BT-Drucksache 17/7425

zu dem Antrag der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Dr. Harald Terpe, Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -17/6443- Dokumentation der Antibiotika-Vergabe in der Tierhaltung transparent gestalten -Sonderregelungen für die Geflügelindustrie streichen

Vom 21. Oktober 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/7425
17. Wahlperiode 21. 10. 2011

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
(10. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Dr. Harald Terpe, Cornelia
Behm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/6443 –

Dokumentation der Antibiotika-Vergabe in der Tierhaltung transparent gestalten –
Sonderregelungen für die Geflügelindustrie streichen

A. Problem

Durch die Verordnung über das datenbankgestützte Informationssystem über
Arzneimittel des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und
Information (DIMDI-AMV) werden pharmazeutische Unternehmer und Groß-
händler verpflichtet, ab 2012 die Abgabemengen von Tierarzneimitteln mit
antimikrobiellen oder hormonellen Wirkstoffen unter Angabe der ersten beiden
Postleitzahlen der Anschrift des Tierarztes und der Zulassungsnummer des
Medikamentes zu melden. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN be-
mängelt, dass in der DIMDI-AMV ihrer Ansicht nach eine Zusatzregelung
geschaffen wurde, durch die Arzneimittel, die ausschließlich für Geflügel zu-
gelassen sind, nicht nach den Ziffern der Postleitzahl des Tierarztes aufzu-
schlüsseln sind.

Mit dem Antrag auf Drucksache 17/6443 soll die Bundesregierung aufgefordert
werden, die DIMDI-AMV so zu ändern, dass den obersten Landesbehörden aus-
nahmslos alle Daten, aufgeschlüsselt nach den ersten beiden Ziffern der Postleit-
zahl der Anschrift des jeweiligen Tierarztes, zum Abruf bereitgestellt werden,
die nach § 1 Absatz 1 Nummer 3 DIMDI-AMV beim DIMDI gespeichert
werden. Sonderregelungen für Arzneimittel, die für bestimmte Tierarten wie
Geflügel verschrieben werden, sollen entfallen.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen

Annahme des Antrags auf Drucksache 17/6443.

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Drucksache 17/7425 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/6443 abzulehnen.

Berlin, den 21. September 2011

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Hans-Michael Goldmann
Vorsitzender und Berichterstatter

Dieter Stier
Berichterstatter

Dr. Wilhelm Priesmeier
Berichterstatter

Alexander Süßmair
Berichterstatter

Friedrich Ostendorff
Berichterstatter

empfohlen.
übergreifende Behandlung der Gesamtproblematik der Anti-
biotika-Resistenzen, um zu sachgerechten Lösungen zu ge-
IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

langen. Eine auf Postleitzahlen abstellende Regelung für den
Geflügelbereich im Bereich der DIMDI-AMV sei aus daten-
schutzrelevanten Gründen schwierig. So seien in Deutsch-
land nur wenige Tierärzte ausschließlich für die Behandlung
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/7425

Bericht der Abgeordneten Dieter Stier, Dr. Wilhelm Priesmeier, Hans-Michael
Goldmann, Alexander Süßmair und Friedrich Ostendorff

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
17/6443 in seiner 120. Sitzung am 7. Juli 2011 erstmals be-
raten und an den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft
und Verbraucherschutz zur federführenden Beratung sowie
zur Mitberatung an den Ausschuss für Gesundheit über-
wiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Durch die 2010 erfolgte Verabschiedung der Verordnung
über das datenbankgestützte Informationssystem über Arz-
neimittel des Deutschen Instituts für Medizinische Doku-
mentation und Information (DIMDI-AMV) kann die An-
wendung von Tierarzneimitteln durch ein elektronisches
Meldesystem, angesiedelt beim Deutschen Institut für
Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) er-
fasst und risikoorientiert überwacht werden. Durch die
DIMDI-AMV werden pharmazeutische Unternehmer und
Großhändler verpflichtet, ab 2012 die Abgabemengen von
Tierarzneimitteln mit antimikrobiellen oder hormonellen
Wirkstoffen unter Angabe der ersten beiden Postleitzahlen
der Anschrift des Tierarztes und der Zulassungsnummer des
Medikamentes zu melden. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bemängelt, dass in der DIMDI-AMV ihrer An-
sicht nach eine Zusatzregelung geschaffen wurde, durch die
Arzneimittel, die ausschließlich für Geflügel zugelassen
sind, nicht nach den Ziffern der Postleitzahl des Tierarztes
aufzuschlüsseln sind.

