BT-Drucksache 17/7340

Für einen Hochschulpakt Plus - Zusätzliche Studienplätze schaffen und Masterangebot ausbauen

Vom 18. Oktober 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/7340
17. Wahlperiode 18. 10. 2011

Antrag
der Abgeordneten Swen Schulz (Spandau), Dr. Ernst Dieter Rossmann,
Dr. Hans-Peter Bartels, Willi Brase, Ulla Burchardt, Petra Ernstberger, Michael
Gerdes, Iris Gleicke, Klaus Hagemann, Christel Humme, Oliver Kaczmarek,
Thomas Oppermann, Florian Pronold, René Röspel, Marianne Schieder
(Schwandorf), Andrea Wicklein, Dagmar Ziegler, Dr. Frank-Walter Steinmeier
und der Fraktion der SPD

Für einen Hochschulpakt Plus – Zusätzliche Studienplätze schaffen und
Masterangebot ausbauen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Möglichkeiten von Bund und Ländern zur Kooperation in der Hochschul-
politik werden intensiv genutzt, unter anderem für die Finanzierung zusätz-
licher Studienkapazitäten an den Hochschulen mit dem Hochschulpakt. Die
Erfahrungen mit dem Hochschulpakt sind gut, doch es besteht großer Bedarf
am Ausbau des Hochschulpaktes.

Die Studienanfängerzahlen sind seit 2005 deutlicher gestiegen, als die Voraus-
berechnung der Kultusministerkonferenz (KMK) dies vorhergesehen hat. Das
Ziel des Hochschulpaktes I, im Vergleich zu 2005 bis 2010 91 370 zusätzliche
Studienanfänger aufzunehmen, wurde deutlich überschritten. Bis 2010 schrie-
ben sich 183 449 zusätzliche Studienanfänger an den Hochschulen ein. Mit dem
Hochschulpakt II für den Zeitraum 2011 bis 2015 strebten Bund und Länder ein
bedarfsgerechtes Studienangebot bis 2015 für erwartete zusätzliche 275 420
Studienanfänger an. Die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) hat als
Reaktion auf die Aussetzung der Wehrpflicht und die Überinanspruchnahme
des Hochschulpaktes I eine nachträgliche Finanzierung von weiteren Studien-
anfängern beschlossen. Doch die steigende Studierneigung ist dabei noch nicht
ausreichend berücksichtigt. Der erfreuliche Anstieg der Studienanfängerzahlen
wird aller Voraussicht nach auch in den kommenden Jahren weiter anhalten.
Hinzu kommen die steigende Bildungsbeteiligung sowie die Öffnung der Hoch-
schulen für beruflich Qualifizierte sowie Menschen aus benachteiligten oder
bildungsfernen Zusammenhängen. Und dies vor dem Hintergrund eines bereits
heute bei Weitem nicht ausreichenden Angebotes an Studienplätzen, wie die
verbreiteten Zulassungsbeschränkungen deutlich zeigen. Den Bundesbildungs-
bericht in seiner oberen Variante zugrunde gelegt besteht mit Einberechnung der

Wirkung der Wehrpflichtaussetzung und des bisherigen Hochschulpaktes schon
bis 2015 ein Bedarf für bis zu 700 000 zusätzliche Studienanfänger – 200 000
mehr als auf der Basis der aktuellen Beschlusslage ausfinanziert. Und ab 2016
erhöht sich der Bedarf weiter: Laut Vorausberechnung des Bildungsberichtes
2010 könnten bis 2020 mehr als 300 000 weitere zusätzliche Studienanfänger-
plätze nötig sein. Bund und Länder haben somit zwar jüngst in einem dringend
notwendigen Schritt den Deckel für den Hochschulpakt angehoben und damit

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die Finanzierung für weitere Studienanfängerplätze ermöglicht. Doch ist damit
der Hochschulpakt noch nicht auf die Herausforderungen der Zukunft aus-
gerichtet.

Zusätzlich droht darüber hinaus ein zunehmender Mangel bei den bereitgestell-
ten Masterstudienplätzen. Durch den Hochschulpakt wurden neue Studienplätze
in Bachelorstudiengängen geschaffen, die Zahl der Masterstudienplätze blieb
häufig nahezu konstant. Auch die von der Bundesregierung in Auftrag gegebene
Studie über Bachelorabsolventen zeigt, dass entgegen den Feststellungen der
KMK schon heute mindestens in einigen Bereichen Probleme beim Übertritt ins
Masterstudium bestehen.

