so wichtige Frage der europäischen Zusammenar-
beit in der Bildung und der gegenseitigen Anerkennung
von Qualifikationen innerhalb der Europäischen Union
sollte nicht ohne Beteiligung des Parlamentes getroffen
werden. Ein Appell an die Ministerpräsidentenkonferenz
greift daher zu kurz.

Der Ausschuss beschließt, den Änderungsantrag der Frak-
tion DIE LINKE. auf Ausschussdrucksache 17(18)243 mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP
gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimm-
enthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abzu-
lehnen.

stufen 4 und 5 und der Frage der Gleichwertigkeit von Ab-
schlüssen hin. Wenn die KMK die Gleichwertigkeit aus
fachlicher Sicht beurteile, dann wolle man beispielsweise
auf die Kompetenzen eines Tischlers hinweisen. Sie umfass-
ten unter anderem Planung, Beratung, Werkstoffkunde, Pro-
grammierung und Fragen der Logistik. Nach drei bis dreiein-
halb Jahren werde die volle Berufsfähigkeit erreicht. Diese
Kompetenzen seien sehr verschieden von denen, die in Leis-
tungskursen der Mathematik oder Biologie erworben wür-
den, aber nicht geringer.

Das Ziel, alle Ausbildungen in Europa und in Deutschland
mit einzubeziehen, werde mit den Anträgen der Koalitions-
fraktionen der CDU/CSU und FDP und der Fraktion der
SPD verfehlt. Diese Anträge sendeten das Signal aus, man
wolle zwar eigentlich sowohl das Abitur als auch die Berufs-
ausbildung in 4 einstufen, könne sich aber nicht eindeutig
entscheiden. Man sei für eine Gleichwertigkeit, wolle jedoch
erst einmal mit einem ersten Schritt beginnen. Man kriti-
siere, dass über diesen ersten Schritt, über die Gemeinsam-
keiten und alle Ausbildungen mit einzubeziehen, schon seit
Jahren diskutiert worden sei.

Des Weiteren sei kritikwürdig, dass sich die Koalitionsfrak-
tionen und die Fraktion der SPD mit den eingebrachten An-
trägen zu einem Feld, auf dem der Bund keine Entschei-
dungskompetenzen habe, so unklar äußere. Um eindeutige
Signale zu senden, sei es vielmehr notwendig, sich nach
außen klar zu äußern.

Aus europäischer Perspektive sei festzustellen, dass
Deutschland wieder einen Sonderweg einschlage. Deutsch-
land sei offensichtlich nicht bereit, den Paradigmenwechsel
konkret umzusetzen, um eine deutschland- und europaweite
Gleichwertigkeit zu gewährleisten.

Ein Paradigmenwechsel bedeute die Orientierung an Ergeb-
nissen und nicht an Abschlüssen. Man könne nicht nachvoll-
ziehen, warum das Abitur als Zugangsberechtigung für die
Hochschulen mehr wert sein solle als ein berufsbezogener
Abschluss. Die Europäische Kommission habe in 23 Län-
dern die Allgemeine Hochschulreife verglichen. Dort gebe
es kein Alleinstellungsmerkmal der Allgemeinen Hoch-
schulreife wie in Deutschland. Sie werde auf Stufe 4 einge-
ordnet. Das deutsche Abitur sei kein „besonderes“ Abitur.

Die Fraktion DIE LINKE. unterstützt die Initiative der Frak-
tion der SPD, die Gleichwertigkeit von Wissen, Fach- und
Sozialkompetenzen sowie Selbständigkeit herzustellen und
die Einordnung in Stufe 4 zu empfehlen. Der Konflikt mit
der KMK müsse jedoch gelöst werden. Grundlage und Ziel
des EQR und des DQR seien es, alle Qualifikationen mit ein-
zubeziehen, und das Parlament sollte Stellung beziehen und
sich nicht heraushalten, wie es die Fraktion der CDU/CSU
fordere.

Die Fraktion der SPD werde mit dem Änderungsantrag der
Fraktion DIE LINKE. gebeten, den letzten Satz ihres An-
trags zu streichen. Dann werde man dem Antrag zustimmen,
ansonsten sich enthalten.

