BT-Drucksache 17/5495

Strategie der Europäischen Union für den Donauraum effizient gestalten

Vom 13. April 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5495
17. Wahlperiode 13. 04. 2011

Antrag
der Abgeordneten Karl Holmeier, Marlene Mortler, Thomas Silberhorn, Dr. Max
Lehmer, Peter Altmaier, Thomas Bareiß, Veronika Bellmann, Klaus Brähmig,
Thomas Dörflinger, Jürgen Hardt, Alois Karl, Roderich Kiesewetter, Gunther
Krichbaum, Bettina Kudla, Matthias Lietz, Stefan Müller (Erlangen), Detlef Seif,
Michael Stübgen, Dr. Johann Wadephul, Volker Kauder, Gerda Hasselfeldt
und der Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Joachim Spatz, Michael Link (Heilbronn), Heinz
Golombeck, Oliver Luksic, Jens Ackermann, Patrick Döring , Rainer Erdel,
Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Horst Meierhofer,
Torsten Staffeldt, Birgit Homburger und der Fraktion der FDP

Strategie der Europäischen Union für den Donauraum effizient gestalten

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Am 8. Dezember 2010 hat die Europäische Kommission entsprechend dem
Ersuchen des Europäischen Rates vom 18./19. Juli 2009 und dem Beschluss
des Europäischen Parlaments vom 21. Januar 2010 einen Vorschlag für eine
„Strategie der Europäischen Union für den Donauraum“ vorgelegt. Der Vor-
schlag besteht aus einer Mitteilung an das Europäische Parlament, den Rat,
den Wirtschafts- und Sozialausschuss sowie den Ausschuss der Regionen
und einem bislang ausschließlich in englischer Sprache verfügbaren Aktions-
plan.

Der Deutsche Bundestag nimmt den Vorschlag der Europäischen Kommis-
sion zur Kenntnis. Damit hat die EU-Kommission nach der Strategie für den
Ostseeraum bereits die zweite Strategie für eine Makroregion vorgestellt. Ihr
Vorschlag legt den Grundstein für eine integrierte und nachhaltige Entwick-
lung des Donauraumes über die Grenzen der Europäischen Union hinaus mit
dem Ziel, durch eine abgestimmte grenzübergreifende Zusammenarbeit ei-
nen echten Mehrwert für eine Region zu schaffen, die fast 115 Millionen Ein-
wohner hat und circa ein Fünftel der gesamten Fläche der EU ausmacht.

2. Die konzeptionelle Grundausrichtung des Vorschlags der Europäischen
Kommission für die Donaustrategie entspricht weitgehend den Vorstellungen

des Deutschen Bundestages.

Nach Auffassung des Deutschen Bundestages muss sich die Donaustrategie
an der ersten makroregionalen Strategie der Europäischen Union orientieren –
der vom Europäischen Rat am 29./30. Oktober 2009 beschlossenen EU-Ost-
seestrategie. Aufgabe einer solchen Strategie in einer EU mit 27 Mitglied-
staaten kann es nur sein, Impulse für eine koordinierte Zusammenarbeit in
makroregionalspezifischen Bereichen zu geben, um deren Entwicklungs-

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potentiale stärker zur Geltung zu bringen. Die Einhaltung des Subsidiaritäts-
prinzips ist insofern aus Sicht des Deutschen Bundestages ein Grundsatz, der
bei der Aufgabenbeschreibung der Strategie zwingend zu beachten ist. Die
Donaustrategie soll sich auf Handlungsfelder konzentrieren, in denen ein
echter Mehrwert für den Donauraum erzielt werden kann und die allein auf
der Ebene der Mitgliedstaaten und Regionen nicht hinreichend geregelt wer-
den können.

Aufgabe der Donaustrategie ist es aus Sicht des Deutschen Bundestages,
einen Orientierungsrahmen mit dem Ziel vorzugeben, Synergien bei der Um-
setzung bestehender EU-Politiken, Programme und Projekte zu nutzen, diese
somit effizienter zu machen und dadurch die Potentiale des Donauraums
optimal auszuschöpfen. Dabei empfiehlt sich insbesondere auch die Vernet-
zung bestehender Initiativen und Organisationen, wie der Internationalen
Kommission zum Schutz der Donau, der Donaukommission, des Regionalen
Kooperationsrates, des Donau-Kooperationsprozesses, des Rates der Donau-
städte und -regionen sowie der Donau-Tourismuskommission.

