BT-Drucksache 17/7934

zu dem Antrag der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Hans-Josef Fell, Krista Sager, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 17/6321 - Moratorium jetzt - Dringliche Klärung von Fragen zu Mehrkosten des ITER-Projekts

Vom 29. November 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/7934
17. Wahlperiode 29. 11. 2011

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
(18. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Hans-Josef Fell, Krista
Sager, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/6321 –

Moratorium jetzt – Dringliche Klärung von Fragen zu Mehrkosten
des ITER-Projekts

A. Problem

Mit dem Fusionsreaktor, der aufgrund der Vereinbarung zwischen der Euro-
päischen Atomgemeinschaft Euratom und sechs weiteren Vertragsparteien
gebaut werden soll, soll demonstriert werden, dass durch die Verschmelzung
von Atomkernen Energie gewonnen werden kann. Bereits ein Jahr nach Inkraft-
treten des Übereinkommens ist die Kostenschätzung verdreifacht, wobei die
Ursachen weder der Öffentlichkeit noch dem Europäischen Parlament trans-
parent gemacht werden. Managementfehler und der Mangel an Kontroll-
funktionen haben weiterhin dazu geführt, dass der Kostenrahmen erheblich
überschritten werden wird.

B. Lösung

Neben weiteren Forderungen soll das Projekt so lange ausgesetzt werden, bis
die Fehlentwicklungen geklärt sind und eine realistische Einschätzung der
Forschungsoptionen möglich ist. Während des Moratoriums werden keine Auf-
träge vergeben und der Weiterbau ausgesetzt. Auch sollen bis zur Klärung der
offenen Fragen keine Entscheidungen getroffen werden, die eine Fortsetzung
des Projekts vorwegnehmen.

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD.
C. Alternativen

Annahme des Antrags auf Drucksache 17/6321.

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Drucksache 17/7934 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/6321 abzulehnen.

Berlin, den 21. September 2011

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

Ulla Burchardt
Vorsitzende

Dr. Stefan Kaufmann
Berichterstatter

René Röspel
Berichterstatter

Dr. Martin Neumann (Lausitz)
Berichterstatter

Dr. Petra Sitte
Berichterstatterin

Sylvia Kotting-Uhl
Berichterstatterin

her ein unkalkulierbares Risiko, sowohl für den Bundes- Ansatz der Regierungskoalition, die versuche, das Thema

haushalt, als auch für notwendige Investitionen in andere
Projekte.

Angesichts der Entwicklungen sei das Projekt einer Über-
prüfung zu unterziehen, weitere Aufträge und der Weiterbau

konstruktiv zu begleiten.

Die Lieferschwierigkeiten mit Japan habe man so be-
grenzen können und die Fertigstellung sei jetzt für Ende
2019 oder Anfang 2020 geplant. Es gebe außerdem deut-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/7934

Bericht der Abgeordneten Dr. Stefan Kaufmann, René Röspel,
Dr. Martin Neumann (Lausitz), Dr. Petra Sitte, Sylvia Kotting-Uhl

I. Überweisung
Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
17/6321 in seiner 117. Sitzung am 30. Juni 2011 beraten
und an den Ausschuss für Bildung, Forschung und Tech-
nikfolgenabschätzung zur federführenden Beratung und an
den Haushaltsausschuss, den Ausschuss für Wirtschaft und
Technologie, den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit und den Ausschuss für die Angelegenhei-
ten der Europäischen Union zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erklärt, der eu-
ropäische Beitrag zum ITER-Projekt verdreifache sich vor-
aussichtlich von 2,7 auf 7,2 Mrd. Euro, wobei die Ursachen
dieser Entwicklung nicht schlüssig analysiert und der Öf-
fentlichkeit nicht zugänglich gemacht würden. Der Europä-
ische Rat wolle die Kosten auf 6,6 Mrd. Euro deckeln.