An die Bundesregierung wird die Frage nach der Planung ge-
richtet: Wer werde wann mit welchen Kompetenzen Ent-
Die Fraktion DIE LINKE. weist auf den jetzt bereits zwei
Jahre andauernden Konflikt im Zusammenhang der Niveau-

scheidungen treffen und welche Rolle spiele der Deutsche
Bundestag dabei?

Drucksache 17/8490 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Eine zweite Frage betreffe die Einordnung der informellen,
nonformalen Qualifikation: Was und wann werde die Bun-
desregierung auf EU-Ebene präsentieren?

Die Fraktion DIE LINKE. unterstütze die Intention aller
Fraktionen, die Berufsausbildung und das Abitur in die Stufe 4
einzuordnen. Bei den Anträgen der Koalitionsfraktionen und
der Fraktion der SPD müsse man sich jedoch der Stimme
enthalten, weil diese nicht konsequent seien und kein klares
Urteil erkennen ließen. Dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN stimme man zu, weil dieser die Berufs-
ausbildung und das Abitur klar in Stufe 4 einordne und klar-
stelle, dass Helferausbildungen, also nicht vollqualifizieren-
de Berufsausbildungen, nicht mehr als eine Stufe darunter
einzuordnen seien.

Von Seiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
wird betont, dass sich niemand die Diskussion einfach ma-
che. Dies zeige auch das langjährige Bemühen um eine gute
Lösung. Der Bildungs- und Forschungsausschuss des Deut-
schen Bundestages habe bereits in der letzten Legislaturpe-
riode mehrere Anhörungen zu dem Thema durchgeführt und
jetzt gehe es offensichtlich darum, noch einen wichtigen
Knoten durchzuschlagen. Der EQR müsse auch erst einmal
den Beweis erbringen, ob er sich zu einem geeigneten Instru-
ment entwickle, um europaweit eine bessere Vergleichbar-
keit der Lernergebnisse und Kompetenzen zu erreichen, und
ob es wirklich gelinge, die Anforderungen wie steigende
Mobilität, Transparenz der Bildungssysteme und auch
Durchlässigkeit innerhalb der Bildungssysteme und des
europäischen Bildungsraums auch tatsächlich zu erfüllen. Es
handle sich um ein sehr komplexes Instrument, das noch
transparenter gestaltet und über das mit den Beteiligten
öffentlich noch stärker kommuniziert werden müsse.

Das Ziel der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sei es,
die jahrelange Forderung der Gleichwertigkeit allgemeiner
und beruflicher Bildung einzulösen. Sie empfehle ebenfalls,
das Abitur zusammen mit den drei- und dreieinhalbjährigen
Berufsausbildungen auf der Stufe 4 zu platzieren, da dies der
Komplexität beruflicher Handlungsfähigkeiten, Kompeten-
zen und Fertigkeiten entspreche. Eine Zuordnung des Abi-
turs zur Stufe 5 und eines Großteils der Berufsabschlüsse zu
Stufe 4 berge das Risiko eines Attraktivitätsverlustes der
dualen Berufsbildung. Die Skurrilität werde deutlich, wenn
ein Abiturient nach einer dreijährigen Berufsausbildung theo-
retisch von Stufe 5 in die Stufe 4 einsortiert werde.

Die Stufe 5 beinhalte im übrigen die Kompetenz, andere
Menschen anleiten zu können. Es werde bezweifelt, dass
Abiturienten in der Regel dazu in der Lage seien. Die Frak-
tion teile die Auffassung der Gewerkschaften, Arbeitgeber-
verbände, des Zentralverbands des Deutschen Handwerks,
der Wirtschaftsministerkonferenz und des Bundesinstituts für
Berufsbildung, das Abitur auf Stufe 4 einzuordnen

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfiehlt, Be-
rufsabschlüsse nur in zwei Niveaustufen zu differenzieren.
Sie warnt davor, dass Deutschland mit der Einstufung des
Abiturs auf die Stufe 5 einen europäischen Sonderweg gehe.
Eine Vorfestlegung, im Falle einer Nichteinigung auf die
Eingruppierung allgemeiner Schulabschlüsse zu verzichten,

Zum Kompromissvorschlag, den die Bundesministerin für
Bildung und Forschung gemacht habe, wird ausgeführt, dass
dieser „französische Weg“ keine Problemlösung, sondern
eher eine Problemvertagung sei, weil es in den anderen EU-
Ländern gelungen sei, sich auf eine Zuordnung der allge-
meinbildenden und beruflichen Bildungsabschlüsse zu ver-
ständigen. Ein Ausklammern der schulischen Abschlüsse
könnte sich negativ auf die Kernziele des EQR und des
DQR, Transparenz und Mobilität im europäischen Bildungs-
und Berufsraum auswirken. Sollte es aber dazu kommen,
dann müsste zu einem späteren Zeitpunkt weiter darüber dis-
kutiert und eine sachgerechte Zuordnung des Abiturs, mög-
lichst auf Stufe 4, erreicht werden.