Mit der Strategie dürfen weder neue Institutionen speziell für den Donauraum
geschaffen noch zusätzliche europäische Finanzmittel bereitgestellt noch
neue Rechtsetzungsakte erlassen oder bestehende geändert werden. Die Ein-
haltung dieser „drei Neins“ ist aus nationaler und europäischer Sicht unab-
dingbar und verhindert eine Sonderbehandlung der Region im Verhältnis zu
anderen Regionen der EU. Gleichwohl kann es im Rahmen bestehender
Spielräume möglich sein, zusätzliche internationale, nationale, regionale
oder private Mittel zur Verfügung zu stellen.

Für einen effizienteren Einsatz der bestehenden Finanzressourcen regt der
Deutsche Bundestag mit Blick auf den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen
von 2014 bis 2020 an, bei der Bestimmung der verschiedenen Kooperations-
räume im Rahmen von Ziel 3 (Europäische territoriale Zusammenarbeit) eine
Lösung für den Donauraum zu finden, die eine effektive Teilnahme am Pro-
gramm sowie eine effiziente Programmdurchführung ermöglicht.

Bei der Durchführung der einzelnen Maßnahmen der Strategie, ihrer Priori-
sierung einschließlich der Verwaltung der Fördermittel ist es ebenfalls essen-
tiell, den Grundsatz der Subsidiarität zu beachten. Die entscheidenden Ak-
teure für die Steuerung und Durchführung der einzelnen Maßnahmen sind die
Mitgliedstaaten und ihre regionalen Gebietskörperschaften, die bei der Um-
setzung der einzelnen Maßnahmen auf transparente Entscheidungsprozesse
achten müssen, um die notwendige Akzeptanz bei der Bevölkerung zu errei-
chen. Ergänzend unterstützt der Deutsche Bundestag den Ansatz, die Exper-
tise nichtstaatlicher Akteure zu nutzen, um eine optimale Umsetzung der ein-
zelnen Projekte gewährleisten zu können. Industrie- und Handelskammern,
Handwerkskammern, Unternehmen und Interessenverbände sind daher idea-
lerweise in die Projektarbeit einzubeziehen.

Der Deutsche Bundestag nimmt den Ansatz der Europäischen Kommission
zur Evaluierung der Donaustrategie zur Kenntnis. Er ist der Auffassung, dass
die Berichterstattung und die Bewertung der Strategie auf der Grundlage der
Berichte der nationalen Koordinatoren für die Prioritätenfelder sowie in
enger Abstimmung mit diesen erfolgen sollte. So kann sichergestellt werden,
dass die im Kreis der Koordinatoren gewonnenen Erfahrungen und der dort
vorhandene Sachverstand unmittelbar in die Evaluation einfließen. Um im
Rahmen des Evaluierungsprozesses tatsächlich einen Mehrwehrt für eine
bessere und effizientere Ausgestaltung der einzelnen Maßnahmen erzielen zu
können, sollten die Mitteilungen der Mitgliedstaaten an die EU-Kommission
jährlich erfolgen und insbesondere auch Aufschluss über die Verwendung der

eingesetzten Finanzressourcen geben.

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Der Deutsche Bundestag begrüßt die in dem Aktionsplan vorgesehene kon-
krete Umsetzung von Projekten. Damit wird gewährleistet, dass die Donau-
strategie in der Praxis auch tatsächlich einen Mehrwert für eine integrierte
Entwicklung des Donauraums bringen kann. Zu begrüßen ist auch, dass die
EU-Kommission für die Umsetzung dieser Projekte realistische Zielvor-
gaben macht. Aus deutscher Sicht besonders erfreulich ist, dass viele deutsche
Projektvorschläge in den Aktionsplan übernommen wurden und sowohl
Deutschland als auch die Länder Bayern und Baden-Württemberg nament-
lich als Projektträger genannt sind. Vor dem Hintergrund der direkten Betrof-
fenheit und der regionalen Expertise der Länder Bayern und Baden-Württem-
berg unterstützt der Deutsche Bundestag auch die Möglichkeit, Koordina-
torenstellen nicht nur ausschließlich an Mitgliedstaaten zu vergeben, sondern
auch an föderale Untergliederungen, wie die deutschen Länder. Auf diese
Weise kann die Realisierung der Ziele der Donaustrategie optimiert werden.

