BT-Drucksache 17/7481

China als wichtiger Partner im Klimaschutz

Vom 26. Oktober 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/7481
17. Wahlperiode 26. 10. 2011

Antrag
der Abgeordneten Dr. Hermann E. Ott, Viola von Cramon-Taubadel,
Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer, Undine Kurth
(Quedlinburg), Nicole Maisch, Dorothea Steiner, Cornelia Behm, Harald Ebner,
Bettina Herlitzius, Dr. Anton Hofreiter, Stephan Kühn, Ingrid Nestle, Friedrich
Ostendorff, Markus Tressel, Daniela Wagner, Dr. Valerie Wilms und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

China als wichtiger Partner im Klimaschutz

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

China hat die USA im Jahr 2007 als größter Emittent von Treibhausgasen über-
holt. Neben den langfristig hohen Wachstumsraten der vergangenen Jahrzehnte
liegen Ursachen in einer starken Ausrichtung der Energieversorgung auf Kohle
und einem großen Bedarf an der Steigerung von Energieeffizienz. Das Land
selbst ist bereits in hohem Maße von den Folgen des globalen Klimawandels be-
troffen. Die Herausforderungen durch den Klimawandel sind der Staats- und
Parteiführung bewusst. Gravierende Umweltschäden wie Wasserknappheit,
Wüstenbildung oder Gletscherschmelze sind nicht zuletzt auch auf den fort-
schreitenden Klimawandel zurückzuführen und werden sich nach den Progno-
sen der Klimawissenschaft in den nächsten Jahrzehnten deutlich verstärken. Die
Auswirkungen auf die Landwirtschaft, die Bevölkerung in ländlichen sowie
städtischen Gebieten und auf die Industrieregionen in Küstennähe werden offen-
bar ernst genommen. Im 11. Fünfjahresplan (2006 bis 2011) wurde der Begriff
„Klimawandel“ noch nicht erwähnt, lediglich die Notwendigkeit der „Energie-
effizienz“. Im 12. Fünfjahresplan (2011 bis 2015) wird der Klimawandel nun
ausdrücklich genannt und steht unter den Umweltthemen an vorderer Stelle.

China wird oft als Bremser in den internationalen Klimaverhandlungen wahr-
genommen. Tatsächlich hat China ebenso wie andere Staaten in den internatio-
nalen Klimaverhandlungen nicht immer eine konstruktive Rolle gespielt. Den-
noch ist diese Wahrnehmung nur teilweise zutreffend. China strebt nach wirt-
schaftlichem Wachstum, aber auch nach innerer Stabilität und internationaler
Anerkennung. Gravierende Umweltschäden, die als Folge der wirtschaftlichen
Entwicklung entstanden sind, bedrohen die Lebensgrundlage vieler Menschen
in China und führen zu Unzufriedenheit mit der Staats- und Parteiführung.

Schon allein aus diesem Grund nimmt die chinesische Führung Umweltthemen
ernst. Das Interesse der chinesischen Führung, als kooperativer Akteur wahrge-
nommen zu werden, bietet einerseits Chancen zur Zusammenarbeit, andererseits
reagiert die chinesische Führung sehr empfindlich auf westliche Einflussnahme.

Im eigenen Land unternimmt China tatsächlich beachtliche Anstrengungen, die
Energieeffizienz zu steigern und den Anstieg des Ausstoßes von Klimagasen zu

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bremsen, zum Beispiel mit dem weltweit größten Wiederaufforstungspro-
gramm. Die Investitionen in die Reduktion von Kohlendioxid- und Schwefel-
dioxid-Emissionen haben sich vom 11. zum 12. Fünfjahresplan verdoppelt. Des
Weiteren beinhaltet der Plan unter anderem Absichtserklärungen, den Anteil
nichtfossiler Energieträger am Primärenergiekonsum auf 11,4 Prozent zu er-
höhen, den Energieverbrauch pro BIP-Einheit (BIP: Bruttoinlandsprodukt) um
16 Prozent sowie die Kohlendioxid-Emissionen pro BIP-Einheit um 17 Prozent
zu senken. Ebenso ist geplant, strategische Industrien unter anderem in den
Geschäftsfeldern Energieeffizienz, Umweltschutz, erneuerbare Energien und
alternative Antriebstechnologien aufzubauen. Trotz dieser Bestrebungen und
klar definierter Ziele ist das Land jedoch bisher nicht bereit, internationale Ver-
pflichtungen einzugehen und internationale Überprüfungen der Ergebnisse zu-
zulassen.

Generell sind die Themen Umwelt, nachhaltige Entwicklung und eine Umstel-
lung der Energieversorgung sinnvolle Anknüpfungspunkte für den Dialog zwi-
schen Deutschland und China, für die Technische Zusammenarbeit und für Un-
ternehmenskooperationen. Seit 2009 besteht die deutsch-chinesische Klimapart-
nerschaft. Mit dem „Deutsch-Chinesischen Gemeinsamen Kommuniqué“ von
2010 wurden die Themen Energieeffizienz und Klimaschutz zu zentralen Ko-
operationsfeldern erklärt. Auf dem EU-China-Gipfel 2010 vereinbarten beide
Seiten, die praktische Kooperation und den Austausch im Rahmen der 2005 ge-
gründeten Partnership on Climate Change und des Energiedialogs zwischen der
EU und China weiter zu vertiefen. Ebenfalls 2010 definierte die Hohe Vertre-
terin für die Außen- und Sicherheitspolitik der EU in ihrem Papier „Strategic
Partners. The EU and China“ den Aufbau einer „Low Carbon Partnership“ als
zentrales Interesse der EU. Im Rahmen einer internationalen Klimapolitik der
unterschiedlichen Geschwindigkeiten (KLUG) sollte die klimapolitische Zu-
sammenarbeit mit China sowohl auf bilateraler und EU-Ebene als auch im
Rahmen der internationalen Klimaverhandlungen weiter intensiviert werden.
Ziel dabei muss sein, dass China einen seiner Größe und Wirtschaft angemesse-
nen Beitrag zur globalen Emissionsreduzierung leistet und in einem völkerrecht-
lich verbindlichen und verifizierbaren internationalen Regime mitarbeitet.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

