BT-Drucksache 17/8417

Strategische Ausrichtung des KfW Programms Energetische Stadtsanierung

Vom 20. Januar 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8417
17. Wahlperiode 20. 01. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Bettina Herlitzius, Daniela Wagner, Ingrid Nestle, Harald Ebner,
Dr. Anton Hofreiter, Stephan Kühn, Dr. Valerie Wilms und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Strategische Ausrichtung des KfW-Programms Energetische Stadtsanierung

Zunehmend wird energetische Sanierung nicht nur isoliert für einzelne Ge-
bäude, sondern in größeren Zusammenhängen betrachtet. Mit „Energetischer
Stadtsanierung“ und „Energetischer Quartierssanierung“ kann in vielen Fällen
eine höhere Effizienz energetischer Maßnahmen erreicht werden.

Laut dem Forschungsfeld „Energetische Stadterneuerung“1 des Forschungspro-
gramms ExWoSt (ExWoSt = Experimenteller Wohnungs- und Städtebau) lässt
sich nach drei Jahren Projektarbeit „ein klares Fazit ziehen, das für alle Städte
und Gemeinden gilt: Die strategische Ausrichtung und Koordinierung von Maß-
nahmen der Energieeinsparung, der Effizienzsteigerung und des Einsatzes er-
neuerbarer Energien macht Stadtentwicklungsprozesse und -maßnahmen ener-
getisch effizienter und nachhaltiger.“

Die Bundesregierung hat die Einführung der energetischen Quartierssanierung
im Rahmen der städtebaulichen Sanierung im Planungsrecht bei der Baugesetz-
buchnovelle zur Energiewende2 kurz vor der Verabschiedung wieder gestrichen.
Auch im vorgelegten Richtlinienentwurf vom 12. Dezember 2011 des neuen
Programms „Energetische Stadtsanierung“3 der KfW Bankengruppe ist ein inte-
grierter Ansatz nicht verbindlich vorgesehen, sondern Quartierskonzepte und In-
vestitionen in die Infrastruktur werden getrennt und unabhängig voneinander ge-
fördert. Die Belange der Nutzerinnen und Nutzer und der Betroffenen, sowie die
Bedarfe der energetischen Stadtsanierung in der Kommune beziehungsweise im
Quartier müssen im Rahmen der Förderung nicht verpflichtend ermittelt werden.

Die Investitionsförderung der KfW Bankengruppe sieht den Bezug auf kom-
munale Konzepte für die energetische Sanierung des Gemeindegebiets und des
Quartiers nicht verbindlich vor. Die geförderten Maßnahmen sollen im Einklang
mit den Zielen der Stadtentwicklung und Bauleitplanung stehen, sowie gegebe-
nenfalls mit Klimaschutzkonzepten und/oder wohnungswirtschaftlichen Kon-
zepten, ohne dass diese näher bestimmt sind, und nur soweit vorhanden. Außer-
dem müssen die Maßnahmen nicht vor Ort durch die Kommune oder einen
Sanierungsträger mit den beteiligten Akteuren (Nutzern, Mietern, Eigentümern,
1 www.bbsr.bund.de/nn_21268/BBSR/DE/FP/ExWoSt/Forschungsfelder/EnergetischeStadterneuerung/
03__Ergebnisse.html

2 aus dem Entwurf zum Gesetz zur Stärkung der klimagerechten Entwicklung in den Städten und Ge-
meinden

3 siehe Richtlinie für die KfW Programme „Energetische Stadtsanierung – Energieeffiziente Quartiers-
versorgung. Kommunen“ und „Energetische Stadtsanierung – Energieeffiziente Quartiersversorgung.
Kommunale Unternehmen“ (Stand Entwurf vom 12. Dezember 2011)

Drucksache 17/8417 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Versorgern, weitere) abgestimmt werden. Die Abstimmung und Koordinierung
der Maßnahmen vor Ort ist bei der „Städtebaulichen Sanierung“ nach § 136 ff.
des Baugesetzbuches (BauGB) jahrzehntelange Praxis in deutschen Kommu-
nen. Hier wird gesetzlich eingefordert, dass die Maßnahmen mit Sozialplänen
und Betroffenenbeteiligung umgesetzt werden.

Auf diese Herangehensweise, die auf integrierten Konzepten basiert, Sozial-
pläne sowie Betroffenenbeteiligung beinhaltet und den Kommunen in Deutsch-
land durch die städtebauliche Sanierung seit Jahrzehnten vertraut ist, verzichtet
die Bundesregierung bei der energetischen Stadtsanierung. Wie schon bei der
Baugesetzbuchnovelle wird auch bei der Konzeption des Förderprogramms der
KfW Bankengruppe „Energetische Stadtsanierung“ diese integrierte Herange-
hensweise nicht verpflichtend eingeführt.

Wir fragen die Bundesregierung:

Zu den Investitionsbedarfen und Preiswirkungen der Maßnahmen, die im KfW-
Programm „Energetische Stadtsanierung“ gefördert werden sollen

1. Inwieweit besteht eine Verpflichtung für Energieversorger und Kommunen
Ersparnisse, die durch die Inanspruchnahme günstiger Kredite aus dem
Programm „Energetische Stadtsanierung“ entstehen, an den Endverbrau-
cher weiterzugeben?

