BT-Drucksache 17/6295

Barrierefreie Mobilität und barrierefreies Wohnen - Voraussetzungen für Teilhabe und Gleichberechtigung

Vom 28. Juni 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/6295
17. Wahlperiode 28. 06. 2011

Antrag
der Abgeordneten Kirsten Lühmann, Sören Bartol, Uwe Beckmeyer, Martin
Burkert, Petra Ernstberger, Iris Gleicke, Ulrike Gottschalck, Michael Groß,
Hans-Joachim Hacker, Gustav Herzog, Gabriele Hiller-Ohm, Josip Juratovic,
Johannes Kahrs, Anette Kramme, Angelika Krüger-Leißner, Ute Kumpf,
Gabriele Lösekrug-Möller, Katja Mast, Thomas Oppermann, Florian Pronold,
Anton Schaaf, Silvia Schmidt (Eisleben), Ottmar Schreiner, Dr. Frank-Walter
Steinmeier und der Fraktion der SPD

Barrierefreie Mobilität und barrierefreies Wohnen – Voraussetzungen für Teilhabe
und Gleichberechtigung

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Barrierefreiheit und Zugänglichkeit sind Grundrechte. Barrierefreiheit bildet
einen wichtigen Bestandteil der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am
gesellschaftlichen Leben und ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu ihrer
Gleichberechtigung.

Deutschland hat auf dem Weg zur barrierefreien Gesellschaft in den letzten Jah-
ren viel erreicht. Mit dem Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) im Jahr
2002, dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) im Jahr 2001 und dem
Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz im Jahr 2006 wurden wichtige Meilen-
steine auf dem Weg zu einer gleichberechtigten Teilhabe von Menschen bereits
gesetzt.

Im Dezember 2008 verabschiedete der Deutsche Bundestag mit den Stimmen
aller Fraktionen das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit
Behinderungen. Die UN-Konvention für die Rechte behinderter Menschen
weist in ihrem Artikel 9 darauf hin, dass die Herstellung einer barrierefreien
Umwelt Bedingung für eine unabhängige Lebensführung und die volle Teilhabe
an allen Aspekten des Lebens ist. Dem muss die Politik der Bundesregierung
jetzt Rechnung tragen.

Politik für Barrierefreiheit ist kein Zugeständnis an die Betroffenen. Vielmehr
haben Menschen mit Behinderungen ein Recht auf eine diskriminierungsfreie
Umgebung. Dieser Anspruch wird heute bei Weitem noch nicht erfüllt. So sind
beispielsweise nur 71 Prozent aller Bahnhöfe in Deutschland barrierefrei. Nach

Schätzungen der Wohnungswirtschaft ist nur 1 Prozent des Wohnungsbestands
barrierefrei und nur weitere 4 Prozent sind barrierearm ausgestaltet. Die beste-
henden DIN-Normen zum barrierefreien Bauen wurden durch die Bundesländer
nur zum Teil im Baurecht verankert. Noch immer berichten Betroffene über teils
unzumutbare Barrieren bei Flug- oder Bahnreisen, beim Arztbesuch oder im
Schwimmbad.

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Eine barrierefreie Umwelt kommt jedoch nicht nur Menschen mit dauerhaften
Behinderungen zugute, sondern erleichtert und ermöglicht älteren Personen,
Familien mit Kindern und zeitweise mobilitätseingeschränkten Menschen den
Alltag. Barrierefreiheit ist für 10 Prozent der Bevölkerung zwingend erforder-
lich, für über 30 Prozent hilfreich und für 100 Prozent komfortabel.

Bereits heute machen Menschen mit Behinderungen ca. 10 Prozent der Be-
völkerung aus. Mehr als drei Viertel der Menschen mit Behinderungen sind über
55 Jahre alt. Die Anzahl der über 80-Jährigen wird nach demografischen Prog-
nosen bis 2050 auf über 10 Millionen ansteigen, mit entsprechenden Folgen für
den Anteil von Menschen mit Behinderungen und Menschen mit Mobilitätsein-
schränkungen an der Gesamtbevölkerung. Aber auch andere Personengruppen
wie Eltern mit Kinderwagen oder Menschen mit vorübergehenden Mobilitäts-
einschränkungen profitieren von umfassender Barrierefreiheit. Deshalb wird
Politik für eine umfängliche Barrierefreiheit zur zentralen Zukunftsaufgabe für
Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. Barrierefreiheit muss als „accessibility main-
streaming“ zu einem Grundsatz öffentlichen Handelns werden.