– durch einen ambitionierten deutschen Beitrag eine Erhöhung der Klimaziele
der Europäischen Union zu erwirken, um damit klimapolitisch glaubwürdig
gegenüber China auftreten zu können;

– die Klimapolitik weiterhin als wichtigen Schwerpunkt in den deutsch-chine-
sischen Beziehungen auszubauen;

– die Arbeit der im Januar 2009 mit der chinesischen Regierung vereinbarten
deutsch-chinesischen Klimapartnerschaft systematisch zu überprüfen, zu er-
weitern und mit zusätzlichen Finanzmitteln auszustatten, um damit der
Schwerpunktsetzung tatsächlichen Ausdruck zu verleihen;

– ihre klimapolitischen Ziele und Dialogformate mit ihren Zielen in anderen
Politikfeldern und den Inhalten anderer bilateraler sowie EU-Dialogformate
enger abzustimmen;

– sich auf EU-Ebene für eine Überprüfung, Erweiterung und Ausstattung mit
zusätzlichen Finanzmitteln für die Klimaschutz-Partnerschaft der EU mit
China einzusetzen und insbesondere auf eine stärkere Koordination mit an-
deren EU- und bilateralen Formaten zu dringen;

– auf die chinesische Regierung einzuwirken, nach Provinzen aufgeschlüsselte
Emissionsstatistiken zu veröffentlichen und den Provinzregierungen Bera-

tungsleistungen zur Erarbeitung von Statistiken anzubieten;

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– konkrete enge Kooperationen zur Etablierung von Klimaschutzinitiativen in
China anzuschieben und dabei Scheinmaßnahmen zum Klimaschutz wie
Atomkraft und Kohle-CCS zu verhindern, wie sie teilweise in „Low Carbon
Development Strategies“ angelegt sind;

– auf die chinesische Regierung einzuwirken, von der Angabe der Reduktions-
ziele pro BIP-Einheit abzurücken, und gemeinsam mit China auf einen Kom-
promiss zur stärkeren Berücksichtigung von Pro-Kopf-Werten hinzuarbeiten;

– den Aufbau eines chinesischen Emissionshandelssystems nach Kräften zu
unterstützen, sich dabei für eine möglichst zeitnahe Verknüpfung mit dem eu-
ropäischen Handelssystem zu engagieren und die dafür notwendigen Voraus-
setzungen zu schaffen;

– den Dialog zwischen der europäischen und chinesischen Zivilgesellschaft im
Bereich des Umwelt- und Klimaschutzes zu intensivieren und mit notwendi-
gen Finanzmitteln auszustatten;

– den Ausbau von Städte- und Verwaltungspartnerschaften zu unterstützen und
dabei die Erweiterung bestehender Kooperationen oder Partnerschaften um
eine Klimakomponente einzufordern sowie direkte Bezüge zur EU-China-
Urbanisierungspartnerschaft herzustellen;

– den Klimaschutz konsequent auch in den Handelsbeziehungen mit China zu
thematisieren;

– im Rahmen der deutsch-chinesischen Strategischen Partnerschaft zur E-Mo-
bilität den Ausbau von Unternehmenskooperationen im Bereich Elektro-
mobilität zwischen Deutschland und China weiter zu befördern und entspre-
chende Anreize für gemeinsame Forschungsprojekte zu schaffen;

– für einen fairen Wettbewerb im Bereich der erneuerbaren Energiebranche zu
werben, vor allem im Bereich der Solarwirtschaft;

– auf die enge Verknüpfung zwischen Klimaschutz und Energiefragen hinzu-
weisen und ihre bisherigen und zukünftigen Erfahrungen mit der deutschen
Energiewende und der Umstellung auf 100 Prozent erneuerbare Energien
weiterzugeben. In diesem Zusammenhang Investitionsabkommen mit China
im Bereich der erneuerbaren Energien voranzubringen;

– auf die chinesische Regierung einzuwirken, in ihren Planungen den Unter-
schied zwischen erneuerbaren Energien und „nichtfossilen Energien“ zu ver-
deutlichen und Atomenergie gesondert auszuweisen;

– grundsätzlich die Notwendigkeit zum Abbau klima- und umweltschädlicher
Subventionen in den Konsultationen mit China stärker zu thematisieren und
China bei der Einführung einer ökologischen Steuerreform intensiver zu un-
terstützen;

– China bei der Aus- und Weiterbildung von Fachkräften, zum Beispiel im Be-
reich der Gebäudesanierung, bei der Handwerkerausbildung und der Weiter-
entwicklung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes aktiv zu unterstützen;

– mit China bei Erfassung und Messung von Emissionen sowie der Wirkung
von politischen Maßnahmen eng zu kooperieren.

Berlin, den 25. Oktober 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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