BT-Drucksache 17/5256

zu dem Antrag der Abgeordneten Swen Schulz (Spandau), Dr. Ernst Dieter Rossmann, Dr. Hans-Peter Bartels, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD - Drucksache 17/4018 - Bei Aussetzung der Wehrpflicht Hochschulpakt aufstocken

Vom 24. März 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5256
17. Wahlperiode 24. 03. 2011

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
(18. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Swen Schulz (Spandau), Dr. Ernst Dieter
Rossmann, Dr. Hans-Peter Bartels, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
– Drucksache 17/4018 –

Bei Aussetzung der Wehrpflicht Hochschulpakt aufstocken

A. Problem

Eine Aussetzung der Wehrpflicht wird zu einer zusätzlichen Nachfrage nach
Studienplätzen im geschätzten Umfang von bis zu 70 000 Studierenden führen.
Die bisher vom Bund und den Ländern im Rahmen der zweiten Phase des Hoch-
schulpaktes bis zum Jahre 2015 zusätzlich angebotenen Studienplätze reichen
vor diesem Hintergrund nicht aus.

B. Lösung

Der Deutsche Bundestag soll aufgefordert werden, unverzüglich Verhandlungen
mit den Ländern über eine Aufstockung des im Rahmen des Hochschulpaktes
vereinbarten Angebots um mindestens 60 000 Studienplätzen einzutreten. Die
zusätzlichen Kosten sollen zunächst überwiegend vom Bund getragen werden.
Die Bundesregierung wird darüber hinaus aufgefordert, den Deutschen Bundes-
tag bis zum 31. Januar 2011 über ihre geplanten Maßnahmen zu informieren.

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und DIE LINKE. bei
Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen

Annahme des Antrags auf Drucksache 17/4018.
D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Drucksache 17/5256 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/4018 abzulehnen.

Berlin, den 15. Dezember 2010

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

Ulla Burchardt
Vorsitzende

Florian Hahn
Berichterstatter

Swen Schulz (Spandau)
Berichterstatter

Dr. Martin Neumann (Lausitz)
Berichterstatter

Nicole Gohlke
Berichterstatterin

Kai Gehring
Berichterstatter

Stimmen der Fraktionen SPD und DIE LINKE. bei Stimm- tern, da er für diese Entscheidung verantwortlich sei. Die

enthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Von Seiten der Bundesregierung wird ausgeführt, dass sie
bereits in der Vergangenheit in außergewöhnlichem Maße
die Bundesländer und die Hochschulen bei der Bereitstel-

Entscheidung sei für die Länder und die Hochschulen über-
raschend in einer Situation gekommen, in der der bisherige
Hochschulpakt durch den Ansturm auf die vorhandenen Stu-
dienplätze bereits überstrapaziert gewesen sei.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/5256

Bericht der Abgeordneten Florian Hahn, Swen Schulz (Spandau), Dr. Martin
Neumann (Lausitz), Nicole Gohlke und Kai Gehring

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
17/4018 in seiner 78. Sitzung am 2. Dezember 2010 beraten
und an den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technik-
folgenabschätzung zur federführenden Beratung und an den
Haushaltsausschuss, den Ausschuss für Arbeit und Soziales,
den Verteidigungsausschuss, den Ausschuss für Familie, Se-
nioren, Frauen und Jugend sowie den Ausschuss für Gesund-
heit zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Fraktion der SPD erklärt, dass eine Aussetzung der
Wehrpflicht zu einer zusätzlichen Nachfrage nach Studien-
plätzen im geschätzten Umfang von bis zu 70 000 Studieren-
den führen werde. Die bisher vom Bund und den Ländern im
Rahmen der zweiten Phase des Hochschulpaktes bis zum
Jahre 2015 zusätzlich angebotenen Studienplätze reichten
vor diesem Hintergrund nicht aus.

