BT-Drucksache 17/8382

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Diana Golze, Jan Korte, Herbert Behrens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 17/7643 - Die UN-Kinderrechtskonvention bei Flüchtlingskindern anwenden - Die Bundesländer in die Pflicht nehmen b) zu dem Antrag der Abgeordneten Diana Golze, Herbert Behrens, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 17/7644 - Kinderrechte umfassend stärken und ins Grundgesetz aufnehmen c) zu dem Antrag der Abgeordneten Katja Dörner, Volker Beck (Köln), Ekin Deligöz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 17/7187 - Kinderrechte stärken

Vom 18. Januar 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8382
17. Wahlperiode 18. 01. 2012

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (13. Ausschuss)

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Diana Golze, Jan Korte, Herbert
Behrens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 17/7643 –

Die UN-Kinderrechtskonvention bei Flüchtlingskindern anwenden – Die
Bundesländer in die Pflicht nehmen

b) zu dem Antrag der Abgeordneten Diana Golze, Herbert Behrens, Matthias W.
Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 17/7644 –

Kinderrechte umfassend stärken und ins Grundgesetz aufnehmen

c) zu dem Antrag der Abgeordneten Katja Dörner, Volker Beck (Köln), Ekin
Deligöz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/7187 –

Kinderrechte stärken

A. Problem

Grundlage der Anträge ist das Übereinkommen über die Rechte des Kindes
(UN-Kinderrechtskonvention) aus dem Jahr 1989. Es handelt sich um ein völ-
kerrechtlich verbindliches Abkommen, das die Menschenrechte in ihrer für Kin-
der notwendigen Spezifik umfassend formuliert. Die Konvention ist in Deutsch-

land im Jahr 1992 ratifiziert worden. Hierbei wurde eine Vorbehaltserklärung
abgegeben, die im Mai 2010 zurückgenommen wurde.

In den Anträgen wird bemängelt, dass die UN-Kinderrechtskonvention auch
nach der Rücknahme der Vorbehaltserklärung in Deutschland noch nicht voll-
ständig umgesetzt sei. Dies gelte insbesondere für den in Artikel 3 Absatz 1 der
UN-Kinderrechtskonvention festgelegten Grundsatz, dass bei allen staatlichen
Maßnahmen, die Kinder beträfen, das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt sei,

Drucksache 17/8382 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

der vorrangig zu berücksichtigen sei. Zudem würden Kinder nach wie vor nicht
als Träger eigenständiger Rechte wahrgenommen und als solche in der Gesetz-
gebung behandelt.

Im Antrag auf Drucksache 17/7643 wird deshalb unter anderem gefordert, un-
verzüglich die notwendigen gesetzgeberischen Initiativen zur Anpassung der
asyl-, asylbewerberleistungs- und aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen an die
Erfordernisse der UN-Kinderrechtskonvention zu ergreifen und gegenüber den
Bundesländern auf eine Anpassung der Landesgesetze und der praktischen Ab-
läufe an die Erfordernisse der Konvention zu drängen.

Im Antrag auf Drucksache 17/7644 wird unter anderem gefordert, die wesent-
lichen Prinzipien der UN-Kinderrechtskonvention mit Verfassungsrang auszu-
statten und im Grundgesetz zu verankern sowie die gesamte Rechtslage im Bund
umgehend zu überprüfen und an die neuen, in der Verfassung festgeschriebenen
Kinderrechte anzupassen.

Der Antrag auf Drucksache 17/7187 enthält unter anderem die Forderung, den
Nationalen Aktionsplan „Für ein kindergerechtes Deutschland“ fortzusetzen
bzw. neu aufzulegen und diesen mit konkreten termingebundenen und mess-
baren Zielen und Vorgaben zu versehen. Außerdem soll ein Gesetzentwurf zur
Änderung des Grundgesetzes vorgelegt werden, in dem die Rechtsträgerstellung
von Kindern deutlicher herausgearbeitet wird.

B. Lösung

Zu Buchstabe a

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/7643 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Zu Buchstabe b

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/7644 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Zu Buchstabe c

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/7187 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen

Annahme der Anträge.

D. Kosten

Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/8382

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

a) den Antrag auf Drucksache 17/7643 abzulehnen,

b) den Antrag auf Drucksache 17/7644 abzulehnen,

c) den Antrag auf Drucksache 17/7187 abzulehnen.

