BT-Drucksache 17/8067

Unterschiedliche Ausbauprognosen für die Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung

Vom 2. Dezember 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8067
17. Wahlperiode 02. 12. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Oliver Krischer, Ingrid Nestle, Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn,
Sylvia Kotting-Uhl, Undine Kurth (Quedlinburg), Nicole Maisch, Dorothea Steiner
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Unterschiedliche Ausbauprognosen für die Stromerzeugung
aus Kraft-Wärme-Kopplung

Die Bundeskanzlerin, Dr. Angela Merkel, hat in ihrer Regierungserklärung vom
9. Juni 2011 angekündigt, im Rahmen der Energiewende über weitere Änderun-
gen am Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG), die bereits im Juni beschlos-
senen Maßnahmen, noch im Jahr 2011 zu entscheiden.

Zu dieser Zeit führten die Prognos AG und die Berliner Energieagentur GmbH
(BEA) im Auftrag der Bundesregierung eine Studie durch, die als Zwischen-
überprüfung zum KWKG im Oktober 2011 veröffentlicht wurde. Diese Studie
diente als wissenschaftliche Grundlage für einen Zwischenbericht, den das Bun-
desministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) sowie
das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) nach §12
KWKG anfertigen müssen und am 24. November 2011 vorgelegt haben. Dieser
Zwischenbericht soll unter Berücksichtigung bereits eingetretener und sich
abzeichnender Entwicklungen bei der Stromerzeugung der Kraft-Wärme-Kopp-
lung (KWK), insbesondere mit Blick auf die Erreichung der energie- und klima-
politischen Ziele der Bundesregierung, der Rahmenbedingungen für den wirt-
schaftlichen Betrieb von KWK-Anlagen und den jährlichen Zuschlagszahlungen
durchgeführt werden.

Die Ergebnisse der Studie der Prognos AG und der BEA und des darauf basie-
renden Zwischenberichts der Bundesregierung überraschen im Vergleich zu an-
deren Studien mit ausgesprochen optimistischen KWK-Ausbauprognosen.
Trotz dieser optimistischen Ausbauprognosen kommen auch die Prognos AG
und die BEA zum Ergebnis, dass das im KWKG verankerte Ziel, bis 2020
25 Prozent des deutschen Stroms in KWK zu erzeugen, deutlich verfehlt wird.

Der Eindruck zu optimistischer Prognosen in der Studie von der Prognos AG/
BEA verstärkt sich vor dem Hintergrund der jüngst veröffentlichten Zahlen der
Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) zur Entwicklung des KWK-Aufschlags. Die-
ser wird im Jahr 2012 nach Aussage der ÜNB nur noch 0,002 Cent/kWh betra-
gen, also noch niedriger sein als der KWK-Aufschlag in 2011 von 0,03 Cent/

kWh1. Diese Entwicklung und auch eine Mittelfristprognose der ÜNB2 lassen
einen deutlich geringeren KWK-Ausbau vermuten, als von der Prognos AG und
der BEA angenommen, denn die Umlagehöhe ist naturgemäß ein wichtiger
Gradmesser für den Zubau von KWK-Anlagen.

1 www.eeg-kwk.net/de/Aufschläge_Prognosen.htm
2 www.eeg-kwk.net/de/file/2010-07-20_KWK-G-Mittelfristprognose_2002-2015.pdf

Drucksache 17/8067 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Den unterschiedlichen Prognosen zwischen der Prognos AG/BEA und den ÜNB
hinsichtlich des Volumens der jährlichen KWK-Zuschlagszahlungen verdeut-
licht die folgende Tabelle. Da die Studie der ÜNB noch vor der im Herbst 2010
von der Bundesregierung beschlossenen Laufzeitverlängerung für deutsche
Atomkraftwerke und damit auf Grundlage des Atomausstiegs von 2002 durch-
geführt wurde, sind die energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen der beiden
Studien vergleichbar.

