BT-Drucksache 17/5544

Altersgerechtes Umbauen und Wohnen

Vom 13. April 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5544
17. Wahlperiode 13. 04. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Hans-Joachim Hacker, Franz Müntefering, Sören Bartol, Uwe
Beckmeyer, Martin Burkert, Petra Crone, Petra Ernstberger, Iris Gleicke, Ulrike
Gottschalck, Michael Groß, Gustav Herzog, Johannes Kahrs, Ute Kumpf, Kirsten
Lühmann, Thomas Oppermann, Florian Pronold, Dr. Frank-Walter Steinmeier
und der Fraktion der SPD

Altersgerechtes Umbauen und Wohnen

In Deutschland leben etwa 16 Millionen Menschen, die älter als 65 Jahre sind.
Das sind 20 Prozent der Bevölkerung. Davon sind circa vier Millionen Menschen
mindestens 80 Jahre alt. Experten gehen davon aus, dass sich bis zum Jahr 2020
die Zahl der über 65-Jährigen um 20 Prozent, der Hochbetagten gar um etwa
50 Prozent erhöhen wird. Durch die demographische Entwicklung in Deutsch-
land wird sich die Notwendigkeit der Schaffung von Möglichkeiten des alters-
gerechten Wohnens noch vergrößern. Seniorengerechte Wohnungen sind bisher
absolute Mangelware. Bundesweit gibt es weniger als 500 000 altersgerechte
Wohnungen. Experten schätzen, dass in Deutschland nur 1 bis 2 Prozent des ge-
samten Wohnumraums altersgerecht gestaltet sind. Jährlich werden 100 000 zu-
sätzliche seniorengerechte Wohnungen benötig, bis zum Jahr 2025 etwa
1,5 Millionen. Die Mehrheit der älteren Menschen will so lange wie möglich in
ihrer eigenen Wohnung bleiben. In ihrer gewohnten Umgebung können sie sich
am besten zurechtfinden und haben ihre Sozialkontakte. Es ist deshalb die Auf-
gabe der Politik auf allen Ebenen, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass
ein möglichst langer Verbleib in der eigenen Wohnung möglich ist. Die Besei-
tigung von Barrieren innerhalb und außerhalb der Wohnung ist eine große
Herausforderung für unsere Gesellschaft. Die Schaffung von barrierearmen
Wohnräumen kommt nicht nur Senioren, sondern auch Familien und bewe-
gungseingeschränkten Menschen zu Gute. Auch aus finanzieller Sicht ist es von
Vorteil, wenn Menschen möglichst lange in ihrer eigenen Wohnung bleiben kön-
nen, da eine Heimunterbringung in der Regel mit höheren Kosten verbunden ist.

Die Mehrzahl der Wohnungen ist zurzeit nicht barrierearm oder barrierefrei. Für
die altersgerechte Gestaltung einer Wohnung ist nach Angaben der Experten-
kommission „Wohnen im Alter“ des Deutschen Verbandes für Wohnungswesen,
Städtebau und Raumordnung e. V. mit einem Mehraufwand von circa 4 800
Euro gegenüber einer klassischen Sanierung zu rechnen. Diese Investitionen
können nur mit Hilfe der öffentlichen Hand realisiert werden. Aus diesen Grün-
den ist es notwendig, das KfW-Programm (KfW: Kreditanstalt für Wiederauf-
bau Bankengruppe) „Altersgerechtes Umbauen“ auf hohem Niveau fortzufüh-
ren. Darüber hinaus sollten zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden, durch die
das Programm weiter verbessert und ergänzt wird.

Drucksache 17/5544 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie kann gewährleistet werden, dass in allen Städten und Gemeinden recht-
zeitig und gezielt der altersgerechte Umbau von Wohnungen angeregt und
forciert wird?

2. Ist die Bundesregierung bereit, hierzu mit den Kommunen – sinnvoller-
weise unter Einbeziehung der Länder – eine zielgerichtete Vorgehensweise
abzusprechen und anzustreben?

3. Ist die Bundesregierung dazu bereit, in die Gespräche mit den Kommunen
das Verbleiben älterer und teilweise auch pflegebedürftiger Menschen in ih-
rer Wohnung, mindestens aber im angestammten Umfeld, der um so leichter
möglich wird, je systematischer frühzeitige Beratung, niedrigschwellige
Betreuung oder – bei Bedarf – regelmäßige Pflege gewährleistet werden
kann, einzubeziehen und zu unterstützen?

4. Plant die Bundesregierung, in einer gründlichen Informationskampagne die
Bevölkerung umfassend auf diesen wachsenden Handlungsbedarf hinzu-
weisen?