Berlin, den 14. Dezember 2011

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Sibylle Laurischk
Vorsitzende

Dr. Peter Tauber
Berichterstatter

Marlene Rupprecht
(Tuchenbach)
Berichterstatterin

Miriam Gruß
Berichterstatterin

Diana Golze
Berichterstatterin

Katja Dörner
Berichterstatterin

Antrag auf Drucksache 17/7643 sungen, damit Clearingverfahren bei unbegleiteten
Die Fraktion DIE LINKE. macht in ihrem Antrag auf Druck-
sache 17/7643 darauf aufmerksam, dass das deutsche Auf-
enthalts-, Asylbewerberleistungs- und Asylverfahrensrecht
nicht den Anforderungen der UN-Kinderrechtskonvention

minderjährigen Asylsuchenden durchgeführt werden
können; Verbot der Abschiebung minderjähriger un-
begleiteter Flüchtlinge;

– keine Zuweisung von unbegleiteten minderjährigen
Drucksache 17/8382 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Dr. Peter Tauber, Marlene Rupprecht (Tuchenbach),
Miriam Gruß, Diana Golze und Katja Dörner

I. Überweisung

Der Antrag auf Drucksache 17/7643 wurde in der 143. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 24. November 2011
dem Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
zur federführenden Beratung und dem Innenausschuss, dem
Rechtsausschuss sowie dem Ausschuss für Menschenrechte
und humanitäre Hilfe zur Mitberatung überwiesen.

Der Antrag auf Drucksache 17/7644 wurde in der 143. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 24. November 2011
dem Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
zur federführenden Beratung und dem Innenausschuss, dem
Rechtsausschuss, dem Ausschuss für Menschenrechte und
humanitäre Hilfe sowie dem Ausschuss für Bildung, For-
schung und Technikfolgenabschätzung zur Mitberatung
überwiesen.

Der Antrag auf Drucksache 17/7187 wurde in der 143. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 24. November 2011
dem Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur
federführenden Beratung und dem Rechtsausschuss sowie
dem Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe zur
Mitberatung überwiesen. Er wurde in der 149. Sitzung des
Deutschen Bundestages am 15. Dezember 2011 nachträglich
dem Innenausschuss zur Mitberatung überweisen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen

Ausgangspunkt der Anträge ist das am 20. November 1989
in der Vollversammlung der Vereinten Nationen verabschie-
dete Übereinkommen über die Rechte des Kindes (UN-Kin-
derrechtskonvention). Die Konvention ist ein völkerrecht-
lich verbindliches Abkommen, das die Menschenrechte für
Kinder umfassend formuliert. Sie definiert Kinder als Men-
schen, die das 18. Lebensjahr noch nicht abgeschlossen ha-
ben. In ihren 54 Artikeln werden wesentliche Standards für
den Umgang mit Kindern weltweit festgelegt. Die elementa-
ren Grundsätze, auf denen die Konvention beruht, beinhalten
die vorrangige Beachtung des Kindeswohls, das Überleben
und die Entwicklung, die Nichtdiskriminierung, die Wah-
rung der Interessen der Kinder sowie deren Beteiligung.

Im Jahr 1992 wurde die UN-Kinderrechtskonvention in
Deutschland ratifiziert. Die damals abgegebene Vorbehalts-
erklärung wurde im Mai 2010 durch die Bundesregierung
zurückgenommen. Nunmehr ist der Grundsatz, dass bei allen
staatlichen Maßnahmen das Wohl des Kindes ein vorrangig
zu berücksichtigender Gesichtspunkt sei, voll gültig. In den
Anträgen wird festgestellt, dass die Konvention in Deutsch-
land noch nicht vollständig umgesetzt sei.

lichen Umgang mit Flüchtlingskindern in Deutschland be-
stimme nach wie vor nicht die Sorge um die bestmöglichen
Entwicklungschancen der Kinder, sondern ein von Miss-
trauen geprägtes nationalstaatliches Abwehrdenken. Proble-
matisch sei insbesondere, dass Kinder im deutschen Asyl-
und Aufenthaltsrecht bereits ab 16 Jahren als „verfahrens-
mündig“ gälten und deshalb formalrechtlich wie Erwachsene
behandelt würden. Die Position der Bundesministerin der
Justiz, wonach keine Änderungen im Aufenthalts-, Asylbe-
werberleistungs- und Asylrecht notwendig seien, um die
Konvention wirksam umzusetzen, sei nicht haltbar. Alle fach-
kundigen Verbände und Institutionen teilten diese Position.