Der Deutsche Bundestag solle daher aufgefordert werden,
unverzüglich Verhandlungen mit den Ländern über eine
Aufstockung des im Rahmen des Hochschulpaktes verein-
barten Angebots um mindestens 60 000 Studienplätzen ein-
zutreten. Die zusätzlichen Kosten sollen zunächst überwie-
gend vom Bund getragen werden. Die Bundesregierung solle
darüber hinaus aufgefordert werden, den Deutschen Bundes-
tag bis zum 31. Januar 2011 über ihre geplanten Maßnahmen
zu informieren.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Haushaltsausschuss, der Ausschuss für Arbeit und
Soziales, der Verteidigungsausschuss, der Ausschuss für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend und der Ausschuss
für Gesundheit haben jeweils mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der
Fraktionen SPD und DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den
Antrag auf Drucksache 17/4018 abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und -ergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfol-
genabschätzung hat die Vorlage in seiner 27. Sitzung am
15. Dezember 2010 beraten und empfiehlt:

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/4018 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die

der Bundesländer. Mit Unterstützung des Parlaments seien
im Hochschulpakt I 90 000 zusätzliche Studienplätze bis
zum Jahr 2010 geschaffen worden. Der Bund stelle dafür
565 Mio. Euro zur Verfügung. Mit dem Hochschulpakt II
würden von 2011 bis 2015 weitere 275 000 Studienplätze
geschaffen. Der Bund beteilige sich an der Finanzierung in
Partnerschaft mit den Bundesländern im Umfang von
3,2 Mrd. Euro. Nach einer Berechnung der Kultusminister-
konferenz (KMK) seien für das Angebot eines Studienplat-
zes 26 000 Euro verteilt auf vier Jahre notwendig. Der Bund
übernehme 50 Prozent der Kosten.

Vor dem Hintergrund, dass zum 1. Juli 2011 die Wehrpflicht
und auch der Zivildienst ausgesetzt würden, strebten zum
Wintersemester 2011 und auch in den folgenden Jahren eine
im Augenblick noch nicht genau abschätzbare Zahl zusätz-
licher Studienbewerber an die Hochschulen. Die Zahl der
Studierenden, die ihren Studienbeginn vorziehen wollten,
hänge auch von der Ausgestaltung und Annahme des von der
Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Dr. Kristina Schröder beabsichtigten Bundesfreiwilligen-
dienstes und eines freiwilligen Wehrdienstes ab, der vom
Bundesminister der Verteidigung Karl-Theodor Freiherr zu
Guttenberg geplant werde. Die Bundesregierung gehe davon
aus, dass in Abhängigkeit von der tatsächlichen Wahrneh-
mung der freiwilligen Dienste mit einem Zuwachs von
34 600 bis 59 000 Studienanfängern in den nächsten Jahren
zu rechnen sei.

Die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz von Bund und
Ländern (GWK) gehe von einer Größenordnung von rund
14 400 Studierenden aus, die aufgrund der Freiwilligen-
dienste zunächst kein Studium aufnähmen. Auf Bund und
Länder kämen aufgrund der Aussetzung der Wehrpflicht und
des Zivildienstes ein bisher nicht eingeplanter Mehrbedarf
von 0,9 Mrd. bis 1,5 Mrd. Euro zu. Die GWK habe sich dar-
auf verständigt, für die weitere Planung von 54 000 zusätzli-
chen Studienanfängern auszugehen. Die Kultusministerkon-
ferenz wolle Anfang 2011 eine genauere Prognose der
Studienzahlen vorlegen. Der Zuwachs an Studienanfängern
hätte auch einen Mehrbedarf von Leistungen nach dem
BAföG zur Folge.

Es wird hervorgehoben, dass Bund und Länder sich einig
seien, den Mehrbedarf über den laufenden Hochschulpakt zu
finanzieren. Entsprechend der bisherigen Systematik werde
die Abrechnung nach zwei Jahren anhand der tatsächlich in
den Ländern verzeichneten Studienanfängern erfolgen.

