BT-Drucksache 17/5997

Wirtschaftlichkeit der zweiten Staffel von Projekten nach dem A-Modell bei Bundesfernstraßen

Vom 26. Mai 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5997
17. Wahlperiode 26. 05. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter, Dr. Valerie Wilms, Bettina Herlitzius,
Stephan Kühn, Ingrid Nestle, Daniela Wagner und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Wirtschaftlichkeit der zweiten Staffel von Projekten
nach dem A-Modell bei Bundesfernstraßen

Im Rahmen der sogenannten zweiten Staffel ÖPP-Projekte (ÖPP = Öffentlich-
Private Partnerschaften) im Bundesfernstraßenbau plant das Bundesministerium
für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) weitere acht Projekte. Die
insgesamt zwölf Projekte der ersten und zweiten Staffel umfassen nach derzei-
tigem Planungsstand ca. 5 Prozent des Autobahn-Streckennetzes. ÖPP-Projekte
im Bundesfernstraßenbau müssen unter Beachtung der Regelungen des Haus-
haltrechts inklusive der Schuldenregeln durchgeführt werden, die der Kontrolle
des Deutschen Bundestages unterliegen. Gemäß den Vorgaben der Bundeshaus-
haltsordnung müssen nicht nur die Mittel für die Baumaßnahmen ausgewiesen
werden, sondern auch die projektspezifischen Folgekosten.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Plant die Bundesregierung, die vergaberechtlichen Regelungen und Grund-
sätze derart anzupassen, dass die Leistungsbeschreibungen sowie die zur
Angebotsabgabe erforderlichen Dokumente bei der Vergabe von ÖPP-Pro-
jekten öffentlich zugänglich gemacht werden müssen?

Wenn nein, mit welcher Begründung?

2. Stimmt die Bundesregierung zu, dass die Veröffentlichung nur dann und nur
soweit unterbleiben kann, als eine Abwägung des Informationsinteresses der
Allgemeinheit oder Einzelner mit dem schutzwürdigen Interesse Privater am
Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ergibt, dass im Einzelfall
das schutzwürdige Interesse am Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheim-
nissen überwiegt?

Wenn nein, mit welcher Begründung?

3. Wie gedenkt die Bundesregierung, die bei ÖPP-Projekten eingegangenen
finanziellen Verpflichtungen als Verschuldung der öffentlichen Hand trans-
parent zu machen und sicherzustellen, dass durch ÖPP Verschuldungsober-
grenzen nicht umgangen werden können?
4. Aus welchen Gründen hat sich der Bundesrechnungshof Ende 2010 gegen
die Vergabe des A-Modell-Projektes A 8, Augsburg–Ulm ausgesprochen?

5. Wie hoch sind die Schätzungen des BMVBS in den Wirtschaftlichkeits-
untersuchungen zu den Verkehrsmengen bei den direkt hintereinanderliegen-
den ÖPP-Projekten A 8 – erster Bauabschnitt München–Augsburg und A 8 –
zweiter Bauabschnitt Augsburg–Ulm?

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6. In welcher Form ist für die A-Modell-Projekte „A 8 Ulm–Augsburg“ und
„A 9 Thüringen“, die sich im Vergabeverfahren befinden bzw. ggf. kürzlich
vergeben worden sind, ein ÖPP-Eignungstest durchgeführt worden?

7. Ist – wie auch bei den bereits vergebenen A-Modell-Projekten – gemäß
Bundestagsdrucksache 17/3330 (Antwort zu Frage 28) kein Eignungstest
in formalisierter Form erstellt worden?

Wenn nein, warum nicht?

8. Stimmt die Bundesregierung der Position zu, dass ein ÖPP-Eignungstest
– zumindest auch – die Aufgabe hat zu prüfen, ob bei Anwendung des
ÖPP-Ansatzes Wirtschaftlichkeit in dem Sinne erzielbar ist, dass der Bar-
wert der zukünftigen Ausgaben der öffentlichen Hand zu minimieren ist?

Wenn nein, mit welcher Begründung?

9. Stimmt die Bundesregierung der Interpretation zu, dass ein ÖPP-Eignungs-
test gemäß Vorgaben aus dem Leitfaden „Wirtschaftlichkeitsberechnung
bei ÖPP-Projekten“ der Arbeitsgruppe (AG) Finanzministerkonferenz/
Bund-AG auch die Aufgabe hat zu prüfen, ob bei Anwendung des ÖPP-
Ansatzes Wirtschaftlichkeit in dem Sinne erzielbar ist, dass der Barwert der
zukünftigen Ausgaben der öffentlichen Hand zu minimieren ist?