Der von der Europäischen Kommission vorgesehene geografische Geltungs-
bereich für die Donaustrategie, der durch das Flusseinzugsgebiet bestimmt
wird, bietet nach Auffassung des Deutschen Bundestages die bedeutende
Chance, die bislang in der EU verbreitete Nord-Süd-, und Ost-West-Tren-
nung zu überwinden. Die Strategie gilt in erster Linie für 14 Staaten, davon
acht EU-Mitgliedstaaten (Deutschland, Österreich, Ungarn, Tschechische
Republik, Slowakische Republik, Slowenien, Bulgarien, Rumänien) und
sechs Nicht-EU-Mitgliedstaaten (Kroatien, Serbien, Bosnien und Herzego-
wina, Montenegro, Ukraine, Moldawien). Sie steht jedoch ausdrücklich auch
anderen Partnern in der Region offen. Der Deutsche Bundestag unterstützt
diesen funktionellen Ansatz, da hierdurch anstelle geografischer Kriterien
primär gemeinsame Interessen und Lebensräume in den Vordergrund rücken.

3. Konkrete inhaltliche Grundlage des Vorschlags der Europäischen Kommis-
sion für eine europäische Strategie für den Donauraum sind vier Säulen, die
in mehrere Schwerpunktbereiche unterteilt sind. Säule 1 befasst sich mit der
Anbindung des Donauraums, insbesondere der Verbesserung der Infrastruk-
tur im Verkehrs- und Energiebereich sowie der Kultur und des Tourismus,
Säule 2 widmet sich dem Umweltschutz im Donauraum, Säule 3 dem Aufbau
von Wohlstand im Donauraum, insbesondere der Förderung von Bildung,
Wissenschaft und Forschung, und in Säule 4 wird die Stärkung des Donau-
raums thematisiert, insbesondere im Bereich der Sicherheit und der institu-
tionellen Zusammenarbeit.

Der Deutsche Bundestag begrüßt die Bedeutung, die der zukunftsorientierten
Entwicklung der europäischen Verkehrsnetze im Rahmen der Säule 1 „An-
bindung des Donauraums“ beigemessen wird. Eine gut funktionierende und
moderne Verkehrsinfrastruktur ist für eine positive Entwicklung des Donau-
raums von entscheidender Bedeutung. Erst mit dem Ausbau der vielfach
unzulänglichen Verkehrsinfrastruktur auf dem Wasser und auf dem Land
sowie der Entwicklung und Implementierung innovativer Verkehrs- und
Logistikkonzepte können Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Wohlstand
im Donauraum gewährleistet werden.

Besonders der Ausbau der Binnenschifffahrt auf der Donau ist für die Pros-
perität der Region essentiell und vor allem auch für die Verlagerung von Ver-
kehren sowie die Stärkung des Zusammenwirkens aller Verkehrsträger (Mul-
timodalität und Interoperabilität) von besonderer Bedeutung. In diesem
Rahmen besteht auch ein erhebliches Potential für eine verbesserte Zusam-
menarbeit in der Logistik. Gerade die Logistikbranche hat in den letzten
Jahren ein enormes Wachstum erfahren und ist auf eine multimodale Ver-
kehrsinfrastruktur dringend angewiesen.

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Der Deutsche Bundestag betont in diesem Zusammenhang jedoch auch die
Bedeutung der Donau als einzigartigen Lebensraum, dessen Schutz bei der
ökonomischen und infrastrukturellen Weiterentwicklung des Donauraums
nicht aus den Augen verloren werden darf. Bei der Umsetzung der einzelnen
Maßnahmen der verschiedenen Säulen der Strategie ist zwingend auf ein aus-
gewogenes Maß zu achten, das den Zielen der Verbesserung der Wasserqua-
lität und des ökologischen Zustandes der Donau, dem Schutz vor Über-
schwemmungen sowie der Erhaltung der biologischen Vielfalt Rechnung
trägt und den Schutz der natürlichen Ressourcen gewährleistet. Insbesondere
bei der Beseitigung der Engpässe in der Binnenschifffahrt darf daher nicht
über den derzeit geltenden Rechtsrahmen hinausgegangen werden. Zurzeit
wird eine variantenunabhängige Untersuchung durchgeführt. Des Weiteren
sollte die Zusammenarbeit bei Überschwemmungen sowie Schifffahrts- und
Industrieunfällen verbessert werden.

