BT-Drucksache 17/8293

Auswirkungen des vom Landgericht Saarbrücken gesprochenen Urteils vom 25.November 2011 für Bergbaugeschädigte

Vom 3. Januar 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8293
17. Wahlperiode 03. 01. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Oliver Krischer, Markus Tressel, Ingrid Nestle, Hans-Josef Fell,
Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, Undine Kurth (Quedlinburg), Nicole Maisch,
Dorothea Steiner und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Auswirkungen des vom Landgericht Saarbrücken gesprochenen Urteils vom
25. November 2011 für Bergbaugeschädigte

Das Landgericht Saarbrücken hat in seinem Urteil 13 S 117/09, verkündet am
25. November 2011, einem Bergbaubetroffenen Schadenersatz in Höhe von
1 140 Euro, als Kompensation für massive Erschütterungen in den Jahren 2005
und 2006 zugesprochen, welche durch die Bergbauaktivitäten der RAG Aktien-
gesellschaft in der Region verursacht worden waren. Das Gericht sah es als er-
wiesen an, dass durch die Kohleförderung bedingte Erschütterungen die Lebens-
qualität des Klägers beeinträchtigt haben. In den Jahren 2005 und 2006 hat er in
insgesamt vier Monaten unter diesen Erschütterungen gelitten. Das Urteil stützt
sich dabei auf § 906 Absatz 2 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).

Damit fällte das Landgericht ein Grundsatzurteil. Tausende weitere Betroffene
aus dem Saarland und möglicherweise auch aus Nordrhein-Westfalen können
nun unter Umständen ebenfalls Ausgleichszahlungen einfordern. Es handelt
sich daher um einen Musterprozess, der massive Folgen für die RAG Aktienge-
sellschaft und für Bergbaubetroffene haben könnte. Das Gericht hat aus diesem
Grund eine Revision zugelassen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Konsequenzen hat das Urteil des Landgerichts Saarbrücken nach
Meinung der Bundesregierung für die Bergbauunternehmen?

2. Wie viele vom Steinkohlenbergbau induzierte Erdbeben, die denen des
Klägers entsprechen (1,9 bis 3,7 auf der Richterskala), hat es seit 2005 in
Deutschland gegeben (bitte nach Bergwerken aufteilen)?

3. Wie viele bergbaubedingte Erdbeben wurden in Deutschland seit 2005 insge-
samt gemessen (bitte nach Ländern und Verursachern wie RAG Aktiengesell-
schaft, RWE Power AG, Gas-/Erdölförderer, Gesteinsbergbau etc. aufteilen)?

4. Mit welcher Zahl von durch den Steinkohlenbergbau induzierten Erdbeben
Betroffenen seit 2005 rechnet die Bundesregierung?
5. Mit welcher Zahl von durch den Bergbau insgesamt induzierten Erdbeben
Betroffenen seit 2005 rechnet die Bundesregierung?

6. Welche Betroffenen können nach Ansicht der Bundesregierung nun – falls
das Urteil des Landgerichts Saarbrücken rechtskräftig wird – Ansprüche an
den Bergbautreibenden stellen?

Drucksache 17/8293 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
7. Was müssen diese Betroffenen konkret tun, um ihre Ansprüche geltend zu
machen?

8. Werden sie von der RAG Aktiengesellschaft oder den Bergbehörden über
mögliche Ansprüche informiert, da der Bergbau mit öffentlicher Genehmi-
gung stattfindet?

Wenn nein, warum nicht?

9. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Zahl der anspruchsberechtigten
Betroffenen ein?

10. Mit welchen finanziellen Auswirkungen aus daraus resultierenden zusätzli-
chen Schadenersatzzahlungen für die RAG Aktiengesellschaft rechnet die
Bundesregierung?

11. Welchen Einfluss hat das auf die vom Bund und den Ländern zu leistenden
Kohlebeihilfen?

12. Welche Konsequenzen aus dem Urteil zieht die RAG Aktiengesellschaft
für laufende und zukünftige Abbauvorhaben?

13. Welche Art der Dokumentation bergbaubedingter Erdstöße plant die Bun-
desregierung?

14. Wird die im norddeutschen Raum bekannte betroffenenfreundliche kar-
tografische Flächendarstellung von bergbauinduzierten Erdstoßintensitäten
niederländischer Erdgasförderer auch für den Steinkohlenbergbau ange-
strebt?

15. Würde die Bundesregierung eine entsprechende Ergänzung des Gruben-
bildes nach Markscheider-Bergverordnung um eine solche kartografische
Flächendarstellung bergbauinduzierter Erdstoßintensitäten als Verbesse-
rung der Eigentümerrechte in der Durchsetzung von Ansprüchen ansehen
und unterstützen?

16. Ist § 906 Absatz 2 Satz 2 BGB nach Auffassung der Bundesregierung im
Falle von untertägigem Bergbau grundsätzlich anwendbar, wie es das Land-
gericht Saarbrücken in seinem Urteil ausführt, und wenn nein, warum
nicht?

17. In welchen konkreten in § 906 Absatz 2 Satz 2 BGB vorgesehenen Scha-
densfällen (Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Er-
schütterungen) wird nach Auffassung der Bundesregierung § 906 Absatz 2
Satz 2 BGB durch § 114 f. des Bundesberggesetzes nicht verdrängt und
warum?

18. Beabsichtigt die Bundesregierung vor dem Hintergrund des Urteils eine
Änderung des § 114 f. des Bundesberggesetzes, um die Schadenersatzrege-
lungen des § 906 Absatz 2 Satz 2 BGB in das Bundesberggesetz zu inte-
grieren?

Berlin, den 16. Dezember 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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