BT-Drucksache 17/7401

zu dem Antrag der Abgeordneten Katja Kipping, Diana Golze, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. -17/7029- Existenzsicherung von Stiefkindern im Leistungsbezug des SGB II und des SGB XII garantieren

Vom 20. Oktober 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/7401
17. Wahlperiode 20. 10. 2011

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Katja Kipping, Diana Golze, Matthias W. Birkwald,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 17/7029 –

Existenzsicherung von Stiefkindern im Leistungsbezug des SGB II und
des SGB XII garantieren

A. Problem

Mit ihrem Antrag will die Fraktion DIE LINKE. einen Rechtsanspruch auf
Gewährleistung des Existenzminimums für Kinder im Leistungsbezug des
Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB II und SGB XII) schaf-
fen, die in sogenannten Patchwork-Familien leben. Nach dem SGB-II-Fortent-
wicklungsgesetz von 2006 werden diese Kinder der (neuen) Bedarfsgemein-
schaft zugerechnet. In der Folge wird Einkommen und Vermögen des neuen
Partners grundsätzlich angerechnet, unabhängig von einer tatsächlichen Unter-
stützung des Kindes. Die Antragsteller fordern, dass künftig Einkommen und
Vermögen der neuen Partnerin oder des neuen Partners des Elternteils bei der
Bedarfsermittlung des Kindes nicht mehr berücksichtigt werden.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU,
SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Kosten
Kostenrechnungen wurden nicht angestellt.

Drucksache 17/7401 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/7029 abzulehnen.

Berlin, den 19. Oktober 2011

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales

Katja Kipping
Vorsitzende

Angelika Krüger-Leißner
Berichterstatterin

Berlin, den 19. Oktober 2011
Angelika Krüger-Leißner
Der Antrag auf Drucksache 17/7029 ist in der 130. Sitzung
des Deutschen Bundestages am 29. September 2011 an den
Ausschuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Bera-
tung und an den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend zur Mitberatung überwiesen worden.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Mit dem SGB-II-Fortentwicklungsgesetz werden nach Dar-
legung der Antragsteller auch Kinder in Patchwork-Familien
in die Rechtskonstruktion Bedarfsgemeinschaft einbezogen.
Einkommen und Vermögen der Partner würden grundsätz-
lich auf den Bedarf des Kindes angerechnet. Praktisch be-
deute dies: Wenn ein Mensch mit einer SGB-II-leistungsbe-
rechtigten Person mit Kindern zusammenziehe, werde seine
oder ihre Bereitschaft zur Finanzierung des nicht leiblichen
Kindes von Gesetzes wegen unterstellt. Das Kind gelte – bei
entsprechendem Einkommen – als nicht bedürftig und damit
nicht als leistungsberechtigt. Tatsächliche Verhältnisse spiel-
ten dabei keine Rolle. Eine Garantie des Existenzminimums
des Kindes oder der Kinder sei mit dieser gesetzlichen Lage
nicht möglich. Die Norm verstoße daher gegen das Grund-
recht auf die Sicherstellung des menschenwürdigen Exis-
tenzminimums.

III. Stellungnahme des mitberatenden
Ausschusses

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
hat den Antrag auf Drucksache 17/7029 in seiner Sitzung am
19. Oktober 2011 beraten und mit den Stimmen der Fraktio-
nen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der
Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
dem Deutschen Bundestag die Ablehnung der Vorlage emp-
fohlen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den Antrag auf
Drucksache 17/7029 in seiner 77. Sitzung am 19. Oktober
2011 abschließend beraten und dem Deutschen Bundestag
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN die Ablehnung der Vorlage
empfohlen.

Die Fraktion der CDU/CSU kritisierte, dass der Antrag
eheliche Familien schlechter stelle als nichteheliche. Das

Lebensrealität vorbei. Wenn Menschen zu einer neuen Ge-
meinschaft zusammenfänden, gehörten deren Kinder auf
jeden Fall dazu. Der neue Partner sei dann auch für ihren
finanziellen Unterhalt mitverantwortlich. Darüber hinaus
solle man die anstehende Entscheidung des Bundesverfas-
sungsgerichts in einem solchen Fall zur Berücksichtigung
bei eventuell nötigen Änderungen am Gesetz abwarten.

Die Fraktion der SPD sah in der Sache ebenfalls Hand-
lungsbedarf. Defizite seien erkennbar, weil einklagbare Un-
terhaltsansprüche für die betroffenen Kinder in Patchwork-
Familien fehlten. Allerdings sei der Zeitpunkt für eine Geset-
zesinitiative jetzt ungeeignet, da man das Urteil des Bundes-
verfassungsgerichts in dieser Sache wegen möglicher Hin-
weise für die Neuregelung abwarten müsse.

Die Fraktion der FDP verwies darauf, dass man das Urteil
des Bundesverfassungsgerichts vor einer eigenen Entschei-
dung über Änderungen abwarten wolle. Zivilrechtlich wür-
den einklagbare Unterhaltsverpflichtungen des Kindes be-
stehen; im Bereich des Sozialrechts könne man davon
ausgehen, dass Personen, die in einem gemeinsamen Haus-
halt lebten, füreinander Verantwortung übernähmen. Der
Antrag stelle hier die Ehe schlechter als die nichteheliche
Gemeinschaft.

Die Fraktion DIE LINKE. kritisierte die Konstruktion der
Bedarfsgemeinschaft im SGB II. Der Antrag richte sich ge-
gen einen ihrer besonders problematischen Aspekte. Nach
dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts dürften Hilfebe-
dürftige vom Staat nicht auf freiwillige Leistungen Dritter
verwiesen werden. Das geschehe aber mit der Stiefkinder-
regelung im SGB II. Sie hätten gegenüber einem neuen Part-
ner in der Gemeinschaft zivilrechtlich keinen einklagbaren
Unterhaltsanspruch. Eine faktische Unterhaltsleistung unter-
stelle die kritisierte Regelung im SGB II aber. Einkommen
und Vermögen würden grundsätzlich angerechnet. Rechtlich
gebe es in dieser Frage also einen Widerspruch zwischen
Zivilrecht und Sozialrecht, den der Gesetzgeber beseitigen
müsse. Darüber hinaus erschwere die Regelung mögliche
Neugründungen von Familien gerade für Alleinerziehende
im SGB-II-Leistungsbezug.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mahnte gesetz-
geberisches Handeln an dieser Stelle an. Schon wegen der
Differenzen zwischen Zivil- und Sozialrecht seien Änderun-
gen dringend geboten. Paare in unterschiedlichen Lebens-
situationen würden nach dieser Regelung ungleich behan-
delt. Eine Wirtschafts- und Einstandsgemeinschaft vom
ersten Tag an werde nur bei den Kindern im Leistungsbezug
vorausgesetzt. Das sei lebensfremd.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/7401

Bericht der Abgeordneten Angelika Krüger-Leißner

I. Überweisung lehne man ab. Der Grundgedanke gehe zudem an der
Berichterstatterin

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