BT-Drucksache 17/6336

Personaloffensive für den wissenschaftlichen Nachwuchs starten

Vom 29. Juni 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/6336
17. Wahlperiode 29. 06. 2011

Antrag
der Abgeordneten Swen Schulz (Spandau), Dr. Ernst Dieter Rossmann,
Dr. Hans-Peter Bartels, Klaus Barthel, Willi Brase, Ulla Burchardt,
Petra Ernstberger, Michael Gerdes, Iris Gleicke, Klaus Hagemann,
Christel Humme, Oliver Kaczmarek, Daniela Kolbe (Leipzig), Thomas Oppermann,
Florian Pronold, René Röspel, Marianne Schieder (Schwandorf), Andrea Wicklein,
Dagmar Ziegler, Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

Personaloffensive für den wissenschaftlichen Nachwuchs starten

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Deutschlands wirtschaftliche und wettbewerbliche Stärke gründet auf der hohen
fachlichen Qualifizierung und der Kreativität seiner Beschäftigten. Aufgrund
der demografischen Entwicklung und auch aufgrund des zunehmenden interna-
tionalen Konkurrenzdruckes kommt insbesondere der Förderung des wissen-
schaftlichen Nachwuchses eine Schlüsselrolle für die künftige Wettbewerbs-
fähigkeit Deutschlands zu – und zwar sowohl als Entwicklungs- und Produk-
tionsstandort als auch als attraktiver Forschungs-, Arbeits- und Lebensort. Es ist
daher eine Kernaufgabe des deutschen Wissenschafts- und Forschungssystems,
jungen hochmotivierten und engagierten Nachwuchswissenschaftlerinnen und
-wissenschaftlern attraktive Arbeitsbedingungen und verlässliche Karriere-
perspektiven einerseits, aber auch klare und planbare Lebensperspektiven ande-
rerseits zur Verfügung zu stellen.

Der Deutsche Bundestag nimmt daher mit Sorge zur Kenntnis, dass der wissen-
schaftliche Nachwuchs in großen Teilen seine berufliche und private Zukunft
mit Unsicherheiten und Unwägbarkeiten belastet sieht. Dies betrifft laut einer
aktuellen Studie der HIS Hochschul-Informations-System GmbH offenbar ins-
besondere die konkreten Beschäftigungsbedingungen, die mittel- bis langfris-
tigen Karriereaussichten sowie die Vereinbarkeit von Karriere, Familie und
Privatleben.

Die in den amtlichen Statistiken ablesbare finanzielle und personelle Entwick-
lung an den Hochschulen stützt diese Wahrnehmung. Während die Zahl der Stu-
dierenden von 2000 bis 2009 um rund 18 Prozent auf 2,12 Millionen angestiegen
ist, stieg im gleichen Zeitraum die Personalkapazität der Hochschulen gemessen

in Vollzeitäquivalenten im wissenschaftlich-künstlerischen Bereich um ledig-
lich 14 Prozent und die Zahl der Professuren lediglich um 6 Prozent. Der Groß-
teil des wissenschaftsbezogenen Personalausbaus erfolgte zudem im befristeten
Bereich, wie z. B. bei wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
oder Lehrbeauftragten, sowie insbesondere in Form von Teilzeit- oder neben-
beruflicher Beschäftigung. Der erfolgversprechende Weg zum Lehrstuhl über
die Juniorprofessur konnte bisher auch nicht die in ihn gesetzten Erwartungen

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erfüllen, da Bund und Länder den weiteren Ausbau der bisher rund 1 000 Pro-
fessuren versäumt haben. Hier werden Potenziale unterhalb der Normalprofes-
sur unzureichend genutzt und Chancen für den wissenschaftlichen Nachwuchs
verspielt.

Der Trend zu befristeten Beschäftigungen in der Wissenschaft trägt bei den jun-
gen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern besonders stark zur negativen
Wahrnehmung ihrer Karrierechancen bei. Bei den wissenschaftlich-künstleri-
schen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern befanden sich 2009 rund 83 Prozent in
befristeten Beschäftigungsverhältnissen. Weniger als 10 Prozent der Nach-
wuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler haben eine unbe-
fristete Stelle. Die aktuelle Evaluation zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz sagt
zwar aus, dass 85 bis 90 Prozent der Befristungen erwartungsgemäß in der so ge-
nannten 12- bzw. in der Medizin 15-jährigen Qualifizierungsphase erfolgen.
Dennoch ist auffällig, dass überraschend häufig sehr kurze Vertragszeiten von
einem Jahr und weniger vorkommen sowie relativ hohen Anteile der befristet
Beschäftigten 40 Jahre und älter sind. Damit gehen zwangsläufig negative Rück-
wirkungen auf die Lebens- und Karriereplanung einher, die gerade im vierten
und fünften Lebensjahrzehnt zunehmend mit dem Wunsch nach Verlässlichkeit,
Stabilität und besserer Vereinbarkeit von Familie und Karriere kollidieren.

