BT-Drucksache 17/7696

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Ottmar Schreiner, Anette Kramme, Petra Ernstberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD -17/2122- Demokratische Teilhabe von Belegschaften und ihren Vertretern an unternehmerischen Entscheidungen stärken b) zu dem Antrag der Abgeordneten Jutta Krellmann, Sahra Wagenknecht, Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. -17/1413- Unternehmensmitbestimmung lückenlos garantieren

Vom 10. November 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/7696
17. Wahlperiode 10. 11. 2011

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Ottmar Schreiner, Anette Kramme,
Petra Ernstberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
– Drucksache 17/2122 –

Demokratische Teilhabe von Belegschaften und ihren Vertretern an
unternehmerischen Entscheidungen stärken

b) zu dem Antrag der Abgeordneten Jutta Krellmann, Sahra Wagenknecht,
Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 17/1413 –

Unternehmensmitbestimmung lückenlos garantieren

A. Problem

Angesichts einer zunehmenden Zahl in Deutschland ansässiger Unternehmen
mit ausländischer Rechtsform fordern die Fraktionen SPD und DIE LINKE., die
deutsche Mitbestimmung gesetzlich auch auf diese Unternehmen zu erstrecken.
Die Fraktion der SPD fordert zudem, einen gesetzlichen Mindestkatalog zustim-
mungsbedürftiger Geschäfte für zentrale unternehmerische Entscheidungen ein-
zuführen und den Schwellenwert für die Mitbestimmung zu senken.

B. Lösung

Zu Buchstabe a

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/2122 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD und DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN.
Zu Buchstabe b

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/1413 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion der SPD.

Drucksache 17/7696 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

C. Alternativen

Annahme des jeweiligen Antrags.

D. Kosten

Kostenrechnungen wurden nicht angestellt.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/7696

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

a) den Antrag auf Drucksache 17/2122 abzulehnen,

b) den Antrag auf Drucksache 17/1413 abzulehnen.

Berlin, den 9. November 2011

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales

Max Straubinger
Stellvertretender Vorsitzender

Jutta Krellmann
Berichterstatterin

neuen Gegebenheiten anpassen. Dafür habe die Fraktion der

Zu Buchstabe a

Der Rechtsausschuss sowie der Ausschuss für Wirtschaft
und Technologie haben in ihren Sitzungen am 9. November

SPD sich mit ihrem Antrag stark an die Montanmitbestim-
mung angelehnt. Man wolle unter anderem den Schwellen-
wert für die Mitbestimmung senken. Die Drittelparität solle
Drucksache 17/7696 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Jutta Krellmann

I. Überweisung

Der Antrag auf Drucksache 17/2122 ist in der 49. Sitzung
des Deutschen Bundestages am 17. Juni 2010 an den Aus-
schuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Beratung
sowie an den Rechtsausschuss und den Ausschuss für Wirt-
schaft und Technologie zur Mitberatung überwiesen worden.

Der Antrag auf Drucksache 17/1413 ist in der 43. Sitzung
des Deutschen Bundestages am 20. Mai 2010 an den Aus-
schuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Beratung
und an den Ausschuss für Wirtschaft und Technologie zur
Mitberatung überwiesen worden.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen

Zu Buchstabe a

Mit ihrem Antrag will die Fraktion der SPD die Mitbestim-
mung in Unternehmen stärken. Aufgrund jüngerer Recht-
sprechung des Europäischen Gerichtshofes zur völligen Nie-
derlassungsfreiheit könnten in Deutschland ansässige Unter-
nehmen mit einer ausländischen Rechtsform geführt werden.
Hierdurch sei es ihnen möglich, die deutsche Mitbestim-
mung zu umgehen. Für die Beschäftigten bedeute dies die
Einbuße demokratischer Teilhabe am Unternehmen und
ihrer Mitbestimmungsrechte. In den letzten vier Jahren sei
der Anteil von Firmen ausländischer Rechtsform deutlich
gestiegen, die dies betreffe. Die europäische Rechtsprechung
billige jedoch den nationalen Gesetzgebern einen Spielraum
für den Schutz von Arbeitnehmerinteressen zu. Die Unter-
nehmensmitbestimmung müsse entsprechend an die verän-
derten Rahmenbedingungen, an die Europäisierung und In-
ternationalisierung der Unternehmen angepasst werden.

Zu Buchstabe b

Seit einigen Jahren können nach Darlegung der Antragsteller
Unternehmen mit Verwaltungssitz in Deutschland unter be-
stimmten Voraussetzungen auch in einer ausländischen
Rechtsform geführt werden. Für diese Unternehmen griffen
die deutschen Regeln zur Unternehmensmitbestimmung
nicht. Während in einer deutschen AG oder GmbH mit mehr
als 500 Beschäftigten in der Regel ein Drittel, bei mehr als
2 000 Beschäftigten sogar die Hälfte der Aufsichtsratsmit-
glieder von Vertreterinnen und Vertretern der Arbeitnehmer
besetzt seien, gelte dieser Anspruch bei ausländischen
Rechtsformen nicht. Die Umgehung deutscher Mitbestim-
mungsregelungen mit Hilfe ausländischer Rechtsformen sei
mittlerweile ein drängendes Problem geworden. Die in die-
sen Unternehmen Beschäftigten müssten auf Mitbestim-
mungsrechte verzichten, die in vergleichbaren Unternehmen
mit rein deutscher Rechtsform selbstverständlich seien.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen
der Fraktionen SPD und DIE LINKE. bei Stimmenthaltung
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung
der Vorlage empfohlen.