Die fünfjährige Laufzeit des Euratom-Programms solle an
die siebenjährige Laufzeit des allgemeinen Forschungsrah-
menprogramms angepasst werden und um zwei Jahre ver-
längert werden. Die Mittel für die Fusionsforschung sollten
in diesem Zusammenhang erhöht werden, da die bisher vor-
gesehenen Mittel des Forschungsrahmenprogramms nicht
ausreichten. Deutschland trage über seine EU-Beiträge rund
20 Prozent dieser Ausgaben.

Der Forschungsansatz Fusionsforschung habe in Deutsch-
land keine ausreichende Akzeptanz mehr, da der Atom-
ausstieg als gesellschaftlicher Konsens feststehe. Daher sei
die Förderung der Kernenergie einzustellen und die Mittel
stattdessen zur Verbesserung des Schutzes der Bevölkerung
vor atomarer Strahlung einzusetzen.

Der Beitrag Japans zu dem Projekt sei aufgrund der Ent-
wicklungen dieses Jahres nicht abzuschätzen. Man müsse
angesichts der Ereignisse den Ansatz überdenken, denn
auch der Forschungsreaktor liege in einem Erdbebengebiet
und sei gefährdet. Hier müsse eine zusätzliche Überprüfung
der Anlage stattfinden.

Der Klimawandel erfordere Energiekonzepte, die wesent-
lich schneller zur Verfügung stünden, als es durch das ITER-
Projekt erreicht werden könne. Darüber hinaus sei die Er-
folgswahrscheinlichkeit des Projekts gering, denn es werde
bereits seit Jahrzehnten ohne Ergebnis in der Energiegewin-
nung geforscht. Es bestünden daher erhebliche Zweifel, ob
mit der Kernfusion jemals Energie zur Verfügung gestellt
werden könne, denn es existierten erhebliche technologi-
sche Probleme. Darüber hinaus sei unklar, wie man mit dem
anfallenden Atommüll umgehen wolle. Das Projekt sei da-

Der Deutsche Bundestag solle daher die Bundesregierung
u. a. auffordern, zunächst zu klären,

● welche Auswirkungen die Schwierigkeiten Japans haben
werden und welche Anforderungen an die Sicherheit des
geplanten Reaktors zu berücksichtigen seien,

● wie die Finanzierung der Mehrkosten erfolgen solle und
welche Auswirkungen dies auf die nationalen Haushalte
und die Forschungsförderung der EU habe,

● und sicherzustellen, dass effektive Kontrollmechanismen
und funktionsfähige Managementstrukturen geschaffen
würden.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Haushaltsausschuss hat in seiner 65. Sitzung am
29. September 2011 mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimm-
enthaltung der Fraktion der SPD empfohlen, den Antrag auf
Drucksache 17/6321 abzulehnen.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie in seiner
55. Sitzung, der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit in seiner 56. Sitzung und der Ausschuss
für die Angelegenheiten der Europäischen Union in sei-
ner 50. Sitzung haben am 9. November 2011 jeweils mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die
Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD
empfohlen, den Antrag auf Drucksache 17/6321 abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und -ergebnisse im feder-
führenden Ausschuss

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technik-
folgenabschätzung hat die Vorlagen in seiner 49. Sitzung
am 21. September 2011 beraten.

Der Ausschuss empfiehlt:

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/6321 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die
Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD.

Von Seiten der Fraktion der CDU/CSU wird hervor-
gehoben, dass der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN richtige Fragen aufwerfe, dabei aber zu den fal-
schen Ergebnissen komme. Sie wollten aus allem aussteigen
und nähmen eine destruktive Haltung ein. Besser sei der
seien so lange auszusetzen, denn eine realistische Einschät-
zung der Lage sei derzeit nicht möglich.

liche Verbesserungen im Management bei Fusion for energy
und der ITER-Organisation in Cadarache. Die Forderungen

Drucksache 17/7934 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

der Bundesregierung seien dabei weitestgehend umgesetzt
worden und man habe bessere Kontrollmechanismen und
funktionierende Managementstrukturen geschaffen. Auch
bei der Auftragsvergabe sei man auf einem guten Weg und
durch den Einsatz der Bundesregierung sei ein deutsch-
französisches Konsortium, das mitbiete, weiter im Spiel.
Deutsche Firmen erhielten in einem ganz beträchtlichen
Umfang Aufträge von internationalen ITER-Partnern.