Nach dem Antrag soll die Bundesregierung aufgefordert
werden,

– gegenüber den Bundesländern auf eine Anpassung der
Landesgesetze und der praktischen Abläufe an die Erfor-
dernisse der Konvention zu drängen und mit den Bundes-
ländern ein gemeinsames Vorgehen hinsichtlich der
überwiegend in Landeskompetenz liegenden Themenbe-
reiche anzustreben, unter anderem, um den Schulbesuch
aller in Deutschland lebenden Kinder unabhängig vom
Aufenthaltsstatus sicherzustellen und um eine einheit-
liche und kindgerechte Umsetzung des § 42 des Achten
Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII) zu erreichen (Vor-
rang jugendhilferechtlicher vor aufenthaltsrechtlichen
Bestimmungen, Clearing-Verfahren usw.);

– unverzüglich die notwendigen gesetzgeberischen Initia-
tiven zur Anpassung der asyl-, asylbewerberleistungs-
und aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen an die Erfor-
dernisse der UN-Kinderrechtskonvention zu ergreifen,
zum Beispiel:

– ausdrückliche Verankerung der vorrangigen Berück-
sichtigung des Kindeswohls im Asylverfahrens-,
Asylbewerberleistungs- und Aufenthaltsgesetz;

– Abschaffung der asyl- und aufenthaltsrechtlichen so
genannten Verfahrensmündigkeit bereits ab 16 Jah-
ren, sorgfältige und kindgerechte Altersfeststellungen
unter Verzicht auf zweifelhafte Röntgenuntersuchun-
gen, effektive Berücksichtigung kinderspezifischer
Verfolgungsgründe im Asylverfahren und Anhörung
von Flüchtlingskindern bis 18 Jahre nur durch beson-
ders geschulte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des
Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und in
Anwesenheit der Vormünder;

– Verbot der Inhaftierung minderjähriger Flüchtlinge in
Abschiebungs- und Zurückweisungsverfahren, Ver-
zicht auf Flughafenverfahren und direkte Grenzabwei-
entspreche. Nach der Rücknahme der ausländerrechtlichen
Vorbehaltserklärung gelte dies ganz besonders. Den staat-

Flüchtlingen und Familien mit Kindern in Massen-
unterkünfte; Sicherstellung einer kindgerechten Un-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/8382

terbringung und optimalen sozialen und medizini-
schen Versorgung von Flüchtlingskindern, d. h. nicht
nach den diskriminierenden Bestimmungen des Asyl-
bewerberleistungsgesetzes.

– sich in den Gremien der Europäischen Union für eine
dem Sinn und Zweck der UN-Kinderrechtskonvention
dienende Politik einzusetzen; insbesondere durchzuset-
zen, dass Minderjährige nicht an den Außengrenzen der
EU oder auf Hoher See abgewiesen oder inhaftiert wer-
den, wie es z. B. bei Einsätzen der EU-Grenzschutzagen-
tur FRONTEX geschehe.

Antrag auf Drucksache 17/7644

In dem Antrag auf Drucksache 17/7644 kritisiert die Frak-
tion DIE LINKE., dass der Menschenrechtscharakter der
UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland bis heute all zu
oft in Frage gestellt werde. Beispielsweise würden die Rech-
te auf Schutz und bestmögliche Entwicklung sowie elemen-
tare Leistungen des SGB VIII – z. B. bei der Umsetzung des
sogenannten Bildungspaketes, bei der Berechnung der
Hartz-IV-Sätze oder bei der immer noch unzureichenden Be-
reitstellung und Ausstattung der öffentlichen Kindertagesbe-
treuung – vorenthalten oder nur eingeschränkt zugestanden.