Die Fraktion der SPD sieht hauptsächlich den Bund in der
Verantwortung, die zusätzliche Herausforderung durch eine
Aussetzung der Wehrpflicht und des Zivildienstes zu schul-
lung von Studienplätzen unterstützt habe. Dies sei eigent-
lich eine Aufgabe in der ausschließlichen Verantwortung

Die Bundesregierung wird kritisiert, dass sie sich dieser
Situation nicht stelle und die Bundesministerin für Bildung

Drucksache 17/5256 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

und Forschung, Dr. Annette Schavan, lediglich vorgeschla-
gen habe, die Aussetzung der Wehrpflicht um einige Jahre
nach hinten zu verschieben. Dies entspreche auch der Auf-
fassung der GWK und der Staatssekretärs-Arbeitsgruppe
von Bund und Ländern. Das sei eine klare Position, die von
der Fraktion der SPD auch nicht kritisiert werde. Man stelle
jedoch fest, dass sich die Bundesministerin für Bildung und
Forschung offensichtlich im Kabinett nicht habe durchsetzen
können.

Die Antragsteller bitten um Aufklärung der unklaren Situa-
tion, in der es einerseits einen offen formulierten GWK-Be-
schluss gebe, das Problem zusätzlicher Studienbewerber
über den Hochschulpakt zu regeln. Andererseits gebe es eine
Protokollerklärung der Länder Brandenburg, Berlin, Bremen,
Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Thüringen, die
ihre Zustimmung zu dem Beschluss davon abhängig mach-
ten, dass die Finanzierung der zusätzlichen Kosten durch den
Bund erfolge.

Von Seiten der Bundesregierung sei aber heute ausgeführt
worden, dass sie es ablehne, 50 Prozent der Kosten zu tragen.
Man wolle daher erfahren, wie sie zu der Forderung der Län-
der stehe, das Finanzvolumen des Hochschulpaktes um
1 Mrd. Euro auszuweiten. Werde neu verhandelt, wenn die
Mittel des Hochschulpaktes schneller ausgezahlt würden,
und wie stelle sich die Bundesregierung die zeitlichen Ab-
läufe vor? Es wird kritisiert, dass Planungssicherheit für
Länder und Hochschulen verloren gehe und letztlich zu we-
nige Studienplätze zur Verfügung gestellt würden.

Vor diesem Hintergrund sei der vorliegende Antrag der Frak-
tion der SPD, der eine zeitlich begrenzte Übernahme der
Kosten durch den Bund über die 50 Prozent hinaus fordere,
zu betrachten. Der Bund sei für diese Situation verantwort-
lich und stehe daher auch in der Pflicht, die Länder zu unter-
stützen.

Die Fraktion der CDU/CSU erklärt, dass sich der Bund
auch im Hinblick auf die Finanzierung von Studienplätzen
kooperativ und solidarisch verhalte und seiner Verantwor-
tung gerecht werde. Sie betont, dass die Aussetzung der
Wehrpflicht dem Bund kurz- und mittelfristig keine Kosten
ersparen werde und daher nicht haushalterisch, sondern si-
cherheitspolitisch geboten sei. Daher könne der Termin für
die Aussetzung nicht beliebig gewählt werden.

Bund und Länder stünden gemeinsam in der Verantwortung,
vor dem Hintergrund des drohenden Fachkräftemangels al-
len Abiturienten einen Hochschulzugang zu ermöglichen.
Der Hochschulpakt biete hierzu den richtigen Rahmen. Eine
gemeinsame Lösung erfordere aber auch eine Prioritätenset-
zung auf beiden Seiten. Eine ergebnisoffene und sachliche
Auseinandersetzung sei im Interesse der jungen Menschen
notwendig. Die Forderung des Antrags der Fraktion der
SPD, dass der Bund die aus der Reform resultierenden Kos-
ten zunächst übernehmen solle, werde abgelehnt.

Von Seiten der Fraktion der FDP wird darauf hingewiesen,
dass die Konsequenzen einer Aussetzung der Wehrpflicht
und des zivilen Ersatzdienstes in Zahlen bis heute nicht ein-
deutig und klar seien. Die Länder hätten mit der Einführung
der achtjährigen Gymnasialzeit auch zu einem Aufwuchs der

Auf dieser Grundlage könnten Bund und Länder ihrer Ver-
antwortung gerecht werden.

