BT-Drucksache 17/6481

Grenzüberschreitende Bürgerrechte beim Atomkraftwerksprojekt Temelín 3 und 4

Vom 6. Juli 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/6481
17. Wahlperiode 06. 07. 2011

Antrag
der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn,
Oliver Krischer, Undine Kurth (Quedlinburg), Nicole Maisch, Dr. Hermann Ott,
Dorothea Steiner, Cornelia Behm, Harald Ebner, Bettina Herlitzius,
Dr. Anton Hofreiter, Stephan Kühn, Ingrid Nestle, Friedrich Ostendorff,
Markus Tressel, Daniela Wagner, Dr. Valerie Wilms und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Grenzüberschreitende Bürgerrechte beim Atomkraftwerksprojekt Temelín 3 und 4

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die beiden tschechischen Atomkraftwerke (AKW) Temelín 1 und 2 sind seit
2000 bzw. 2002 unweit der deutschen Grenze in Betrieb. Aktuell wird der Bau
zweier weiterer Reaktorblöcke, Temelín 3 und 4, geplant. Die Umweltverträg-
lichkeitserklärung hierfür wurde bereits abgegeben. Sowohl Deutschland als
auch Österreich haben gegenüber der Republik Tschechien erklärt, an der kom-
menden Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen der grenzüberschreitenden
Regelungen teilnehmen zu wollen.

Im Zuge der Umweltverträglichkeitsprüfung für das Projekt Temelín 3 und 4
wird es voraussichtlich noch in diesem Jahr einen Erörterungstermin in
Tschechien geben. Eine rechtliche Pflicht, auch in Deutschland einen Erörte-
rungstermin durchzuführen, besteht für die deutschen und tschechischen Be-
hörden nicht. Unabhängig davon wäre ein solcher Termin für die betroffenen
Menschen in Deutschland zweifelsohne eine große Hilfe, von ihrem Recht, sich
kompetent an umweltbezogenen Entscheidungen zu beteiligen, Gebrauch
machen zu können. Er würde es ihnen sprachlich und organisatorisch erleich-
tern, sich umfassend über die sie betreffenden Auswirkungen des AKW-Pro-
jekts zu informieren und an den damit verbundenen Entscheidungen teilhaben
zu können.

Dabei spricht es für die gute tschechisch-deutsche Zusammenarbeit auf dem
Gebiet der nuklearen Sicherheit, dass es im Zusammenhang mit dem AKW
Temelín vor rund einem Jahrzehnt bereits einen vergleichbaren Termin gab. Im
Jahr 2002 fand in Passau eine Anhörung über nachträgliche Bauänderungen an
den Blöcken 1 und 2 statt.

Eine wichtige Voraussetzung für die Teilhabe der Öffentlichkeit an umweltbezo-

genen Entscheidungen ist es, dass relevante Informationen möglichst leicht zu-
gänglich sind. Der Deutsche Bundestag verweist in diesem Zusammenhang auf
die umfangreichen deutschsprachigen Informationen, die das österreichische
Umweltbundesamt auf seiner Webseite zu Temelín 3 und 4 anbietet. Ein solches
Informationsangebot fehlt auf der Webseite des Bundesministeriums für Um-
welt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) bislang völlig.

Drucksache 17/6481 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

● den betroffenen Menschen in Deutschland eine bessere Teilhabe an den Ent-
scheidungen zum AKW-Projekt Temelín 3 und 4 zu ermöglichen und dafür
insbesondere alle dem BMU dazu vorliegenden und noch zugehenden Do-
kumente umgehend auf der BMU-Webseite zu veröffentlichen;

● die Republik Tschechien im Rahmen des bilateralen Abkommens auf dem
Gebiet der nuklearen Sicherheit zu ersuchen, neben dem bevorstehenden Er-
örterungstermin in Tschechien auch hierzulande eine Anhörung zu Temelín
3 und 4 durchzuführen;

● im Rahmen der weiteren tschechisch-deutschen Kooperation hinsichtlich
des Projekts Temelín 3 und 4 auch die sich aus der Atomkatastrophe von Fu-
kushima ergebenden Erkenntnisse und Konsequenzen zu thematisieren;

● sich auch im Rahmen anderer Abkommen auf dem Gebiet der nuklearen Si-
cherheit und der Umweltverträglichkeitsprüfung sowie auf der EU-Ebene
für mehr Transparenz, Bürgerbeteiligung und höhere Sicherheitsanforderun-
gen einzusetzen.

Berlin, den 5. Juli 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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