Ein struktureller Mangel des Hochschulpaktes besteht darin, dass Studien-
anfänger, aber nicht Studierende – und schon gar nicht erfolgreiches Studium
unterstützt werden. Die Studienabbruchquote hält sich im überwiegenden Teil
der Fachrichtungen an deutschen Hochschulen weiterhin auf einem nicht
akzeptablen Stand. Auch Bachelor und Master haben diesen Trend nicht in
allen Disziplinen wenden können, sondern tendenziell eher verstärkt.

Darüber hinaus besteht, da die Finanzierung von Studienplätzen im Hochschul-
pakt nicht nach Studiengängen mit ihren unterschiedlichen Kostenstrukturen
differenziert wird, ein Anreiz zur Schaffung „billiger“ Studienplätze. Gegen die
Aufwertung von Fachhochschulen und etwa den Ausbau von Geistes-, Sozial-
und Kulturwissenschaften ist nichts einzuwenden. Es muss jedoch Sorge ge-
tragen werden dafür, dass an den Hochschulen die teureren „Labor-Wissen-
schaften“ nicht vernachlässigt werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

unverzüglich mit den Ländern Verhandlungen aufzunehmen mit dem Ziel, eine
Weiterentwicklung des Hochschulpaktes 2020 zu einem „Hochschulpakt-Plus“
zu erzielen, der folgende Punkte enthält:

1. Ein Studium ist kein Privileg für Wenige, sondern ein Bildungsrecht. Die
Hochschulen müssen allen offenstehen, die eine Zugangsberechtigung haben.

2. Der Zugang zum Masterstudium darf nicht ideologisch allein auf Bachelor-
absolventen verengt werden, die eine wissenschaftliche Karriere anstreben.
Ein solcher „Elite-Master“ ist abzulehnen. Denn ein Master befähigt nicht
allein zur akademischen Karriere, sondern vermittelt auch weitergehende
Kenntnisse und Methoden, die in vielen Berufsfeldern außerhalb der
Wissenschaft und Hochschule relevant sind und nachgefragt werden. Allen
Bachelorabsolventen soll daher der Weg zum Master offenstehen.

3. Hinsichtlich der Studienkapazitäten ist sicherzustellen, dass aufgrund der
erhöhten Nachfrage der Ausgabendeckel für die Bundesmittel im Hoch-
schulpakt II angehoben und Mehrmittel für mindestens 50 000 zusätzliche
Studienplätze bereitgestellt werden.

4. Der Hochschulpakt soll frühzeitig um eine dritte Programmphase 2016 bis
2020 verlängert werden. Beides dient der Planungssicherheit bei Ländern,
Hochschulen und wissenschaftlich Beschäftigten mit dem Ziel, bedarfs-
gerechte Kapazitäten sicherzustellen.

5. Für „Labor-Wissenschaften“, vordringlich für die Medizin, ist ein ergänzen-
der Zuschlag zu prüfen.

6. Als Anreiz für gute Lehre soll ein Abschlussbonus eingeführt werden, der
den Hochschulen für jeden erfolgreichen Studienabschluss in einem Bache-
lor-, Diplom-, Magister- oder Masterstudiengang bzw. erstes Staatsexamen
zusätzliche Mittel gewährt. In Verhandlungen mit den Ländern ist zu prüfen,

ob dafür ab 2013 zielgerichtet Mittel eingesetzt werden können, die jeweils
zur Hälfte von Bund und Ländern zu tragen sind.

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7. Der Ausbau von Masterstudienplätzen soll durch ein bis 2020 befristetes
Sonderprogramm unterstützt werden.

8. Die Studienplatzbedarfsberechnung muss verbessert werden unter Einbezie-
hung bundesweit erhobener Daten des Studienplatzangebotes, der Absolven-
tenzahlen als auch Vergleichszahlen zu möglichen Rückkehrern nach einer
Phase der Berufserfahrung. Vorausberechnungen des Studienplatzbedarfs
sollten jährlich statt wie bisher zweijährlich stattfinden oder kurzfristigeren
Nachberechnungen unterliegen.

9. Dem Deutschen Bundestag ist noch im Jahr 2011 ein Bericht über den Ver-
lauf der Gespräche vorzulegen.

Berlin, den 18. Oktober 2011

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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