Das Problem sei aber noch weitreichender, weil es nicht nur
um die Studienplätze, sondern auch um die Lehrkräfte und
die Infrastruktur insgesamt gehe. Vor diesem Hintergrund sei
nur ein gemeinsames Handeln zwischen Bund und Ländern
zielführend. Es müsse aber auch zu einer tatsächlichen Nut-
zung vorhandener Kapazitäten kommen, und es dürften kei-
ne Scheindebatten geführt werden. Es sei verfassungsrecht-
lich nicht abgesichert, dass der Bund allein dafür Sorge
tragen müsse, das Problem zu lösen. Es sei bereits viel in die
Wege geleitet worden, z. B. die Schaffung zusätzlicher
275 000 Studienplätze über den Hochschulpakt. Man werde
daher die Untersuchungen abwarten und dann konkret
reagieren.

Die Fraktion DIE LINKE. widerspricht den Ausführungen
der Fraktion der FDP. Es habe keine angemessene Reaktion
gegeben, vielmehr habe man sich lange Zeit gelassen, die
Problematik anzugehen oder auch nur darüber zu sprechen.
Die Bundesregierung habe im Bildungs- und Forschungs-
ausschuss konkrete Aussagen verweigert mit dem Hinweis,
die Aussetzung der Wehrpflicht sei noch keine beschlossene
Sache, während die öffentliche Debatte bereits im vollen
Gange gewesen sei und die CDU sie in einer Art General-
debatte bereits auf ihrem Parteitag diskutiert und beschlos-
sen habe. Daher stehe die Bundesregierung in der Pflicht,
Konzepte zu entwickeln und sie im Ausschuss frühzeitig
vorzustellen.

Für die Studierenden sei eine langfristige und verlässliche
Perspektive wichtig, insbesondere die Studienfinanzierung.
Die Aufnahme eines Studiums erfordere auch Vorberei-
tungszeit und das Einhalten von Fristen.

Im Papier der Staatssekretärs-Arbeitsgruppe werde die Zahl
der zusätzlichen Studienanfängerinnen und -anfänger aufge-
führt, die bereits vor zwei Monaten im Ausschuss diskutiert,
aber von der Bundesregierung ignoriert oder kleingerechnet
worden sei. Dieses Papier gehe von mindestens 34 000 bis
59 000 zusätzlichen Studienanfängerinnen und -anfängern
aus. Die KMK komme auf 45 000 bis 70 000 Studienplätze.
Demnach gebe es einen finanziellen Mehrbedarf von bis zu
1,5 Mrd. Euro.

Die Formulierung „im System des Hochschulpaktes oder im
Rahmen des Hochschulpaktes“ sei eine elegante, aber nicht
eindeutige Formulierung. Es bleibe unklar, ob es sich um zu-
sätzliche Mittel handle, ob sie vorgezogen werden sollten
und ob nach der Ausschöpfung eine Kompensation erfolgen
sollte.

Für den Hinweis der Länder auf das Verursacherprinzip gebe
es gute Gründe. Viele Länder seien nicht in der Lage, die zu-
sätzlichen Kosten zu tragen. Die Begründung des Verur-
sacherprinzips greife aber zu kurz, da man die Frage der Fi-
nanzierung von Bund-Länder-Programmen grundsätzlicher
angehen müsse. Man sehe sich mit der Tatsache konfrontiert,
dass Maßnahmen der vergangenen Jahre, wie z. B. die Ein-
führung der Schuldenbremse oder auch die Unternehmens-
steuerreform und andere Steuerreformen, viele Länder hand-
lungsunfähig gemacht hätten. Dafür trügen natürlich nicht
Studienbewerberzahlen beigetragen. Im Februar 2011 wür-
den GWK und KMK realistische aktuelle Zahlen vorlegen.

nur der Bund, sondern auch die Länder die politische Verant-
wortung. Es helfe nicht, bei jedem Bund-Länder-Programm

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/5256

erneut festzustellen, dass die Länder jetzt nicht in der Lage
seien, die Gegenfinanzierung zu leisten.