Prognosen der jährlichen KWK-Zuschlagszahlungen 2011 bis 2015 in Mio.
Euro (Angaben der ÜNB gerundet)

Angesichts dieser Zahlen überrascht es sehr, dass die Zwischenüberprüfung des
BMWi und des BMU vom 24. November 2011 die optimistischen Zahlen aus
der Studie von der Prognos AG und der BEA direkt übernommen hat.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wird die Bundesregierung, wie von der Bundeskanzlerin, Dr. Angela Merkel,
in ihrer Regierungserklärung vom 9. Juni 2011 angekündigt, noch im Jahr
2011 über eine Novelle im KWKG entscheiden, und wenn nein, warum nicht,
und wann soll diese Entscheidung dann fallen?

2. Welchen Zeitplan gibt sich die Bundesregierung bei der Novelle des KWKG?

3. Welche weiteren Studien neben der Zwischenüberprüfung durch die Prognos
AG und die BEA werden von der Bundesregierung als Grundlage für eine
KWKG-Novelle herangezogen?

4. Wie erklärt die Bundesregierung die bei Prognos AG und BEA angenom-
mene deutlich höhere Wirtschaftlichkeit von KWK-Anlagen im Vergleich zu
anderen Studien (z. B. BET – Dezember 2010, Matthes & Ziesing – Januar
2011)?

5. Wurde das Gutachten von der Prognos AG und der BEA vor der Veröffent-
lichung von der Bundesregierung überarbeitet, und wenn ja, welche Ände-
rungen wurden dabei vorgenommen?

6. Wenn nein, warum ist das Gutachten von der Prognos AG und der BEA auf
den 8. August 2011 datiert, wurde jedoch erst im Oktober 2011 von der Bun-
desregierung veröffentlicht?

7. Auf welche Faktoren führt die Bundesregierung die signifikanten Unter-
schiede zwischen den in der Tabelle oben genannten Prognosen der KWK-
Vergütungszahlungen bis zum Jahr 2015 von der Prognos AG und der BEA
einerseits und den ÜNB andererseits zurück?

8. Geht die Bundesregierung davon aus, dass die KWK-Zuschlagszahlungen bis
2015 in etwa so steigen werden, wie es in dem Gutachten der Prognos AG und

Jahr
Prognos AG/BEA

(Szenario Sofortabschaltung
8 Blöcke/Atomausstieg 2002)

ÜNB
(Mittelfristprognose

Juli 2010)

2011 159 127

2012 335 138

2013 431 154

2014 520 163

2015 613 170
der BEA in dem beschriebenen Ausbaupfad „Sofortabschaltung 8 Blöcke/
Atomausstieg 2002“ beschrieben wird, und wenn nein, warum nicht?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/8067

9. Geht die Bundesregierung davon aus, dass die KWK-Zuschlagszahlungen
bis 2015 in etwa konstant bleiben werden, wie es in der Mittelfristprognose
der ÜNB beschrieben wird, und wenn nein, warum nicht?

10. Wie erklärt die Bundesregierung den von den ÜNB angekündigten signifi-
kanten Rückgang der KWK-Umlage auf nur noch 0,002 Cent/kWh im Jahr
2012?

11. Welche Rückschlüsse lässt nach Auffassung der Bundesregierung eine der-
art niedrige KWK-Umlage im Jahr 2012 auf den KWK-Zubau im Jahr 2011
zu?

12. Wie bewertet die Bundesregierung die Prognosen von der Prognos AG und
der BEA, dass bei einem gleichbleibenden Förderinstrumentarium im Jahr
2020 eine KWK-Quote von 20,8 Prozent erreicht werden wird?

13. Warum sieht der Zwischenbericht der Bundesregierung nur eine Anhebung
der Fördersätze für große KWK-Anlagen (>20 MW) vor, die ab dem Jahr
2013 dem Emissionshandel unterliegen, obwohl das Gutachten der Prognos
AG und der BEA eine Anhebung der Fördersätze gerade für Anlagen im
kleinen Leistungsbereich bis 50 kW als eindeutig notwendig erachtet?

14. Welche konkreten Veränderungen plant die Bundesregierung beim KWKG
im Zuge der anstehenden Novelle?

Berlin, den 2. Dezember 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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