BT-Drucksache 17/7407

Unterstützung von Maghreb-Staaten im Polizei- und Grenzschutzbereich

Vom 19. Oktober 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/7407
17. Wahlperiode 19. 10. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Sevim Dag˘delen, Annette Groth, Andrej Hunko,
Niema Movassat, Petra Pau, Frank Tempel und der Fraktion DIE LINKE.

Unterstützung von Maghreb-Staaten im Polizei- und Grenzschutzbereich

Die Bundesregierung hat mehrfach erklärt, dass sie sich am Wiederaufbau in
Libyen beteiligen will und hat nach Medienberichten bereits mindestens
100 Mio. Euro bereitgestellt sowie zugesagt, eingefrorene Gelder freizugeben.
Die anvisierte Unterstützung für Libyen wie auch andere Maghreb-Staaten er-
streckt sich ausdrücklich auch auf den (Wieder-)Aufbau von Polizeien und
Grenzschutzeinheiten.

Mit den Machthabern jener Länder, die von demokratischen Bewegungen
gestürzt bzw. wie im Fall Libyen von der NATO bekriegt worden sind, hat die
Bundesregierung eine intensive Zusammenarbeit im Bereich der Polizei und
Grenzsicherung gepflegt, die oftmals, aber von der Bundesregierung unbean-
standet, zu Lasten der Rechte von Flüchtlingen ging.

Zur Diskussion steht unter anderem die Entsendung deutscher Polizisten. So-
wohl die Deutsche Polizeigewerkschaft im DBB als auch die Gewerkschaft der
Polizei haben erklärt, dass sie der Entsendung deutscher Polizisten nach Libyen
aufgeschlossen gegenüberstehen. Allerdings müsse hierfür das Budget erhöht
werden.

„DER SPIEGEL“ hatte Ende August berichtet, dass sich bereits Angehörige der
GSG 9 der Bundespolizei in Libyen aufhielten.

Auch in der Europäischen Kommission war die Zusammenarbeit mit den
Maghreb-Staaten im repressiven Bereich schon mehrfach Diskussionsgegen-
stand.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Erwartungen an Unterstützung durch die Europäische Union und die
Bundesrepublik Deutschland hegt der Nationale Übergangsrat (NÜR) in
Libyen hinsichtlich der Stabilisierung seiner Herrschaft im Bereich der Poli-
zei und des Grenzschutzes?

2. Wie haben die Bundesregierung und die Europäische Kommission bislang
auf diese Erwartungen reagiert?
a) Inwiefern sind bereits Zusagen über finanzielle, materielle, logistische
oder personelle Unterstützung getroffen worden, und inwiefern wurden
diese bereits umgesetzt?

b) Welche Kosten werden für diese Unterstützungen jeweils eingeplant, und
aus welchen Budgets werden diese jeweils getragen?

Drucksache 17/7407 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

3. Bis wann rechnet die Bundesregierung mit weiteren Entscheidungen über
welche anstehenden Unterstützungswünsche des NÜR?

4. Welche Überlegungen gibt es von Seiten der Bundesregierung, der EU sowie
der Mitgliedstaaten (bitte vollständig angeben), die libysche Polizei sowie
die Grenzsicherung zu unterstützen?

a) Um welche Formen der Unterstützung geht es dabei?

b) Von welchen Bedingungen wird dies abhängig gemacht?

c) Welche finanziellen Belastungen sind damit verbunden, und auf welchen
Budgets sollen diese getragen werden?

d) Welche dieser Überlegungen sind bereits mit dem NÜR kommuniziert,
und wie hat dieser darauf reagiert?

5. Welche Überlegungen gibt es von Seiten der Bundesregierung, der EU sowie
der Mitgliedstaaten (bitte vollständig angeben), Polizisten nach Libyen zu
entsenden?

a) Von welchen Bedingungen wird dies abhängig gemacht?

b) Die Entsendung wie vieler Polizisten wird erwogen?

c) Ist diesbezüglich schon der NÜR kontaktiert worden, und wenn ja, wie hat
dieser reagiert?

d) Welche finanziellen Belastungen werden hierbei einkalkuliert, und aus
welchem Budget sollen diese getragen werden?

6. Wie viele Angehörige der Bundespolizei halten sich derzeit in Libyen auf?

a) Seit wann sind diese in Libyen?

b) An welchen Orten halten sie sich auf?

c) Was ist ihr Auftrag?

d) Inwiefern ist ihr Einsatz in Libyen noch mit dem alten Machthaber
Muammar al-Gaddafi oder dem NÜR abgesprochen worden?

7. Welcher Bedarf an finanzieller, logistischer, materieller, personeller oder an-
derweitiger Unterstützung im Bereich der Polizei sowie des Grenzschutzes
ist mittlerweile von den neuen Regierungen Tunesiens sowie Ägyptens ge-
genüber der Bundesregierung bzw. der EU formuliert worden (bitte vollstän-
dig angeben)?

a) Wie haben die Bundesregierung und die Europäische Kommission bislang
darauf reagiert?

b) Welche Beschlüsse sind diesbezüglich bereits getroffen worden, und in-
wiefern wurden diese bereits umgesetzt?

c) Welche finanziellen Belastungen sind damit verbunden, und aus welchen
Budgets werden diese getragen?

d) Inwiefern beabsichtigt die Bundesregierung, deutsche Polizisten zu Aus-
bildungszwecken nach Ägypten oder Tunesien zu entsenden?

e) In welchen Bereichen des Polizei- und Grenzschutzsektors ist der Bedarf
an Unterstützung nach Einschätzung der Bundesregierung in Ägypten und
Tunesien besonders hoch?

8. Von welchen Bedingungen werden allfällige Unterstützungsformen abhängig
gemacht, und welcher Stellenwert kommt hierbei der Beachtung von Grund-
rechten zu?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/7407

9. In welchen Bereichen sind aus Sicht der Bundesregierung bei der Unterstüt-
zung der Maghreb-Staaten im Sicherheitsbereich besondere Prioritäten zu
setzen, und wie begründet sie dies?

10. Wie will die Bundesregierung mit den eingefrorenen Geldern aus dem
Gaddafi-Vermögen umgehen?

a) Inwiefern sind bereits Gelder freigegeben worden, in welcher Höhe, an
wen, für welche Zwecke und an welche Bedingungen geknüpft?

b) Welche Bedingungen werden an die Freigabe weiterer Gelder geknüpft?

c) Welche Zusagen wurden dem NÜR hinsichtlich dieser Gelder gegeben?

d) Wie verfahren in dieser Hinsicht nach Kenntnis die anderen Staaten, die
über eingefrorene Gelder verfügen?

e) Inwiefern erfolgt die Freigabe von Geldern an den Grenzschutz unter
den Bedingungen, dass die Verletzung von Flüchtlingsrechten und die
Inhaftierung von Flüchtlingen eingestellt werden, und welche Vorsorge
wurde getroffen, um dies sicherzustellen?

Berlin, den 19. Oktober 2011

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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