Die Bundesregierung soll nach dem Antrag im Einzelnen
aufgefordert werden,

– einen Gesetzentwurf vorzulegen, der vorsieht, die
wesentlichen Prinzipien der UN-Kinderrechtskonvention
mit Verfassungsrang auszustatten und dazu im Grundge-
setz zu verankern, wobei darauf zu achten sei, dass die
bestehenden unterschiedlichen Schutzmechanismen, die
das Alter und den Entwicklungsstand von Kindern und
Jugendlichen berücksichtigten, Beachtung finden sollten;

– die gesamte Rechtslage im Bund umgehend zu überprü-
fen und an die neuen, in der Verfassung festgeschriebe-
nen Kinderrechte anzupassen, gegenüber den Ländern
auf eine Anpassung der Landesgesetze zu drängen und
dabei ein abgestimmtes Vorgehen hinsichtlich der in Lan-
deskompetenz liegenden Regelungsmaterien anzustreben;

– in Abstimmung mit den Ländern für die Beteiligung von
Kindern und Jugendlichen auf den gesellschaftlichen
Ebenen die gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen so-
wie die dafür notwendigen Strukturen bereitzustellen und
den Zugang für die Kinder und Jugendlichen zu sichern;

– in Abstimmung mit den Ländern und Kommunen eine
unabhängige Struktur für einzurichtende Ombudsstellen
zu entwickeln und für diese qualitative Standards zu erar-
beiten;

– eine Neuregelung der Bund-Länder-Finanzen anzustre-
ben, um die zusätzlichen Aufgaben von Ländern und
Kommunen in den Bereichen, die die Belange von Kin-
dern und Jugendlichen betreffen, strukturell zu gewähr-
leisten;

– unter Federführung des Bundes in Abstimmung mit den
Ländern und Kommunen einen umfassenden Aktions-
plan „Für ein kinder- und jugendgerechtes Land“ aufzu-
legen, in dem Kinder und Jugendliche sowie zivilgesell-

treiben und den Ausbau der lokalen Strukturen zu unter-
stützen;

– ein Monitoringsystem einzurichten, um die Umsetzung
der UN-Kinderrechtskonvention und die darin enthaltene
Berichtspflicht zu begleiten und sicherzustellen.

Antrag auf Drucksache 17/7187

Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf
Drucksache 17/7187 weist ergänzend auf die EU-Grund-
rechtecharta hin, die ausdrücklich eigenständige Rechte für
Kinder vorsehe und diese zu subjektiven Rechtsträgern ma-
che. Trotz eines in den letzten Jahren feststellbaren Paradig-
menwechsels würden Kinder und Jugendliche nach wie vor
von Politik, Behörden und Gesellschaft weiterhin nicht aus-
reichend als eigenständige Akteure mit individuellen Inte-
ressen wahrgenommen.

Im Einzelnen soll die Bundesregierung nach dem Antrag
aufgefordert werden,

– den Nationalen Aktionsplan „Für ein kindergerechtes
Deutschland“ fortzusetzen bzw. neu aufzulegen und die-
sen mit konkreten termingebundenen und messbaren Zie-
len und Vorgaben zu versehen;

– im Rahmen dessen weitergehende Maßnahmen zur Be-
kanntmachung der Kinderrechte gemäß Artikel 42 der
UN-Kinderrechtskonvention zu ergreifen und dabei unter
anderem auf die Bedeutung des Vorranggebotes des Arti-
kels 3 Absatz 1 der UN-Kinderrechtskonvention hinzu-
weisen;

– nach der nun erfolgten Rücknahme der Vorbehalte
Deutschlands gegenüber der UN-Kinderrechtskonven-
tion die entsprechenden Änderungen im Asyl-, Aufent-
halts- und Sozialrecht vorzunehmen (siehe Antrag auf
Drucksache 17/2138);

– ab der nächsten Justizministerkonferenz regelmäßig das
Thema „Folgen aus der Rücknahme der Vorbehaltserklä-
rung zur UN-Kinderrechtskonvention für die Bundeslän-
der“ auf die Tagesordnung zu setzen und den zuständigen
Ausschüssen des Deutschen Bundestages hierüber fort-
laufend Bericht zu erstatten;

– den Dialog mit Verbänden und Organisationen aufzuneh-
men, um ein verbindliches Monitoringsystem zur Umset-
zung der Kinderrechte und der UN-Kinderrechtskonven-
tion zu etablieren;

– im Rahmen dessen und bei der Berichterstattung gemäß
Artikel 44 der UN-Kinderrechtskonvention voranzustel-
len, welchen rechtlichen Standard die Bundesregierung
bei den jeweiligen Artikeln zugrunde legt, und daran im
Einzelnen zu messen, ob Fortschritte vorliegen oder wel-
che Hindernisse bei der Umsetzung bestanden;