Darüber hinaus gebe es einen erheblichen Zielkonflikt, zwi-
schen dem Ansatz, Kosten zu deckeln und dem Qualitäts-
anspruch des Projekts. Hier sei noch mehr Transparenz er-
forderlich. Bei der Finanzierung hoffe man auf ein Ergebnis
bis zum ITER-Rat am 17. November. Eine Deckung eines
Teils der Mehrkosten für 2012/2013 aus dem EU-For-
schungshaushalt halte man für vertretbar. Man wisse auch
aus dem Europäischen Parlament, dass der Forschungshaus-
halt einen Mittelabfluss in Höhe von bis zu 50 Prozent des
Mehrbedarfs hergebe und im Übrigen sei eine Finanzierung
auch aus den Rückflüssen des Agrarhaushalts sinnvoll.

Im Ergebnis halte die Fraktion an dem Projekt fest, denn
man sei davon überzeugt, dass es enorme Chancen biete und
den weltweiten Energiebedarf decken könne. Wichtig sei
aber auch, dass es auf dem Weg zu ITER zahlreiche Inno-
vationen und Entwicklungen gebe, die eine große wirt-
schaftliche Bedeutung hätten. Man habe so beispielsweise
im Bereich der Supraleiter, der Prallplatten, der Material-
entwicklung und der Fabrikationsprozesse Fortschritte er-
zielt. Andere Forschungsprojekte würden durch ITER nicht
bedroht, so seien auch zahlreiche spin offs entstanden.

Ein Projekt von dieser Größe und Bedeutung erfordere
internationale Zusammenarbeit und daher sei es wichtig,
dass Japan involviert bleibe und die USA auch weiterhin
hinter dem Projekt stünden.

Von Seiten der Fraktion der SPD wird darauf hingewiesen,
dass man sich in einer interessanten Phase des Projekts be-
finde, die aufgrund des laufenden Vermittlungsverfahrens
zwischen Rat und Kommission auch einige Fragen auf-
werfe.

Grundsätzlich wolle man festhalten, dass das ITER-Projekt
eine Option in der Energieforschung sei, die sich im Grund-
lagenstadium befinde. Ob auf diese Art je Energie erzeugt
werden könne sei zweifelhaft, fest stehe dagegen, dass bis
2050 der Strombedarf aus erneuerbaren Energien gedeckt
werden könne, wie es der Sachverständigenrat des Bun-
desumweltministeriums bestätige. Die Energieoption sei
sehr unsicher, es sei aber ein Frage der Partizipationsmög-
lichkeit für deutsche Unternehmen an der Grundlagen-
forschung. Das Problem bestehe in der Finanzierung. Es
gebe Veröffentlichungen über Zusatzkosten und eine vom
Finanzministerium geplante Umverteilung. Man frage daher
die Bundesregierung, mit welcher Linie sie das Vermitt-
lungsverfahren verfolgen wolle und ob es eine Haltelinie
bei der Umschichtung von Mitteln zugunsten von ITER
gebe.

Einige Punkte seien für die Fraktion wichtig und man habe
diese auch in einem eigenen Antrag formuliert, der nach
dem europäischen Vorschlag zu diskutieren sei.

Erstens seien die Gesamtkosten auf 6,6 Mrd. Euro zu

bewährten Strukturen in der Forschung gehen, insbesondere
weise man in diesem Zusammenhang auf den Europäischen
Forschungsrat hin, und wolle wisse, ob das auch für
Bundesregierung eine Haltelinie sei. Die Finanzierung dürfe
auch keine nachteiligen Auswirkungen auf die Erforschung
von erneuerbaren Energien haben und es müsse effektive
Kontroll- und Managementstrukturen für das Projekt geben.

