BT-Drucksache 17/6684

Stand und Kriterien zum angekündigten Förderprogramm für fossile Kraftwerke

Vom 26. Juli 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/6684
17. Wahlperiode 26. 07. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Oliver Krischer, Hans-Josef Fell, Ingrid Nestle, Cornelia Behm,
Harald Ebner, Bärbel Höhn, Dr. Anton Hofreiter, Stephan Kühn, Undine Kurth
(Quedlinburg), Nicole Maisch, Dorothea Steiner, Dr. Valerie Wilms
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Stand und Kriterien zum angekündigten Förderprogramm für fossile Kraftwerke

Laut Antwort auf die Schriftliche Frage 79 auf Bundestagsdrucksache 17/6541,
plant die Bundesregierung mit Millionensummen aus dem staatlichen Energie-
und Klimafonds den Bau fossiler Kraftwerke in den Jahren 2013 bis 2016 zu
fördern. Die Inhalte des Programms sollen sich dabei an den energiepolitischen
Beschlüssen der Regierung vom 6. Juni 2011 orientieren. Demnach sollen neue
fossile Kraftwerke mit 5 Prozent der jährlichen Ausgaben des Energie- und Kli-
mafonds gefördert werden. Dabei sollen nur Betreiber mit einem Anteil von
weniger als 5 Prozent der deutschen Erzeugungskapazitäten gefördert werden.
Dabei sollen ausweislich der o. g. Antwort der Bundesregierung Kraftwerke
gefördert werden, die hocheffizient, flexibel, CCS-fähig (CCS = Carbon Cap-
ture and Storage) sind und vorrangig in Kraft-Wärme-Kopplung betrieben wer-
den sollen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche konkreten Inhalte wird das von der Bundesregierung angekündigte
Förderprogramm für fossile Kraftwerke nach dem derzeitigem Stand mit den
Verhandlungen mit der Europäischen Kommission haben, und welche Kosten
eines Kraftwerkbaus sollen mit bis zu welchem Prozentsatz konkret mit Zu-
schüssen gefördert werden?

2. Aus welchem genauen Haushaltstitel innerhalb des Energie- und Klima-
fonds soll das Förderprogramm für fossile Kraftwerke finanziert werden?

3. Welche Fristen müssen die Kraftwerksinvestoren einhalten, um förderfähig
zu sein?

4. Sollen auch Kraftwerke förderfähig sein, die bereits in Bau oder Planung
sind, und falls ja, wie will die Bundesregierung Mitnahmeeffekte verhin-
dern?

5. Worauf bezieht sich der von der Bundesregierung in der Antwort auf o. g.

Frage genannte Förderzeitraum 2013 bis 2016 (z. B. Bauentscheidung des
Investors, Genehmigung, Baubeginn und Inbetriebnahme)?

6. Soll die Laufzeit der geförderten Kohlekraftwerke an Klimaschutzziele ge-
bunden und ggf. befristet werden, damit Langfristklimaziele nicht gefährdet
werden?

Drucksache 17/6684 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

7. Welche Mindestanforderungen an Wirkungsgrad und Nutzungsgrad sollen
die geförderten Kraftwerke beinhalten?

Was versteht die Bundesregierung in diesem Zusammenhang unter dem
Begriff „hocheffizient“?

8. Was bedeutet im Hinblick auf die Fördermodalitäten die Aussage „mög-
lichst in Kraft-Wärme-Kopplung“?

9. Sollen Kraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung vorrangig gefördert wer-
den?

Wenn ja, in welcher Weise?

10. Was versteht die Bundesregierung in diesem Zusammenhang unter „Kraft-
Wärme-Kopplung“, z. B. im Hinblick auf den Gesamtwirkungsgrad (Strom
und Wärme) einer Anlage?

11. Muss ein Antragsteller die Wärmeabnahme analog zur neuen Regelung im
Erneuerbare-Energien-Gesetz für einen bestimmten Förderzeitraum garan-
tieren?

Wenn ja, was geschieht, wenn er das nicht einhalten kann?

12. Setzt die Bundesregierung besondere Forderungen an die geförderten
Kraftwerke, wie im Vergleich zu Rechtsvorgaben verbesserten Emissions-
standards (bitte nach Feinstaub, NOx, Quecksilber sowie radioaktive Sub-
stanzen unterteilen) sowie Mindestvorgaben an die Kraft-Wärme-Kopp-
lung?

13. Setzt die Bundesregierung besondere Forderungen an die geförderten
Kraftwerke bezüglich des Einsatzes von Brennstoffen, die besonders kriti-
sche Brennstoffe wie Kohle aus Regenwaldgebieten ausschließen (vgl.
diesbezüglich auch die Nachhaltigkeitsverordnung für Biomasse im Rah-
men des Erneuerbare-Energien-Gesetzes sowie des Biokraftstoffquotenge-
setzes)?

14. Soll bei den förderfähigen Kraftwerken eine Mitverbrennung von Sekun-
därbrennstoffen (z. B. Haus- und Gewerbeabfälle) zulässig sein, und wenn
ja in welchem Umfang?

15. Sieht die Bundesregierung einen Widerspruch zwischen der Förderung von
fossilen Kraftwerken, die über Jahrzehnte Treibhausgase emittieren werden
und der Förderung aus dem Energie- und Klimafonds mit dem Zweck des
nationalen und internationalen Klimaschutzes nach § 2 Absatz 1 des Ge-
setzes zur Errichtung eines Sondervermögens „Energie- und Klimafonds“?

