BT-Drucksache 17/5872

Anwendung von Onlinedurchsuchungen

Vom 19. Mai 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5872
17. Wahlperiode 19. 05. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan Korte, Ulla Jelpke, Petra Pau, Frank Tempel,
Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Anwendung von Onlinedurchsuchungen

Anfang Mai 2010 fragte die Fraktion DIE LINKE. nach dem aktuellen Stand
von durchgeführten Onlinedurchsuchungen in der Bundesrepublik Deutschland
seit dem Inkrafttreten des neuen Bundeskriminalamtgesetzes (BKAG) und der
darin enthaltenen Onlinedurchsuchung am 1. Januar 2009. Ziel des Gesetzes
sollte die „Verbesserung der Möglichkeiten bei der Bekämpfung des internatio-
nalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt“ sein, wie es im Antragstext
des am 12. November 2008 im Deutschen Bundestag verabschiedeten Gesetzes-
entwurfs (Bundestagsdrucksache 16/9588) hieß. Obwohl das Bundeskriminal-
amt (BKA) und der damalige Bundesminister des Innern Dr. Wolfgang Schäuble
die Maßnahme als unverzichtbar bezeichneten, teilte die Bundesregierung in der
Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestags-
drucksache 17/1814 am 21. Mai 2010, also eineinhalb Jahre nach der Einführung
der Onlinedurchsuchung, mit, das BKA habe noch keine Onlinedurchsuchung
durchgeführt. Über die Anzahl der vom Bundesnachrichtendienst (BND) durch-
geführten Onlinedurchsuchungen wollte die Bundesregierung in ihrer Antwort
auf die oben genannte Kleine Anfrage keine Angaben machen, obwohl die Nen-
nung der reinen Anzahl keine Aufklärung von Methoden des BND zulassen
würde. Auch nach einer Beschwerde über die Verweigerung einer Antwort sah
die Bundesregierung offenbar keinen Anlass, das Fragerecht des Parlaments an-
zuerkennen und auf die Frage zu antworten.

Laut einer Meldung auf „SPIEGEL ONLINE“ vom 30. April 2011 hat das BKA
im Vorfeld der Festnahmen von drei terrorverdächtigen Personen in Düsseldorf
Onlinedurchsuchungen sowie eine Quellen-Telekommunikationsüberwachung
(Quellen-TKÜ) durchgeführt. Der Präsident des BKA Jörg Ziercke teilte laut
einer Meldung der „nachrichtenagentur dapd“ vom 30. April 2011 mit, das BKA
sei den Verdächtigen nach „umfangreichen, monatelangen Überwachungsmaß-
nahmen“ auf die Spur gekommen. In einer Meldung der Agentur „AFP“ vom
3. Mai 2011 heißt es, die deutschen Sicherheitsbehörden hätten einen Hinweis
aus den USA bekommen, nach dem ein Verdächtigter sich in einem Ausbil-
dungslager in Afghanistan aufgehalten haben soll.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Hat das BKA auf den Rechnern, die von den in Düsseldorf verhafteten Ter-

rorverdächtigen genutzt wurden, Onlinedurchsuchungen durchgeführt?

a) Wenn ja, wurden die entscheidenden Hinweise, die zum Haftbefehl gegen
die drei Terrorverdächtigen geführt haben, durch die Onlinedurchsuchun-
gen gewonnen?

b) Wenn ja (zu Frage 1), wäre eine Festnahme der Verdächtigen ohne über die
Onlinedurchsuchung gewonnene Erkenntnisse nicht möglich gewesen?

Drucksache 17/5872 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
2. Wie oft hat das Bundeskriminalamt im Zeitraum vom 1. Mai 2010 bis heute
Onlinedurchsuchungen durchgeführt (bitte aufschlüsseln nach Monat, Zahl
der betroffenen Personen, Anzahl und Dauer der Maßnahmen, Gründe der
richterlichen Anordnung)?

3. Wie oft wurden seit dem 1. Mai 2010 richterliche Genehmigungen zur On-
linedurchsuchung beantragt, und in wie vielen Fällen wurden diese erteilt?

4. In wie vielen Fällen wurden aus Onlinedurchsuchungen gewonnene
Erkenntnisse als Beweismittel in Gerichtsverfahren verwendet?

5. In wie vielen Fällen führten Gerichtsverfahren, in denen aus Onlinedurch-
suchungen gewonnene Erkenntnisse als Beweis verwendet wurden, zu einer
Verurteilung der angeklagten Person?

6. In wie vielen Fällen erfolgte aufgrund der durch eine Onlinedurchsuchung
gewonnenen Beweise eine Verurteilung der von der Maßnahme unmittelbar
betroffenen Person für Straftaten, deren Tatbestand den für die Genehmi-
gung dieser Maßnahme erforderlichen Rechtsgüterschutz bezweckt?

7. In wie vielen Fällen erfolgte aufgrund der durch eine Onlinedurchsuchung
gewonnenen Beweise eine Verurteilung der von der Maßnahme unmittelbar
betroffenen Person für Straftaten, die tatbestandlich nicht von den Voraus-
setzungen für die Genehmigung einer solchen Maßnahme erfasst sind?

8. In wie vielen Fällen und innerhalb welchen Zeitraumes wurden die betrof-
fenen Personen nach der Beendigung einer Onlinedurchsuchung oder - über-
wachungsmaßnahme benachrichtigt?

9. In wie vielen Fällen wurde eine gerichtliche Zustimmung zur Zurückstel-
lung der Benachrichtigung beantragt, und wie vielen Anträgen auf Zurück-
stellung wurde stattgegeben?

10. Wie oft haben nach Kenntnis der Bundesregierung welche Länderpolizeien
Onlinedurchsuchungen durchgeführt (bitte aufschlüsseln nach betroffenen
Personen, Anzahl und Dauer der Maßnahmen, Gründe der richterlichen An-
ordnung)?

11. Welche Bundesländer haben bis heute ihre Polizeigesetze an die Vorgaben
des Bundesverfassungsgerichtsurteils vom 27. Februar 2008 (1 BVR 370/07)
zur Genehmigung einer Onlinedurchsuchung angepasst?

12. Wie hoch beziffert die Bundesregierung die bis heute angefallenen Kosten
für technische Mittel zur Durchführung von Onlinedurchsuchungen, für
Personalkosten im Zuge der Entwicklung und der Einsatzbereitschaft der
Mittel und die seit dem 1. Januar 2009 beim BKA angefallenen Mehraus-
gaben für die Onlinedurchsuchung?

13. Wie viele Onlinedurchsuchungen hat der Bundesnachrichtendienst seit dem
1. Januar 2008 auf welcher rechtlichen Grundlage vorgenommen?

14. Wenn die Bundesregierung Frage 13 erneut nicht beantworten will, in wel-
cher Weise ist der Bundesnachrichtendienst von der Aufklärung seiner ope-
rativen Fähigkeiten und Methoden bedroht, wenn die reine Anzahl der von
ihm getätigten Onlinedurchsuchungen bekannt würde?

Berlin, den 17. Mai 2011

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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