Unter Berücksichtigung der Bewertung wäre es daher kon-
sequent, einen Ausstieg zu beschließen, da ein Moratorium
nicht regele, was mit der Grundlageforschung und den deut-
schen Forschungseinrichtungen geschehen sollte. Die SPD-
Fraktion werde sich enthalten, da es keine neue Sachlage
bei den Kosten gebe und man nach dem Vorschlag der
Europäischen Kommission noch einmal über die Finanzie-
rung diskutieren müsse.

Die Fraktion der FDP legt dar, dass der Vorschlag ab-
zulehnen sei, weil die angesprochenen Probleme bekannt
seien und daran bereits gearbeitet werde. Gegen den Antrag
spreche auch, dass der Haushaltausschuss diesen ohne
Debatte abgelehnt habe und sie halte das Projekt für zu
wichtig, um einfach auszusteigen, da es langfristig helfen
könne, Energieprobleme zu lösen. Zurzeit sei es noch offen,
wie man mit Fusion konventionell Energie erzeugen könne,
die Forschung darüber müsse aber in internationaler Zusam-
menarbeit weiter betrieben werden.

Die Frage der Erdbebensicherheit werde an dem For-
schungsstandort geprüft und sei auch beim Bau der Anlage
berücksichtigt worden, zusätzliche Anforderungen an die
Sicherheit seien zurzeit nicht erforderlich. Die ungeklärte
Finanzierung der Mehrkosten werde auf einer geeigneten
Grundlage verhandelt und es gebe Vorschläge der Kommis-
sion und der Präsidentschaft zu diesem Thema. Man betone
hier, dass die Mehrkosten für das Projekt zur Zeit nur Ver-
pflichtungsermächtigungen beträfen, die erst ab 2014 in
Zahlungsverpflichtungen mündeten, die ausschließlich aus
dem EU-Haushalt bestritten werden sollten, so dass der
Bundeshaushalt nicht direkt betroffen sei.

Die Fraktion DIE LINKE. stellt fest, dass die Koalition in
diesem Punkt immer auf die Verantwortung gegenüber
nachfolgenden Generationen verweise. Sie hält die Erfolgs-
aussichten der Technologie für offen und meint, dass sie
keinen aktiven Beitrag leisten könne zur Lösung der an-
stehenden Klimaprobleme, da man dort bis 2020 Aufgaben
zu erledigen habe. Bei ITER würden jetzt Mittel gebunden,
die in anderen Bereichen fehlten. Es gehe auch nicht nur
darum, erneuerbare Energien zu etablieren, sondern auch
darum, alle weiteren gesellschaftlichen Probleme, sowie
Netzprobleme, Speicherprobleme und Effizienzprobleme zu
lösen. Das Projekt biete zurzeit keine Ansätze dazu, wie die
Fusionsforschung tatsächlich in das Netzsystem integriert
werden solle. Die Fraktion sehe es kritisch, dass die Inves-
titionskosten ausschließlich von öffentlicher Hand getragen
würden und es unklar sei, wie ein „Return“ stattfinden solle.
Die Fraktion DIE LINKE. werde daher dem Antrag der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zustimmen.

Von Seiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
wird ausgeführt, dass das ITER-Projekt keine Lösung für
die Energieprobleme darstelle. Das gelte auch für das Jahr
2050, denn die Ziele, die formuliert würden, würden dann
deckeln und es dürfe keine weitere Belastung der Mitglied-
staaten geben. Die Mehrkosten dürften nicht zu Lasten der

andere sein. Die Industrienationen hätten in diesem Zeit-
raum einen wesentliche geringeren Energiebedarf, wenn sie

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/7934

jetzt eine Energiewende realisierten und Energieeffizienz
endlich praktizierten. Bis dahin müsse eine Umstellung auf
100 Prozent erneuerbarer Energien erfolgt sein und man
brauche nicht massenhaft Energie, die zudem immens teuer
sei. Die heutigen Entwicklungsländern würden die Energie
aus dieser Quelle auch aus diesem Grund nicht bezahlen
können, sie sei also keine Hilfe. Es handele sich vielmehr
um ein Prestigeprojekt, das auf einer Ebene angesiedelt sei,
auf der es keine Kontrollmechanismen gebe.

