BT-Drucksache 17/6551

Sachstand zu Forschung und Forschungsförderung der Elektromobilität

Vom 7. Juli 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/6551
17. Wahlperiode 07. 07. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Oliver Kaczmarek, Ute Kumpf, René Röspel, Wolfgang
Tiefensee, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Willi Brase, Ulla Burchardt, Dr. Hans-Peter
Bartels, Petra Ernstberger, Michael Gerdes, Iris Gleicke, Klaus Hagemann,
Christel Humme, Thomas Oppermann, Florian Pronold, Marianne Schieder
(Schwandorf), Swen Schulz (Spandau), Dr. Carsten Sieling, Andrea Wicklein,
Dagmar Ziegler, Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

Sachstand zu Forschung und Forschungsförderung der Elektromobilität

1886 hat Carl Benz in Mannheim den Patentantrag für das erste Automobil der
Welt eingereicht. Mit dem Auto als Verkehrsmittel erfüllte sich der Wunsch
nach individueller Mobilität.

125 Jahre später muss das Auto neu erfunden werden. Steigende Treibhausgas-
emissionen, der globale Klimawandel, die lokale Luftverschmutzung, die Zu-
nahme des Weltenergiebedarfes und begrenzte fossile Brennstoffe machen ein
Umdenken bei der Mobilität notwendig.

Auf dem Weg zur klimaschonenden Mobilität wird die Reduzierung des CO2-
Ausstoßes durch die weitere Verbesserung der Effizienz von Verbrennungs-
motoren eine wichtige Rolle spielen. Gleichzeitig stellt die Elektrifizierung des
Antriebs bei Automobilen die Chance dar, die Mobilität in der Zukunft zu
sichern.

Durch die ehemalige rot-grüne Bundesregierung wurden mit dem Erneuerbare-
Energien-Gesetz und dem Integrierten Energie- und Klimaprogramm die ersten
Weichen für die Entwicklung der Elektromobilität gestellt. Im Jahr 2006 wurde
die Gründung der Nationalen Organisation Wasserstoff und Brennstoffzellen-
technologie (NOW GmbH) auf den Weg gebracht und 2008 verwirklicht.

Im August 2009 wurde unter Federführung der SPD-Bundesminister für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung und für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
der Nationale Entwicklungsplan Elektromobilität beschlossen. Forschung und
Entwicklung sowie Marktvorbereitung und -einführung von batterieelektrisch
betriebenen Fahrzeugen sollen damit gezielt vorangetrieben werden.

Auch mit den Konjunkturpaketen I und II hat die SPD zusätzliche Forschungs-
mittel für Elektromobilität durchgesetzt.
Am 3. Mai 2010 wurde die Nationale Plattform Elektromobilität mit der Auf-
gabe gegründet, Chancen und Stärken Deutschlands im Bereich der Elektro-
mobilität zu ermitteln und Vorschläge für weitere Forschungs- und Entwick-
lungsprojekte zu erarbeiten.

Am 18. Mai 2011 hat das Bundeskabinett als Reaktion auf den Bericht der
Nationalen Plattform Elektromobilität das Regierungsprogramm Elektromobi-
lität vorgelegt.

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Die Fraktion der SPD begrüßt die Förderung der Elektromobilität und damit die
entsprechende Forschungsförderung. Deutschland sollte Vor- und Spitzenreiter
werden und darf den internationalen Anschluss nicht verpassen. Das Regie-
rungsprogramm lässt Fragen offen und ist in vielen Bereichen wenig konkret.
Wenn die Zielmarke von einer Million Elektrofahrzeugen bis 2020 erfüllt
werden soll, müssen die Maßnahmen zur Forschungsförderung koordiniert, ab-
gestimmt und die verfügbaren Mittel effizient eingesetzt werden.

Wir fragen die Bundesregierung:

Ist-Zustand und Bilanzierung

1. Welche Projekte wurden im Rahmen der 500 Mio. Euro aus dem Konjunk-
turpaket II für den Ausbau und die Marktvorbereitung der Elektromobilität
zwischen 2009 und 2011 gefördert?