Es geht daher im Bereich Mobilität um die barrierefreie Gestaltung von öffent-
lichen Verkehrsmitteln und gerade angesichts der absehbar zunehmenden alters-
bedingten Beeinträchtigungen darum, Mobilität für alle zu ermöglichen – und
zwar nicht nur im Sinne räumlicher Mobilität, sondern im Sinne der Erreichbar-
keit von und des Zugangs zu Arbeitsstätten, Einkaufsmöglichkeiten, ärztlicher
Versorgung, Bildungs-, kulturellen und sozialen Angeboten.

Nötig ist deshalb ein integrierter Ansatz der Raum-, Stadt- und Verkehrs-
planung, der kompakte Siedlungsstrukturen mit einer verbesserten Nahver-
sorgung fördert – besonders im ländlichen Raum ergänzt durch flexible und
barrierefreie öffentliche Verkehrsangebote.

Inklusion im Bereich der Mobilität bedeutet nicht nur, dass Menschen mit Be-
hinderungen und Mobilitätseinschränkungen die Beförderung nicht aufgrund
ihrer Einschränkungen versagt werden darf, sondern auch dass bestehende
physische und technische Barrieren grundsätzlich als diskriminierend aufzu-
fassen sind. Für ihre Beseitigung sind klare Fristen und Vorgaben zu setzen,
bei der Neuanschaffung von Flug- und Fahrzeugen und beim Neubau von Infra-
struktur sind klare Mindeststandards notwendig.

Mit der im Jahr 2006 beschlossenen Verordnung über die Rechte von behinderten
Flugreisenden ((EG) Nr. 1107/2006) wurde die diskriminierungsfreie Beförde-
rung im Luftverkehr durch die EU angestrebt. Allerdings bleibt die Verordnung
weit hinter der Verpflichtung der UN-Behindertenrechtskonvention zurück und
schreibt zum Beispiel keinerlei Eingriff in das Design und die Ausstattung von
Flugzeugen vor, so dass keine diskriminierungsfreie Beförderung möglich ist.

Dem Recht auf selbstbestimmtes Wohnen und auf freie Wohnungswahl kann
nur durch die Ausweitung des Angebots an barrierefreien und barrierearmen
Wohnungen entsprochen werden. Auch hiervon profitieren nicht nur Menschen
mit Behinderungen, sondern u. a. Seniorinnen und Senioren, die so auch bei
körperlichen Einschränkungen in ihrer gewohnten Umgebung leben können.
Dies ist nicht nur aus grundsätzlichen Erwägungen anzustreben, sondern ent-
lastet zudem die Sozialsysteme von Unterbringungskosten.

Um Barrierefreiheit zu erreichen, braucht es nicht nur die Verpflichtung von
Anbietern zur barrierefreien Gestaltung und zur Einhaltung von Standards,
sondern auch die frühzeitige Beteiligung von Menschen mit Behinderungen als
Experten in eigener Sache.

Barrierefreiheit muss selbstverständlich werden bei Bau und Umbau. Der Deut-
sche Bundestag will ein Bewusstsein dafür schaffen, sowohl bei Bauprofis als

auch in der Bevölkerung. Das ist nur zu erreichen, wenn sich zum Beispiel
angehende Architekten und Architektinnen bereits während des Studiums mit

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dem Thema „Barrierefreiheit“ auseinandersetzen müssen. Das Ziel des Deut-
schen Bundestages ist, dass Barrierefreiheit bei Planung und Ausführung mit-
bedacht wird, genau wie Statik und Brandschutz heute. Dies gilt insbesondere
für Baumaßnahmen der öffentlichen Hand. Zielführend wäre eine stärkere
Kopplung staatlicher Förderung an Kriterien der Barrierefreiheit.

Die Politik auf Bundesebene ist nicht uneingeschränkt zuständig. Deshalb wird
der Bund auf die z. B. für Bauüberwachung zuständigen Länder einwirken, ihre
Aufgaben ernster zu nehmen und eindeutig zugunsten von Barrierefreiheit aus-
zufüllen.