Mit dem Antrag auf Drucksache 17/6443 soll die Bundes-
regierung aufgefordert werden, die DIMDI-AMV so zu
ändern, dass den obersten Landesbehörden ausnahmslos
alle Daten, aufgeschlüsselt nach den ersten beiden Ziffern
der Postleitzahl der Anschrift des jeweiligen Tierarztes
zum Abruf bereitgestellt werden, die nach § 1 Absatz 1
Nummer 3 DIMDI-AMV beim Deutschen Institut für Medi-
zinische Dokumentation und Information gespeichert wer-
den. Sonderregelungen für Arzneimittel, die für bestimmte
Tierarten wie Geflügel verschrieben werden, sollen ent-
fallen.

III. Stellungnahme des mitberatenden
Ausschusses

Der Ausschuss für Gesundheit hat in seiner 48. Sitzung
am 21. September 2011 den Antrag auf Drucksache 17/6443
beraten und mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung

DIE GRÜNEN auf Drucksache 17/6443 in seiner 46. Sit-
zung am 21. September 2011 abschließend beraten.

Die Fraktion der CDU/CSU verwies darauf, dass Anti-
biotika-Resistenzen in der Tierhaltung ernst genommen
werden müssten. Es werde aber bezweifelt, dass der Antrag
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Lösung des
Problems beitragen könne, warum man ihn auch ablehnen
werde. Angebliche Sonderregelungen für die Geflügel-
haltung bei der Dokumentation der Antibiotika-Vergabe
könnten nicht erkannt werden. Auch für diesen Anwen-
dungsbereich von Tierarzneimitteln gebe es entsprechende
Aufzeichnungspflichten. Bei der Diskussion über die Daten-
erfassung der Antibiotika-Abgabe unter Auflistung der
Postleitzahlen müsse beachtet werden, dass es im Vergleich
zu den Städten in den ländlichen Regionen zu mehr Ab-
gaben von Antibiotika komme, da sich dort auch in der
Regel die größeren Tierhaltungsanlagen befänden. Das Pro-
blem der Antibiotika-Resistenzen in der Tierhaltung müsse
auch mit Hilfe der Tierärzte gelöst werden. Fraglich sei die
Annahme, dass verschreibungspflichtige Antibiotika für
Tiere unkontrolliert und in größeren Mengen abgegeben
werden würden.

Die Fraktion der SPD bemängelte, trotz wiederholter
intensiver Diskussionen sei bisher auf die Frage der auf-
tretenden Antibiotika-Resistenzen in der Tierhaltung nicht
ausreichend reagiert worden. Es werde mit Sorgen gesehen,
dass die Antibiotika-Resistenzen gerade in der Geflügeltier-
haltung zunähmen. Beim Antibiotikaeinsatz spielten auch
die Hygiene und das Management im jeweiligen Stall eine
wichtige Rolle. Offenbar seien zunehmend Kostengesichts-
punkte dafür ausschlaggebend, ob man die Hygiene und das
Management im Stall verbessere oder Tierarzneimittel ein-
setze. Im Zusammenhang mit der Erfassung der Abgabe
von Tierarzneimitteln müsse abgewägt werden, ob weiter-
hin das Schutzbedürfnis der Tierärzte auf Anonymität Vor-
rang gegenüber dem Schutzbedürfnis der Öffentlichkeit
haben solle. Die derzeitigen gesetzlichen Rahmenbedingun-
gen seien hinsichtlich der notwendigen Transparenz bei der
Abgabe von Tierarzneimitteln im Geflügelbereich nicht
ausreichend, so dass das Arzneimittelgesetz um entspre-
chende Rechtsgrundlagen ergänzt werden müsse. Die Frak-
tion der SPD stimme dem Antrag zu.