Die Fraktion DIE LINKE. führt weiter aus, dass das monate-
lange Gezerre um die BAföG-Erhöhung bei jungen Leuten
Politikverdrossenheit erzeugt habe. Es sei jetzt notwendig,
den politischen Willen zu artikulieren und die prekäre finan-
zielle Lage der Länder grundsätzlich zu beheben. Der Bund
sei in der Bringschuld, wenn es um die Finanzierung von zu-
sätzlichen Studienplätzen gehe. Die Bundesregierung sollte
erklären, wie die Mittel mobilisiert werden könnten und dass
nicht geplant sei, Mittel zu Lasten anderer Bereiche vorzu-
ziehen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hält die Grund-
satzentscheidung der Bundesregierung, aus der Wehrpflicht
auszusteigen, für überfällig und anerkennenswert. Dafür
habe sie viele Jahre geworben und gekämpft. Dieses Projekt
habe aber viele Folgewirkungen. Der Ausstieg und Über-
gang müssten konsistent gestaltet werden. Dies werde aber
von der Bundesregierung nicht in Angriff genommen. Nicht
nur der Bundesminister der Verteidigung und die Bundesmi-
nisterin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, sondern
auch der Bundesminister für Gesundheit und die Bundes-
ministerin für Bildung und Forschung sollten dazu heute im
Rahmen der Regierungserklärung sprechen, wo es um die
Frage der Kompensation im Pflegebereich und Mangel an
Ausbildungs- und Studienplätzen gehe. Die Bundesminister
hätten sich schon vor Monaten zusammensetzen müssen, um
eine Gesamtstrategie für den Stichtag 1. Juli 2011 zu ent-
wickeln, den die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
aber begrüße.

Allerdings verwunderten die heutigen Beiträge des Bundes-
ministeriums sowie der Fraktionen der CDU/CSU und FDP.
Sie vermittelten den Eindruck, man habe alle Zeit der Welt,
man müsse den Prozess beobachten und dann die Diskussion
beginnen. Es hätte längst eine Lösung entwickelt worden
sein müssen, wie zum Wintersemester 2011 die Studienplät-
ze und zum Herbst die Ausbildungsplätze bereitgestellt wer-
den könnten.

Da der Hochschulpakt unterfinanziert und unterdimensio-
niert sei, müsse er vor dem Hintergrund der Wehrpflichtaus-
setzung umso dringender überarbeitet werden. Auch der
Ausbildungspakt müsse in die Überlegungen einbezogen
werden. Wenn ein Großteil der 150 000 jungen Männer im
nächsten Wintersemester an die Universitäten wollten, ein
Teil davon keinen Studienplatz erhalte und infolgedessen
versuche, eine Ausbildung zu beginnen.

Zur Zeitplanung wird ausgeführt, dass es nicht im Sinne von
Klarheit und Planungssicherheit sein könne, wenn die GWK
erst Ende März 2011 über die Prognosen debattieren wolle.

Die Bundesregierung wird gefragt, von welcher Spannbreite
der Zahlen sie ausgehe und wie sie die Bereitstellung von bis
zu 60 000 zusätzlichen Studienplätzen zum Wintersemester
2011 sicherstellen wolle. Die Schätzung der GWK, wie viele
Bundesfreiwilligendienstplätze schon im Herbst nächsten
Jahres zu Verfügung stünden, sei zu hoch angesetzt. Auf die-
se Weise werde dann die Gesamtprognose bei den Ausbil-
dungs- und Studienplätzen niedrig gerechnet.

worden sei. Es gehe um die Entscheidung der Bundesebene,
zügig aus der Wehrpflicht auszusteigen. Es werde gefordert,
möglichst schnell zwischen Bund und Ländern die Finanzie-
rung zu klären.

Die Bundesregierung wird gefragt, ob sie plane, den Bundes-
finanzierungsanteil des Hochschulpaktes von 2012 auf 2011
vorzuziehen und falls ja, welche Konsequenzen dies für die
Zukunft habe.

