BT-Drucksache 17/6746

Unterstützung der German University in Cairo durch die Bundesregierung

Vom 3. August 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/6746
17. Wahlperiode 03. 08. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Annette Groth, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken,
Sevim Dag˘delen, Andrej Hunko, Niema Movassat und der Fraktion DIE LINKE.

Unterstützung der German University in Cairo durch die Bundesregierung

Die arabischen Demokratiebewegungen wurden nach einer Phase der Umorien-
tierung bei den etablierten Parteien parteiübergreifend begrüßt und sind als
„arabischer Frühling“ in die Geschichte eingegangen. Den bisher größten Er-
folg dieser Aufstände konnte die ägyptische Bevölkerung erzielen, die durch
monatelange Proteste den ehemaligen Präsidenten Hosni Mubarak zum Rück-
tritt zwang. Doch der Kampf um mehr soziale und demokratische Rechte ist
noch lange nicht beendet, sondern hat gerade erst begonnen. So auch an der
German University in Cairo (GUC), wo im Zuge des „arabischen Frühlings“
Studierende für bessere Studienbedingungen und die Einführung einer studen-
tischen Vertretung protestierten.

Die GUC ist eine private Universität und derzeit eines der weltweit größten von
Deutschland unterstützten Auslandsprojekte im Bildungsbereich. Aufbau und
Studieninhalte orientieren sich an denen von deutschen Hochschulen. Es be-
steht eine Kooperation mit den Universitäten in Ulm und Stuttgart, welche die
Gründung der GUC im Jahr 2001 unterstützt haben. Im Jahr 2003 wurde die
GUC unter Beisein des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder eröffnet.
Rechtlich gesehen ist die GUC eine rein ägyptische Privathochschule und wird
vorrangig mit ägyptischen Geldern finanziert. Sie erhält jedoch weitgehende
Unterstützung aus Deutschland und wirbt ausdrücklich mit dieser Kooperation.

Nach eigenen Angaben der GUC gehört zu ihren Zielen die Herstellung einer
exzellenten Arbeitsatmosphäre für Studierende und Personal. Die GUC beruft
sich auf gute Verbindungen zu Partnern aus der Wirtschaft, so dass sie ihre
Studierenden entsprechend in Berufsverhältnisse vermitteln könne und wirbt
mit ausgezeichnetem Personal von deutschen Universitäten. Von Anbeginn hat
es jedoch Zweifel an der Einhaltung der hohen Ansprüche gegeben. In der ver-
gangenen Zeit mehrten sich kritische Stimmen bezüglich der Lehr- und Lern-
situation an der GUC.

Ein deutscher ehemaliger Management-Dozent beklagte Intransparenz bei der
Vergabe von Noten, wo zum Teil die Verwaltung die endgültigen Noten errech-
nete, nicht die Professoren. Mitunter seien dabei viel bessere Endnoten heraus-
gekommen als erwartet. Die Befürchtung sei Klientelismus und Korruption

(DIE ZEIT, 43/2005). Mittlerweile sei es schwierig, deutsches Lehrpersonal für
die GUC zu gewinnen – diejenigen, die an der GUC anfangen, bleiben häufig
nicht lange.

Eine weitere Kritik betrifft die immer weiter steigenden Studien- und Prüfungs-
gebühren, die sich nach Angaben der Studierenden nicht in verbesserten Stu-
dienbedingungen ausdrücken. Die Bibliothek ist schlecht untergebracht und

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neue Ausstattungen, wie im Rahmen des „digital media campus“ oder des „in-
dustrial park“ sind für die Studierenden kaum oder gar nicht zugänglich, wür-
den stattdessen den Gästen der GUC aus Wirtschaft und Wissenschaft wie
Museen vorgeführt.

Diese Studienbedingungen sowie eine fehlende studentische Vertretung waren
die Gründe für die Proteste der Studierenden Anfang des Jahres 2011. Bis dahin
gab es ein Verbot gewerkschaftlicher Organisierung an der GUC. Im Zuge der
Proteste rief die Universitätsleitung im März 2011 das Militär auf den Campus.
Mehrere Studierende wurden vorübergehend exmatrikuliert und erst wieder
aufgenommen, nachdem sie das Versprechen gegeben hatten, nicht erneut die
„Regeln“ zu brechen. Zudem hatte man einigen unter ihnen mit dem Entzug ih-
rer Stipendien gedroht. Zu Unmut unter den Studierenden führte während ihrer
Proteste ein Brief des deutschen Botschafters in Kairo, Michael Bock, der
gleichzeitig Mitglied im „Board of Trustees“ der GUC ist und der die Studie-
renden auf ihre guten Studienbedingungen aufmerksam machte und ihre haupt-
sächlichen Kritikpunkte relativierte.