Einen wichtigen Ansatzpunkt der Bundesseite sieht der Bundestag in der Förde-
rung von barrierefreiem Bau und Umbau. Dazu wollen wir staatliche Förderung
allgemein stärker an die Voraussetzung für Barrierefreiheit koppeln. Bestehende
Programme der KfW Bankengruppe sollen weiterentwickelt und ergänzt wer-
den, damit will der Bundestag den Anforderungen der UN-Konvention an den
Gebäudebereich schneller entsprechen und den Herausforderungen des demo-
grafischen Wandels besser begegnen können. Die Auswirkungen staatlicher
Förderung müssen regelmäßig evaluiert werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

Öffentlicher Personenverkehr

● sich dafür einzusetzen, dass sich die Barrierefreiheit im öffentlichen Perso-
nennahverkehr (ÖPNV) auf die gesamte Reisekette bezieht. Es reicht nicht
aus, nur einzelne Stationen wie zum Beispiel Haltestellen barrierefrei und
familienfreundlich zu gestalten, sondern es muss der gesamte Weg – von der
Haustür bis zum Ziel – für Mobilitätseingeschränkte zugänglich gemacht
werden. Unter anderem müssen sich die Akteure im Bereich Mobilität besser
vernetzten, um Schnittstellen bei unterschiedlicher Zuständigkeit der Reise-
kette (z. B. bei Verkehrsmitteln und Haltestellen) aufeinander abzustimmen;

● sich dafür einzusetzen, dass Fahrgast- und Tarifinformationen barrierefrei
für Menschen mit Seh- und Hörbeeinträchtigungen gestaltet werden, in
leichter Sprache formuliert und unter weitgehender Verwendung von Pikto-
grammen dargestellt werden;

● Forschungsvorhaben und Modellprojekte – etwa zur barrierefreien Gestal-
tung von Fahrplanauskünften oder Unterstützung mobilitätseingeschränkter
Menschen bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel – zu fördern;

● neben der ausreichenden Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistun-
gen auch den barrierefreien öffentlichen Personennahverkehr als Teil der
Daseinsvorsorge in das Regionalisierungsgesetz aufzunehmen;

● eine Evaluierung der Änderungen durchzuführen, die durch das Behinderten-
gleichstellungsgesetz unter anderem im Personenbeförderungsgesetz, im
Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz, in der Eisenbahn-Bau- und Betriebs-
ordnung und im Luftverkehrsgesetz vorgenommen worden sind. Dabei sollen
die Auswirkungen dieser Änderungen umfassend unter Einbeziehung landes-
gesetzlicher Regelungen und konkreter Erfahrungen Betroffener untersucht
werden. Besonderes Augenmerk soll darauf liegen,

1. inwieweit die Landes-ÖPNV-Gesetze Vorgaben zur Berücksichtigung
von Barrierefreiheit bei der Aufstellung von Nahverkehrsplänen machen
und inwieweit dies in den Nahverkehrsplänen und in der Genehmigungs-
praxis umgesetzt wird,

2. inwieweit bei der Vergabe im Schienenpersonennahverkehr Barrierefrei-

heit als Kriterium berücksichtigt wird,

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3. inwieweit die Länder von der Verordnungsermächtigung im Personen-
beförderungsgesetz Gebrauch machen, beim Verkehr mit Taxen Regelun-
gen über die Behindertenbeförderung zu treffen;

● bei der geplanten Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes die Ver-
bindlichkeit der Nahverkehrspläne zu erhöhen, damit die bereits heute nach
geltendem Recht in den Nahverkehrsplänen getroffenen Vorgaben zur mög-
lichst weitreichenden Barrierefreiheit im öffentlichen Personennahverkehr
auch in der Genehmigungspraxis verbindlich umgesetzt werden;

Bahnverkehr
● in der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung verbindliche Fristen zur Vorlage

von Programmen zur Schaffung von Barrierefreiheit bei Bahnanlagen und
Schienenfahrzeugen zu verankern. Ausnahmen von diesen Standards müssen
durch die Aufsichtsbehörden begrenzt werden und sind nur im Rahmen einer
Mitbestimmung der Betroffenenverbände zu ermöglichen; in der Eisenbahn-
Bau- und Betriebsordnung ist ein Verschlechterungsverbot hinsichtlich vor-
handener Barrierefreiheit auf Bahnhöfen zu verankern, mit dem Ziel, dass die
Barrierefreiheit bei baulichen Veränderungen mindestens erhalten bleibt oder
verbessert wird;

