BT-Drucksache 17/6266

zu dem Antrag der Abgeordneten Tom Koenigs, Volker Beck (Köln), Viola von Cramon-Taubadel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 17/5909 - Für die Unterstützung der humanitären Hilfe zugunsten der libyschen Zivilbevölkerung und der Flüchtlinge aus Libyen und für eine menschenwürdige Behandlung und Aufnahme von Schutzbedürftigen

Vom 22. Juni 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/6266
17. Wahlperiode 22. 06. 2011

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe (17. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Tom Koenigs, Volker Beck (Köln),
Viola von Cramon-Taubadel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/5909 –

Für die Unterstützung der humanitären Hilfe zugunsten der libyschen
Zivilbevölkerung und der Flüchtlinge aus Libyen und für eine
menschenwürdige Behandlung und Aufnahme von Schutzbedürftigen

A. Problem

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordert in ihrem Antrag die Bundes-
regierung unter anderem auf, internationale Organisationen wie UNHCR und
IOM bei der Evakuierung von Drittstaatsangehörigen, libyschen Flüchtlingen
und anderen Personen, insbesondere aus Misrata, zu unterstützen. Zudem soll
die Bundesregierung humanitär agierende internationale Organisationen wie
OCHA oder das Internationale Komitee des Roten Kreuzes bei der Versorgung
der Menschen in besonders umkämpften Gebieten mit Medikamenten, medizi-
nischem Personal und Trinkwasser unterstützen. Außerdem soll sie die Aufnah-
me weiterer schutzbedürftiger Personen aus Malta und Italien aus humanitären
Gründen prüfen und keine Rückführungen nach Dublin II in diese beiden Län-
dern mehr durchführen.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

C. Alternativen

Keine.
D. Kosten

Keine.

E. Bürokratiekosten

Keine.

Drucksache 17/6266 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/5909 abzulehnen.

Berlin, den 8. Juni 2011

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe

Tom Koenigs
Vorsitzender und Berichterstatter

Frank Heinrich
Berichterstatter

Angelika Graf (Rosenheim)
Berichterstatterin

Serkan Tören
Berichterstatter

Annette Groth
Berichterstatterin

2011 beraten.
komme der Antrag zu früh, da man noch nicht wisse, wohin
das Ganze führe. Man müsse sich für die Zukunft Gedanken
Beide Ausschüsse haben mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthal-
tung der Fraktion DIE LINKE. empfohlen, den Antrag der

machen und eine gesamteuropäische Lösung finden. Ziel
könne es nicht sein, zu versuchen, als Einzelstaat besser zu
sein als die anderen. Man müsse genau sehen, was die EU
gemeinschaftlich leisten könne. Im Rahmen der EU-Ent-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/6266

Bericht der Abgeordneten Frank Heinrich, Angelika Graf (Rosenheim),
Serkan Tören, Annette Groth und Tom Koenigs

I. Überweisung
Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache
17/5909 in seiner 111. Sitzung am 26. Mai 2011 beraten und
an den Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
zur federführenden Beratung und an den Auswärtigen Aus-
schuss, den Innenausschuss und den Ausschuss für die An-
gelegenheiten der Europäischen Union zur Mitberatung
überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordert in ihrem
Antrag die Bundesregierung unter anderem auf, internatio-
nale Organisationen wie UNHCR und IOM bei der Evakuie-
rung von Drittstaatsangehörigen, libyschen Flüchtlingen und
anderen Personen, insbesondere aus Misrata, zu unterstüt-
zen. Zudem soll die Bundesregierung humanitär agierende
internationale Organisationen wie OCHA oder das inter-
nationale Komitee des Roten Kreuzes bei der Versorgung
von Menschen in besonders umkämpften Gebieten mit
Medikamenten, medizinischem Personal und Trinkwasser
unterstützen. Außerdem soll sie die Aufnahme weiterer
schutzbedürftiger Personen aus Malta und Italien aus huma-
nitären Gründen prüfen und keine Rücküberführungen nach
Dublin II in diese beiden Ländern mehr durchführen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordert die Bun-
desregierung des Weiteren auf, die Seenotrettung der euro-
päischen Grenzschutzagentur FRONTEX auszubauen und
nachdrücklich für ein Ende der Zurückweisung und des Ab-
drängens von Bootsflüchtlingen aus Nordafrika einzutreten.
Die Bundesregierung solle dazu beitragen, dass alle Flücht-
linge unverzüglich Zugang zu einem fairen Asylverfahren
bekommen, in dem ihre Schutzbedürftigkeit geprüft wird.
Gemeinsam mit anderen EU-Mitgliedstaaten soll sie eine
europäische Lösung für den Umgang mit Flüchtlingen an
den EU-Außengrenzen finden, die allen entsprechenden
internationalen und europäischen menschenrechtlichen Nor-
men gerecht wird. Sie soll darauf hinwirken, die Dublin-II-
Verordnung neu zu verhandeln und eine solidarische Auf-
nahme und Betreuung von Flüchtlingen innerhalb der EU
ermöglichen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Auswärtige Ausschuss hat die Vorlage 17/5909 in sei-
ner 40. Sitzung am 8. Juni 2011 und der Ausschuss für die
Angelegenheiten der Europäischen Union hat die Vorlage
auf Drucksache 17/5909 in seiner 111. Sitzung am 26. Mai