2. Wie hoch war bzw. ist der Mittelabfluss für die „Förderung anwendungs-
orientierter Forschung im Bereich Mobilität“ im Rahmen des Konjunktur-
paktes II (tabellarische Übersicht nach Einzelprojekten bzw. Fördermaß-
nahmen)?

3. Welche Unternehmen haben Mittel in welcher Höhe aus den 500 Mio. Euro
im Rahmen des Konjunkturpaktes II erhalten?

4. Wie hoch ist der finanzielle Anteil der Automobilbranche an der Forschung
zur Elektromobilität genau?

5. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung der Expertenkommission For-
schung und Innovation, laut deren Gutachten 2011 die horizontale Koope-
ration von deutschen Automobilbauern erfahrungsgemäß schwer zu errei-
chen sei?

6. Mit welchen Programmen und Maßnahmen fördert die Bundesregierung
die vertikale Kooperation von Automobilbauern, Zulieferern und Maschi-
nenbauunternehmen?

7. Wie hoch ist der finanzielle Anteil der Stromanbieter an der Forschung zur
Elektromobilität, und welche Unternehmen sind hier besonders aktiv?

8. Wie hoch ist das Finanzvolumen, das bisher in die Grundlagenforschung
geflossen ist, und welchen Anteil tragen jeweils die Industrie und der Staat
an diesen Investitionen?

9. Wie hoch ist das Finanzvolumen, das bisher in die anwendungsorientierte
Forschung geflossen ist, und welchen Anteil tragen jeweils die Industrie
und der Staat an diesen Investitionen?

10. Wie verteilen sich die im Rahmen der Innovationsallianz aufgewandten über
360 Mio. Euro der am Industriekonsortium beteiligten Unternehmen BASF,
BOSCH, EVONIK, LiTec, und VW auf die jeweiligen Unternehmen?

11. Welche Forschungsaktivitäten sind der Bundesregierung bekannt oder wer-
den von ihr vergeben, um die Kopplung der Elektromobilität an Strom aus
erneuerbaren Energien sicherzustellen, damit aus dem bloßen Elektroauto
ein echtes Nullemissionsauto wird?

12. Welche der bisher geförderten Modellversuche umfassen eine verstärkte
Nutzung von Elektrofahrzeugen im öffentlichen Personennahverkehr
(ÖPNV), welche Erkenntnisse liegen hier bereits vor, und von welchen
Herstellern stammen die genutzten Fahrzeuge?

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13. Wie beurteilt die Bundesregierung die Möglichkeit einer vollständigen
Förderung von Versuchsfahrzeugen für Forschungs- und Entwicklungs-
einrichtungen, um diese von den erheblichen Investitionen zu entlasten, die
zurzeit häufig die Durchführung von Flottenversuchen mit Elektrofahrzeu-
gen verhindern?

14. Welches Potential sieht die Bundesregierung für Elektroautos in Car-
Sharing-Angeboten, und plant die Bundesregierung hierfür besondere För-
derprogramme?

15. Welche Schwerpunkte haben sich unter der im Februar 2010 gegründeten
Gemeinsamen Geschäftsstelle Elektromobilität (GGEMO) herausgebildet,
und wie ist sie derzeit personell und finanziell ausgestattet?

16. Welche zukünftigen Aufgaben soll die GGEMO wahrnehmen?

17. Welchen Stellenwert nimmt die Elektromobilität in einem Gesamtkonzept
zu „Erneuerbare Energien und Klimaschutz“ (u. a. mit Gebäudesanierung,
Förderung Kraft-Wärme-Kopplung etc.) der Bundesregierung ein?

18. Wie beurteilt die Bundesregierung die Kritik von Umwelt- und Verbrau-
cherschutzverbänden, dass bei den Mitgliedern der Nationalen Plattform
für Elektromobilität die Wirtschaft überrepräsentiert ist?

Plant die Bundesregierung hier Veränderungen?

19. Welche strukturellen und personellen Veränderungen der Plattform sind
nötig?

20. Trifft es zu, dass die Bundesregierung nicht mehr plant, Deutschland zum
Leitmarkt für Elektromobilität auszubauen, sondern als Leitanbieter für
marktfähige Elektromobilität zu positionieren?