5. Wie bewertet die Bundesregierung die Forderung, den Neubau von barrie-
refreien Wohnungen mit Hilfe von steuerlichen Anreizen, zum Beispiel
durch die Einführung einer erhöhten Absetzung für Abnutzung (AfA) in
Höhe von 8 Prozent in den ersten acht Jahren, zu unterstützen?

6. Wie bewertet die Bundesregierung die Möglichkeiten und Chancen von
steuerlichen Anreizen im Gegensatz zu direkter Förderung?

7. Wie wurde aus Sicht der Bundesregierung das KfW-Förderprogramm „Al-
tersgerechtes Umbauen“ bisher genutzt?

8. Wie bewertet die Bundesregierung die bisher erzielten Fortschritte bei der
Umsetzung des Programms?

9. Wie viele Wohnungen wurden mit Hilfe dieses Programms bereits altersge-
recht umgebaut?

10. Welche Probleme sieht die Bundesregierung bei der Umsetzung des Pro-
gramms?

11. Beabsichtigt die Bundesregierung, den finanziellen Rahmen des Programms
zu erhöhen, und wenn ja, in welchem Umfang?

12. Sind für die weitere Aufwertung der Quartiere zusätzliche finanzielle Mittel
vorgesehen, und wenn ja, in welcher Höhe?

13. Welche Chancen sieht die Bundesregierung durch den altersgerechten Um-
bau für die Quartiersentwicklung?

14. Welche konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung für die Weiter-
entwicklung der Quartiere in den Städten im Rahmen der Förderung des
altersgerechten Umbaus?

15. Plant die Bundesregierung, Änderungen beziehungsweise Konkretisierun-
gen im Anwendungsbereich des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes
vorzunehmen, um zu verhindern, dass die Hemmnisse bei der Realisierung
des betreuten Wohnens durch ordnungspolitische Vorschriften auf Länder-
ebene wieder aufgebaut werden?

16. Wenn entsprechende Änderungen oder Konkretisierungen im Anwen-
dungsbereich des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes geplant sind, wel-
che sind das, und ab wann sollen sie gelten?

17. Wird der Entwurf der europäischen Gleichbehandlungsrichtlinie durch die
EU-Ratspräsidentschaft nochmals überarbeitet, und wenn ja, wann wird der
neue Entwurf vorliegen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/5544

18. Bietet die neue Fassung aus Sicht der Bundesregierung eine Chance, den
altersgerechten, barrierefreien Umbau von Wohnungen voranzubringen?

19. Plant die Bundesregierung, dem Entwurf zuzustimmen, und wenn nein, wa-
rum nicht?

20. Welche Resonanz hat die ressortübergreifende Kampagne „Erfahrung ist
Zukunft“ gebracht, und soll sie fortgeführt werden?

21. Sieht die Bundesregierung Potenzial zur Verbesserung des Programms, und
wenn ja, in welchen Bereichen und wodurch?

22. Ist die Bundesregierung bereits mit Architekten- und Ingenieurverbänden in
Dialog getreten, um für die Aufnahme des Themas alten- und generationen-
gerechte Ausgestaltung von Wohnraum und Infrastruktur in der Fortbildung
zu werben?

Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen wurden mit den Verbänden verein-
bart?

Wenn nein, warum nicht?

23. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, den altersgerechten Um-
bau von Wohnungen durch die Verknüpfung mit der Förderung energeti-
scher Sanierung zu befördern, und welche konkreten Schritte plant die Bun-
desregierung in diese Richtung?

24. Sieht die Bundesregierung mögliche Synergieeffekte mit anderen Förder-
programmen und Regelungen des Elften und des Zwölften Buches Sozial-
gesetzbuch (Wohnraumanpassung), und wie sollen diese genutzt werden?

25. Wie bewertet die Bundesregierung den Erfolg der Umsetzung der DIN
18040 zum barrierefreien Bauen?

26. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die Erforschung, Erpro-
bung und den Bau von generationsübergreifenden und lebensphasenanpas-
sungsfähigen Wohnraumkonzepten – z. B. mit flexiblen Grundrissen, damit
Wohnungen und Wohnhäuser den Ansprüchen verschiedener Altersstufen
und Lebenskonzepte ohne massive Umbaumaßnahmen gerecht werden – zu
befördern?

27. Aus welchem Grund wurde die im Auftrag des Bundesministeriums für
Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und des Bundesinstituts für Bau-, Stadt-
und Raumforschung durch das Kuratorium Deutsche Altershilfe erstellte
Studie „Wohnen im Alter – Marktprozesse und wohnungspolitischer Hand-
lungsbedarf“ noch nicht veröffentlicht, und wann wird dies geschehen?

Berlin, den 13. April 2011

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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