BT-Drucksache 17/7244

Konsultation des Szenariorahmens zur Erstellung von Netzentwicklungsplänen - Grundlage für Akzeptanz beim Netzausbau?

Vom 29. September 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/7244
17. Wahlperiode 29. 09. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ingrid Nestle, Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl,
Oliver Krischer, Undine Kurth (Quedlinburg), Nicole Maisch, Dr. Hermann E. Ott,
Dorothea Steiner und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Konsultation des Szenariorahmens zur Erstellung von Netzentwicklungsplänen –
Grundlage für Akzeptanz beim Netzausbau?

Für die Energie- und Klimapolitik spielt der Aus- und Umbau der Stromnetze
eine entscheidende Rolle, damit die angestrebte Umstellung des Stromsektors
auf erneuerbare Energien nicht durch Engpässe im Stromnetz gebremst wird.

Bisher war die Netzausbauplanung für die Öffentlichkeit nicht nachvollziehbar.
Der neue § 12a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) macht nun erstmals
Vorgaben, wie die Erstellung des Netzentwicklungsplans durch die Netzbetrei-
ber erfolgen soll. Danach müssen die Netzbetreiber den Netzausbaubedarf an-
hand von drei Szenarien ermitteln, die eine „wahrscheinliche Entwicklung …
im Rahmen der mittel- und langfristigen energiepolitischen Ziele der Bundesre-
gierung“ darstellen. Die Bundesnetzagentur (BNetzA) muss den von den Netz-
betreibern vorgeschlagenen Szenariorahmen unter Berücksichtigung der Ergeb-
nisse einer Öffentlichkeitsbeteiligung genehmigen.

Sowohl der Inhalt des zu genehmigenden Szenariorahmens, als auch die Art
und Weise, wie die Ergebnisse der öffentlichen Konsultation in den Prozess
eingebracht werden, wird für die Akzeptanz des Netzentwicklungsplans und
der späteren Umsetzung vor Ort entscheidend sein.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie beurteilt die Bundesregierung die von den Übertragungsnetzbetreibern
(ÜNB) vorgeschlagenen Szenarien im Hinblick auf die gesetzliche Vorgabe
(§ 12a Absatz 1 EnWG), wonach alle Szenarien die Bandbreite wahrschein-
licher Entwicklungen im Rahmen der mittel- und langfristigen energiepoliti-
schen Ziele der Bundesregierung abdecken müssen?

2. Steht es den Netzbetreibern nach Ansicht der Bundesregierung trotz der o. g.
gesetzlichen Regelung zu, die energiepolitischen Ziele – zum Beispiel zur
Senkung des Stromverbrauchs – bei der Erstellung der Szenarien für die
Netzentwicklungsplanung für die nächsten zehn bis 20 Jahre zu ignorieren?

3. Steht es nach Ansicht der Bundesregierung der BNetzA zu, nach eigenem
Ermessen Abweichungen von den energiepolitischen Zielen der Bundes-
regierung bei der Grundlage der Netzentwicklungsplanung für die nächsten
zehn bis 20 Jahre zuzulassen?

4. Oder weicht die Bundesregierung von ihren eigenen energiepolitischen Zie-
len – zum Beispiel zur Senkung des Stromverbrauchs – ab?

Drucksache 17/7244 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

5. Wie bewertet die Bundesregierung die Aussage der Netzbetreiber im Kon-
sultationsdokument, dass „die stärkere Dezentralisierung keinen signi-
fikanten Einfluss auf die Trends beim zusätzlichen Transportbedarf in den
Höchstspannungsnetzen in der kommenden Dekade hat“ – wäre es nicht
gerade Aufgabe des Netzentwicklungsplans, diese Auswirkungen zu unter-
suchen?

6. Wie bewertet die Bundesregierung die Aussage der Netzbetreiber im Kon-
sultationsdokument, dass über die derzeit in Planung befindlichen Pump-
speicherkraftwerke hinaus keine weiteren Speichermöglichkeiten in
Deutschland angenommen werden – ist dies auch das energiepolitische
Ziel der Bundesregierung vor allem im Hinblick auf ein Szenario bis 2032?

7. Wie bewertet die Bundesregierung die Aussage der Netzbetreiber im Kon-
sultationsdokument, dass die ÜNB bis 2032 von einem erhöhten Energie-
bedarf ausgehen – vor dem Hintergrund des Ziels der Bundesregierung,
den Stromverbrauch schon bis 2020 um 10 Prozent zu mindern?

8. Ist es nach Ansicht der Bundesregierung erstrebenswert, ein Übertragungs-
netz zu planen, das davon ausgeht, dass wesentliche energiepolitische Ziele
der Bundesregierung nicht erreicht werden?

9. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass die Äußerungen der Öffentlich-
keit ausreichend Berücksichtigung finden, sodass der Szenariorahmen für
den Netzentwicklungsplan als Basis für eine weithin akzeptierte Netzaus-
bauplanung dienen kann?

10. Wird die Bundesnetzagentur die Gründe für Entscheidungen bezüglich der
einzelnen Konsultationseingaben dokumentieren und für die Öffentlichkeit
verständlich aufbereiten und veröffentlichen?

11. Ist die Bundesregierung der Meinung, dass in dem nur gut sechs Seiten
langen Dokument der Netzbetreiber zum Szenariorahmen alle für diese
Thematik und für die Beteiligung der Öffentlichkeit relevanten Informatio-
nen enthalten sind?

Wenn nein, ist sie bereits oder wird sie mit den Netzbetreibern in Verbin-
dung treten, um Ergänzungen zu erwirken?

12. Liegen der Bundesregierung oder der BNetzA weitere Informationen von
Seiten der Netzbetreiber vor, die über den veröffentlichten Entwurf des
Szenariorahmens hinausgehen, und wird sie diese ggf. veröffentlichen?

13. Wie erklärt sich die Bundesregierung die Tatsache, dass das von den Gas-
netzbetreibern vorgelegte Dokument für die entsprechende Konsultation
für den Netzentwicklungsplan Gas mehr als zehnmal so umfangreich ist,
wie das der Stromübertragungsnetzbetreiber?

14. Wie beurteilt die Bundesregierung die Eignung und Qualität der vorge-
schlagenen Entwicklungspfade – in einem Fall das Szenario IIA der Ener-
gieszenarien für ein Energiekonzept der Bundesregierung von September
2010 mit der längst veralteten Annahme einer zwölfjährigen AKW-Lauf-
zeitverlängerung und in einem anderen Fall eine bloße, unverbindliche
Befragung der Bundesländer zusammengefasst in einer Powerpoint-Prä-
sentation der dena?

15. Wie beurteilt die Bundesregierung die Konsistenz der Szenarien, die dem
von den Netzbetreibern vorgelegten Szenariorahmen zugrunde liegen?

16. Ist der Bundesregierung oder der BNetzA bekannt, von welcher räum-
lichen Entwicklung beim Ausbau der erneuerbaren Energien in den Szena-
rien ausgegangen wird?

Falls ja, was wird unterstellt?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/7244

17. Ist der Bundesregierung oder der BNetzA bekannt, wie der angenommene
fossile Kraftwerkspark in den drei Szenarien genau aussieht, insbesondere,
wann gehen wo welche neuen Kraftwerke ans Netz sowie wann und wo ge-
hen welche Kraftwerke vom Netz?

Falls ja, was wird unterstellt?

18. Ist der Bundesregierung oder der BNetzA bekannt, mit welcher Auslastung
des fossilen Kraftwerksparks vor dem Hintergrund des Einspeisevorrangs
erneuerbarer Energien gerechnet wird?

Falls ja, was wird unterstellt?

19. Ist der Bundesregierung oder der BNetzA bekannt, welche „derzeit in Pla-
nung befindlichen“ Pumpspeicherkraftwerke genau mit welcher Leistung
an welchen Standorten als realisiert angenommen werden?

Falls ja, was wird unterstellt?

20. Greift die BNetzA im Rahmen der Genehmigung des Szenariorahmens auf
externe Ressourcen zurück (z. B. über Gutachten oder externe Berater)?

Falls ja, welche sind dies?

21. Werden die Änderungen, die die BNetzA am Szenariorahmen der Netz-
betreiber vornimmt, vor der Genehmigung nochmals zur Diskussion ge-
stellt?

22. Wird die BNetzA den Netzbetreibern über die in § 12a EnWG hinaus-
gehenden Vorgaben zum Szenariorahmen machen, wie in vielen Stellung-
nahmen der Stakeholder gefordert?

23. Wird die BNetzA die Annahmen zur Erzeugungskapazität präzisieren, in-
dem sie eine regionale Disaggregation von Erzeugung und Nachfrage vor-
nimmt?

Falls nein, ist die Bundesregierung nicht der Auffassung, dass dies für die
Ermittlung des konkreten Übertragungsbedarfs notwendig ist?

24. Wird die BNetzA den Netzbetreibern bei der Erstellung des Netzentwick-
lungsplans zusätzlich zu den drei Szenarien Sensitivitätsanalysen vor-
schreiben (z. B. zur Auswirkung von verschiedenen Ausbauszenarien er-
neuerbarer Energien, von Lastmanagement oder Speichereinsatz auf den
Netzausbaubedarf)?

Berlin, den 29. September 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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