● gemeinsam mit der Deutschen Bahn AG mittelfristig ausreichend finanzielle
Mittel zur Verfügung zu stellen, damit grundsätzlich alle Bahnhöfe bis 2020
barrierefrei umgebaut werden können. Die momentane Mindestgröße von
1 000 Reisenden täglich als Vorbedingung für den Umbau ist bedingt durch
die unzureichende Bereitstellung von Haushaltsmitteln und ist nicht kon-
form mit der UN-Behindertenrechtskonvention;

● den § 14 Absatz 1 der Eisenbahn-Verkehrsordnung zu überarbeiten und die
Informationspflicht über Fahrgastrechte in § 14 der Eisenbahn-Verkehrsord-
nung so zu gestalten, dass alle – Menschen mit Behinderungen, Menschen im
Alter etc. – unabhängig davon, ob die Fahrkarte über den Schalter, den Auto-
maten oder das Internet erworben wird, über ihre Fahrgastrechte informiert
werden;

● sich dafür einzusetzen, dass Servicezeiten für Auskünfte und Hilfestellung
wie Ein- und Aussteighilfen bedarfsgerecht ausgebaut werden;

● dafür Sorge zu tragen, dass die Buchung von Fahrkarten sowohl online als
auch am Automaten grundsätzlich barrierefrei ermöglicht wird. Dabei ist
das Zwei-Sinne-Prinzip immer zu beachten;

Luftverkehr

● sich dafür einzusetzen, dass das Luftfahrt-Bundesamt hinsichtlich der Ein-
haltung der Rechte von Menschen mit Behinderungen im Flugverkehr die
Überwachung intensiviert. Insbesondere soll die Praxis vieler Billigairlines,
Menschen mit Behinderungen pauschal zurückzuweisen, künftig besser
unterbunden werden;

● sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass Mindeststandards für die
barrierefreie Gestaltung von Flugzeugen durchgesetzt werden. Zum jetzigen
Zeitpunkt haben behinderte Menschen zum Beispiel keinen Zugang zur
Bordtoilette und sie müssen einen auf ihre Bedürfnisse angepassten Rollstuhl
gegen ein auf die Zugänglichkeit eines Flugzeugs zugeschnittenes Hilfsmittel
eintauschen, was in einigen Fällen nicht möglich ist. Zudem ist eine
Verpflichtung zur barrierefreien Gestaltung von Online-Ticket-Buchungen
durchzusetzen;

● sich dafür einzusetzen, dass der Verstoß gegen Informationspflichten von
Flugplatzbetreibern, Luftfahrtunternehmen und Reiseveranstaltern gegen-

über Flugreisenden mit Behinderungen und Mobilitätseinschränkungen
sanktionsbewehrt wird;

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/6295

Fußverkehr

● sich gemeinsam mit den Kommunen für längere Ampelschaltungen für Fuß-
gänger einzusetzen, damit ältere Menschen, Kinder und mobilitätsein-
geschränkte Menschen ohne Gefahr die Straße überqueren können. Heutige
Ampelschaltungen basieren auf der Annahme, dass Fußgänger mit 1,2 Metern
pro Sekunde über die Straße laufen. Für ältere Menschen, Kinder und
Menschen mit Behinderungen ist das häufig zu schnell;

● sich dafür einzusetzen, dass anhand von durchgehenden Leit- und Orientie-
rungssystemen, vorzugsweise mit Piktogrammen oder Realabbildungen,
idealerweise unterstützt durch eine Sprachausgabe, Barrieren für Menschen
mit geistiger Behinderung im öffentlichen Wegenetz und in Einrichtungen
des Nah- und Fernverkehrs abgebaut werden;

● sich für ein lückenloses, hindernisfreies und altengerechtes Wegenetz in Ort-
schaften einzusetzen, mit abgesenkten Bordsteinen und barrierefreien Zu-
gängen. Die diesbezüglich schon vorhandenen Bauvorschriften müssen für
alle Straßenbaumaßnahmen verbindlich und sanktionsbewehrt überwacht
werden;

