BT-Drucksache 17/5463

Die mangelhafte Preisinformation der Reisenden bei Fluggesellschaften und Flugvermittlern

Vom 8. April 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5463
17. Wahlperiode 08. 04. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Markus Tressel, Nicole Maisch, Cornelia Behm, Bärbel
Höhn, Undine Kurth (Quedlinburg), Friedrich Ostendorff und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die mangelhafte Preisinformation der Reisenden bei Fluggesellschaften
und Flugvermittlern

Mit der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 machte die Europäische Union ein-
deutige Vorgaben, wie die Reisepreise von Fluggesellschaften und -vermittlern
offenzulegen sind, um einen Schutz des fliegenden Verbrauchers zu gewähr-
leisten. Obwohl die Verordnung bereits zwei Jahre gilt, bestehen auf diesem
Gebiet noch erhebliche Mängel in der Rechtsdurchsetzung. So haben sowohl
deutsche Gerichte als auch die bundesgesetzlichen Vorschriften auch Flug-
vermittler zur Offenlegung der Preise verpflichtet. Dass die Regelungen noch
immer nicht eingehalten werden, wird besonders an den Verfahren deutlich, die
die Bundesverbraucherzentrale im Jahr 2010 gegen Fluggesellschaften wie
Ryanair oder Lufthansa, aber auch gegen Flugvermittler wie Opodo anstrengen
musste (einzusehen in der „Übersicht der Verfahren Fluggastrechte“, www.vzbv.
de/mediapics/fluggastrechte).

Gerade bei den Flugvermittlern werden teilweise erhebliche Gebühren fällig, die
nicht ausreichend kenntlich gemacht werden. So bemängelt Stiftung Warentest
unbemerkte Zusatzkosten, die mit einer „Buchungsanfrage“ beim Flugvermittler
auf den Verbraucher zukommen. Demzufolge bucht das Vermittlungsportal
genau wie ein Reisebüro den gewünschten Flug. Der so entstehende Vertrag kann
für den Kunden erhebliche Nachteile bedeuten (vgl. Flugvermittler im Inter-
net: Flüge teurer als gedacht; 3. Februar 2011, www.test.de/themen/freizeit-reise/
meldung/Flugvermittler-im-Internet-Fluege-teurer-als-gedacht-4195818-4195821).
Denn für ihre Dienstleistung verlangen einige Flugvermittler Gebühren. Bei
fluege.de und flug24.de beispielsweise hängt das zusätzliche Entgelt von der
Anzahl der Reisenden, der Flugstrecke und sonstiger Serviceleistungen ab. Der
Anbieter cheapfares.de kassiert 12 Euro pro Passagier, unabhängig von der Flug-
strecke. Bei anderen Flugvermittlern beginnen die Zusatzkosten bei 20 Euro.

Wenn diese Gebühren nicht oder nicht bei Beginn der Flugsuche offengelegt wer-
den, dann bedeutet das einen Verstoß gegen nationales und europäisches Recht.

Denn das OLG Dresden (14. Zivilsenat, Entscheidungsdatum: 17. August 2010,

Aktenzeichen: 14 U 551/10) erklärt, dass es sich bei einem Vermittler von Flug-
reisen um einen Flugscheinverkäufer im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1008/
2008 handelt. Deshalb gehört auch „das Entgelt, das der Kunde bei Buchung ei-
nes Fluges für die Vermittlungstätigkeit zu zahlen hat, zum Endpreis“. Dieser
muss deshalb entsprechend klar ausgewiesen werden.

Dies macht auch die bundesgesetzlichen Regelung des § 108 Absatz 5 der Luft-
verkehrs-Zulassungs-Ordnung (LuftVZO) unzweifelhaft klar.

Drucksache 17/5463 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verstöße von Reisevermittlern gegen Artikel 23 Absatz 1 Satz 2 oder Satz 3 der
Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 werden dort genau wie die von Fluggesellschaf-
ten als Ordnungswidrigkeiten im Sinne des § 58 Absatz 1 Nummer 13 des Luft-
verkehrsgesetzes eingestuft. Nach Angaben der Bundeszentrale für Verbrau-
cherschutz hat das Luftfahrt-Bundesamt (LBA) jedoch bisher noch keine Buß-
gelder gegen Flugvermittler erlassen hat.

Ein weiteres Problem wird in einer Studie des ADAC e. V. (www.adac.de/_mm
/pdf/ADAC-Test – Flugnebenkosten_50566.pdf) deutlich. Gewaltige Zusatz-
kosten (bis zu 270 Euro) können den Kunden insbesondere bei der Aufgabe von
Gepäck treffen. Dabei handelt es sich allerdings um eine „Zusatzleistung“, die
von der deutschen Rechtsprechung „nicht als eine Leistung an(gesehen wird),
für die regelmäßig gesonderte Gebühren zu entrichten sind“ (vgl. u. a. Entschei-
dung im Juni 2010 des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg 3. Zivilsenat,
Entscheidungsdatum: 26. August 2010, Aktenzeichen: 3 U 118/08). Nach
Ansicht der Rechtsprechung müssen die Fluggesellschaften „… um eine Irre-
führung zu vermeiden, bereits in der Werbung ausdrücklich und unmissver-
ständlich darauf hinweisen, dass bei Aufgabe von Gepäckstücken – zusätzlich
zu den beworbenen Flugpreisen – Gebühren verlangt werden.“ Eine Vielzahl
von Fluggesellschaften handelt heute im Widerspruch zu der deutschen Recht-
sprechung und zu Lasten jedes Reisenden.