Hat hier ein Strategiewechsel stattgefunden, und falls ja, aus welchen
Gründen?

21. Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass die durch verteilte An-
triebe möglichen neuen Fahrzeugkonzepte verstärkt entwickelt werden, um
so weiteres Innovationspotential zu heben?

22. Wie wird sichergestellt, dass die Ergebnisse der Modellregionen in die wei-
tere strategische Ausrichtung Deutschlands zur Förderung der Elektro-
mobilität einfließen?

23. Wie soll die Auswahl der Schaufenster-Regionen bzw. von Leuchtturmpro-
jekten erfolgen?

24. Wie wird sichergestellt, dass keine Projektruinen entstehen?

25. Wie bettet die Bundesregierung ihre Forschungsstrategie in die Raum-,
Stadt- und Mobilitätsentwicklung der Kommunen ein?

26. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um die Nutzung von Elek-
trofahrzeugen im kommunalen Sektor zu unterstützen, und in welchem
Umfang sind diese geplant?

Mobilitätskonzept

27. Wie will die Bundesregierung bis 2020 für eine Million Elektrofahrzeuge
eine bedarfsgerechte Infrastruktur bundesweit sicherstellen, oder will sich
die Bundesregierung auf Regionen beschränken?

28. Von welchem Verteilungsschlüssel zwischen großstädtischen, kleinstädti-
schen und ländlichen Gebieten geht die Bundesregierung bei einer Million

Elektrofahrzeuge aus?

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29. Mit welchem Rückgang (bitte in Prozent) an konventionell betriebenen
Automobilen rechnet die Bundesregierung nach diesen Prognosen bis
2020?

30. Wie sollen sich eine Million Elektrofahrzeuge in 2020 auf die unterschied-
lichen Nutzungs- bzw. Fahrzeugkategorien (privat genutzte Autos, gewerb-
lich genutzte Fahrzeuge, öffentlicher Personennahverkehr, Dienstfahrzeuge
der öffentlichen Hand usw.) verteilen?

31. Plant die Bundesregierung die Einbindung von Motorrädern, Rollern,
Pedelecs und vergleichbaren Produkten in ihre Strategie zur Elektromobili-
tät mit einzubeziehen, und wenn ja, in welcher Form?

32. Plant die Bundesregierung die Förderung der Forschung und Produktion
dieser Verkehrsmittel, und wenn ja, in welchem Umfang?

33. Wie beurteilt die Bundesregierung die Kritik, dass in ihrem Regierungspro-
gramm Elektromobilität eine zu starke Konzentration auf den elektrischen
Antrieb von Pkws und leichten Nutzfahrzeugen bestehe und andere Fortbe-
wegungsmittel wie E-Bikes, Trolleybusse etc. außen vor gelassen werden?

34. Gibt es Projekte, die sich mit den sozialen und gesellschaftlichen Folgen
des verstärkten Einsatzes von Elektromobilität auseinandersetzen (etwa zur
Akzeptanz bestimmter Angebote der Elektromobilität), und falls ja, wo und
in welcher Förderhöhe, und falls nein, warum nicht?

35. Was plant die Bundesregierung hinsichtlich der Sicherheit von Elektrofahr-
zeugen und dem sicheren Umgang mit diesen Fahrzeugen durch Einsatz-
und Rettungskräfte im Falle eines Unfalls?

36. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, wie sich der Verkehr auf
deutschen Straßen durch die Elektromobilität, zum Beispiel hinsichtlich
der Fahrweise oder Stauentwicklung, verändern wird?

37. Plant die Bundesregierung spezielle Konzepte zur Förderung der Elektro-
mobilität in Ballungsräumen, in den Menschen vermehrt kein eigenes Auto
mehr besitzen, sondern verstärkt Mietwagen bzw. den ÖPNV nutzen?

38. Wann ist mit den gemeinsamen Förderprogrammen zur Elektromobilität
von den Bundesministerien für Wirtschaft und Technologie, für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung, für Bildung und Forschung und für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit zu rechnen?

