BT-Drucksache 17/6177

Präsidentschaft Deutschlands im Ostseerat

Vom 10. Juni 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/6177
17. Wahlperiode 10. 06. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms, Undine Kurth (Quedlinburg), Cornelia
Behm, Bettina Herlitzius, Dr. Anton Hofreiter, Stephan Kühn, Ingrid Nestle,
Daniela Wagner und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Präsidentschaft Deutschlands im Ostseerat

Die Ostseeregion gilt als stark vernetzter, aufstrebender Wirtschaftsraum Euro-
pas. Seit dem Jahr 2004 sind alle Ostseeanrainerstaaten, außer Russland, Mitglied
der Europäischen Union (EU). Zwischen den Staaten wird reger Handel betrie-
ben. Ein Großteil der Waren im Ostseebinnenhandel wird per Seeschiff transpor-
tiert, ebenso wird ein Großteil des Personenverkehrs mit Fähren abgewickelt.
Doch der Zustand der Ostsee verschlechtert sich aufgrund von Schadstoffeinlei-
tungen in das Meer zunehmend. Meeresüberwachungsprogramme zeigen dies
deutlich. Schnelles Handeln ist gefordert. Schiffsemissionen oder landwirt-
schaftliche Einleitungen von Schadstoffen gefährden das Ökosystem der Ostsee.
Bei jüngsten Untersuchungen wurde festgestellt, dass die Ostsee in weiten Tei-
len praktisch tot ist (Deutschlandfunk, Umwelt & Verbraucher, Sendung vom
10. Mai 2011). Um den Umweltzustand in der Ostsee zu verbessern, muss nach
Lösungen gesucht werden.

Für den Ostseeraum gibt es verschiedene Organisationen auf Regierungsebene,
die sich dem Thema Meeresschutz und dem Erhalt der Ostsee widmen. Der Ost-
seerat wurde 1992 gegründet und verfolgt das Ziel, die wirtschaftliche, politi-
sche und kulturelle Zusammenarbeit der Ostsee-Anrainerstaaten sowie Norwe-
gens und Islands zu verbessern. Darüber hinaus will der Ostseerat insbesondere
die Zusammenarbeit in der Umweltpolitik vorantreiben und die Verkehrsinfra-
struktur verbessern. Deutschland wird ab Juli 2011 für ein Jahr die Präsident-
schaft im Ostseerat übernehmen. Das Gremium bietet Deutschland eine gute
Möglichkeit, den Schutz der Ostsee weiter voranzutreiben und die Koopera-
tionen mit den Anrainern zu vertiefen. Bisher ist jedoch undeutlich, welche
Schwerpunkte Deutschland während dieser Präsidentschaft setzen will.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Themen sollen während der Präsidentschaft Deutschlands 2011/2012
im Ostseerat behandelt werden, und gibt es Bereiche, die einen Schwerpunkt
bilden?

2. Welche Ziele hat sich die Bundesregierung für ihre Präsidentschaft im Ost-

seerat gesetzt?

3. Welche Kongresse, formelle Treffen, Vertragsunterzeichnungen und Ähn-
liches plant die Bundesregierung im Rahmen ihrer Präsidentschaft im Ostsee-
rat (bitte mit Ort und Datum benennen)?

Drucksache 17/6177 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

4. Welchen Stellenwert räumt die Bundesregierung der Entwicklung der mari-
timen Wirtschaft im Ostseeraum ein, und aus welchen Gründen hat die
Bundesregierung in ihrem „Zweiten Bericht der Bundesregierung über die
Entwicklung und Zukunftsperspektiven der maritimen Wirtschaft in
Deutschland“ die bevorstehende Präsidentschaft Deutschlands im Ostseerat
und die sich daraus ergebenden Handlungsfelder nicht erwähnt?

5. In welchen weiteren Gremien zur Kooperation im Ostseeraum ist Deutsch-
land neben dem Ostseerat vertreten?

6. Was sind nach Ansicht der Bundesregierung die Aufgaben des Ostseerats,
und inwiefern unterscheiden sich diese von denen anderer Organisationen,
die die Kooperation der Ostseeanrainer zur Grundlage bzw. zum Ziel haben?

7. Inwieweit wird das EU-Ziel der „Integrierten Meerespolitik“ auf Ebene der
Bundesregierung umgesetzt?

a) Welche Bundesministerien werden in die Erarbeitung der „Unterrichtung
der Bundesregierung zur Lage der maritimen Wirtschaft“ (2011) einge-
bunden?

b) Welche Bundesministerien wurden in die Planungen zu der bevorstehen-
den Präsidentschaft Deutschlands im Ostseerat eingebunden, und welche
gemeinsamen Arbeitsgruppen mit welchen bisher beschlossenen Zielen
und Beschlüssen gab es im Vorfeld?

c) Inwiefern war das Auswärtige Amt an Frage 7a bzw. Frage 7b beteiligt?

d) Wann ist mit dem laut dem „Zweiten Bericht der Bundesregierung über
die Entwicklung und Zukunftsperspektiven der maritimen Wirtschaft in
Deutschland“ für das Frühjahr 2011 angekündigten „Entwicklungsplan
Meer“ zu rechnen?

e) Welche weiteren Maßnahmen sind von der Bundesregierung in Bezug
auf die integrierte Meerespolitik geplant?