Falls nein, warum nicht?

Falls ja, warum wählt sie trotzdem die Förderung aus diesem auch für
Energieeffizienz, erneuerbare Energien vorgesehenen Sondervermögen?

16. Ab wann sollen Förderanträge gestellt werden können, und sollen die För-
dermittel in Tranchen gezahlt werden oder ist eine Zahlung an einem Stück
in Planung?

17. Beabsichtigt die Bundesregierung einen Benchmark für die Kraftwerks-
kosten einzuführen, um zu verhindern, dass überhöhte Kosten zu überhöh-
ten prozentualen Fördermitteln führen, und falls nein, wie will die Bundes-
regierung eine möglichst hohe Kosteneffizienz sicherstellen?

18. Wie bewertet die Bundesregierung die Probleme beim Neubau der über-
wiegenden Zahl von Kohlekraftwerken mit undichten Kesseln und den da-
mit verbundenen anzunehmenden langjährigen Bauverzögerungen vor dem

Hintergrund der Ausgestaltung des Förderprogramms, welches lediglich
bis 2016 gelten soll?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/6684

19. In welcher Weise plant die Bundesregierung zu verhindern, dass technisch
nicht oder unzureichend funktionsfähige Anlagen in den Genuss der Förde-
rung kommen, wie etwa die jüngst bekannt gewordene mangelhafte Dich-
tigkeit der Kessel bei der überwiegenden Zahl der im Bau befindlichen
Kohlekraftwerke?

20. Beabsichtigt die Bundesregierung ein „Windhundverfahren“ für den Fall,
dass die Fördermittel aus dem Energie- und Klimafonds begrenzt sind und
nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Mittel nicht zur Bedienung
sämtlicher Förderanträge ausreichen?

21. Wie definiert die Bundesregierung den Begriff „CCS-fähig“ für das För-
derprogramm für fossile Kraftwerke?

22. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass das angekündigte Förderpro-
gramm für fossile Kraftwerke auch Fördermöglichkeiten für mit mehr als
5-Prozent-Anteil an den Erzeugungskapazitäten, also die großen Energie-
konzerne wie E.ON Vertrieb Deutschland GmbH, RWE Vertrieb AG,
EnBW Energie Baden-Württemberg AG und Vattenfall Europe AG (direkt
oder indirekt) bietet?

Wenn ja, wie?

23. Kommt die Förderung von Kraftwerken von Unternehmen in Betracht, die
eine direkte oder indirekte Beteiligung von anderen Unternehmen mit mehr
als 5 Prozent Erzeugungskapazitäten haben?

Wenn ja, wie hoch darf diese Beteiligung maximal sein?

24. In welcher Weise beabsichtigt die Bundesregierung den Faktor Flexibilität
zum Ausgleich der Erzeugungsschwankungen bei erneuerbaren Energien
und Verbrauchsschwankungen bei der Förderung von fossilen Kraftwerken
zu berücksichtigen?

25. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass Gaskraftwerke im Ver-
gleich zu Kohlekraftwerken eine erhebliche höhere Flexibilität aufweisen
und damit den Anforderungen im Erzeugungsmix der kommenden Jahre
sehr viel eher gerecht werden?

Wenn nein, warum nicht?

26. Wie berücksichtigt die Bundesregierung bei ihren Förderüberlegungen die
Tatsache, dass eine Förderung in Form eines reinen Investitionskostenzu-
schusses zu einer deutlich höheren Förderung von Kohlekraftwerken ge-
genüber Gaskraftwerken (pro Megawatt installierter Leistung) führt, da der
Bau von Kohlekraftwerken höhere Anfangsinvestitionen als der Bau von
Gaskraftwerken erfordert?

27. In welcher Weise sollen unterschiedliche Brennstoffkosten zur Erzeugung
einer Kilowattstunde Strom bei der Förderung Berücksichtigung finden?

28. Welche Kapazitäten an konventionellen Kohle- und Gaskraftwerken wer-
den nach Informationen der Bundesregierung voraussichtlich bis zum Jahr
2016 ans Netz gehen, und um welche konkreten Kraftwerke (Brennstoffe,
Leistung, Wirkungsgrad und Standort) handelt es sich dabei?

29. Welche Kapazitäten an konventionellen Kohle- und Gaskraftwerken wer-
den nach Informationen der Bundesregierung bis zum Jahr 2016 vom Netz
gehen, und um welche konkreten Kraftwerke (Brennstoffe, Leistung, Wir-
kungsgrad und Standort) handelt es sich dabei?

30. Auf welcher Grundlage hat die Bundesregierung die Notwendigkeit des
Baus von 10 Gigawatt konventioneller Kraftwerksleistung bis zum Jahr

2020 berechnet, und wie begründet sie diese Zahl vor dem Hintergrund des
Ziels bis zum Jahr 2020 insgesamt 30 Prozent des Stromverbrauchs aus er-

Drucksache 17/6684 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
neuerbaren Energien decken zu wollen und dem bereits jetzt stattfindenden
Ausbau der konventionellen Kohle- und Gaskraftwerke von etwa 14 Giga-
watt?

Berlin, den 26. Juli 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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