Die Neufassung des Sonderbefristungsrechtes für die Wissenschaft durch das
Wissenschaftszeitvertragsgesetz hat dennoch offenkundig den Befristungstrend
nicht verstärkt, aber ihn auch nicht aufgehalten. Um den Tarifpartnern in ihrer
wechselseitigen Verantwortung und Autonomie flexiblere Lösungen in der Wis-
senschaft im Sinne der Beschäftigten zu ermöglichen, ist es notwendig, die im
Gesetz enthaltene und sachlich unbegründete Tarifsperre aufzuheben, die eine
Abweichung von den Bestimmungen durch tarifvertragliche Vereinbarungen
untersagt.

Eine Ursache für die personalstrukturelle Entwicklung ist die fortlaufende Un-
terfinanzierung der Hochschulen. So wuchsen die laufenden Grundmittel für die
Hochschulen nicht in dem gleichen Maße an, wie etwa die Zahl der Studieren-
den. Auch sind die kostensteigernden Effekte der Umstellung der Studiengänge
im Zuge der Bologna-Reform nur unzureichend berücksichtigt. Diese Effekte,
die sich auch aus der gewünschten Verbesserung der Studienbetreuung ergeben,
wurden vom Wissenschaftsrat mit rund 15 Prozent taxiert. Während somit die
laufenden Grundmittel für die Hochschulen von 2000 bis 2008 um lediglich
12 Prozent auf rund 14,6 Mrd. Euro gewachsen sind, stieg im gleichen Zeitraum
der Finanzierungsbeitrag aus Drittmitteln um rund 71 Prozent auf rund 4,8 Mrd.
Euro. Die Drittmittel stammen wiederum zu rund 65 Prozent aus öffentlichen
Mitteln. Rund 39 Prozent der wissenschaftlich-künstlerischen Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter wurden 2009 aus Drittmitteln finanziert. Überraschend ist, dass
Hochschulen deutlich früher als außeruniversitäre Forschungseinrichtungen
Drittmittelbefristungen geltend machen, ohne dass etwa die Qualifizierungs-
obergrenzen bereits ausgeschöpft wären, und diese auch sehr kurz befristen.
Beides widerspricht dem Schutzgedanken des Sonderarbeitsrechts in der Wis-
senschaft und muss überprüft werden.

Für den weiblichen wissenschaftlichen Nachwuchs ist die Hürde zu einer Pro-
fessur offenbar besonders hoch. Während 2009 rund 48 Prozent der Studieren-
den und 51 Prozent der Absolventen weiblich waren, fällt ihr Anteil bei den Pro-
motionen auf 44 und den Habilitationen auf rund 24 Prozent. Frauen machen
trotz positiver Tendenz auch 2009 lediglich 18 Prozent der Professorenschaft
aus, an den C4/W3-Lehrstühlen halten sie sogar nur 14 Prozent. Obwohl an den
Hochschulen der Frauenanteil von 2000 bis 2009 in allen Personalkategorien zu-
genommen hat, bleibt es damit bei der negativen Tendenz des Frauenanteils in

den einzelnen Karrierestufen – trotz des positiven Beitrags des Professorinnen-

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programms von Bund und Ländern. Lediglich die Juniorprofessur sticht weiter
positiv hervor mit einem Frauenanteil von rund 37 Prozent.

Die Grundlast in Forschung und vor allem Lehre an den Hochschulen wird somit
zunehmend von befristeten Teilzeitkräften oder Honorarkräften getragen mit
entsprechenden Auswirkungen auf die Arbeits- und Karriereperspektiven für
den wissenschaftlichen Nachwuchs.

