BT-Drucksache 17/8024

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung - Drucksachen 17/7374, 17/7993 - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Rechts der Verbraucherinformation

Vom 30. November 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8024
17. Wahlperiode 30. 11. 2011

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Nicole Maisch, Cornelia Behm, Harald Ebner, Bärbel Höhn,
Undine Kurth (Quedlinburg), Friedrich Ostendorff, Markus Tressel,
Hans-Josef Fell, Bettina Herlitzius, Dr. Anton Hofreiter, Sylvia Kotting-Uhl,
Oliver Krischer, Stephan Kühn, Ingrid Nestle, Dr. Hermann E. Ott,
Dorothea Steiner, Daniela Wagner, Dr. Valerie Wilms und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 17/7374, 17/7993 –

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Rechts der Verbraucherinformation

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Informationsgewährung der Behörden ist zu modernisieren, international
anzupassen und hat den aktuellen technischen Möglichkeiten Rechnung zu
tragen. In Dänemark werden seit dem Jahr 2001 alle Ergebnisse von Lebens-
mittel- und Gewerbeaufsicht, positive wie negative, sofort am Tag der Kon-
trolle durch Aushang im Geschäft und im Internet mit einem Smiley und unter
Nennung der Namen veröffentlicht.

Die zuständige Behörde soll inhaltlich zutreffende Informationen über Rechts-
verstöße, verbraucherrelevante Statistiken und Erkenntnisse aus behördlichen
Maßnahmen und Überwachungstätigkeiten von sich aus veröffentlichen. Die
Gestaltungsweise soll leicht verständlich und vergleichbar sein, dabei aber
nicht irreführend, unsachlich oder herabsetzend.

Bei staatlichen Verbraucherinformationen ist das Verbraucherinteresse auf zeit-
nahe Informationen mit der Berufsfreiheit der Marktteilnehmer abzuwägen.
Marktbezogene Informationen des Staates beeinträchtigen dabei die Grund-
rechte aus Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes nicht. Seit dem „Glykol-Be-
schluss“ des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Juni 2002 müssen sich Unter-
nehmen auch der Kritik ihrer Produkte und ihres Verhaltens aussetzen. Es gibt
kein Recht des Unternehmens, nur so von anderen dargestellt zu werden, wie es
gesehen werden möchte. Neben öffentlichen Warnungen wegen drohender
Gesundheitsgefahren gibt es auch bei Rechtsverstößen und Untersuchungser-
gebnissen der amtlichen Überwachung kein schützenswertes Geheimhaltungs-
interesse.

Wenn Informationen, die jedem Antragsteller herauszugeben sind von diesem
öffentlich gemacht werden könnten, ist eine überzogene Zurückhaltung der Be-

Drucksache 17/8024 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

hörden nicht mehr zeitgemäß. Die Behörden kommen mit der aktiven Informa-
tion Aufgaben der Staatsleitung nach, wenn sie Bürgern Orientierung geben
und zur Konfliktlösung beitragen. Solange Regelungen zur Anhörung rechtlich
Betroffener und zur Korrektur falscher Angaben gewahrt werden, sollen Ver-
braucherinnen und Verbrauchern auch unabhängig von Gesundheitsgefahren
die behördlichen Erkenntnisse z. B. zur Rechtstreue eines Unternehmens am
Ort der Entscheidung zur Verfügung gestellt werden. Dies kann durch einen
Aushang im Betrieb oder Einbindung in die betriebliche Internetseite erfüllt
werden. Auf Verständlichkeit ist zu achten, insbesondere ist auf standardisierte
Informationsblätter und Symbole, die die Informationen klassifizieren, zurück-
zugreifen. Die sachliche Behördeninformation dient der besseren Transparenz
und fördert den redlichen Wettbewerb.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. die Möglichkeit zur aktiven Unterrichtung der Öffentlichkeit durch Behör-
den im Verbraucherinformationsgesetz unmissverständlich und verbraucher-
freundlich zu fassen;