Wenn nein, mit welcher Begründung?

10. Wie rechtfertigt es die Bundesregierung, dass sie die von ihr selber aufge-
stellten bzw. mitentwickelten Vorgaben (siehe Leitfaden „Wirtschaftlich-
keitsberechnung bei ÖPP-Projekten“ der AG FMK/Bund-AG) nicht an-
wendet?

11. Stimmt die Bundesregierung zu, dass sie insofern gegen die Regeln der
Bundeshaushaltsordnung verstößt?

Wenn nein, mit welcher Begründung?

12. Sind die ÖPP-Eignungstests für weitere Projekte (nach den vier Projekten
der ersten Staffel und den Projekten „A 8 Ulm–Augsburg“ und „A 9 Thü-
ringen“) bereits durchgeführt worden?

Wenn ja, in welcher Form?

13. Welche Planungen bestehen für die Form der Durchführung der ÖPP-Eig-
nungstests bei den weiteren Projekten, wo diese bislang noch nicht erfolgt
sind?

14. Welche Tätigkeiten werden im Rahmen des Auftrags „Kurzgutachten zur
abschließenden Wirtschaftlichkeitsuntersuchung beim ÖPP-Verfahren A 8
Ulm–Augsburg“ (siehe Bundestagsdrucksache 17/4734) vom Auftragneh-
mer KCW GmbH durchgeführt?

15. Würde die Leistungsbeschreibung zu diesem Auftrag bei Anfragen von
Bürgern nach dem Informationsfreiheitsgesetz diesen zur Verfügung ge-
stellt werden?

Würde dies ggf. nach Vornahme von Schwärzungen erfolgen?

16. Sind im Rahmen dieses Auftrags Kurzgutachten, Gutachten, Kurzstudien
und/oder Studien oder Ähnliches erstellt worden?

Wenn ja, wie lauten die Titel dieser schriftlichen Ausarbeitungen?

17. Sind diese Ausarbeitungen (bitte für alle Ausarbeitungen separat beantwor-
ten) veröffentlicht worden?

Würden diese Ausarbeitungen (bitte für alle Ausarbeitungen separat beant-
worten) bei Anfragen von Bürgern nach dem Informationsfreiheitsgesetz
diesen zur Verfügung gestellt werden?

Würde dies (bitte für alle Ausarbeitungen separat beantworten) ggf. erfol-

gen nach Vornahme von Schwärzungen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/5997

18. Welche Tätigkeiten werden im Rahmen des Auftrags „Kurzgutachten zu
vergabe- und haushaltsrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit Wirt-
schaftlichkeitsuntersuchungen zu ÖPP-Betreibermodellen im Bundesfern-
straßenbau“ (siehe Bundestagsdrucksache 17/4734) vom Auftragnehmer
KPMG durchgeführt?

19. Würde die Leistungsbeschreibung zu diesem Auftrag bei Anfragen von
Bürgern nach dem Informationsfreiheitsgesetz diesen zur Verfügung ge-
stellt werden?

Würde dies ggf. nach Vornahme von Schwärzungen erfolgen?

In welcher Form sind diese Unterlagen für Mitglieder des Deutschen Bun-
destages einsehbar?

In welcher Form sind diese Unterlagen für Mitarbeiter der Mitglieder des
Deutschen Bundestages bzw. der Fraktionen einsehbar?

20. Sind im Rahmen dieses Auftrags Kurzgutachten, Gutachten, Kurzstudien
und/oder Studien oder Ähnliches erstellt worden?

Wenn ja, wie lauten die Titel dieser schriftlichen Ausarbeitungen?

21. Sind diese Ausarbeitungen (bitte für alle Ausarbeitungen separat beantwor-
ten) veröffentlicht worden?

Würden diese Ausarbeitungen (bitte für alle Ausarbeitungen separat beant-
worten) bei Anfragen von Bürgern nach dem Informationsfreiheitsgesetz
diesen zur Verfügung gestellt werden?

Würde dies (bitte für alle Ausarbeitungen separat beantworten) ggf. erfol-
gen nach Vornahme von Schwärzungen?

22. Welchen Stand hat das Vergabeverfahren für das A-Modell-ÖPP-Projekt
„A 8, Ulm–Augsburg“?

Welche Entwicklungen hat es in diesem Verfahren seit Oktober 2010 gege-
ben (Zuschlagserteilung, Vergabeklagen, Stellungnahmen und Abstimmun-
gen mit dem Bundesrechnungshof)?

23. Welche Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen sind zu diesem Projekt (Erstel-
lungsdatum, Autor, Mitarbeiter, Datenquellen) erstellt worden?