Von Seiten der Bundesregierung wird ausgeführt, dass sie
und die GWK von 54 000 Studienanfängern ausgingen. Der
Bund sei zwar „schuld“ an der Aussetzung der Wehrpflicht,
aber deshalb müsse er nicht zwangsläufig für die Finanzie-
rung der zusätzlichen Studienplätze sorgen. Die Verfas-
sungslage sei eindeutig. Es sei Aufgabe der Bundesländer,
die zusätzlichen Studienplätze in den Hochschulen zur Ver-
fügung zu stellen. Die Bundesministerin überlasse das Pro-
blem aber nicht alleine den Ländern, sondern der Bund sei
bereit, die Hälfte des bevorstehenden Aufwands finanziell
mit zu schultern.

Zur Frage des Verursacherprinzips wird darauf hingewiesen,
dass der Bund den Hochschulpakt initiiert habe, obwohl das
Anwachsen der Studierwilligen durch die Einführung der
Schulzeitverkürzung und damit durch die Länder verursacht
worden sei. Der neue Hochschulpakt werde mit Beginn des
Jahres 2011 wirksam. Bundesregierung und Bundesländer
hätten sich geeinigt, dass in den nächsten Jahren sukzessiv
die zusätzlich entstehenden 275 000 Studienanfängerplätze
finanziert würden. Der Bundeshaushalt sei entsprechend
ausgestattet worden. Die Länder seien jetzt gefordert, umge-
hend Maßnahmen einzuleiten und zu ermitteln, an welchen
Universitäten oder Fachhochschulen und für welche Fächer
zusätzliche Studienplätze zur Verfügung gestellt werden
müssten. Der Bund als Partner werde die Länder bei der
Finanzierung unterstützen.

Die Fraktion der SPD fragt, ob seitens der Bundesregierung
eine Aufstockung der 275 000 Studienplätze um 54 000 in
die Debatte eingebracht worden sei und mit welchen Vorstel-
lungen die Bundesregierung in die Verhandlungen mit den
Ländern über die zusätzliche Finanzierung gehe. Ferner wol-
le man wissen, wann sich die Staatssekretärs-Arbeitsgruppe
zur Terminfrage äußere.

Die Fraktion der SPD möchte darüber hinaus wissen, ob und
wann der bestehende Hochschulpakt aufgestockt werde und
welche Auswirkungen auf den Haushalt 2011 zu erwarten
seien.

Die Fraktion der CDU/CSU weist darauf hin, dass nach der
Föderalismusreform für die Länder nach dem Wegfall der
Mischfinanzierung des Ausbaus der Hochschulen als Aus-
gleich eine Haushaltsstelle, die im Titel 60 angegliedert sei,
mit 659 Mio. Euro jährlich eingerichtet worden sei. Die Bun-
desregierung wird vor diesem Hintergrund gefragt, wie die
Länder die Hälfte der Mittel für den Ausbau der Hochschu-
len aufbringen könnten.

Die Fraktion der FDP betont die Notwendigkeit seriöser
Zahlen als Grundlage einer Debatte. Die Praxis zeige, dass
mathematische Modelle und das reale Verhalten der Studie-
renden nicht immer übereinstimmten. Es böte sich auch an-
Zur Finanzierung wird kritisiert, dass im Haushalt 2011 kei-
ne Vorsorge für die Ausweitung der Studienplätze getroffen

gesichts der aktuellen Situation an, die Studienkapazitäten in
den neuen Bundesländern stärker zu nutzen.

Drucksache 17/5256 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Die Fraktion DIE LINKE. möchte die Ausbildungssituation
in die Debatte einbezogen wissen. Auszubildende begännen
ihre Ausbildung im Durchschnitt erst mit 19,3 Jahren. Wel-
che Folgen habe eine Aussetzung der Wehrpflicht auf die
Ausbildungssituation und den Ausbildungspakt? Plane die
Bundesregierung eine Änderung des Ausbildungspaktes und
eventuell auch Sondermaßnahmen?