Der Deutsche Bundestag unterstützt das Ziel, die Umsetzung der für den Do-
nauraum relevanten Projekte des transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V)
im Rahmen der Donaustrategie voranzutreiben. Mit Blick auf die Neufassung
der TEN-V-Leitlinien und der Planung der EU-Kommission, dabei primär
Projekte mit einem hohen europäischen Mehrwert zu fördern, sollten auch
Projekte des Donauraums in das Netz aufgenommen werden. Hierbei ist nicht
nur auf die Beseitigung von Engpässen in der Schifffahrt und im Güter-
verkehr zu achten, sondern auch auf die Verbesserung von Schienenverkehrs-
verbindungen im Personenverkehr. Es ist daher zu begrüßen, dass die EU-
Kommission in ihrem Vorschlag zur Donaustrategie als mögliches Ziel auch
verbesserte Reisezeiten für wettbewerbsfähige Zugverbindungen zwischen
Großstädten im Personenverkehr nennt. So gibt es etwa bislang nur eine
unzureichende Bahnverbindung zwischen den europäischen Metropolen
München und Prag über die Donaustadt Regensburg. Der Ausbau dieser Ver-
bindung hätte für die Erschließung des Einzugsgebietes der Donau eine
enorme Bedeutung. Im Rahmen eines neuen TEN-Projektes über Prag, Furth
im Wald, Regensburg, München bis zur Adriaküste würde diese Verbindung
zu einer Schienentransversale von bedeutender europäischer Dimension in
optimaler Ergänzung zur Achse Paris–Strasbourg–Stuttgart–München–
Wien–Bratislava.

Der Deutsche Bundestag begrüßt die Zielsetzung, die Energieinfrastruktur im
Donauraum zu verbessern, die Energieeffizienz zu steigern und nachhaltige
Energien zu fördern. Vor allem bei der Vernetzung und Kompatibilität der
nationalen Stromnetze besteht noch Nachholbedarf. Hier kann die Bundes-
republik Deutschland im Rahmen eines Best-practice-Austausches einen
wertvollen Beitrag zur Sicherstellung ihrer Energieversorgung im Donau-
raum leisten.

Die Zuordnung des Schwerpunktbereiches „Förderung von Kultur und Tou-
rismus“ zur Säule 1 „Anbindung des Donauraums“ ist nach Auffassung des
Deutschen Bundestages unglücklich gewählt. Hier empfiehlt sich eher eine
Thematisierung im Rahmen der Säule 3 „Aufbau von Wohlstand im Donau-
raum“. Dies gilt insbesondere für den Tourismus, der einen bedeutenden
Wirtschaftsfaktor darstellt und damit maßgebend zur Steigerung des Wohl-
standes der Menschen im Donauraum beitragen kann.

Der Deutsche Bundestag begrüßt die Zielsetzung, ein gemeinsames und
nachhaltiges Konzept zu erarbeiten, das den Donauraum als „Marke“ europa-
und weltweit bekannt macht. Damit wird ein wertvoller Beitrag zur Förde-
rung des Tourismus geleistet. In diesem Rahmen regt der Deutsche Bundes-
tag die Einbeziehung des Donaukompetenzzentrums in die Donaustrategie
an, das vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und

Entwicklung unterstützt wird und mit der Vermarktung des Donauraums

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befasst ist. Dieses Zentrum bietet sich mit seiner bereits bestehenden Kom-
petenz ideal für eine Neuausrichtung und Erweiterung seines Zuständigkeits-
bereiches auf den gesamten Donauraum an. Bisher fördert das Donaukompe-
tenzzentrum insbesondere den wirtschaftlich und touristisch eher schwach
entwickelten Donauraum zwischen Kroatien und dem Schwarzen Meer.

Zur weiteren Förderung des Tourismus im Donauraum und insbesondere der
Entwicklung der grenzüberschreitenden Kreuzschifffahrt sollte im Rahmen
der Donaustrategie versucht werden, die Rahmenbedingungen und die Ab-
stimmung zwischen den Mitgliedstaaten zu verbessern. Handlungsmöglich-
keiten bestehen beispielsweise bei der Erschließung und Erweiterung touris-
tisch attraktiver Anlegestellen für Kreuzfahrtschiffe sowie der Infrastruktur
für die Abwasserentsorgung.