Zu Buchstabe b

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat in sei-
ner Sitzung am 9. November 2011 den Antrag auf Druck-
sache 17/1413 beraten und dem Deutschen Bundestag über-
einstimmend mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimm-
enthaltung der Fraktion der SPD die Ablehnung der Vorlage
empfohlen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Zu Buchstabe a

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den Antrag auf
Drucksache 17/2122 in seiner 80. Sitzung am 9. November
2011 abschließend beraten und dem Deutschen Bundestag
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP ge-
gen die Stimmen der Fraktionen SPD und DIE LINKE. bei
Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
die Ablehnung empfohlen.

Zu Buchstabe b

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den Antrag auf
Drucksache 17/1413 in seiner 80. Sitzung am 9. November
2011 abschließend beraten und dem Deutschen Bundestag
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion der SPD die Ablehnung empfohlen.

Die Fraktion der CDU/CSU lehnte beide Anträge ab. Die
Unternehmensmitbestimmung in Deutschland habe sich
über viele Jahre hinweg bewährt. Es fehle aber bereits an
einem tatsächlichen Handlungsbedarf. Denn die Zahlen der
Unternehmen in einer ausländischen Rechtsform sei ver-
schwindend gering. Im Übrigen sei eine Ausweitung der
deutschen Unternehmensmitbestimmung auf ausländische
Gesellschaftsformen mit dem Europarecht, insbesondere
dem europäischem Grundsatz der Niederlassungsfreiheit
nicht vereinbar. Ausländische Firmen hätten in diesem Rah-
men ein Anrecht auf die Anwendung ausländischen Gesell-
schaftsrechts.

Die Fraktion der SPD hob hervor, dass sich das deutsche
Modell der Mitbestimmung bewährt habe – gerade auch bei
der Bewältigung der Wirtschaftskrise. Um das auch künftig
zu gewährleisten, müsse man die Mitbestimmung an die
2011 den Antrag auf Drucksache 17/2122 beraten und dem
Deutschen Bundestag übereinstimmend mit den Stimmen

künftig bereits ab 250 Mitarbeiter gelten. Außerdem müsse
der Katalog zustimmungsbedürftiger Geschäfte insbeson-

Berlin, den 9. November 2

Jutta Krellmann
Berichterstatterin
sichert werden. Gesetzliche Lücken müssten geschlossen
werden.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betonte den
Wert der deutschen Arbeitnehmermitbestimmung. Sie habe
zur Rettung vieler Arbeitsplätze in der Krise beigetragen.
Der Gesetzgeber müsse jetzt auf die Versuche von Unterneh-
men reagieren, mit ausländischen Rechtsformen die deut-
sche Mitbestimmung zu umgehen. Andernfalls würden sich
weitere Unternehmen dem voraussichtlich anschließen. Dem
Antrag der SPD-Fraktion könne man allerdings nicht folgen,
da er zu weit in die unternehmerische Freiheit eingreife.

011
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/7696

dere bei Betriebsschließungen, Standortverlagerungen und
Unternehmensverkäufen ergänzt werden.

Die Fraktion der FDP erkannte die deutsche Unterneh-
mensmitbestimmung und ihre Erfolge an. Sie habe sich aber
nicht zum internationalen „Exportschlager“ entwickelt.
Grund hierfür sei ein unterschiedliches Rechtsverständnis in
einzelnen Ländern. Den vorliegenden Anträgen werde man
nicht zustimmen; denn die bestehenden Regelungen im deut-
schen Recht reichten völlig aus. Es gebe keinen Handlungs-
bedarf.

Die Fraktion DIE LINKE. verwies auf die steigende Zahl
von in Deutschland ansässigen Unternehmen mit auslän-
dischen Rechtsformen, auf die die deutschen Mitbestim-
mungsgesetze keine Anwendung fänden. Die Anzahl solcher
Unternehmen habe sich von Januar 2006 auf Oktober 2010
mehr als verdoppelt. Für die in solchen Unternehmungen
tätigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werde die
deutsche Mitbestimmung umgangen. Dieser Entwicklung
müsse entgegengewirkt werden. Die Mitbestimmung habe
sich gerade erst wieder bei der Bewältigung der Wirtschafts-
krise bewährt, auch indem sie die Verlagerung von Arbeits-
plätzen verhindert habe. Die Beteiligung der Arbeitnehmer
durch die Gewährleistung der Mitbestimmung müsse ge-

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