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erklärt, dass im
Jahr 2009 150 000 junge Männer wehr- und zivildienst-
pflichtig gewesen seien. Im Jahr 2011 müsse man von einer
ungefähr gleich großen Gruppe ausgehen. Es gehe aber nicht
nur um Zahlen und die Finanzierung, sondern auch um die
Zukunftschancen und Alternativen dieser jungen Männer,
die ihre Ausbildung oder ihr Studium früher beginnen woll-
ten. Daher stünden die Fragen nach dem Ausbildungspakt
und Lösungen für die jungen Auszubildenden im Raum.
Man ärgere sich über die Erklärung der Bundesregierung,
dass die Länder für diese Situation Vorsorge zu treffen hät-
ten.

Von Seiten der Bundesregierung wird erwidert, man habe le-
diglich ausgeführt, dass die Hochschulen jetzt mit der Um-
setzung beginnen müssten.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN merkt an, dass es
sowohl für den Haushaltsausschuss als auch den Bildungs-
und Forschungsausschuss wichtig sei, eine Aufschlüsselung
der voraussichtlichen zusätzlichen Studienplätze und ihre Fi-
nanzierung mit oder ohne Wehrpflicht bis 2015 zu erhalten.
Ferner wolle man den Fahrplan der Bund-Länder-Vereinba-
rungen wissen.

Die Bundesregierung antwortet, dass die nächste Staats-
sekretärsrunde der GWK am 28. Januar 2011 geplant sei.

Zum Thema Auszubildende wird ausgeführt, dass es zurzeit
noch rund 60 000 freie Lehrstellen gebe. Natürlich würden
zusätzlich junge Leute auch auf den Ausbildungsmarkt drän-
gen, und das Problem des Fachkräftemangels werde sich
dementsprechend vergrößern. Entscheidend werde sein, wie
sich die Wirtschaft im Bewusstsein des eigenen Fachkräfte-
mangels einbringe. Im Obleutegespräch vor der Ausschuss-
sitzung sei vereinbart worden, das Thema Ausbildungsmarkt
und die Auswirkungen der Aussetzung der Wehrpflicht in
der Januarsitzung als eigenständiges Thema aufzugreifen.

Zur Frage der Aufstockung der Studienplätze wird erklärt,
dass sich diese Frage im Moment noch nicht stelle, da gegen-
über dem Jahr 2010 in den nächsten Jahren erst einmal
275 000 zusätzliche Studienplätze geschaffen würden. Diese
Studienplätze würden von Bund und Ländern finanziert.
Wenn jetzt zusätzliche Studierende auf den Hochschulmarkt
strebten, seien die Kapazitäten zwangsläufig früher er-
schöpft. Das Verfahren sei im Hochschulpakt geregelt. Die
Zahlen würden nachlaufend betrachtet – nach zwei Jahren –,
und wenn sie höher als die KMK-Prognose ausfielen, erhiel-
ten die Länder eine Summe entsprechend der tatsächlich ge-
schaffenen Studienplätze. Der Bund sei damit den Ländern
erneut entgegen gekommen. Das Verfahren sei eindeutig,
präzise und korrekt. In der Folge werde es dann aufgrund der
höheren Studierendenzahlen auch zu höheren Kosten für das
BAföG kommen.

Die Abrechnung, bezogen auf die Entwicklung der Studie-

schaffung des Wehr- und Zivildienstes, werde haushalterisch
im Jahr 2013 und dann im Jahr 2014 wirksam. Wenn die Ge-
samtzahl erreicht worden sei, könnten Bund und Ländern
über weitere Maßnahmen sprechen.

Zur Frage nach der Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau
wird mitgeteilt, das Bundesministerium für Bildung und For-
schung gehe davon aus, dass die Länder die übernommenen
Verpflichtungen erfüllten.

Die Fraktion der SPD fragt, ob die Bundesregierung bereit
sei, bei Bedarf nach 2013 über das Verhältnis 50:50 zwi-
schen Bund und Ländern hinaus zusätzliche Mittel bereitzu-
stellen.