Der Deutsche Bundestag teilt die Einschätzung der EU-Kommission über das
Bestehen wirtschaftlicher und sozialer Extreme im Donauraum. Der Aufbau
von Wohlstand im Donauraum ist daher zu Recht eines der Hauptanliegen der
Donaustrategie. Schlüsselelemente hierfür sind die Förderung von Bildung,
Wissenschaft und Forschung. Vor allem eine stärkere Kooperation und Ver-
netzung in diesen Bereichen sollten dabei im Vordergrund stehen, um das ge-
samte Forschungs- und Innovationspotential der Region nutzen zu können.
So kann etwa bei innovativen Entwicklungen im Rahmen der Landwirt-
schaft, insbesondere der Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen, durch
den Austausch von Best-practice-Beispielen ein echter Mehrwert für den ge-
samten Donauraum erzielt werden. Desweiteren ist es für die Schaffung von
Wohlstand zwingend erforderlich, die Wettbewerbsfähigkeit von Unterneh-
men, insbesondere von kleinen und mittleren Unternehmen, zu optimieren.
Nachholbedarf besteht zudem bei Austauschprogrammen in der Berufsaus-
bildung sowie der gegenseitigen Anerkennung von Abschlüssen. Um diese
Ziele optimal erreichen zu können, unterstützt der Deutsche Bundestag den
Ansatz, auf der Strategie Europa 2020 aufzubauen und diese als Grundstein
für die Entwicklung der Donauregion zu nutzen.

Der Deutsche Bundestag betont darüber hinaus die Bedeutung des interkul-
turellen Dialogs vor allem der jungen Generation im Donauraum. Durch eine
bessere Vernetzung der jungen Menschen der verschiedenen Nationen des
Donauraums kann ein echter Mehrwert für die europäische Integration ge-
leistet werden und sich eine gemeinsame Identität entwickeln. Der Deutsche
Bundestag begrüßt daher die Initiative des Young Citizens Danube Network,
in Anlehnung an das Deutsch-Französische und das Deutsch-Polnische
Jugendwerk, ein Donau-Jugendwerk zu gründen. Der Deutsche Bundestag
unterstützt zudem den Austausch von Studierenden und Wissenschaftlern des
Donauraums durch entsprechende Austauschprogramme, die grenzüber-
schreitende Zusammenarbeit von Hochschulen sowie die Etablierung eines
„Danube-Studies“-Studienganges unter der Federführung der deutschspra-
chigen Andrássy Universität Budapest.

Eine zentrale Herausforderung zum Aufbau von Wohlstand im Donauraum
ist die Förderung und Entwicklung des ländlichen Raumes. Ländliche Re-
gionen prägen den Donauraum maßgeblich, die große Mehrheit der Men-
schen im Donauraum wohnt und arbeitet in ländlichen Regionen, sie sind
untrennbar mit dem Donauraum verbunden und machen den Charakter des
Donauraums aus. Die Entwicklung des ländlichen Raumes sollte daher als
Schwerpunktbereich in die Donaustrategie Eingang finden. Dabei sollte auch
die wichtige Rolle des Tourismus berücksichtigt werden, der in ländlichen
Räumen oft der Motor der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung mit unver-
zichtbaren Impulsen für den lokalen Arbeitsmarkt ist. Der Tourismus hat

erhebliche positive wirtschaftliche und arbeitsmarktpolitische Effekte auch
in nachgelagerten Bereichen wie dem Einzelhandel, der Nahrungs- und

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Genussmittelindustrie, dem Handwerk, dem Transportgewerbe und dem Kul-
turbereich. Bislang fehlt die Entwicklung des ländlichen Raumes jedoch im
Vorschlag der Europäischen Kommission, wenngleich wichtige Projekte zur
Förderung der ländlichen Entwicklung aufgenommen wurden, wie etwa die
Schaffung wohnortnaher Beschäftigungsmöglichkeiten, flächendeckende
Breitbandzugänge oder auch die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur.
Diese und andere Projekte zur Entwicklung des ländlichen Raumes müssen
auch ausdrücklich unter diesem Aspekt in der Donaustrategie bewertet und
gesehen werden.

Die Landwirtschaft zusammen mit den vor- und nachgelagerten Bereichen ist
ein wichtiger Wirtschaftsfaktor im ländlichen Raum und muss als solcher in
der Donaustrategie entsprechende Berücksichtigung finden. Die Land-,
Agrar- und Ernährungswirtschaft sichert gerade im ländlichen Raum Wirt-
schaftskraft und Arbeitsplätze. Allein in Deutschland sind im Agribusiness
rund 10 Prozent der Erwerbstätigen beschäftigt und erzielen einen Anteil an
der Wertschöpfung von rund 6 Prozent. Über die Erzeugung von Bioenergie
und nachwachsenden Rohstoffen leistet die Branche zudem einen wichtigen
Beitrag zum Klimaschutz und ermöglicht zusätzliche Arbeitsplätze und
Wertschöpfung.