24. Sind diese Ausarbeitungen (bitte für alle Ausarbeitungen separat beantwor-
ten) veröffentlicht worden?

Würden diese Ausarbeitungen (bitte für alle Ausarbeitungen separat beant-
worten) bei Anfragen von Bürgern nach dem Informationsfreiheitsgesetz
diesen zur Verfügung gestellt werden?

25. Würde die Leistungsbeschreibung zu in diesem Zusammenhang vergebe-
nen Aufträgen bei Anfragen von Bürgern nach dem Informationsfreiheits-
gesetz diesen zur Verfügung gestellt werden?

Würde dies ggf. nach Vornahme von Schwärzungen erfolgen?

26. Welche Unternehmen sind direkt oder als Unterauftragnehmer im Rahmen
des Projektes „Begleitung/Beratung des BMVBS bei der Vergabe von vier
ÖPP-Projekten im Bundesfernstraßenbau“ (siehe Bundestagsdrucksache
17/5166) an der ARGE AMNRA-Rechtsanwaltsgesellschaft mbH beteiligt?

Welche Aufgabenbereiche decken diese jeweils ab?

27. Welche vertraglichen Beschränkungen sind diesen Unternehmen (bitte ggf.
differenziert für Unterauftragnehmer der ARGE und für Gesellschafter der
ARGE AMNRA sowie über die Konstruktion dieser ARGE eingebundene

Unternehmen auflisten) im Hinblick auf die parallele und zukünftige di-

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rekte oder indirekte Tätigkeit für Unternehmen (einschließlich Schwester-/
Tochterunternehmen, Auslandsniederlassungen etc.) auferlegt worden, die
im Rahmen der zur Vergabe anstehenden Projekte als Bieter bzw. Mitglie-
der einer Bietergemeinschaft auftreten?

28. Würde die der Vergabe dieses Auftrags zugrunde liegende Leistungsbe-
schreibung bei Anfragen von Bürgern nach dem Informationsfreiheitsge-
setz diesen zur Verfügung gestellt werden (bitte differenziert beantworten,
wenn es mehrere Leistungsbeschreibungen gibt, die im Laufe des Vergabe-
verfahrens weiterentwickelt/ergänzt/modifiziert worden sind)?

Würde dies ggf. nach Vornahme von Schwärzungen erfolgen?

29. Inwieweit trifft es zu, dass gemäß den Anfang Februar 2010 veröffentlich-
ten Ausschreibungen „Begleitung/Beratung des Bundesministeriums für
Verkehr, Bau und Stadtentwicklung bei der Vergabe von vier ÖPP-Pro-
jekten im Bundesfernstraßenbau“ Beratungsunternehmen bzw. einzelne
Mitglieder eines Beratungskonsortiums bei anderen als den vom ausge-
schriebenen Auftrag abgedeckten Projekten auch für Unternehmen (ggf.
als Mitglieder von Konsortien) arbeiten dürfen, welche als Bieter (ggf. von
Konsortien) bei den A-Modell-Projekten beteiligt sind (Bundestagsdruck-
sache 17/3196)?

30. Trifft es zu, dass ein im Rahmen dieses Ausschreibungsverfahrens aus-
gewähltes Beratungsunternehmen beispielsweise bei kommunalen ÖPP-Pro-
jekten ein Bauunternehmen beraten darf, welches als Bieter (ggf. im Rahmen
eines Konsortiums) an den Ausschreibungsverfahren für die A-Modell-
Projekte teilnimmt (Bundestagsdrucksache 17/3196)?

31. Inwieweit sieht das BMVBS bei der Leistungserbringung für die Anfang
Februar 2010 veröffentlichte Ausschreibung „Begleitung/Beratung des
Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung bei der Ver-
gabe von vier ÖPP-Projekten im Bundesfernstraßenbau“ das Problem, dass
das beauftragte Beratungsunternehmen/-konsortium bei der Erstellung der
Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen einem Fehlanreiz unterliegt, da ledig-
lich bei Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen, die eine Vorteilhaftigkeit für
ÖPP anzeigen, das Beratungsunternehmen/-konsortium die Leistungen bei
der weiteren Vergabe-/Projektbetreuung erbringen kann (Bundestagsdruck-
sache 17/3196)?

32. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um dem aufgezeigten
Fehlanreiz entgegenzuwirken?

33. Wie war der zeitliche Ablauf der Vergabe für den Auftrag „Begleitung/Be-
ratung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung bei
der Vergabe von vier ÖPP-Projekten im Bundesfernstraßenbau“?

Sind ggf. Verzögerungen aufgetreten, und wie sind diese jeweils begründet
gewesen?

Berlin, den 26. Mai 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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