BT-Drucksache 17/6417

Umgehung des Emissionshandels

Vom 4. Juli 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/6417
17. Wahlperiode 04. 07. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Bärbel Höhn, Dr. Hermann Ott, Oliver Krischer, Hans-Josef
Fell, Sylvia Kotting-Uhl, Undine Kurth (Quedlinburg), Nicole Maisch, Dorothea
Steiner und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Umgehung des Emissionshandels

In Deutschland unterliegen Feuerungsanlagen mit einer Feuerungsleistung von
20 Megawatt und mehr Feuerungswärmeleistung dem Emissionshandel. Anla-
gen mit einer geringeren Feuerungsleistung sind in der aktuellen zweiten
Handelsperiode bis 2012 befreit. Eine solche Befreiung ist auch für die dritte
Handelsperiode bis 2020 vorgesehen. Solche Ausnahmeregelungen bergen die
Gefahr, dass mittels kreativer Geschäftsmodelle gesetzliche Regelungen um-
gangen werden. Insbesondere vor dem Hintergrund zu erwartender steigender
Zertifikatepreise im Hinblick auf die kommende dritte Handelsperiode könnte
ein verstärkter Anreiz dafür bestehen, den Emissionshandel durch Stückelung
des Energiebedarfs auf Kleinanlagen zu umgehen, die subventionierten und kli-
maschädlichen Braunkohlestaub verbrennen und von unterschiedlichen Anbie-
tern betrieben werden. Insbesondere der Energiekonzern RWE Vertrieb AG in-
vestiert derzeit z. B. 40 Mio. Euro auf dem Knapsacker Chemiehügel, um nach
eigenen Angaben die steigende Nachfrage energieintensiver Industriebetriebe
nach Braunkohlenstaub befriedigen zu können.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie beurteilt die Bundesregierung grundsätzlich die Gefahr, dass der Emis-
sionshandel bewusst durch eine Stückelung der Energieversorgung auf
emissionshandelsfreie Anlagen verschiedener Anbieter umgangen wird?

2. Könnte sich so aus Sicht der Bundesregierung der Ausstoß von Treibhaus-
gasen insgesamt erhöhen, wenn z. B. effiziente aber emissionshandelspflich-
tige Gaskraftwerke durch mehrere emissionshandelsfreie aber uneffizientere
Braunkohlestaubanlagen ersetzt werden?

3. Welche Einsparungen durch den nicht notwendigen Kauf von Emissionszer-
tifikaten könnten Unternehmen nach Ansicht der Bundesregierung durch
eine solche Umgehung des Emissionshandels für den Bezug von Strom oder
Wärme im Einzelfall erzielen?

4. Sind der Bundesregierung bereits konkrete Fälle bekannt, in denen bisher
z. B. emissionshandelspflichtige Gaskraftwerke durch mehrere Kleinan-
lagen mit Kohlestaubverstromung ersetzt werden sollen, die nicht dem
Emissionshandel unterliegen?

5. Inwieweit liegen der Bundesregierung Erkenntnisse über die Aktivitäten des
Unternehmens GETEC AG Contracting aus Sachsen-Anhalt und seinen
Contracting-Modellen im Zusammenhang mit dem Emissionshandel vor,
und wie beurteilt sie diese?

Drucksache 17/6417 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
6. Liegen der Bundesregierung inzwischen Erkenntnisse darüber vor, welche
Kraft- bzw. Heizkraftwerke in den Größenklassen bis 20 Megawatt seit
2000 in Deutschland errichtet worden sind, nachdem sie auf eine entspre-
chende Schriftliche Frage des Abgeordneten Oliver Krischer vom Mai
2010 (Bundestagsdrucksache 17/1645) dazu noch keine Angaben machen
konnte?

Wenn nein, warum hat die Bundesregierung diese Daten noch immer nicht
erhoben?

7. Wie viele nicht emissionshandelspflichtige Braunkohleanlagen bis
20 Megawatt wurden nach Erkenntnis der Bundregierung insbesondere
von dem zuvor genannten Unternehmen GETEC AG Contracting bisher in
Deutschland errichtet oder werden von diesem betrieben?

Wie viele Anlagen des Unternehmens sind in Planung oder Bau?

8. Welche Anlagen zur Herstellung von Braunkohlestaub gibt es (bitte Auflis-
tung der Anlagen inklusive Produktionskapazitäten)?

9. Wie bewertet die Bundesregierung die aktuell zu beobachtende steigende
Nachfrage nach Braukohlestaub und die entsprechenden Investitionen in
Anlagen zur Braunkohlestauberzeugung auch vor dem Hintergrund der
Klimaschutzziele?

10. Plant die Bunderegierung gegen Umgehungstatbestände des Emissionshan-
dels vorzugehen, und wenn ja, wie?

Berlin, den 1. Juli 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.