IV. Beratungsverlauf im federführenden
Ausschuss

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
hat die Vorlage in seiner 40. Sitzung am 8. Juni 2011 beraten.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erklärte, es
müsse mehr getan werden, um UNHCR und IOM bei der
Evakuierung von Drittstaatsangehörigen, libyschen Flücht-
lingen und anderen Personen zu unterstützen. Man habe sich
zu diesem Thema bereits Anfang des Jahres in Genf infor-
mieren lassen, inzwischen habe sich die Situation aber we-
sentlich dramatischer an den Grenzen zwischen Libyen und
Tunesien und Libyen und Ägypten, wo die großen Flücht-
lingsströme ankommen, entwickelt. Deutschland müsse sich
für die Flüchtlinge vor Ort stärker engagieren und sich auch
solidarisch zeigen, indem zum Beispiel keine Dublin-II-
Rücküberführungen nach Italien und Malta mehr vorgenom-
men werden. Zudem sei es angezeigt, dass sich Deutschland
bei den FRONTEX-Einsätzen anders verhalte und Sorge
dafür trage, dass die Flüchtlinge eine menschenwürdige
Unterbringung und ein faires Verfahren bekommen. Dies
habe auch der Menschenrechtskommissar der EU, Thomas
Hammarberg, gefordert. Dieser habe darauf hingewiesen,
dass etwas schieflaufe, wenn Abgrenzung und Abschattung
vor Rettung und Schutz gehe. Diese Philosophie werde in
dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
durchdekliniert. Deshalb würde man sich freuen, wenn der
Antrag auch bei den anderen Fraktionen Unterstützung fin-
den würde.

Die Fraktion der FDP erläuterte, man müsse zwei Dinge
unterscheiden. Einmal die Hilfe, die man vor Ort leiste und
zum anderen die Flüchtlingsproblematik. Bei der Hilfe, die
die Bundesrepublik Deutschland vor Ort leiste, habe man
bereits einen immensen Beitrag geleistet, und zwar 5 Mio.
Euro humanitäre Soforthilfe und 30 Mio. Euro im Bereich
der EU-Hilfeleistungen. Dies zeige, dass man vor Ort für
die Menschen bereits viel leiste und ein wichtiger Prozess
unterstützt werde. Zu dem zweiten Bereich der Flüchtlings-
politik müsse gesehen werden, dass Deutschland viele
Asylbewerber habe, im Jahr 2010 seien es 41 000 Anträge
gewesen. Damit liege Deutschland innerhalb der EU an
dritter Stelle. Die Verantwortung sei sehr groß und Deutsch-
land übernehme diese Verantwortung auch. Auch sei man
bereit gewesen, mehr als 100 Flüchtlinge aus Malta aufzu-
nehmen. Hier habe man ebenfalls klar Verantwortung
gezeigt. Ferner müsse gesehen werden, dass mit Blick auf
die Flüchtlingsströme derzeit überhaupt noch nicht abzuse-
hen sei, wohin die Reise gehe und wie sich die ganze Situa-
tion entwickeln werde. Davon sei nicht nur Libyen betrof-
fen, sondern auch andere Staaten Nordafrikas. Insofern
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache
17/5909 abzulehnen.

scheidungen müsse sich dann auch Deutschland entschei-
den, was weiter zu tun ist.

bination mit dem Libyschen Halbmond erfolge. Man beteili-
ge sich am Flüchtlingsschutz an den libyschen Grenzen und
an der Evakuierung von Flüchtlingen nach Ägypten. Zudem
gebe es eine Co-Finanzierung bei Bau- und Sanitärversor-
gungen. Wenn man dies alles aufaddiere, komme man auf
mehr als die bereits erwähnten 5 Mio. Euro humanitärer So-
forthilfe. Primäres Ziel müsse sein, dass die Menschen vor
Ort in ihrem eigenen Land eine Existenzgrundlage haben.

halb werde man sich enthalten.