– im Zuge dessen entsprechend den Empfehlungen des
UN-Ausschusses für die Rechte des Kindes die Einrich-
tung einer unabhängigen Menschenrechtsinstitution auf
Bundesebene auf den Weg zu bringen;

– einen Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes
vorzulegen, in dem die Rechtsträgerstellung von Kindern
deutlicher herausgearbeitet und klargestellt wird; bei dem
schaftliche Akteure einbezogen werden, um die
Umsetzung der Kinderrechte flächendeckend voranzu-

insbesondere die Förderung der leiblichen und seelischen
Entwicklung von Kindern, ihre Bildung sowie ihre

Drucksache 17/8382 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Rechtsstellung in der Gesellschaft benannt werden und
die Verantwortung der staatlichen Gemeinschaft gegen-
über Kindern zum Ausdruck gebracht wird, insbesondere
bei der Abwehr von Gefahren für ihr Wohl;

– das Zusatzprotokoll zur UN-Kinderrechtskonvention, die
Individualbeschwerde betreffend, nach seiner Verab-
schiedung durch die UN-Generalversammlung schnellst-
möglich zu ratifizieren;

– den deutschen Vorsitz der Arbeitsgruppe „Kinder und be-
waffnete Konflikte“ des UN-Sicherheitsrates zu nutzen,
um Fortschritte auf internationaler und nationaler Ebene
zu erreichen;

– künftig auf die Rekrutierung Minderjähriger in die Bun-
deswehr zu verzichten und dies auch gesetzlich zu veran-
kern;

– eine jährlich zum Jahrestag der UN-Kinderrechtskonven-
tion am 20. November stattfindende Generaldebatte im
Bundestag zum Stand der Umsetzung von Kinderrechten
in Deutschland zu unterstützen und hierzu die Berichte
der Bundesregierung gemäß Artikel 44 der UN-Kinder-
rechtskonvention sowie die Abschließenden Beobach-
tungen des UN-Ausschusses für die Rechte des Kindes
dem Deutschen Bundestag zuzuleiten;

– sich bei den Vereinten Nationen für die Ausrichtung eines
neuen Weltkindergipfels zu engagieren.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Zu Buchstabe a

Der Innenausschuss und der Rechtsausschuss haben je-
weils in ihren Sitzungen am 14. Dezember 2011 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die
Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD
die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/7643 emp-
fohlen.

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
hat in seiner Sitzung am 14. Dezember 2011 mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stim-
men der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags auf Drucksache
17/7643 empfohlen.

Zu Buchstabe b

Der Innenausschuss, der Rechtsausschuss, der Ausschuss
für Menschenrechte und humanitäre Hilfe und der Aus-
schuss für Bildung, Forschung und Technikfolgen-
abschätzung haben jeweils in ihren Sitzungen am 14. De-
zember 2011 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion der SPD die Ablehnung des Antrags auf Druck-
sache 17/7644 empfohlen.

Zu Buchstabe c

Der Rechtsausschuss und der Ausschuss für Menschen-
rechte und humanitäre Hilfe haben jeweils in ihren Sitzun-

SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die
Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/7187 empfohlen.
Der Innenausschuss hat in seiner Sitzung am 18. Januar
2012 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion der SPD die Ablehnung des Antrags auf Druck-
sache 17/7187 empfohlen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung
des Antrags auf Drucksache 17/7643.

Er empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung
des Antrags auf Drucksache 17/7644.

Er empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung
des Antrags auf Drucksache 17/7187.

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat
die Vorlagen in seiner 54. Sitzung am 14. Dezember 2011 ab-
schließend beraten.

Die Fraktion DIE LINKE. wies auf die vor kurzem erfolgte
Beratung des Antrags der Fraktion der SPD „Kinderrechte in
Deutschland umfassend stärken“ auf Drucksache 17/6920
(Beschlussempfehlung und Bericht: Drucksache 17/7800)
hin. Die zur heutigen Beratung vorliegenden Anträge hätten
– neben weiteren Gesichtspunkten – ebenfalls die Zielrich-
tung, Kinderrechte umfassend zu stärken und ins Grund-
gesetz aufzunehmen. Inzwischen habe der Bundesrat eine
Entschließung angenommen, in der er die Aufnahme von
Kinderrechten in das Grundgesetz befürworte. Über die
Bundesländer sollte nunmehr verstärkt Druck auf die Bun-
destagsfraktionen und auf die Bundesregierung ausgeübt
werden, zumal der Entschließung im Bundesrat auch Lan-
desregierungen zugestimmt hätten, die nicht von der SPD
oder der Partei DIE LINKE. getragen würden.