Tatsächlich konnten die Studierenden mit der Wahl einer studentischen Ver-
tretung einen kleinen Teilerfolg verbuchen, auch wenn die Umsetzung nicht
ihren Vorstellungen entsprach und ein Teil der Bewerbungen nicht zugelassen
wurde.

Beim Lehrpersonal ist der Unmut beim akademischen Mittelbau groß, den
„teacher‘s assistants“ (TA). Besonders schwerwiegend ist aus ihrer Sicht die
schlechte Bezahlung im Vergleich zum deutschen Lehrpersonal einerseits, im
Vergleich zu anderen ägyptischen Universitäten andererseits. Seit der Eröffnung
der GUC im Jahr 2003 wurden ihre Löhne nicht erhöht, obwohl das ägyptische
Arbeitsgesetz einen jährlichen Inflationsausgleich zwischen 6 und 10 Prozent
vorsieht. Zudem stehen sie unter andauernder Beobachtung der Universitäts-
leitung. Studierende berichten, das Sicherheitspersonal der GUC werbe Kom-
militonen an, um die TA auszuspionieren. Im Gegenzug würden diese Kurse
angerechnet bekommen. Die TA berichten zudem von gehackten Mailprogram-
men. Zuletzt wurde eine TA zwangsversetzt, nachdem sie im Februar 2011 den
bekannten Menschenrechtler Prof. Amr Hamzway für einen Vortrag in die Uni-
versität eingeladen hatte.

Dies sind nur einige der öffentlich gewordenen Kritikpunkte.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Formen der Kooperation unterhält die Bundesregierung mit der
GUC?

2. Wie hoch waren die finanziellen Zuschüsse des Bundesministeriums für Bil-
dung und Forschung an die GUC seit ihrem Bestehen (jährlich aufgeglie-
dert), und in welche Teilbereiche sind diese Mittel geflossen?

3. a) Hat die Bundesregierung Kenntnis über den Gesamthaushalt der GUC,
und wenn ja, wer kann diesen wo einsehen?

b) Hat die Bundesregierung Kenntnisse über die direkten und indirekten Zu-
wendungen durch den Deutschen Akademischen Austauschdienst e. V.
(DAAD), und wenn ja, wie sehen diese aus?

c) Hat die Bundesregierung Kenntnisse über die Form der Kooperation der
deutschen Universitäten Ulm, Stuttgart, Mannheim und Tübingen sowie
der baden-württembergischen Landesregierung mit der GUC, und wenn
ja, wie sieht diese aus?
4. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, auf welchen Informationen sich
die Äußerungen des deutschen Botschafters in Kairo, Michael Bock, stüt-

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zen, der sich in einem Brief an die Studierenden der GUC über die exzellen-
ten Studienbedingungen an ihrer Universität und die guten Berufsaussichten
geäußert hat, und wenn ja, sind diese Zahlen öffentlich einsehbar?

5. Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, damit die Universitätsabschlüsse
der GUC auch in Deutschland anerkannt werden?

6. a) Sieht die Bundesregierung es als ihre Mitverantwortung, die Vorwürfe
der Korruption seitens der Studierenden und des Lehrpersonals gegen-
über der Universitätsverwaltung aufzuklären?

b) Wenn ja, welche Schritte möchte sie einleiten, um die Aufklärung der
Vorwürfe voranzubringen?

7. a) Hat die Bundesregierung Kenntnis von der Kritik deutschen Lehrper-
sonals, das an der GUC unterrichtet hat, und wenn ja, welche Informatio-
nen sind das?

b) Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die Lehrbedingungen
dahingehend zu verbessern, dass die Kooperation in Form der Unterstüt-
zung durch deutsches Lehrpersonal verbessert werden kann?

8. a) Hat die Bundesregierung Kenntnis über die Proteste von Studierenden
und dem akademischen Mittelbau für mehr Demokratie und Transparenz
an der GUC, und wenn ja, welche Informationen sind das?

b) Hat die Bundesregierung ein Interesse daran, entsprechende Forderungen
nach mehr Demokratie und Transparenz zu unterstützen, und wenn ja,
welche Möglichkeiten sieht sie, das zu tun?

9. Liegen der Bundesregierung Informationen über die Vorwürfe einiger Stu-
dierender vor, wonach das Sicherheitspersonal der GUC Studierende an-
zuwerben versucht, Lehrpersonal aus dem akademischen Mittelbau auszu-
spionieren, um im Gegenzug Kurse angerechnet zu bekommen, und wenn
ja, welche Informationen sind das?

Berlin, den 3. August 2011

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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