BT-Drucksache 17/6867

Stand der Maßnahmen zur Reduzierung des Schienenverkehrslärms

Vom 26. August 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/6867
17. Wahlperiode 26. 08. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms, Dr. Anton Hofreiter, Cornelia Behm,
Harald Ebner, Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, Oliver Krischer, Stephan Kühn,
Undine Kurth (Quedlinburg), Nicole Maisch, Friedrich Ostendorff, Markus Tressel,
Daniela Wagner und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Stand der Maßnahmen zur Reduzierung des Schienenverkehrslärms

Der Bundesrat hat am 24. Oktober 2010 beschlossen: „Die Lärmemissionen des
Schienengüterverkehrs werden insbesondere an den Hauptabfuhrstrecken von
der betroffenen Bevölkerung als zunehmend belastend empfunden. Der vom
Schienengüterverkehr verursachte Lärm ist geeignet, die Akzeptanz dieses
grundsätzlich umweltfreundlichen Verkehrsträgers nachhaltig zu gefährden.
Verbesserungen beim Lärmschutz in diesem Bereich sind daher dringlich. Dabei
sind Maßnahmen vorrangig, mit denen der Lärm an der Quelle bekämpft wird“
(Bundesratsdrucksache 553/10).

Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP wird die Absicht erklärt,
zur Lärmminderung beim Schienenverkehr den sogenannten Schienenbonus ab-
zuschaffen, mit dem 5 dB (A) vom gemessenen Schallpegel abgezogen werden.
Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP haben – da ihnen die Arbeiten
an diesem Thema im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwick-
lung offensichtlich nicht zügig genug vorankommen – die Bundesregierung in
ihrem vom Deutschen Bundestag beschlossenen Antrag auf Bundestagsdruck-
sache 17/4861 nochmals aufgefordert, „den Schienenbonus schrittweise abzu-
schaffen und dem Deutschen Bundestag hierzu einen Gesetzentwurf so rechtzei-
tig vorzulegen, dass die Vorhabenträger ab 2012 ihre Planungen für den neuen
Bundesverkehrswegeplan ohne Schienenbonus planen können.“

Am 5. Juli 2011 unterzeichneten der Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadt-
entwicklung, Dr. Peter Ramsauer, und der Vorstandsvorsitzende der Deutschen
Bahn AG, Dr. Rüdiger Grube, ein Eckpunktepapier, das die Einführung eines
lärmabhängigen Trassenpreissystems ab 2012 vorsieht, welches höhere Entgelte
für nicht komplett lärmsanierte Züge vorsieht. Die Mittel sollen in einen Fonds
fließen, den DB (Deutsche Bundesbahn) Netz AG verwaltet, und der in gleicher
Höhe durch Bundeshaushaltsmittel ergänzt werden soll. Aus diesem Fonds soll
die Lärmsanierung finanziert werden.
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie weit ist das Verfahren zur notwendigen Änderung der Anlage 2 der Ver-
kehrslärmschutz-Verordnung (16. BImSchV) zur Beseitigung des Schienen-
bonus gemäß der Forderung des Bundesrats vom 18. April 2011 fortgeschrit-
ten, bis wann soll es abgeschlossen werden, oder welche alternativen
gesetzlichen Verfahren zur Abschaffung des Schienenbonus sind in die Wege
geleitet worden?

Drucksache 17/6867 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

2. Wird, wie von den Koalitionsfraktionen im Antrag auf Bundestagsdruck-
sache 17/4861 gefordert, noch im Jahr 2011 ein Gesetzentwurf vorgelegt,
damit „die Vorhabenträger ab 2012 […] ohne Schienenbonus planen kön-
nen?“

3. Welche Bestandstrecken in welchen Abschnitten von den insgesamt 1 200
Kilometern (siehe Antwort zu Frage 10 auf Bundestagsdrucksache 17/
2308), wären bei einer Abschaffung des Schienenbonus konkret zu sanieren
(bitte tabellarische Aufstellung)?

4. Für welche Streckenabschnitte bei Neu- und Ausbaustrecken des Bedarfs-
plans müssten bei einer Abschaffung des Schienenbonus zusätzliche Lärm-
schutzmaßnahmen geplant werden, und welche Kostensteigerungen sind
damit verbunden (bitte tabellarische Aufstellung)?