Eine wichtige Thematik im Rahmen der vorliegenden Anträ-
ge seien die Rechte von minderjährigen Flüchtlingen. Der
Bundesfachverband Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge
e. V. habe unter Bezugnahme auf eine Antwort der Bundes-
regierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE.
(Drucksache 17/7433) auf große Schutzlücken beim Um-
gang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen durch
die Bundespolizei hingewiesen. Nach wie vor fange die Bun-
despolizei minderjährige Jugendliche an den Grenzen ab, in-
haftiere sie und schiebe sie ab, ohne bei den unter 16-Jähri-
gen das Jugendamt zu informieren. Es werde gar nicht
erfasst, wie die Bundespolizei mit der Gruppe der 16- bis 17-
jährigen Jugendlichen verfahre. Vor dem Hintergrund, dass
im Plenum und auch im Ausschuss immer wieder betont
werde, dass nach der Rücknahme des Vorbehalts zur UN-
Kinderrechtskonvention keine gesetzliche Änderung not-
gen am 14. Dezember 2011 mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen

wendig sei, sei dies erschreckend. Es werde nämlich deut-
lich, dass in der Praxis nicht nach der UN-Kinderrechtskon-

desregierung selbst Zahlen vorlägen, wonach Abschiebun-
gen von Minderjährigen ohne vorherige Information des
Jugendamtes vorgenommen würden. Bei der Neuverhand-
lung der EU-Aufnahmerichtlinie gehe es um unentgeltliche
Rechtsberatung und Rechtsvertretung und um die Heraufset-
zung des Alters für die Verfahrensmündigkeit auf 18 Jahre.
Deutschland habe sich in der Ratsarbeitsgruppe gegen eine
Überarbeitung der Richtlinie ausgesprochen. Dies stelle
einen Verstoß gegen die UN-Kinderrechtskonvention dar.
Schließlich sei im Asylbewerberleistungsgesetz eine ärztli-
che Behandlung nur bei akuten Erkrankungen und nur, wenn
diese unerlässlich sei, vorgesehen. Dies verstoße gegen die
in der Konvention enthaltene Vorgabe einer diskriminie-
rungsfreien und optimalen sozialen und medizinischen Ver-
sorgung von Flüchtlingskindern.

Die Fraktion der CDU/CSU stellte fest, dass es weiterhin
grundsätzlich unterschiedliche Auffassungen in der Sache
gebe. Insoweit werde auf die Ausführungen in der zweiten
Lesung im Plenum zum Antrag der Fraktion der SPD auf
Drucksache 17/6920 am 24. November 2011 verwiesen. Da
Kinder bereits nach der jetzigen Verfassung Träger von
Grundrechten seien, würde die ausdrückliche Aufnahme von
Kinderrechten in das Grundgesetz voraussichtlich nicht zu
einer erkennbaren Verbesserung in der Praxis führen. In vie-
len praktischen Punkten habe man mehr für die Kinder ge-
tan, als dies durch die bloße Aufnahme von deren Rechten
ins Grundgesetz der Fall wäre.

Die Fraktion der SPD betonte, dass die UN-Kinderrechts-
konvention mit der Ratifikation nach Artikel 59 Absatz 2 des
Grundgesetzes innerstaatliches Recht geworden sei. Dies er-
gebe sich auch aus einem Urteil des Bundesverfassungs-
gerichts vom 23. März 2011 zur UN-Behindertenrechts-
konvention, in dem festgestellt worden sei, dass bei
völkerrechtlichen Verträgen zu Menschenrechten eine un-
mittelbare innerstaatliche Geltung anzunehmen sei. Die
Fraktion der SPD unterstütze die vorliegenden Anträge, weil
sie deutlich machten, dass Kinder unabhängig von ihrer Her-
kunft, ihrer Rasse oder ihres Status eigenständige Rechte
hätten und eigenständige Rechtssubjekte seien. Gleichwohl
werde in Deutschland immer noch zwischen inländischen
und ausländischen Kindern unterschieden, wobei dies mit
innerstaatlichem Recht begründet werde. Die Entschließung
des Bundesrates, wonach Kinderrechte in der Verfassung
verankert werden sollen, werde begrüßt. In den Landesver-

se Rücknahme anzupassen. Die Fraktion der SPD würde es
begrüßen, wenn es hier zu einem gemeinsamen Handeln mit
der Koalition käme. Insoweit seien entsprechende Vorschlä-
ge wünschenswert, nachdem die Initiativen der Oppositions-
fraktionen nunmehr vorlägen.