Der Deutsche Bundestag unterstützt die Absicht zur Stärkung des Donau-
raums, insbesondere durch eine koordinierte Zusammenarbeit im Sicher-
heitsbereich und bei der Bekämpfung der schweren und organisierten Krimi-
nalität. Dies gilt nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass der Donauraum auch
Staaten umfasst, die keine EU-Mitglieder sind. Zu begrüßen ist auch die Ab-
sicht zum Erfahrungsaustausch im Bereich der Verwaltung. Dadurch wird
nicht nur die Sicherheit im Donauraum erhöht, sondern auch die regionale
Zusammenarbeit gestärkt und zugleich ein wertvoller Beitrag zum Bürokra-
tieabbau geleistet.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. bei der Verabschiedung und der Umsetzung der Donaustrategie darauf zu
achten, dass das Subsidiaritätsprinzip beachtet wird. Die Donaustrategie darf
sich ausschließlich auf Bereiche konzentrieren, in denen ein echter Mehrwert
für den Donauraum erzielt werden kann und die allein auf der Ebene der Mit-
gliedstaaten und Regionen nicht hinreichend geregelt werden können. Es ist
sicherzustellen, dass die Steuerung und Durchführung der einzelnen Maß-
nahmen der Strategie primär eine Aufgabe der Mitgliedstaaten und ihrer
regionalen Gebietskörperschaften bleibt;

2. sich dafür einzusetzen, dass die Berichterstattung und die Bewertung der
Strategie auf der Grundlage der Berichte der nationalen Koordinatoren für die
Prioritätenfelder sowie in enger Abstimmung mit diesen erfolgt. Dies garan-
tiert, dass die Fortschrittsberichte an den tatsächlichen Problemen orientiert
sind und die lokalen Gegebenheiten berücksichtigen. Die Berichte sollten
unter anderem Auskunft geben über den Umsetzungsstand der Aktionen und
Projekte, die Verwendung der eingesetzten Finanzressourcen sowie den Fahr-
plan über weitere Schritte. Auch begründete Vorschläge zur Anpassung der
Strategie einschließlich des Aktionsplans können gegebenenfalls Gegenstand
der Berichte sein;

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/5495

3. bei der Verabschiedung und der Umsetzung der Donaustrategie darauf zu
achten, dass keine neuen Institutionen speziell für den Donauraum geschaf-
fen, keine zusätzlichen europäischen Finanzmittel bereitgestellt und keine
neuen Rechtsetzungsakte erlassen oder bestehende geändert werden. Be-
stehende EU-Politiken, Programme und Projekte müssen genutzt und opti-
miert sowie bestehende Initiativen und Organisationen stärker vernetzt wer-
den;

4. sich bei den Verhandlungen über den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen
im Rahmen der Weiterentwicklung der Kohäsionspolitik, insbesondere im
Rahmen von Ziel 3 (Europäische territoriale Zusammenarbeit) dafür einzu-
setzen, dass bei der Bildung der Kooperationsräume zum Donauraum eine
Lösung gefunden wird, die eine effektive Teilnahme am Programm sowie
eine effiziente Programmdurchführung ermöglicht;

5. sich dafür einzusetzen, dass bei der Steuerung und Durchführung der
Donaustrategie auf transparente Entscheidungsprozesse und eine stärkere
Beteiligung der Zivilgesellschaft geachtet wird, um die notwendige Akzep-
tanz bei der Bevölkerung zu erreichen sowie ergänzend die Expertise nicht-
staatlicher Akteure genutzt wird und z. B. Industrie- und Handelskammern,
Handwerkskammern, Unternehmen und Interessenverbände in die Projekt-
arbeit einbezogen werden;

6. bei der Verabschiedung der Donaustrategie darauf zu achten, dass die Pro-
jekte realistische Zielvorgaben enthalten;

7. sich dafür einzusetzen, dass Koordinatorenstellen nicht nur ausschließlich
an Mitgliedstaaten vergeben werden, sondern auch an föderale Untergliede-
rungen, wie die deutschen Länder;

