BT-Drucksache 17/6648

Umsetzung des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto

Vom 20. Juli 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/6648
17. Wahlperiode 20. 07. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Petra Pau, Raju Sharma, Frank Tempel,
Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Umsetzung des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen
in einem Ghetto

Die Umsetzung des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäfti-
gungen in einem Ghetto (ZRBG) stellt sich seit vielen Jahren als äußerst pro-
blematisch für die Betroffenen dar. Nachdem zunächst Unklarheit über die
Kriterien herrschte, nach denen eine Rente nach dem ZRBG bewilligt werden
kann, und es zu einer großen Zahl von Antragablehnungen seitens der Renten-
versicherungsträger kam, hat es im Jahr 2009 eine Klarstellung des Bundes-
sozialgerichts (BSG) gegeben. Leider ist es auch danach zu keinem wirklichen
Durchbruch bei der Bewilligung der Anträge gekommen. Zahlreiche Opfer
nationalsozialistischer Verfolgung, die in Ghettos arbeiteten, warten bis heute
auf eine Entscheidung zu ihren Anträgen. Aufgrund der unklaren Rechtslage
hat die Bundesregierung zwischenzeitlich einen Fonds eingerichtet, aus dem
Betroffene pauschal 2 000 Euro erhalten können, ohne damit ihre Ansprüche
auf eine Rente nach dem ZRBG aufzugeben. Neun Jahre nach Verabschiedung
des Gesetzes und zwei Jahre nach der Grundsatzentscheidung des BSG warten
immer noch tausende von hochbetagten Menschen auf eine Entscheidung zu
ihren Anträgen. Die gesamte Entwicklung des ZRBG steht im Gegensatz zur
politischen Intention des Gesetzes, mit dem Menschen, die in Ghettos gearbei-
tet haben, die Durchsetzung ihres Rentenanspruchs für diese Tätigkeit ermög-
licht werden sollte.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Personen haben bis zum 30. Juni 2011 einen Antrag nach dem
ZRBG gestellt, wie viele dieser Anträge sind wie entschieden, und wie viele
Anträge sind noch nicht bearbeitet worden?

2. Wie lang ist die durchschnittliche Bearbeitungszeit der Anträge nach dem
ZRBG, und wie erklärt die Bundesregierung die teilweise extrem langen
Zeiten bis zu einer Entscheidung der Rentenversicherungsträger?

3. Warum müssen Antragsteller/-innen nach der Entscheidung des BSG 2009
noch einmal die schon vorher eingereichten Nachweise beibringen, und

sieht die Bundesregierung hier Möglichkeiten der Beschleunigung der Ver-
fahren?

4. Wie alt sind im Schnitt die Antragsteller/-innen, und wie viele dieser Perso-
nen sind inzwischen verstorben, ohne dass ihr Antrag entschieden wurde?

Drucksache 17/6648 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
5. Warum beschränkt sich die Bereitstellung von Informationsbroschüren auf
den Internetseiten des BMV, des BADS sowie der deutschen Auslands-
vertretungen ausweislich der Bundestagsdrucksache 16/9541 auf die
Sprachen Deutsch, Englisch, Hebräisch, Russisch, Französisch und Spa-
nisch, und warum werden diese Informationen nicht auch wenigstens in
polnischer, jiddischer, litauischer, lettischer, estnischer, ukrainischer und
rumänischer Sprache bereitgestellt?

6. Wie viele Antragsteller auf eine Rente nach dem ZRBG haben sich für die
Fondslösung entschieden, und wie viele dieser Fälle sind bis zum 30. Juni
2011 wie entschieden worden?

7. Wie viele Personen, die sich für die Fondslösung entschieden haben, halten
ihren Anspruch auf Rente nach dem ZRBG weiter aufrecht?

8. In welcher Weise weist die Bundesregierung auf die Regelungen speziell
zum Ghettofonds hin (bitte erläutern, in welchen Sprachen welche Arten
der Publikationen erschienen sind und wie diese verbreitet werden)?

9. Erfolgt für die positiv beschiedenen Fälle nach dem ZRBG eine rück-
wirkende Zahlung seit 1997, wenn die Anträge bis zum 30. Juni 2003
gestellt wurden, und wenn nein, wie begründet sich die Abweichung?

10. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die durch die Entscheidung
des BSG erst 2009 erfolgte Klarstellung der Auslegung des ZRBG durch
die Rentenversicherungsträger nicht zu Lasten der Antragsteller führen
darf, weshalb eine rückwirkende Zahlung der Renten ab 1997 geboten ist,
und wie begründet sie ihre Auffassung?

11. Wie beurteilt die Bundesregierung die Kritik (z. B. WDR, www.wdr.de/tv/
westpol/sendungsbeitraege/2010/1128/ghettorenten.jsp), die Antragsformu-
lare seien unnötig kompliziert, und welche Form der Abhilfe will sie schaf-
fen?

12. Wie bewertet die Bundesregierung die Fortschritte bei der Umsetzung des
ZRBG, wo sieht sie Verbesserungsbedarf, und welche Maßnahmen hat sie
eingeleitet oder gedenkt sie gegenüber den Rentenversicherungsträgern an-
zuregen, um zu einer weiteren Beschleunigung der Verfahren zu kommen?

Berlin, den 15. Juli 2011

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.