BT-Drucksache 17/5747

Gebirgstruppe Rudolf Konrad

Vom 5. Mai 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5747
17. Wahlperiode 05. 05. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter, Ulla Jelpke und der Fraktion DIE LINKE.

Gebirgstruppe Rudolf Konrad

Am 13. Juni 1966 wurde die Kaserne der Bundeswehr in Bad Reichenhall nach
dem General der Gebirgstruppe Rudolf Konrad benannt. In der Festschrift
„25 Jahre Gebirgsjägerbataillon Bad Reichenhall“ zum Tag der Gebirgsjäger am
4. Juli 1982 heißt es dazu: „Mit der Namensgebung wurde ein Mann geehrt, der
hervorragend die Tugenden in seiner Person vereinigte, die den soldatischen
Führer ausmachen: Hoher Persönlichkeitswert, umfassender Geist, militärisches
Können und tiefe Menschlichkeit.“

An der tiefen Menschlichkeit des Generals bestehen laut den folgenden auf
“Wikipedia“ unter „Rudolf Konrad“ zu findenden Informationen Zweifel.

Am 19. Dezember 1941, während der Schlacht um Moskau, wurde Rudolf Kon-
rad von Adolf Hitler persönlich zum Kommandierenden General des XXXXIX.
Gebirgskorps ernannt, das bis zu diesem Zeitpunkt von Ludwig Kübler kom-
mandiert wurde, welcher nach dem Krieg Kriegsverbrechen überführt wurde.
Wenige Tage später, zu Weihnachten, bekundete Rudolf Konrad dem „Führer“
gegenüber seine Treue mit den Worten: „Dem Führer und seinem Werk gehört
unsere ganze Hingabe. Wir wollen es hüten und siegreich tragen durch das neue
Jahr zum Heile Deutschlands“ (Bundesarchiv-Militärarchiv Freiburg, Bestand
RH 24-49-47).

Am 20. April 1942, in einer Feierstunde anlässlich des Geburtstages Adolf
Hitlers, lobte Rudolf Konrad vor seinem versammelten Stab: „Es war das Feld-
herrngenie des Führers, welches die deutschen Heere von Sieg zu Sieg eilen ließ.
Sein Verdienst war es, das Eindringen der bolschewistischen Horden nach
Europa im richtigen Augenblick zu erkennen und den Stoß blitzschnell zu parie-
ren. Diesem unbeugsamen Willen in äußerster Pflichterfüllung nachzueifern,
was auch kommen mag, sei unser Gelöbnis am heutigen Geburtstag des Füh-
rers“ (Bundesarchiv-Militärarchiv Freiburg, Bestand RH 24-49-49).

Im Zweiten Weltkrieg ging er in seinem Befehlsbereich auf der Krim ab Ende
Oktober 1943 hart gegen Partisanen vor und ließ dabei ganze Ortschaften süd-
lich der Linie Karassubasar–Suja vollkommen zerstören. Willig arbeitete der
Antisemit Rudolf Konrad auch mit SS und Polizeiführern zusammen. In der An-
lage zu einer Weisung des Generals vom 7. März 1943 heißt es: „Die Juden sind
unser Unglück. Die Juden sind das Unglück der Völker Russlands“ (Bundes-

archiv-Militärarchiv Freiburg, Bestand RH 24-49-210).

Bereits zwei Jahre vor Gründung der Bundeswehr am „Tag der Treue“ im Mai
1953, erwartete man zukunftsfroh die Wiederbewaffnung und sprach von einer
„neuen Wehrmacht“. Vor den 10 000 Gebirgssoldaten in München hoffte Rudolf
Konrad, „dass in der neuen Schale die gleichen Männer, die alten Soldaten ste-

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cken, die einst Kraft und Ruhm des deutschen Heeres und Stolz des deutschen
Volkes waren“ (DIE ZEIT 46 vom 10. November 2005).

Dass 65 Jahre nach der Befreiung vom Faschismus immer noch Kasernen der
Bundeswehr nach faschistischen Überzeugungstätern benannt sind, steht in
eklatantem Widerspruch zu allen Bekundungen, die Bundeswehr sei der Demo-
kratie verpflichtet. Ebenso besorgniserregend ist, dass trotz der bekannten, hier
aufgezählten Tatsachen auch die in der Kaserne Dienst tuenden Soldaten bislang
keinerlei Initiativen für eine Umbenennung unternommen haben.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Liegen nun dem Bundesministerium der Verteidigung zu Rudolf Konrad aus
dem Militärgeschichtlichen Forschungsamt in Potsdam Studien vor, die bis-
her nicht veröffentlicht wurden, und wenn ja, welche?

2. Inwiefern eignet sich aus heutiger Sicht für die Traditionspflege der Bundes-
wehr gerade der faschistische Ex-General Rudolf Konrad?

3. Hält es die Bundesregierung für angemessen, die Kaserne der Bundeswehr in
Bad Reichenhall weiterhin nach Rudolf Konrad zu benennen?

4. Welche Anstrengungen werden nach Kenntnis der Bundesregierung unter-
nommen, um die in der General-Konrad-Kaserne Dienst leistenden Soldaten
über die Beteiligung ihres Namensgebers an faschistischen Verbrechen sowie
dessen offene Unterstützung faschistischen Gedankenguts zu unterrichten?

5. Welche Informationen werden den Soldaten in der Kaserne über ihren
Namensgeber vermittelt?

6. Teilt die Bundesregierung die Ansicht der Fragesteller, es sei offenkundig ein
Zeichen mangelnden demokratischen Bewusstseins, dass trotz der offenkun-
dig faschistischen Auffassungen des Generals Rudolf Konrad aus den Reihen
der in dieser Kaserne Dienst tuenden Soldaten bislang keine Initiativen zur
Umbenennung gekommen sind, und wenn nein, warum nicht?

7. Inwiefern erhalten Traditionsverbände, insbesondere von Gebirgstruppen,
Zugang zur Kaserne, und welche Formen der Zusammenarbeit gibt es zwi-
schen dem Standort und den Traditionsverbänden (bitte für das Jahr 2010
ausführlich benennen)?

Berlin, den 4. Mai 2011

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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