Die Situation bei den außeruniversitären Forschungseinrichtungen ist auch in-
folge deren genereller Forschungsfokussierung grundsätzlich positiver. Hier
wirkt sich unter anderem die finanzielle Verlässlichkeit des Aufwuchsszenarios
aus, das durch den Pakt für Forschung und Innovation oder auch die Exzellenz-
initiative (Spitzencluster, Graduiertenschulen) geschaffen wurde und das von
der ehemaligen Bundesregierung unter Gerhard Schröder initiiert und von der
großen Koalition fortgesetzt worden ist. Entsprechend konnten allein von 2000
bis 2007 die Stellen für Forscherinnen und Forscher bei allen vier großen Orga-
nisationen gesteigert werden; bei der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher For-
schungszentren (HGF) und der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm
Leibniz (WGL) um rund 12 Prozent, bei der Max-Planck-Gesellschaft (MPG)
und der Fraunhofer-Gesellschaft (FhG) sogar um über 47 bzw. 42 Prozent.
Erfreulich ist dabei, dass der Frauenanteil an diesen Stellen bei allen Organisa-
tionen überproportional gesteigert werden konnte.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) leistet mit ihrem spezifischen
Profil von über 250 Graduiertenkollegs, erfolgreichen Postdoc-Programmen
(unter anderem rund 470 geförderte Nachwuchsgruppen im Emmy-Noether-
Programm) und den bisher 77 Heisenberg-Professuren wichtige Beiträge zur
Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Auch in der Frauenförderung
setzt die DFG mit ihren Gleichstellungsstandards wichtige Ziele, wobei die er-
folgreiche Umsetzung erst anläuft und es für eine Effizienzbewertung der Maß-
nahme daher zu früh ist.

Die Vielfalt der Wege in Deutschland zur Promotion muss erhalten bleiben. Da-
bei ist es erfreulich, dass der Ausbau strukturierter Promotionsverfahren zu-
nimmt und 2005 den Anteil von rund 15 Prozent der Promovierenden erreicht
hat. Zudem weist die strukturierte Promotion empirisch die kreativitätssteigern-
den und qualitätssichernden Effekte tatsächlich auf, die konzeptionell mit einer
partizipativen, dialog- oder teamzentrierten und multidisziplinären Betreuung
verbunden werden. Qualitätsstandards wie ein individueller Betreuungsvertrag,
zusätzliche passgenaue Qualifizierungsangebote oder auch eine stärkere Tren-
nung von Betreuung und Bewertung von Promotionsvorhaben werden zuneh-
mend übernommen oder versuchsweise eingeführt. Diese Entwicklung muss
unterstützt werden. Verbesserungsbedürftig erscheint allerdings weiterhin die
kooperativere und flächendeckend vergleichbare Einbindung von FH-Professo-
rinnen und -Professoren an Promotionsvorhaben. Auch die einheitliche Erfas-
sung aller Promovierenden und die länderübergreifend vergleichbare hochschul-
rechtliche Einordnung der Doktoranden an den Hochschulen bleiben eine
Herausforderung.

Diese Befunde zeigen insgesamt, dass die enormen Anstrengungen von Bund
und Ländern seit 2004, mit ihren drei Initiativen gemeinsam die Wissenschaft
und Forschung zu stärken und Chancen für den wissenschaftlichen Nachwuchs
auszubauen, zwar wirken, aber auch noch nicht ausreichend sind. Alle drei Ini-
tiativen sind erfolgreich und stellen Wissenschaft und Forschung erhebliche zu-
sätzliche Mittel zur Verfügung. Es war daher richtig und wichtig, sie 2009 zu
verlängern. Bund und Länder müssen dabei ihre Projektförderung verlässlich
und langfristig anlegen. Deutlich vor dem Auslaufen der aktuellen Pakte muss
Planungssicherheit hergestellt werden. Langfristig muss durch Bund und Länder

eine Vollkostenförderung weiter angestrebt werden, denn nur so werden alle
Kosten eines Projekts auch aus den dafür vorgesehenen Haushaltsmitteln finan-

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ziert. Andernfalls besteht die Gefahr, dass Haushaltsmittel, mit denen eigentlich
feste Stellen für die Lehre finanziert werden sollen, weiterhin die Drittmittelpro-
jekte querfinanzieren.

Bund und Länder dürfen gerade in Anbetracht ihrer Anstrengungen die Hoch-
schulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen zu keiner Zeit aus der
Pflicht entlassen, für verlässliche, planbare und attraktive Karriereperspektiven
für den wissenschaftlichen Nachwuchs zu sorgen. Trotz der gegebenen zeitli-
chen Befristung der zusätzlichen Fördermittel von Bund und Ländern eröffnen
diese deutlich größere Handlungsspielräume für zusätzliche unbefristete und
perspektivisch ausgerichtete Stellenangebote, als derzeit von den Hochschulen
und Forschungsinstituten genutzt werden. Gerade im Kontrast zur Wirtschaft, in
der trotz wechselhafter Auftragslage und eines gesicherten, notwendigen Kün-
digungsschutzes dennoch die unbefristete Festanstellung als Normalform gilt,
zeigen sich teilweise deutliche Rückstände im Wissenschaftsmanagement und
dessen Personalentwicklungsplanung. Letztlich müssen die Hochschulen wie
die Forschungseinrichtungen die Verantwortung für ihre Mitarbeiter und eine
ordentliche Personalentwicklung übernehmen. Dazu gehört auch, dass bei stei-
gendem Drittmittelanteil auch aus befristeten Drittmitteln unbefristete Stellen fi-
nanziert werden. Diese Bringschuld der Wissenschaftseinrichtungen in Sachen
vorausschauender Personalplanung und entsprechender Entwicklungskonzepte
hat die Politik mit Nachdruck einzufordern.