Die Fraktion der FDP erklärte, die im Antrag der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN enthaltene Annahme, es gebe
eine begünstigende Regelung für die Geflügelindustrie, sei
nicht zutreffend. Weiterhin sei der Antrag auch nicht richtig
gewichtet, da das Problem der Antibiotika-Resistenzen eher
den humanmedizinischen Bereich als den veterinärmedi-
zinischen Bereich betreffe. Notwendig sei eine fraktions-
Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz hat den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/

von Geflügelbeständen zugelassen. In bestimmten Regionen
könnten sie bei der Zulassung von ausschließlich für Ge-

Alexander Süßmair
Berichterstatter

Friedrich Ostendorff
Berichterstatter
Drucksache 17/7425 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

flügel zugelassene Arzneimittel bei Nennung der ersten bei-
den Postleitzahlenziffern womöglich identifiziert werden.
Dem Antrag sei aus diesem Grunde nicht zuzustimmen.

Die Fraktion DIE LINKE. wies darauf hin, die Probleme
im Umgang mit Antibiotika und die Herausbildung von
Antibiotika-Resistenzen seien sowohl in der Human- als
auch in der Veterinärmedizin sehr ernst zu nehmen. Aller-
dings reiche für den Bereich der Veterinärmedizin ein Moni-
toring, so wie es in der DIMDI-AMV vorgelegt worden sei,
nicht aus. Vielmehr seien auf den jeweils entsprechenden
Bestand bezogene Maßnahmen erforderlich, da man nur so
sehen könne, ob zum Beispiel pro Tier ein überhöhter Anti-
biotikaeinsatz zu verzeichnen sei. Es könne nicht angehen,
dass versucht werde, Hygiene- und Managementdefizite
vermehrt durch den Einsatz von Antibiotika auszugleichen.
Insoweit sei hier ein dringender Handlungsbedarf gegeben.
Eine Regelung über die Postleitzahlen werde aber generell
von der Fraktion DIE LINKE. sehr skeptisch gesehen, da es
viele Tierärzte gebe, die bundesweit tätig seien. Die Er-
fassung der Abgabemengen von Tierarzneimitteln über die
Postleizahlen sei somit nicht zielführend. Darüber hinaus
gebe es eine ganze Reihe von weiteren Problemen, die gelöst
werden müssten. Da der Antrag der Fraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN aber ein Minimum der unbedingt erfor-
derlichen Maßnahmen enthalte, werde ihm zugestimmt.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betonte, es
gebe keinen Grund für eine Sonderregelung zugunsten der
Geflügeltierhaltung in der DIMDI-AMV. Auch der Bundes-
beauftragte für den Datenschutz und die Informations-
freiheit habe sich klar dahingehend positioniert, dass das
Transparenz- bzw. Informationsinteresse hinsichtlich der
Frage, welche Mengen an Antibiotika wohin abgegeben
würden, vorrangig zu werten sei. Die Nennung von Postleit-
zahlen im Kontext mit der DIMDI-AMV halte er nicht für
datenschutzrelevant. Aus diesem Grund sei die besagte Son-
derregelung durch die Bundesregierung zu streichen. Der
Gesetzgeber habe bei seinem Handeln – vor dem Hinter-
grund, dass die Antibiotika-Vergabe zur Bildung von multi-
resistenten Keimen wie zum Beispiel dem MRSA-Bakte-
rium führen könne – das vordergründige Informationsinte-
resse der Öffentlichkeit zu berücksichtigen. Zukünftig
müsse auch der Geflügelbereich durch die DIMDI-AMV so
erfasst werden, dass alle Daten bereit gestellt werden, um
sich einen Überblick über den Arzneimitteleinsatz in diesem
Bereich der Tierhaltung verschaffen zu können.

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz empfiehlt mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Frak-
tionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
den Antrag auf Drucksache 17/6443 abzulehnen.

Berlin, den 21. September 2011

Dieter Stier
Berichterstatter

Dr. Wilhelm Priesmeier
Berichterstatter

Hans-Michael Goldmann
Berichterstatter

t mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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