Die Verhandlungen über das Projekt bewegten sich seit
mehr als einem Jahr im Kreis, und die Vorschläge, die hier
gemacht würden, lösten das Problem nicht. Die Positionen
seien sehr unterschiedlich, denn die Nationalstaaten würden
nicht mehr Geld ausgeben wollen, das Parlament wolle das
Projekt aber aufstocken. Jetzt sei ein Vermittlungsverfahren
eingeleitet worden und es gebe den Wunsch, eine politische
Klärung über die ITER-Finanzierung herbeizuführen. Es
zeichneten sich aber keine Fortschritte ab und es gebe eine
ungelöste Finanzierungslücke von 1,3 Mrd. Euro. Es sei da-
her eine Mindestforderung, innezuhalten, keine weiteren
Aufträge zu vergeben und zu schauen, wie sich das Problem
lösen lasse.

Von Seiten der Bundesregierung wird klargestellt, dass man
stärker differenzieren müsse zwischen den Maßnahmen, die
man national, im Sinne der Energiewende des beschlossenen
Ausstiegs aus der Kernenergie, unternehme und denen, die
man angesichts einer steigenden Weltbevölkerung und eines
steigenden Energiebedarfs treffen müsse. Für die Forschung
im Rahmen der Energiewende gebe es eine Vielzahl an An-
sätzen, man forsche im Bereich der Netze und der Speiche-
rung, wo man ressortübergreifend eine Initiative vorange-
bracht habe. Man dürfe das Problem aber nicht national ver-
engen und nur betrachten, was die Bundesrepublik Deutsch-
land bis 2020 leisten könne. Man müsse vielmehr auch
erforschen, wie man die Fragen des steigenden Energie-
bedarfs auch in anderen Teilen der Welt lösen könne. Mit dem
Projekt sei daher eine Hoffnung verbunden, die sich vor allem
auf den zeitlichen Aspekt beziehe. Die Fusionsforschung
könne aber ein wichtiger Baustein sein, um die Energiefrage
im globalen Maßstab zu beantworten. Man könne ein klima-
freundliches und umweltfreundliches Kraftwerk erwarten,
das viele Nachteile anderer nicht habe.

Die Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland sei sinn-
voll, denn man befinde sich auch in einer Position der glo-
balen Verantwortung. Man habe in Deutschland Wissen-
schaftler, die über eine große Expertise verfügten und man
könne sich nicht enthalten. Deutschland verfüge über füh-
rende Forschungsinstitute im Bereich der Fusionsforschung,
wie das Max-Planck-Institut IPP in Garching und Greifs-
wald sowie das Karlsruher KIT.

Die Forschungsarbeiten seien sehr grundlegend, man habe
aber Experten bei den plasmaphysikalischen Forschungs-
arbeiten, bei denen es zwei große Bereiche in Deutschland
gebe. Das seien die Technologien Tokamak und der Stelle-
rator, die man in Deutschland auf den Weg gebracht habe,
ohne die es den Technologiebereich nicht geben würde.
Man sei daher der Meinung, dass die Wissenschaftler und
deren Know-how weiter mit den bestehenden Institutionen
unterstützt werden solle.

für ein derartiges Großprojekt, was man bereits behoben
habe, und aus den Kostensteigerungen bei Material.

Außerdem habe man zusätzliche Kontrollspulen eingebaut,
die Kosten verursachten und es gebe neue Aktivitäten im
Bereich der Risikominimierung. Man habe bei einigen
Spulen feststellen müssen, dass sie nicht den Anforderun-
gen entsprachen und diese austauschen müssen, so dass
mehr Kosten entstanden seien, diese aber auch eine höhere
Sicherheit böten. Es gebe ein ganzes Konzert an Ursachen,
die zu der Kostensteigerung geführt hätten.