Zusammengefasst lassen diese Befunde erkennen, welcher Enthusiasmus und
wie viel Risikobereitschaft heute notwendig sind, um eine wissenschaftliche
Karriere einzuschlagen und auch durchzuhalten. Die Bildungspolitik darf den
wissenschaftlichen Nachwuchs nicht mit seinen Sorgen alleine lassen. Der Bund
muss darum seine Möglichkeiten nutzen, um in Zusammenarbeit mit den Län-
dern sowie den Hochschulen und Forschungseinrichtungen gute Arbeitsbedin-
gungen, klare Perspektiven und im vorgerückten Alter und zunehmender Quali-
fikation auch unbefristete Beschäftigung zu ermöglichen. Nur dann können auch
die exzellenten Leistungen erwartet werden, die die Gesellschaft von den jungen
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern einfordert und benötigt.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. gemeinsam mit den Ländern eine Personaloffensive für die Hochschulen zu
starten, die folgende Eckpunkte berücksichtigt:

– Aufbau von insgesamt 2 500 zusätzlichen Professuren bis 2020, um die
Betreuungsrelation von Studierenden pro Professur zu verbessern;

– Aufbau und Finanzierung von zusätzlichen 1 000 Juniorprofessuren bis
2015 als Alternative zur Habilitation;

– Steigerung des Anteils mit Tenure Track auf reguläre Professuren bei
positiver Evaluierung an den zusätzlichen Juniorprofessuren;

– länderübergreifend koordinierte Einführung eines mit dem deutschen
Wissenschaftssystem kompatiblen Tenure Track bei befristeter Beschäfti-
gung im Postdoc-Bereich, der bei Bewährung Anschlussoptionen z. B. in
Richtung Juniorprofessur eröffnet;

– flächendeckend verbindliche Einführung einer Betreuungsvereinbarung
bzw. eines Qualifizierungsplanes zwischen Promovierenden und der Ein-
richtung bzw. des Betreuers/der Betreuer, die Rechte und Pflichten (Lehr-
verpflichtungen, Zeitpläne, Betreuungsfrequenz, ergänzende Qualifizie-
rungsangebote usw.) für beide Seiten enthält und den Kernzweck der
Qualifizierung des Promovierenden sicherstellt;

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– Sicherstellung einer erweiterten und flächendeckend vergleichbaren Mög-
lichkeit von FH-Professorinnen und -Professoren, an Promotionsvorhaben
hinsichtlich Studienleistungen, Betreuungs-, Begutachtungs- sowie Prü-
fungsleistungen mitwirken zu können (Pflicht zur Kooperation);

– Steigerung des Anteils von Promovierenden in strukturierten Promotions-
programmen, da deren kooperative, partizipative und multidisziplinäre
Betreuungsverfahren wesentlich zur Qualitätssicherung des Promotions-
ergebnisses beitragen;

– Prüfung der Option, Betreuung und Beurteilung von Promotionsvorhaben
stärker zu trennen und möglicher niedrigschwelliger Streitschlichtungs-
verfahren;

– Steigerung des Anteils von Frauen in Führungsgremien der Hochschulen
auf mindestens 30 Prozent bis 2015 sowie auf 40 Prozent bis 2020;

– Einführung einer flexiblen Frauenquote nach dem Kaskadenmodell, in-
dem die verbindliche Zielquote sich aus dem Anteil von Frauen an der
vorhergehenden Qualifizierungsstufe ergibt;

– Ausbau der Kinderbetreuungsangebote zur besseren Vereinbarkeit von
Familie und wissenschaftlicher Karriere:

– Verpflichtung aller Hochschulen zur Erhöhung des Anteils des unbefristet
beschäftigten wissenschaftlichen Personals;

– bei den Verträgen von befristet beschäftigtem wissenschaftlichem Perso-
nal eine Regellaufzeit von mindestens zwei Jahren vorzusehen und von
Laufzeiten von einem Jahr und weniger abzusehen;