2. die Informationspflicht der Behörden ohne Antragsteller genau zu bezeich-
nen, u. a. die Art der Daten und die Dauer der Veröffentlichung;

3. vorzusehen, dass die Verbraucherinformation am Ort der Entscheidung
durch einen Aushang im Betrieb oder Einbindung in die betriebliche Inter-
netseite zur Verfügung gestellt wird und

4. die gesetzliche Ermächtigung und die Rechtsverordnung für die Verständ-
lichkeit fördernde Instrumente wie standardisierte Informationsblätter und
klassifizierende Symbole zur Darstellung von Überwachungsergebnissen zu
regeln.

Berlin, den 29. November 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

Begründung

Die Verbraucherminister der Länder haben bereits mit Beschluss vom 17. Sep-
tember 2010 eine geeignete rechtliche Grundlage für eine betriebsbezogene
Veröffentlichung in allgemein verständlicher Form gefordert. Das Bundes-
ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV)
hatte sich am 19. Mai 2011 gegenüber den Verbraucherministern bereit erklärt,
eine entsprechende rechtliche Umsetzung zu erarbeiten.

Nur die vorhandenen Informationen am Ort und zum Zeitpunkt der Entschei-
dung unterstützen eine bewusste Konsumentscheidung der Verbraucherinnen
und Verbraucher. Marktteilnehmer sollen in die Lage versetzt werden, selbst In-
formationen abzuwägen. Die Entscheidungssicherheit der Verbraucherinnen
und Verbraucher erhöht sich. Dabei gehen die Interessen über die Abwendung
von Gesundheitsgefahren hinaus. Ein Aushang im Betrieb oder die Einbindung
in die betriebliche Internetseite sind besonders geeignet, dieses Informations-
bedürfnis zu erfüllen.

Negative Informationen, die dauerhaft im Internet abrufbar blieben, wären
nicht verhältnismäßig. Zu prüfen ist eine Löschfrist von drei Jahren. Auf Ver-
brauchermärkten, also von privat zu privat, ist eine solche Frist höher z. B. bei
Wirtschaftsauskunfteien. Im Hinblick auf die Kreditwürdigkeit privater Ver-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/8024

braucherinnen und Verbraucher liegen sie nach einer Untersuchung von Dieter
Korczak & Michael Wilken (2009) bei drei bis 30 Jahren für Zahlungserfahrun-
gen, Antragsdaten unabhängig vom Vertragsschluss, Gerichtsdaten, gemeldete
Insolvenzverfahren und gerichtliche Schuldtitel. Die Löschung von Bußgeld-
entscheidungen im Gewerbezentralregister ist dagegen gemäß § 153 der Ge-
werbeordnung nach einer Frist von drei Jahren, wenn die Geldbuße nicht mehr
als 300 Euro beträgt, aus dem Register vorzunehmen. Empfehlenswert ist ein
amtlicher Zusatz auf den „Zustand zum Tatzeitpunkt“, um auf ggf. eingetretene
Veränderungen des Informationsgehaltes hinzuweisen.

Informationen sollen verständlich sein. Moderne Ansätze der staatlichen Ver-
braucherinformationspolitik arbeiten zunehmend mit standardisierten Informa-
tionsblättern (siehe das Produktinformationsblatt gemäß § 31 Absatz 3a des
Wertpapierhandelsgesetzes, § 5a der Wertpapierdienstleistungs-Verhaltens- und
Organisationsverordnung) und Symbolen (siehe Blauer Engel, Biosiegel). Die
Ermächtigung des BMELV soll derartige, die Verständlichkeit fördernde In-
strumente zur Darstellung von Überwachungsergebnissen in einer Rechtsver-
ordnung regeln. Aufzunehmen sind die wesentlichen Informationen in deut-
scher Sprache. Die Gestaltungsweise soll leicht verständlich und vergleichbar
sein, dabei aber nicht irreführend, unsachlich oder herabsetzend.

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.