Barrierefreies Bauen und Wohnen

● sich dafür einzusetzen, dass die Länder die Baunormen zur Barrierefreiheit
unverändert in ihre Technischen Baubestimmungen übernehmen. Ausnah-
men von den Anforderungen an Barrierefreiheit bei Bau und Umbau sollen
nicht mehr zugelassen werden;

● gemeinsam mit den Bundesländern die Musterbauordnung hinsichtlich der
neuen Anforderungen zum barrierefreien Bauen zu überarbeiten; sich dafür
einzusetzen, dass die Länder die Umsetzung von Anforderungen an Barriere-
freiheit bei Bau und Umbau effektiver überwachen und Verstöße stärker
sanktionieren. Defizite bestehen insbesondere bei vereinfachten Baugeneh-
migungsverfahren;

● sich dafür einzusetzen, dass staatliche Förderung für Bauvorhaben (z. B. im
Rahmen des Programms der KfW Bankengruppe zur CO2-Gebäudesanie-
rung) stärker an Barrierefreiheit gekoppelt wird. Eine Förderung für Neu-
bauten soll nur unter der Voraussetzung der Barrierefreiheit gewährt werden;

● sich dafür einzusetzen, dass das KfW-Förderprogramm „Altersgerecht
Umbauen“ weiterentwickelt wird hin zur Förderung barrierereduzierender
Maßnahmen im Allgemeinen sowie hin zu einer massenhaften Förderung
barrierereduzierenden Umbaus in Anbetracht des demografischen Wandels;

● sich vor dem Hintergrund der für alle Bevölkerungsgruppen immer stärker
werdenden Bedeutung der Barrierefreiheit in der Zusammenarbeit zwischen
Bund und Ländern nachdrücklich dafür einzusetzen, dass deren Förderung
integraler Bestandteil der Städtebauförderungsprogramme wird;

● ein Programm zur Förderung der Barrierefreiheit von öffentlichen Gebäuden
aufzulegen. Dies soll insbesondere finanzschwachen Kommunen ermög-
lichen, die Anforderungen der UN-Behindertenrechtskonvention zu erfüllen;

● regelmäßig dem Deutschen Bundestag einen Bericht über die Auswirkungen
der staatlichen Fördermaßnahmen auf den Bestand an barrierefreien und
barrierearmen Wohnungen und Gebäuden vorzulegen. Entsprechend dieser
Evaluationen sollen die Programme angepasst werden;

● sich gegenüber der Wirtschaft, den Kammern und den Hochschulen dafür
einzusetzen, dass Barrierefreiheit Standard in der Ausbildung von Architek-

tinnen und Architekten sowie Ingenieurinnen und Ingenieuren wird;

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● gesetzlich oder per Rechtsverordnung klarzustellen, dass wohnumfeld-
verbessernde Maßnahmen gemäß § 40 Absatz 4 SGB XI auch dann erneut
gewährt werden können, wenn Menschen mit entsprechenden Bedarfen ihren
Wohnort ändern;

● dem Bundestag einen Gesetzentwurf zur Änderung des Eigenheimrenten-
gesetzes (sog. Wohn-Riester) vorzulegen, der die Möglichkeit zur Entnahme
von angespartem Vermögen zum barrierefreien Umbau von Wohnimmobi-
lien, die den Berechtigten bereits gehören, einräumt;

● dafür Sorge zu tragen, dass Menschen mit Behinderungen im Rahmen der
Regelungen zu den Kosten der Unterkunft nach dem Zweiten Buch Sozial-
gesetzbuch auch die im Einzelfall erforderlichen Mehrbedarfe gewährt
werden. Soweit erforderlich, sind dazu die gesetzlichen Regelungen ent-
sprechend anzupassen;

● mit den Bundesländern Gespräche über das Verhältnis von Barrierefreiheit
zu Denkmalschutz und Stadtbildpflege zu führen. Künftig ist sicherzustel-
len, dass zwischen Barrierefreiheit, Denkmalschutz und Stadtbildpflege ein
gleichberechtigter Ausgleich und individuelle Lösungen geschaffen werden.

Berlin, den 28. Juni 2011

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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