Der Antrag diene aus seiner Sicht dazu, die Diskussion um
das Projekt erneut zu beleben, die Forderung nach dem
Moratorium habe Fragen aufgeworfen, die er beantworten
wolle.

Die erste Frage beziehe sich darauf, ob man in Japan so
große Schwierigkeiten habe, dass man ein Moratorium
brauche. Er könne dazu mitteilen, dass ein Teil der japani-
schen Komponenten aus Südkorea geliefert werden könnten
und so die Verzögerungen auf ein Jahr begrenzt werden
könnten. Das müsse im ITER-Council verabredet werden.
Die Sicherheit des Reaktors sei bereits 2003 ausführlich dis-
kutiert worden, auch unter dem Gesichtspunkt der Erd-
bebengefährdung.

Die Frage der Finanzierung werde auf europäischer Ebene
diskutiert. Man sei auch der Ansicht, dass die Obergrenze
von 6,6 Mrd. Euro nicht überschritten werden dürfe. Da es
sich um ein europäisches Projekt handele, dürfe die Finan-
zierung auch die nationalen Haushalte nicht belasten, son-
dern müsse auf europäischer Ebene erfolgen. Dazu gebe es
einen einstimmigen Ratsbeschluss, der eine Umschichtung
von 660 Mio. Euro in der Rubrik 1a und 450 Mio. Euro aus
den Rückflüssen aus der Rubrik 2 vorsehe. Das Europäische
Parlament habe sich dafür ausgesprochen, dass man das
Forschungsrahmenprogramm an der Stelle nicht belaste, für
die Bundesregierung sei aber klar, dass das Projekt aus dem
europäischen Haushalt finanziert werden müsse und die ver-
schiedenen Bereiche ihren Beitrag leisten müssten. Die
Größe des Beitrags sei Gegenstand der Verhandlungen im
Trilog.

Die Mehrkosten für die nationalen Haushalte entstünden zu-
nächst nicht. Unabhängig davon gehe es auch bei den Ver-
pflichtungserklärungen für die Jahre 2012 und 2013 nicht
um Ausgaben, sondern darum, zusätzliche Ausschreibungen
für das Projekt voranzubringen.

Auf die Frage nach den Kontrollmechanismen könne man
antworten, dass man wesentliche Fortschritte im Bereich
Governance und Management gemacht habe. Ein wesent-
licher Punkt sei dabei die Etablierung eines Projektbeglei-
ters bei fusion for energy, der die Auftragsvergabe kontrol-
liere und auch das Controlling verbessere. Die Vergabe an
einen Projektbegleiter sei vor kurzem in Auftrag gegeben
worden. Dies sei eine Erfolg, auch wenn das Bundesminis-
terium für Bildung und Forschung es vorgezogen hätte, eine
Ingenieurgesellschaft zu beauftragen, um an dieser Stelle
mehr technische Kompetenz zu etablieren. Insgesamt habe
man die Gremien erheblich personell umbesetzt.

Die klare Aussage sei hier, dass man die Wissenschaftler

Die erheblichen Kostensteigerungen resultierten aus den
mangelnden Managementqualitäten der Verantwortlichen

weiterhin unterstützen wolle, an dieser Option der Energie-
versorgung zu arbeiten. Man wolle auch vermeiden, dass

Drucksache 17/7934 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Kostensteigerungen anfielen, wisse aber auch, dass man die
Grundlagenforschung und deren Entwicklung schwer über-
blicken könne.

Berlin, den 21. September 2011

Dr. Stefan Kaufmann
Berichterstatter

René Röspel
Berichterstatter

Dr. Martin Neumann (Lausitz)
Berichterstatter

Dr. Petra Sitte
Berichterstatterin

Sylvia Kotting-Uhl
Berichterstatterin

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.