Die KMK geht auf die Fragen der Ausschussmitglieder ein.
Sie weist darauf hin, dass es auch in der KMK unterschied-
liche Positionen und Herangehensweisen von Seiten der
Hochschulen und Schulen gebe. Man habe sich aber auf die
anfangs dargelegte Position verständigen können. Kompe-
tenzzuordnung und die -messung seien schwierige Prozesse.
Sie seien auf europäischer Ebene und in Deutschland letzt-
lich nicht wissenschaftlich begründet. Insofern sei in den
nächsten Jahren eine Überprüfung der Zuordnungen und ein
längerer Adjustierungsprozess notwendig.

Mit den Sozialpartnern, dem Gewerkschaftsbund und den
Kammern sei sehr intensiv über die Kompetenzzuordnungen
von beruflichen Bildungsabschlüssen und auch der Differen-
zierung zwischen zwei- und dreijährigen Berufsbildungs-
gängen debattiert worden. Es sei durchaus denkbar, dass ein
zweijähriger Berufsbildungsgang zu einer höheren Kompe-
tenz als der dreijährige führen könne. Dies sei aber eine Fra-
ge von Inhalten und nicht von Zeiträumen. Wenn zum Bei-
spiel die Promotion einen Aufstieg von Stufe 7 auf Stufe 8
ermögliche, sei dieser Sprung kompetenzorientiert begrün-
det oder nicht? Eine Einigung über die endgültigen Kompe-
tenzzuordnungen gehe nur über Kompromisse.

Zur Zuordnung des deutschen Abiturs wird ausgeführt, dass
die KMK diesen Abschluss damit nicht für einen besonders
guten halte. Die Frage sei vielmehr, wo der Abschluss im
Gesamtzusammenhang stehe. Es sei bei allen am Prozess
Beteiligten unumstritten, dass die allgemeine und berufliche
Bildung gleichwertig behandelt werden sollten. Daher sei
der Vorschlag der KMK in die Diskussion gebracht worden,
auf die Stufen 4 und 5 die Abschlüsse beruflicher Bildung,
auf 5 die Allgemeine und die fachgebundene Hochschulreife
und auf Kompetenzstufe 4 die Fachhochschulreife einzu-
gruppieren.

Die Gleichwertigkeit sei in der KMK nicht strittig. In den
nächsten Jahren werde man sich weniger über die Abitur-
zuordnung, sondern vielmehr über die Einordnung der beruf-
lichen Bildungsabschlüsse streiten. Deutschland verfüge mit
der dualen Berufsausbildung über ein sehr qualifiziertes und
sehr zukunftsweisendes Modell. In anderen Ländern gebe es
diese Ausbildung in der Regel nicht, sondern man erreiche
die Berufsabschlüsse über Schul-, College- oder Hoch-
schullaufbahnen.

Aufgrund der unterschiedlichen und schwer vergleichbaren
Berufsbildungssysteme in der EU müsse man aus Sicht der
werde als verfrüht angesehen. Dies könne nur eine absolute
Notlösung sein.

KMK darauf achten, dass Deutschland sich mit seinem dua-
len System nicht unter Wert verkaufe.

vorgeschlagen und seien auf 4+ zurückgestuft worden.

Die heutige Beratung mache deutlich, dass eine sehr natio-
nalfixierte Diskussion geführt werde, ohne die europäische
Integrationen in den Blick zu nehmen. Die Berufsausbil-
dungssysteme in europäischen Ländern seien mit dem deut-
schen nur schwer vergleichbar. Dort werde für viele Berufe
vollzeitschulisch ausgebildet. Wenn die duale deutsche Be-
rufsausbildung den Stufen 3 und 4 zugeordnet werde, stün-
den die Absolventen auf derselben Stufe wie lernschwache
Jugendliche im Ausland, die über eine vollzeitschulische Be-
rufsbildung an die Ausbildungsreife herangeführt worden
seien. Bei einem anderen System würden Ausbildungen über
ein Collegesystem auf einem akademischen Level eingeord-

Stufen einvernehmlich erfolgt. Das Gremium arbeite nach
dem Konsensprinzip und im besten Falle könne man bis En-
de Januar 2012 die noch offenen Fragen geklärt haben.