8. sich mit Blick auf die Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur im Donau-
raum für eine Stärkung des Zusammenwirkens der verschiedenen Verkehrs-
träger (Multimodalität und Interoperabilität) einzusetzen;

9. eine Verbesserung bei der Zusammenarbeit im Bereich der Logistik zu un-
terstützen;

10. bei der Neufassung der TEN-V-Leitlinien darauf hinzuwirken, dass auch
Projekte des Donauraums in das Netz aufgenommen werden, insbesondere
zum Ausbau des Güterverkehrsnetzes im Donauraum sowie zum Ausbau
wettbewerbsfähiger Zugverbindungen zwischen Großstädten im Personen-
verkehr, wie z. B. der Bahnverbindung zwischen den europäischen Metro-
polen München und Prag über Furth im Wald und die Donaustadt Regens-
burg, soweit hierfür ein positives Kosten-Nutzen-Verhältnis festgestellt
werden kann;

11. bei der Beseitigung der Engpässe in der Binnenschifffahrt nicht über den
derzeit geltenden Rechtsrahmen hinauszugehen – zurzeit wird eine varian-
tenunabhängige Untersuchung durchgeführt;

12. sich für eine umweltfreundliche Binnenschifffahrt mit einer sicheren Flotte
und qualifiziertem Personal einzusetzen;

13. bei der Umsetzung der einzelnen Maßnahmen der verschiedenen Säulen der
Strategie zwingend auf ein ausgewogenes Maß zu achten, das den Zielen
der Verbesserung der Wasserqualität und des ökologischen Zustandes der
Donau, dem Schutz vor Überschwemmungen sowie der Erhaltung der bio-
logischen Vielfalt Rechnung trägt und den Schutz der natürlichen Ressour-
cen gewährleistet;

14. eine bessere Vernetzung und Kompatibilität der nationalen Stromnetze

voranzutreiben, um die Energieinfrastruktur zu stärken;

Drucksache 17/5495 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
15. sich dafür einzusetzen, den Schwerpunktbereich „Förderung von Kultur
und Tourismus“ im Rahmen der Säule 3 der Donaustrategie „Aufbau von
Wohlstand im Donauraum“ zu thematisieren;

16. sich dafür einzusetzen, im Rahmen der Erarbeitung eines gemeinsamen und
nachhaltigen Konzeptes zur europa- und weltweiten Bekanntmachung des
Donauraums als „Marke“ das Donaukompetenzzentrum in die Donaustra-
tegie einzubeziehen und seinen Zuständigkeitsbereich entsprechend zu er-
weitern und neu auszurichten;

17. sich dafür einzusetzen, dass im Rahmen der Donaustrategie die Rahmen-
bedingungen und die Abstimmung zwischen den Mitgliedstaaten bei der
grenzüberschreitenden Kreuzschifffahrt verbessert werden;

18. sich dafür einzusetzen, dass durch Tourismus und Erholung das reiche Kul-
tur- und Naturerbe entlang der Donau nicht beeinträchtigt wird;

19. im Rahmen der Säule „Aufbau von Wohlstand im Donauraum“ auf eine
Verbesserung der Kooperation und Vernetzung in den Bereichen Bildung,
Wissenschaft und Forschung, u. a. im Bereich innovativer Entwicklungen
im Rahmen der Landwirtschaft, insbesondere nachwachsender Rohstoffe,
ebenso hinzuwirken wie auf eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von
kleinen und mittleren Unternehmen sowie auf die Förderung von Aus-
tauschprogrammen für Auszubildende, Studierende und Wissenschaftler,
die Etablierung eines „Danube-Studies“-Studienganges, die Gründung eines
Donau-Jugendwerkes und die gegenseitige Anerkennung von Abschlüssen;

20. sich dafür einzusetzen, dass die Entwicklung des ländlichen Raumes als
Schwerpunktbereich in der Säule „Aufbau von Wohlstand im Donauraum“
Eingang in die Donaustrategie findet, um damit dem Umstand Rechnung zu
tragen, dass der Donauraum maßgebend von ländlichen Gebieten geprägt
ist;

21. sich dafür einzusetzen, dass die Landwirtschaft als wichtiger Wirtschafts-
faktor im ländlichen Raum in der Donaustrategie entsprechende Berück-
sichtigung findet.

Berlin, den 13. April 2011

Volker Kauder, Gerda Hasselfeldt und Fraktion
Birgit Homburger und Fraktion

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