8. Welche Beschlüsse wurden bisher im Rahmen des Ostseerats zur maritimen
Wirtschaft, zu ökologischer, ökonomischer und sozialer Nachhaltigkeit und
zum Umweltschutz in der Ostseeregion gefasst, und wie wurden diese Be-
schlüsse durch Deutschland umgesetzt?

a) Welche Auswirkungen hatten diese Beschlüsse für maritime Belange, für
den Umweltschutz sowie für die Wirtschaft in der Region?

b) Welche Beschlüsse waren dabei bindend für die Arbeit weiterer zwi-
schenstaatlicher Organisationen (z. B. HELCOM – Helsinki Commis-
sion) bzw. Institutionen (z. B. auf EU-Ebene), und welche Auswirkun-
gen hatten diese jeweils für die Ostseeanrainerstaaten?

c) Welche Beschlüsse aus Frage 8 werden auf europäischer Ebene im Rah-
men von Initiativen im Rat der EU weiterverfolgt?

d) Welche Beschlüsse aus Frage 8 wurden bisher auf keiner Ebene weiter-
verfolgt, und warum nicht?

9. Wie beurteilt die Bundesregierung den Zustand der Ostsee aus ökologischer
Sicht, und welchen Handlungsbedarf leitet sie daraus ab?

10. Wie bewertet die Bundesregierung den Zustand der Luftqualität über der
Ostsee bzw. an deren Küsten, und welchen Handlungsbedarf leitet sie
daraus ab?

11. Welche Rolle spielt die Ostsee-Kommission HELCOM dabei, den Zustand
der Meeresqualität der Ostsee und die Luftqualität, auch an den Küsten des

Meeres, spürbar zu verbessern, und welche Erfolge konnten bisher erzielt
werden?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/6177

12. Wie wird die Arbeit der Ostsee-Kommission HELCOM in das Handeln der
Bundesregierung eingebunden?

13. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, damit die neuen Vorschrif-
ten der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO) zur Senkung
des Schwefelgehalts in Schiffstreibstoffen im Ostseeraum (Schwefelemis-
sions-Kontrollgebiet – SECA) ab 2015 durch die operierenden Schiffe ein-
gehalten werden?

a) Welche Kontrollmaßnahmen werden ab 2015 durchgeführt, wann sollen
die Kontrollen gegebenenfalls beginnen, und mit welcher Kontrollinten-
sität sollen sie durchgeführt werden?

b) Wer wird für die Kontrollen zuständig sein?

c) Welche Strafen drohen den Schiffen bei Nichteinhaltung?

d) Falls keine Kontrollen vorgesehen sind, warum nicht?

14. Wie bewertet die Bundesregierung die Pläne von Dänemark/Arhus bzw.
Schweden/Göteborg, jeweils neue Tiefwasserhäfen für den Transhipment-
verkehr zum bzw. vom Ostseeraum zu errichten?

a) Wie bewertet dies die Bundesregierung in Bezug auf die Auslastung der
bestehenden Häfen und vor allem auf den neuen Container-Tiefwasser-
hafen JadeWeserPort in Wilhelmshaven?

b) Wie wird dies die Planungen hinsichtlich des prognostizierten Tranship-
mentverkehrs ab bzw. bis Wilhelmshaven verschieben, nach denen etwa
zwei Drittel der umgeschlagenen Container Seetransitverladungen vom
bzw. in den Ostseeraum sein sollen?

15. Ist Deutschland am sog. Blue Belt Pilot Project, das im Mai 2011 als Test-
projekt für einen grenzfreien EU-Meeresraum gestartet ist, beteiligt?

a) Für welchen Zeitraum ist das „Blue Belt Pilot Project“ ausgelegt, und
wer sind die Beteiligten?

b) Wird das „Blue Belt Pilot Project“ im Rahmen der bevorstehenden Ost-
seerats-Präsidentschaft Deutschlands von der Bundesregierung unter-
stützt und vorangetrieben, und wenn ja, in welcher Form?

c) Inwieweit sieht die Bundesregierung durch die Einführung eines einheit-
lichen europäischen Meeresraums Chancen, dass der Seeverkehr im
Modal Split im Ostseeraum zunimmt und damit die EU ihrem Ziel näher
kommt, mehr Verkehr von der Straße auf das Wasser zu verlagern?

d) Welche Chancen bzw. Risiken sieht die Bundesregierung für einen ein-
heitlichen europäischen Meeresraum für den Schiffsverkehr im europäi-
schen Raum nach Abschluss des „Blue Belt Pilot Projects“?

e) Welche Auswirkungen hätte ein einheitlicher EU-Meeresraum auf
Deutschland bzw. auf die zukünftigen Verkehre innerhalb der EU?

f) Welche Prozesse im grenzüberschreitenden Schiffsverkehr müssten
staatlicherseits (z. B. bei der Zollabwicklung) im Zuge des einheitlichen
europäischen Meeresraumes vereinfacht werden, und welcher Zeitrah-
men ist dafür vorgesehen?

Berlin, den 10. Juni 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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