– bei von der DFG oder durch die Projektförderung des Bundes finanzierten
Projekten die Befristung der Verträge der Projektmitarbeiter regelmäßig
auf die vorgesehene Projektlaufzeit plus einen Monat auszurichten, um für
die Beschäftigten im Übergang zur Anschlussbeschäftigung die Doppel-
belastung von Projektabschluss und im Regelfall mehrerer gleichzeitiger
Bewerbungsverfahren abzumildern;

– bei der Befristungen der Beschäftigung von wissenschaftlichem Personal
zunächst die Obergrenzen der 12- bzw. 15-jährigen Qualifizierungsphase
auszuschöpfen, bevor als Befristungsgrund die Drittmittelfinanzierung
der betreffenden Stelle gewählt wird;

– Verpflichtung aller Hochschulen zur Einrichtung und Weiterentwicklung
einer zeitgemäßen Personalplanung und entsprechender Personalentwick-
lungskonzepte;

– Einführung einer länderübergreifend einheitlichen Erfassung aller Promo-
vierenden;

– Sicherstellung einer länderübergreifend vergleichbaren Rechtsstellung
aller Promovierenden im Bezug zur Hochschule (unter anderem Immatri-
kulation, hochschulrechtlicher Status, sozialversicherungsrechtlicher Sta-
tus), ohne die Möglichkeit individuell verantworteter und betreuter
Promotionsverfahren dadurch einzuschränken;

2. zur Finanzierung der gemeinsamen Personaloffensive die Bundesförderung
im Rahmen des Hochschulpaktes II an die zu erwartende erhöhte Studien-
nachfrage bedarfsgerecht anzupassen und diese zusätzlichen Mittel zweck-
zubinden an die Umsetzung dieser Personaloffensive von Bund und Ländern;

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3. zur besseren Verlässlichkeit und Planbarkeit der Hochschulfinanzierung die
Programmpauschalen (Overhead) bei der DFG-Förderung des Hochschul-
paktes anzuheben und über Zielvereinbarungen an die Umsetzung der oben
skizzierten Personaloffensive von Bund und Ländern zu binden; die Pro-
grammpauschalen der DFG-Förderung sind dabei künftig zur Hälfte von den
Ländern zu finanzieren;

4. den angekündigten Entwurf zu einem Wissenschaftsfreiheitsgesetz zeitnah
vorzulegen und dabei sanktionsfähige Zielvereinbarungen mit den außer-
universitären Forschungseinrichtungen vorzusehen, die folgende Maßnah-
men enthalten:

– Übertragung der Personalverantwortung an die außeruniversitären For-
schungseinrichtungen;

– Verringerung des Anteils des wissenschaftlichen Personals mit befristeten
Beschäftigungsverträgen im Postdoc-Bereich;

– Steigerung des Angebots an Promotionsstellen mit mindestens 75-prozen-
tigen Anteilen für die eigene Qualifizierung;

– bei den Verträgen von befristet beschäftigtem wissenschaftlichem Perso-
nal eine Regellaufzeit von mindestens zwei Jahren vorzusehen und von
Laufzeiten von einem Jahr und weniger abzusehen;

– Ausbau der Förderprogramme „Heisenberg-Professur“ und „Emmy-
Noether-Programm“ der DFG;

– Ausbau der Förderfähigkeit der „Eigenen Stelle“ im Rahmen der DFG-
Förderung, etwa indem anteilige Refinanzierungen verstärkt werden und
auch ein professionelles Projektmanagement selbst förderfähig wird;

– soweit nicht bereits vorgesehen, die flächendeckend verbindliche Einfüh-
rung einer Betreuungsvereinbarung bzw. eines Qualifizierungsplanes
zwischen Promovierenden und der Einrichtung bzw. des Betreuers/der
Betreuer, die Rechte und Pflichten (Lehrverpflichtungen, Zeitpläne, Be-
treuungsfrequenz, ergänzende Qualifizierungsangebote usw.) für beide
Seiten enthält und den Kernzweck der Qualifizierung des Promovierenden
sicherstellt;

– Ausbau der Kinderbetreuungsangebote zur besseren Vereinbarkeit von
Familie und wissenschaftlicher Karriere;

5. einen Gesetzentwurf vorzulegen, um die Tarifsperre des Wissenschaftszeit-
vertragsgesetzes aufzuheben. Auch in der Wissenschaft sollten Arbeitnehmer
und Arbeitgeber von den gesetzlichen Bestimmungen abweichende Regelun-
gen treffen können.

Berlin, den 29. Juni 2011

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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