Als Ergebnis der Beratung empfiehlt der Ausschuss für
Menschenrechte und humanitäre Hilfe mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen
der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE., den Antrag
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Druck-
sache 17/5909 abzulehnen.

Berlin, den 8. Juni 2011

Frank Heinrich
Berichterstatter

Angelika Graf (Rosenheim)
Berichterstatterin

Serkan Tören
Berichterstatter

Annette Groth
Berichterstatterin

Tom Koenigs
Berichterstatter
Drucksache 17/6266 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Die Fraktion der SPD erläutert, aus ihrer Sicht müsse man
beides bedenken. Man brauche auf der einen Seite Hilfe
vor Ort angesichts der humanitären Katastrophe, die in vie-
len Flüchtlingsunterkünften herrsche. Ein wichtiges Thema
sei hier zum Beispiel auch die Trinkwasserversorgung und
wie es in den Ländern überhaupt weitergehen solle. Insge-
samt brauche man ein größeres Engagement in Nordafrika,
zum Beispiel um Arbeitsplätze zu schaffen. Solange es dort
keine Arbeitsplätze gebe, müsse weiterhin mit Flüchtlingen
gerechnet werden. Gleichzeitig dürfe Europa nicht kaltlas-
sen, wie sich die Flüchtlingsproblematik entwickle. Das Ver-
halten Italiens sehe man durchaus kritisch und unterstütze
nicht den Aufschrei aus diesem Land, dennoch müsse ge-
sehen werden, dass die Flüchtlingssituation in Nordafrika
die gesamte Region destabilisieren könne. Aus diesem
Grunde sei es sinnvoll, über Kontingente nachzudenken. An-
gesichts der Größe Deutschlands seien die wenigen Men-
schen, die man aus Malta aufgenommen habe, kaum erwäh-
nenswert. Deshalb glaube man, dass der Antrag der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in die richtige Richtung gehe
und werde ihm zustimmen.

Die Fraktion der CDU/CSU schloss sich der Argumenta-
tion der Fraktion der FDP an und ergänzte, dass bereits seit
Februar 2011 von deutscher Seite medizinische Hilfe sowie
Sofort- und Nothilfe des Deutschen Roten Kreuzes in Kom-

Aus diesem Grunde habe die Bundesregierung in der EU die
Öffnung der Märkte für Agrarexporte aus der Region er-
reichen wollen. Dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN werde man deshalb nicht zustimmen.

Die Fraktion DIE LINKE. verwies auf einen Besuch vor
zwei Wochen in Lampedusa. Dort habe man sogar die Zahl
von 400 000 Menschen gehört, die auf eine Ausreise warte-
ten. In dem Antrag werde noch von 4 700 Personen gespro-
chen. In der Masse seien dies Sudanesen, Nigerianer und
Eritrea, also Menschen, die als Migrantinnen und Migranten
in Libyen gearbeitet hätten. Diese Menschen könne man
nicht in ihre Heimatländer zurückschicken. Im Übrigen sei
vorhersehbar, dass sich die Anzahl der Flüchtlinge noch er-
höhen werde, sobald das Wetter wieder besser werde und
mehr Boote in Lampedusa ankommen. Die Lage in Lampe-
dusa sei derzeit im Übrigen nicht mehr so schlimm wie im
Februar dieses Jahres, da inzwischen die Leute mit ihren
Schiffen zu anderen Orten Italiens gebracht würden. Für die
Italiener und die Griechen sei es unverständlich, wie die an-
deren EU-Staaten reagierten. Die Hilfe müsse völlig neu
strukturiert werden. Man müsse klar sehen, dass man hier ei-
ne menschliche und humanitäre Katastrophe habe. Aus Sicht
der Fraktion DIE LINKE. müsse die Dublin-II-Verordnung
komplett aufgehoben werden. Zudem fehle in dem Antrag
ein Verweis auf die NATO und deren Kriegsführung und des-

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