Besonders im Bereich der Flugvermittler besteht eine große Notwendigkeit für
verstärkte Kontrollen durch die Bundesregierung. Nur so sind die Ziele der EU-
Verordnung und des Bundesrechts zum Schutz des Verbrauchers zu gewährleis-
ten. Das Gebot der Unionstreue verlangt ein verstärktes Handeln des nationalen
Durchsetzungsorgans. Dies ist in der Bundesrepublik Deutschland das LBA.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie überprüft die Bundesregierung die Einhaltung der Vorgaben der Verord-
nung (EG) Nr. 1008/2008 sowie des Verbots irreführender Werbung durch
die Fluggesellschaften und Flugvermittler?

2. Welche Probleme bestehen bei den Flugvermittlern, die Vorgaben des Arti-
kels 23 Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 und des § 108 Absatz 5 LuftVZO
durchzusetzen?

3. Kann die Bundesregierung die Probleme, bei denen Verbraucher erhebliche,
unausgewiesene Zusatzgebühren treffen, insbesondere im Bereich der Flug-
vermittler bestätigen (siehe Begründung)?

Wenn ja, welche Probleme sind die auffälligsten, und was gedenkt die Bun-
desregierung dagegen zu tun?

4. Welche rechtlichen Vorgaben bestehen für die Bemessung von Flughafen-
entgelten, Sicherheits- und kraftstoffbezogene Gebühren, Zuschläge oder
Entgelte?

5. Wie kann eine Durchsetzung der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 gegenüber
Flugvermittlern gewährleistet werden?

6. Wie wird das „opt-in“-Prinzip bei fakultativen Zusatzkosten umgesetzt?

7. Sind Bußgeldverfahren durch das LBA der sinnvollste Weg um einen Anwen-
dung des § 108 Absatz 5 LuftVZO und des Artikels 23 Absatz 1 Satz 2 Ver-
ordnung (EG) Nr. 1008/2008 sicherzustellen?

Welche weiteren Sanktionen werden angewendet?

8. Wie viele Beschwerden sind gegen Flugvermittler beim LBA bisher einge-

gangen, die sich auf die Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 beziehen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/5463

9. Wie viele Beschwerden sind gegen Direktanbieter beim LBA bisher einge-
gangen, die sich auf die Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 beziehen?

10. Findet ein Austausch zwischen Bundesregierung und ihren nachrangigen
Behörden auf der einen Seite und den Verbraucherzentralen auf der anderen
Seite statt?

Wenn ja, wie sieht dieser aus?

Wenn nein, warum nicht?

11. Wie viele Ordnungswidrigkeitenverfahren hat das LBA bislang gegenüber
Tatbeständen eingeleitet, die sich auf die Verordnung (EG) Nr. 1008/2008
beziehen?

Wie viele davon richten sich gegen Flugvermittler, und wie viele gegen
Direktanbieter (bitte einzeln auflisten)?

In wie vielen Fällen führten die Ordnungswidrigkeitenverfahren auch zu
einem Bußgeld?

12. Steht diese Zahl in einem angemessen Verhältnis zu den offenkundig beste-
henden Problemen, die vielfach von den Verbraucherzentralen angemahnt
werden?

13. Wie steht die Bundesregierung zu der Beurteilung, dass die Gepäckgebüh-
ren erhebliche, ungerechtfertigte Mehrkosten darstellen, die nicht in der Art
und Weise, wie es teilweise der Fall ist, erhoben werden dürften?

14. Hält es die Bundesregierung angesichts des Verbotes irreführender Wer-
bung für erforderlich, dass die Fluggesellschaften und -vermittler auf die
erheblichen Mehrkosten, die durch Gepäck entstehen können, bereits in der
Bewerbung ausdrücklich hinweisen?

15. Wie sind im Vorfeld große Abweichungen bei den Gepäckpreisen transparen-
ter zu machen, um so einen besseren Verbraucherschutz zu gewährleisten?

Besteht dahingehend ein Dialog zwischen Bundesregierung, Verbraucher-
zentralen und Fluggesellschaften?

16. Wie beurteilt die Bundesregierung die Rechtswahlklauseln in den Allge-
meinen Vertragsbedingungen des Anbieters Ryanair, die deutsche Verbrau-
cher dem irischen Recht unterwirft?

Berlin, den 7. April 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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