5. Gilt das durch die Bundesregierung und Deutsche Bahn AG wiederholt
erklärte Ziel, die Belastungen aus Schienenverkehrslärm für Anwohner bis
2020 zu halbieren, mit oder ohne den Schienenbonus, und inwiefern ist bei
dieser Zielvorgabe auch eine Verkehrszunahme im Schienenverkehr einbe-
zogen worden?

6. Plant die Bundesregierung den Eisenbahnverkehrsunternehmen ordnungs-
rechtlich Lärmminderungsmaßnahmen aufzuerlegen?

Wenn ja, bis wann?

Wenn nein, warum nicht?

7. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um den Lärmschutz an
Altstrecken rechtlich und administrativ zu regeln, und bis wann sind diese
Maßnahmen geplant?

8. Wird sich die Bundesregierung international bei der EU zur Beschaffung
von Neufahrzeugen im Schienenverkehr für Lärmminderungsvorgaben ge-
mäß neuestem Stand der Technik einsetzen und national der zuständigen
Aufsichtsbehörde (Eisenbahn-Bundesamt – EBA) vorgeben, damit das
Machbare auch bei der notwendigen Modernisierung des Fahrzeugparks er-
folgt?

9. Ist der Bundesregierung bekannt, wie viele Menschen aufgrund von Bahn-
lärm unter gesundheitlichen Einschränkungen leiden (bitte einzeln auffüh-
ren für Schlafstörungen, Depressionen oder psychiatrische Behandlungen,
Bluthochdruck oder andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Herzinfarkte
und weitere Erkrankungen), bzw. wird die Bundesregierung diese Daten so
bald wie möglich durch geeignete Untersuchungen ermitteln lassen, falls
diese nicht zur Verfügung stehen?

10. Ist der Bundesregierung – gegebenenfalls exemplarisch – bekannt, wie viele
Grundstücke entlang lärmbelasteter Bahnlinien in Städten und Gemeinden
deutlich in ihrer Nutzung eingeschränkt sind, und welchen Wertverlust die
Eigentümer erleiden, bzw. wird die Bundesregierung diese Daten so bald
wie möglich durch geeignete Untersuchungen ermitteln lassen, falls diese
Daten nicht zur Verfügung stehen?

11. Inwiefern wird die Bundesregierung Punkt 5 der „Entschließung des Bun-
desrates zur Verminderung des Bahnlärms“ vom 15. April 2011 (vergleiche
Bundesratsdrucksache 151/11) umsetzen, der vorschlägt, die Lärmaktions-
planung nach § 47d des Bundes-Immissionsschutzgesetzes an das Eisen-
bahn-Bundesamt zu übertragen?

12. Bis wann wird das am 5. Juli 2011 unterzeichnete Eckpunktepapier über
eine Einführung lärmabhängiger Trassenpreise rechtsverbindlich umgesetzt?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/6867

13. Um wie viel Prozent sollen die Trassenpreise für nicht komplett sanierte
Güterzüge steigen?

14. Mit welchen Kosten wird für die Einrichtung der Erfassung lärmabhängiger
Trassenpreise gerechnet, und wer trägt diese Kosten?

15. Welche Beträge sind für die vorgesehene Kofinanzierung des Fonds bei der
DB Netz AG aus dem Bundeshaushalt im Haushaltsplan 2012 und in der
mittelfristigen Finanzplanung bis 2016 vorgesehen?

16. Werden diese Beträge zu Lasten der Mittel für das Lärmsanierungspro-
gramm des Bundes erfolgen oder zusätzlich zur Verfügung gestellt?

17. Gibt es eine gesetzliche Grundlage, um Nachtfahrverbote für besonders
lärmintensive Güterzüge zu verhängen?

Wenn ja, welche Grundlage ist es, und sind in der Vergangenheit Nacht-
fahrverbote ausgesprochen worden?

Wenn nein, plant die Bundesregierung eine gesetzliche Grundlage, um
Nachtfahrverbote für besonders lärmintensive Güterzüge aussprechen zu
können?

Berlin, den 26. August 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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