Da kein einziges beteiligtes Land die Allgemeine Hoch-
schulreife auf Stufe 5 eingeordnet habe, sei man sehr skep-
tisch, das deutsche Abitur dort unterbringen zu können.
Nach vielen Debattenrunden müsse man sich dem Gedanken
nähern, ob man nicht im Sinne der baldigen Festlegung des
DQR zunächst die Allgemeine Hochschulreife zurückstelle
und dann später im Rahmen der vorgesehenen Evaluierun-
gen die Debatte wieder aufgreife. Nach dem Austausch aller
Argumente erscheine momentan ein Kompromiss relativ un-
wahrscheinlich.

Berlin, den 25. Januar 2012

Uwe Schummer
Berichterstatter

Willi Brase
Berichterstatter

Heiner Kamp
Berichterstatter

Agnes Alpers
Berichterstatterin

Kai Gehring
Berichterstatter
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 9 – Drucksache 17/8490

Zur Frage nach der Zuordnung der Fachhochschulreife und
der Stufe 5 wird erklärt, dass man in Bezug auf die Gleich-
wertigkeit der Fachhochschulreife und des Abiturs skeptisch
sei. Die Bachelorabschlüsse an Fachhochschulen und Uni-
versitäten würden aber derselben Stufe zugeordnet. Sie be-
rechtigten auch zur Aufnahme eines Masterstudiums im
Rahmen des Bologna-Prozesses.

Zur Besetzung oder Freilassung der Stufe 5 wird ausgeführt,
dass zurzeit noch nicht klar sei, welche Zertifikate und Zu-
satzqualifikationen dort verortet werden könnten. Die objek-
tive Bewertung und Zuordnung von Weiterbildungszertifika-
ten und Ergebnissen informeller Bildung sei schwierig und
habe noch zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis geführt.

Von Seiten der KMK wird zugesichert, die Anregungen der
heutigen Ausschusssitzung in die Beratungen ihrer Gremien
mit aufzunehmen, nach Kompromisslösungen zu suchen, um
dann bald zu Ergebnissen zu kommen. Es wird darauf hinge-
wiesen, dass auch die Schweiz und Österreich aufgrund ähn-
licher Bildungsstrukturen ihre Anmeldungen bei der EU-
Kommission noch nicht realisiert hätten. Frankreich habe den
Bereich der allgemeinen Bildungsabschlüsse herausgenom-
men. Die Niederlande hätten die Stufe 5 der EU-Kommission

net, und bessere Qualifikationen über eine duale Ausbildung
würden geringer bewertet. Man sei daher der Auffassung,
dass das duale Ausbildungssystem als eine wesentliche Säu-
le des deutschen Ausbildungssystems nicht adäquat und
sachgerecht in den europäischen Rahmen eingeordnet wer-
den könne.

Sozialpartner und Wirtschaftverbände behielten sich daher
einen Adjustierungsprozess und eine Evaluierung vor, um
feststellen zu können, ob die vorgenommene europäische
Einordnung sachgerecht sei.

Es wird auf ein Expertenforum im Rahmen der zweiten Er-
arbeitungsphase des DQR 2009/2010 hingewiesen. Dort sei
vorgeschlagen worden, die Einordnung von Berufen auf den
Niveaustufen 3 bis 5 vorzunehmen. An dieses Experten-
votum habe sich letztendlich auch die KMK angelehnt.

Von Seiten der Bundesregierung wird erklärt, dass zur Er-
arbeitung des DQR eine Arbeitsgruppe eingerichtet worden
sei, die letztlich über die Stufen des DQR entscheide. Sie
tage am 31. Januar 2012 in Berlin. Zu dieser Gruppe gehör-
ten der Bund, die KMK, die Wirtschaftsministerkonferenz
und die Sozialpartner. Nach dem langen vierjährigen Prozess
sei die Einstufung der nonformalen Qualifikationen auf acht

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