BT-Drucksache 17/7729

Fußball und Rechtsextremismus

Vom 14. November 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/7729
17. Wahlperiode 14. 11. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Katrin Kunert, Petra Pau, Frank Tempel,
Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Fußball und Rechtsextremismus

Neonazis versuchen immer wieder, über Fußballvereine Anhänger zu werben.
Diese Problematik wird vom Deutschen Fußball-Bund e. V. (DFB), dessen Prä-
sident Theo Zwanziger für sein Engagement gegen Rechtsextremismus, Frem-
denfeindlichkeit und Diskriminierung mit dem Leo-Baeck-Preis des Zentralrats
der Juden in Deutschland K.d.ö.R. geehrt wurde, seit einigen Jahren offen
thematisiert. Auch bei den Bundesligavereinen ist eine größere Sensibilität dies-
bezüglich festzustellen.

So schloss das Präsidium von Werder Bremen im Juni 2011 den Bremer Wahl-
leiter der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD), Jens Pühse, aus
dem Verein aus. Zudem sind in vielen Vereinen explizit antirassistisch ausge-
richtete Fanprojekte aktiv.

Doch während organisierte Neonazis durch die Zusammenarbeit von Vereinen
und Fans der meisten Bundesligaklubs erfolgreich aus den Stadien verdrängt
wurden, tummeln sich die Neofaschisten verstärkt in den unteren Ligen. Bei
betroffenen Vereinen herrscht die typische Mischung aus Ahnungslosigkeit,
Ignoranz und Verharmlosung, die in der Auseinandersetzung mit Neonazis oft
auch in anderen Zusammenhängen vorherrscht.

Beim sachsen-anhaltinischen Verein BSC 99 Laucha ist ein NPD-Stadtrat als
Nachwuchstrainer aktiv. Ein Anführer einer Ultragruppierung von Lokomotive
Leipzig kandidierte bei der Stadtratswahl für die NPD und warb für sich auf der
Homepage der Ultras. Im thüringischen Hildburghausen gründeten Neonazis
selber einen Fußballverein. Ein NPD-Kommunalabgeordneter in Lüdenscheid
darf weiterhin als Schiedsrichter in der Kreisliga C pfeifen, da der DFB juris-
tisch keine Möglichkeit eines Ausschlusses aufgrund der Parteizugehörigkeit
sah. Kritiker zweifeln indessen an, dass ein Schiedsrichter, der „den Ausländer-
anteil in Deutschland Richtung Null fahren“ will, tatsächlich neutral gegenüber
Migrantenvereinen sein kann. (www.zeit.de/sport/2011-05/schiedsrichter-npd-
haase-luedenscheid).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Personen, die derzeit in der Datei „Gewalttäter Sport“ gespeichert
sind, haben einen rechtsextremen Hintergrund bzw. sind der rechtsextremen
Szene zuzuordnen?

2. Wie viele der so genannten Problemfans (Kategorie A, B, C Hooligans und
Ultras) gehören nach Einschätzung der Bundesregierung rechtsextremen
Organisationen bzw. der rechtsextremen Szene an?

Drucksache 17/7729 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
3. Wie viele rechtsextrem durchsetzte Hooligangruppen gibt es bei welchen
Vereinen

a) in der 1. Bundesliga,

b) in der 2. Bundesliga,

c) in den unteren Ligen

(bitte nach Vereinen, Größe der Hooliganszene und rechtsextrem beein-
flusstem Anteil der Fans ausführen)?

4. Inwieweit gibt es Erkenntnisse über eine rechtsextreme Unterwanderung von
Ultragruppen (bitte gegebenenfalls Vereine bzw. Ultragruppen nennen)?

5. Wie viele Ermittlungsverfahren wurden nach Kenntnis der Bundesregie-
rung seit dem Jahr 2000 gegen gewaltbereite Fußballfans wegen Verstoßes
gegen § 86 des Strafgesetzbuchs (StGB) (Verbreitung von Propagandama-
terialen verfassungswidriger Organisationen) bzw. § 130 StGB (Volksver-
hetzung) im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen durchgeführt (bitte
nach Vereinen aufschlüsseln)?

6. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über gezielte Unterwan-
derungsversuche der rechtsextremen Szene (NPD, Kameradschaften, Auto-
nome Nationalisten) bei Fußballvereinen, Fanclubs oder Ordnerdiensten vor
(bitte nach Vereinen und rechtsextremen Gruppierungen aufschlüsseln)?

7. Welche Erkenntnisse gibt es über die Teilnahme von organisierten Hooli-
gans und Ultras an rechtsextremen Aufmärschen und Versammlungen seit
dem Jahr 2000?

8. Welche verfassungsschutzrelevanten Kenntnisse hat die Bundesregierung
über Zusammenhänge zwischen der rechtsextremen Musikszene und dem
Hooliganmilieu?

9. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung seit dem Jahr 2000 ergriffen,
um den Einfluss fremdenfeindlich und rechtsextrem motivierter Gruppen
im Umfeld von Fußballfans zurückzudrängen?

10. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Existenz explizit
antirassistisch orientierter Fanprojekte, und inwieweit gedenkt sie diese zu
unterstützen?

11. Wie viele und welche Fanprojekte werden über die Bundesprogramme zum
Thema Rechtsextremismus unterstützt, und wie hat sich diese Unter-
stützung in den letzten Jahren entwickelt?

12. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung im Rahmen des Handlungs-
konzeptes „Foul von Rechtsaußen – Sport und Politik verein(t) für Tole-
ranz, Respekt und Menschenwürde“ konkret unternommen, und wie viele
Mittel wurden dafür bislang eingesetzt?

13. Welche Maßnahmen sind zukünftig im Rahmen des o. g. Projektes geplant,
und welche Mittel sollen dafür aufgewendet werden?

Berlin, den 14. November 2011

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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