2. Mit welcher Begründung soll diese Verpflichtung gegebenenfalls nicht be-
stehen?

3. Welche Preiswirkungen erwartet die Bundesregierung für die Nutzer kurz-,
mittel- und langfristig aus den Maßnahmen in den Programmen zur ener-
getischen Stadtsanierung, und wie werden diese ermittelt?

4. Inwieweit sollen im Rahmen der Programme zur energetischen Stadtsanie-
rung durch günstige Kredite Maßnahmen unterstützt werden, die wie bei-
spielsweise Instandsetzungsmaßnahmen bereits durch den Nutzer, etwa
über die Energiepreise und Netzgebühren an den Energieversorgungsunter-
nehmen, bezahlt worden sind?

5. Wie hoch ist der aktuelle Investitionsbedarf der Energieversorger in die
Wärmenetze, um eine effizientere Energieversorgung zu gewährleisten,
und wie hoch sind im Vergleich dazu die Rücklagen?

6. Welche Einsparungen können die Energieversorger durch Tätigung von
Investitionen im Rahmen der Programme zur energetischen Stadtsanierung
erzielen?

7. Wie hoch sind die Mittel im Energie- und Klimafonds derzeit, und wie
hoch sind sie für das Programm „Energetische Stadtsanierung“?

8. Inwiefern prüft die Bundesregierung alternative Wege zur Finanzierung
des KfW-Programms „Energetische Stadtsanierung“, für den Fall, dass die
Mittel im Energie- und Klimafonds insgesamt und/oder für das Programm
geringer sind als erwartet?

9. Welche Maßnahmen erwägt die Bundesregierung für den Fall, dass die
Einnahmen aus dem Energie- und Klimafonds insgesamt und/oder für das
Programm geringer sind als erwartet?

Zu der strategischen Ausrichtung der Maßnahmen und ihrer sozialen Abfede-
rung

10. Warum und mit welcher Begründung unterlässt es die Bundesregierung in
der Richtlinie, quartiers- oder stadtweite Konzepte zur energetischen Stadt-

sanierung als verpflichtende Voraussetzung für die Förderung der energeti-
schen Stadtsanierung festzulegen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/8417

11. In welchem Verhältnis sollen die Fördermittel der Programme zur energeti-
schen Stadtsanierung auf Quartierskonzepte, Quartiersmanager und Inves-
titionen in die Infrastruktur verteilt werden?

12. Wie begründet die Bundesregierung den Widerspruch im Rahmen der KfW-
Programme zur energetischen Stadtsanierung einerseits integrierte kom-
munale Konzepte zu fördern, andererseits aber auch Maßnahmen zu finan-
zieren, die nicht auf integrierten Konzepten basieren, obwohl diese auf eine
bessere Zielgenauigkeit schließen lassen?

13. Inwiefern können im Rahmen der KfW-Programme zur energetischen
Stadtsanierung wohnungswirtschaftliche und Klimaschutzkonzepte alter-
nativ als Grundlage für die Förderfähigkeit herangezogen werden?

14. Inwiefern sind wohnungswirtschaftlichen Konzepte, die keine begründeten
Aussagen zum Klimaschutz und zur energetischen Stadtsanierung enthal-
ten, nach Ansicht der Bundesregierung geeignet, Grundlage für Maßnah-
men der energetischen Stadtsanierung zu sein?

15. Inwiefern kann die Bundesregierung ausschließen, dass im Rahmen der
Programme zur Energetischen Stadtsanierung Maßnahmen in Quartieren
gefördert werden, deren Infrastruktur nicht erneuerungsbedürftig ist oder
keine hohen Zuwächse an Energieeffizienz erwarten lässt?

16. Inwiefern kann die Bundesregierung ausschließen, dass Maßnahmen
durchgeführt werden, die zu Preissteigerungen bei den Nutzerinnen und
Nutzern führen, ohne dass diese nennenswert auch finanziell von den Maß-
nahmen, etwa durch gesteigerte Effizienz und geringere Energiekosten,
profitieren, oder die Maßnahmen durch Sozialpläne sozial abgefedert wer-
den?

17. Wie begründet die Bundesregierung ihren Verzicht auf Abstimmung der
Sanierungsmaßnahmen mit den Betroffenen vor Ort, bei Fördermaßnah-
men im Rahmen des Programms „Energetische Stadtsanierung“?

Zur möglichen Verpflichtung energetischer Quartierssanierungen

18. Inwiefern erwartet die Bundesregierung, dass es zum Einsatz von Moderni-
sierungs- und Instandsetzungsgeboten gegen den Willen des Eigentümers
kommt, wenn energetische Quartierssanierung in § 136 BauGB verankert
wird, wie es auch eine Formulierung im vorgelegten Entwurf zur Bauge-
setzbuchnovelle anlässlich der Energiewende vorsah?

19. Wie viele Fälle sind der Bundesregierung bekannt, da im Rahmen von Vor-
haben der bestehenden Städtebaulichen Sanierung nach § 136 ff. BauGB,
ein Modernisierungs- und Instandsetzungsgebot gegen den Willen des
Eigentümers ausgesprochen wurde?

Berlin, den 20. Januar 2012

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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