Die Fraktion der FDP nahm auf diverse Debatten zu der
Thematik im Plenum des Bundestages Bezug. Unterhalb
einer Änderung des Grundgesetzes hätten die Koalitions-
fraktionen bereits vielfältige Verbesserungen der Kinder-
rechte erreicht. Insoweit seien das Bundeskinderschutz-
gesetz, eine Änderung des Immissionsschutzgesetzes,
wonach Kinderlärm künftig nicht mehr als „schädliche
Umwelteinwirkung" behandelt werden dürfe, und die Rück-
nahme des deutschen Vorbehalts gegen die UN-Kinder-
rechtskonvention zu nennen. Darüber hinaus habe sich
Deutschland bei den Vereinten Nationen für die Einführung
des Individualbeschwerdeverfahrens für Kinder eingesetzt.
Nachdem es im November 2011 von den Vereinten Nationen
beschlossen worden sei, werde Deutschland das Zusatzpro-
tokoll voraussichtlich schon 2012 ratifizieren.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN führte aus, es
sei besonders wichtig, dass die Kinderrechte bei den Kin-
dern, aber auch bei den Erwachsenen bekannt gemacht wür-
den. Dies habe sich bei verschiedenen Aktionen anlässlich
des UN-Weltkinderrechtstages am 20. November 2011 ge-
zeigt. Eine entsprechende Forderung sei auch in der UN-
Kinderrechtskonvention enthalten. In Bezug auf die Aufnah-
me von Kinderrechten in das Grundgesetz habe sich durch
die Entschließung des Bundesrates – entgegen der Auf-
fassung der Fraktion der CDU/CSU – eine neue Sachlage
ergeben. Hierdurch stelle sich die Gemengelage auf der
politischen Ebene anders dar und die Thematik sei auf Bun-
desebene stärker präsent als bisher.

Die Problematik minderjähriger unbegleiteter Flüchtlinge
bedürfe dringend gesetzgeberischer Maßnahmen. Die Rück-
nahme des deutschen Vorbehalts gegenüber der UN-Kinder-
rechtskonvention dürfe kein symbolischer Akt bleiben. Die
Bundesministerin der Justiz habe im Plenum des Bundes-
tages erklärt, sie sehe insoweit keine Notwendigkeit für
gesetzgeberische Maßnahmen, wolle jedoch die Frage von
Änderungen in den Bundesländern bei der Justizminister-
konferenz im Jahre 2010 zur Sprache bringen. Bislang sei
dies nicht geschehen. Die Inaktivität der Bundesregierung
bei dieser Fragestellung sei nicht akzeptabel.

Berlin, den 18. Januar 2011

Dr. Peter Tauber
Berichterstatter

Marlene Rupprecht (Tuchenbach)
Berichterstatterin

Miriam Gruß
Berichterstatterin
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/8382

vention gehandelt werde. Diesbezüglich gebe es im Übrigen
auch keine klare Dienstanweisung.

Auch die Ausschussvorsitzende habe – wie im Antrag auf
Drucksache 17/7643, S. 3) im Einzelnen dargestellt – im No-
vember 2009 im Plenum des Bundestages in dieser Frage
klar Stellung bezogen. Aus der Antwort der Bundesregie-
rung auf die o. g. Kleine Anfrage gehe hervor, dass der Bun-

fassungen seien inzwischen vielfach Kinderrechte in der
Verfassung verankert.

Es sei erfreulich, dass die Koalition es geschafft habe, die
Rücknahme des deutschen Vorbehalts gegen die UN-Kinder-
rechtskonvention in die Tat umzusetzen. Nunmehr gelte es,
den zweiten Schritt zu tun und die deutschen Gesetze an die-
Diana Golze
Berichterstatterin

Katja Dörner
Berichterstatterin

x

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