Schwerpunkt Batterieforschung und Wasserstofftechnologie

39. Wie sind die genauen Zuständigkeiten innerhalb der Bundesregierung bei
der Forschung zur Wasserstofftechnologie?

40. Mit welchen Fördermaßnahmen und Projekten plant die Bundesregierung
die Wasserstofftechnologie voranzureiben?

41. Wie sind die genauen Zuständigkeiten innerhalb der Bundesregierung bei
der Forschung zu Batterietechnologien?

42. Mit welchen Fördermaßnahmen will die Bundesregierung die Entwicklung
von Batterien unterstützen, und ist bei der Batterieproduktion die Förde-
rung von Pilotanlagen geplant?

43. Welche Zielsetzung hat die Bundesregierung im Rahmen der Innovations-
allianz „Lithium Ionen Batterie LIB 2015“ mit den vom Bundesministerium
für Bildung und Forschung (BMBF) investierten 60 Mio. Euro verfolgt, und
denkt die Bundesregierung, dass die beteiligten Unternehmen nicht auch
ohne die Gelder der Bundesregierung über 360 Mio. Euro in die Forschung

und Entwicklung an der Lithium-Ionen-Batterie investiert hätten?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/6551

44. Welche Forschungsbereiche gelten für die Bundesregierung neben der
Batterieforschung als besonders entscheidend für die Elektromobilität?

Ausbildung und Fachkräfteentwicklung

45. Welche Hochschulen werden im Rahmen der Förderung der Elektromobili-
tätsforschung in welcher Höhe und im Rahmen welcher Projekte gefördert?

46. Wie viele Lehrstühle gibt es in Deutschland, die sich explizit mit Elektro-
mobilität beschäftigen, und seit wann existieren sie?

Welche neuen Lehrstühle sind geplant?

47. Welche außeruniversitären Forschungseinrichtungen werden im Rahmen
der Förderung der Elektromobilitätsforschung in welcher Höhe und im
Rahmen welcher Projekte gefördert?

48. Wann soll das vom BMBF geplante Pilotprojekt für ein nationales Netz-
werk zur Aus- und Weiterbildung im Bereich Elektromobilität starten?

49. Wer genau sollen die Akteure in diesem Netzwerk sein?

50. Wie viele Fachkräfte für den Bereich Elektromobilität benötigt Deutsch-
land in den nächsten Jahren, um das Ziel „Deutschland als Leitmarkt und
Leitanbieter Elektromobilität” zu erreichen?

51. Wie viel muss in Hochschulen und Weiterbildungsstätten investiert wer-
den, um diese Fachkräfte zu gewinnen, und von welchen Voraussetzungen
geht diese Schätzung aus?

52. Teilt die Bundesregierung die Schätzung der Nationalen Plattform Elektro-
mobilität, dass die Elektromobilität das Potential von bis zu 30 000 zusätz-
lichen Arbeitsplätzen bis 2020 birgt?

53. In welchen Branchen und auf welchen Qualifizierungsniveau werden diese
zusätzlichen Arbeitsplätze zu erwarten sein?

Europäischer und internationaler Zusammenhang

54. Wie ist der Sachstand der Forschungsprogramme zur Elektromobilität in
anderen Ländern der Europäischen Union?

55. Welche Rolle soll die Förderung der Elektromobilität im Rahmen des kom-
menden 8. EU-Forschungsrahmenprogramms nach Auffassung der Bundes-
regierung spielen?

56. Welche Maßnahmen finden derzeit auf Ebene der Europäischen Union zur
Abstimmung einer einheitlichen Infrastruktur zur Förderung der Elektro-
mobilität statt, und wie bewertet die Bundesregierung die bisherigen Akti-
vitäten der EU in diesem Bereich?

57. Wie hoch sind die Forschungsausgaben für Elektromobilität in Deutsch-
land im internationalen Vergleich?

58. Wie sind die Zielsetzungen der deutschen Forschungsstrategie zu Elektro-
mobilität im internationalen Vergleich zu bewerten?

Berlin, den 6. Juli 2011

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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