Die Fraktion der FDP warnt davor, dass die Länder, wie zum
Beispiel Brandenburg, Studienplätze abschafften und damit
die aktuelle Entwicklung konterkarierten. Die Länder stün-
den in der Verantwortung. Es gehe um einen zusätzlichen
Bedarf von 2,4 Prozent, die nicht einseitig auf den Bund ab-
gewälzt werden dürften.

Die Fraktion DIE LINKE. kritisiert, dass die Bundesregie-
rung nicht agiere, sondern sich auf das Reagieren beschrän-
ke, insbesondere wenn die Entwicklung kalkulierbar sei. Es
sei politisch zweifelhaft abzuwarten, ob die Universitäten
aus allen Nähten platzten und dann erst tätig zu werden.

Die Hochschulrektorenkonferenz habe pro Studienplatz
7 200 Euro kalkuliert. Bei der Anzahl von 275 000 Studien-
plätzen werde jetzt von 6 500 Euro pro Studienplatz ausge-
gangen. Damit wäre aber ein Studienplatz nicht vollständig
ausfinanziert. Wie wollten Bund und Länder die Finanzie-
rung sicherstellen, wenn die Studienplätze nicht ausreichten.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erklärt, dass man
von 275 000 Studienplätzen aufgrund der doppelten Abitur-
jahrgänge ausgegangen sei. Die Aussetzung der Wehrpflicht
sei dabei nicht berücksichtigt worden. Man wolle daher wis-
sen, ob die Bundesregierung mit den Ländern über die ver-
änderten Rahmenbedingungen reden werde, neue Vereinba-
rungen zum Hochschulpakt und Vorkehrungen für den
Haushalt 2012 und der folgenden Jahre treffe.

Darüber hinaus wird gefragt, wann das Parlament die erste
Vorlage für eine überplanmäßige Ausgabe bekomme, um zu-
sätzliche Studienplätze zu finanzieren.

Von Seiten der Bundesregierung wird betont, dass die Aus-
setzung der Wehrpflicht nicht zu mehr Studienanfängern
führe, sondern die Studienwilligen würden nur ihr Studium
früher beginnen. Dieser substanzielle Unterschied werde in
den Diskussionsbeiträgen nicht ausreichend berücksichtigt.

Der Vorwurf, die Bundesregierung würde nur reagieren,
wird zurückgewiesen. Die Bundesregierung habe Vorsorge
getroffen, dass in den nächsten Jahren, beginnend mit dem
Jahr 2011, Zehntausende neue Studienplätze entstünden und
dass die Finanzierung im Haushalt der nächsten Jahre sicher-
gestellt sei.

Darüber hinaus habe die Bundesregierung reagiert, in dem
die Bundesbildungsministerin zugesagt habe, die zusätzli-
chen Studienanfänger aufgrund der Aussetzung der Wehr-
pflicht und des Zivildienstes mit zu schultern, obwohl der
Bund dazu rechtlich nicht verpflichtet sei. Angesichts der in
Rede stehenden Finanzvolumina werde der Vorwurf einer
rendenzahlen oder Studienanfängerzahlen, wie auch auf die
Wirkung der zusätzlichen Studienanfänger aufgrund der Ab-

bloßen Reaktion der Bundesregierung dem Sachverhalt nicht
gerecht.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/5256

Zur Vorsorge durch den Bund wird ausgeführt, dass die Bun-
desregierung bereit sei, die Länder finanziell zu unterstützen.
Ob Lehrangebote zur Verfügung stünden, ob zusätzliche
wissenschaftliche Mitarbeiter oder zusätzliche Professoren
eingestellt werden müssten, wie Räumlichkeiten organisiert
werden könnten, seien ausschließliche Aufgaben der Bun-
desländer.

Was die Berechnungsgrundlage angehe, richte sich die Bun-
desregierung nach der Zahl, die die Bundesländer in eigener
Verantwortung nach der KMK-Berechnung für ihren Bedarf
zugrunde gelegt hätten. Die GWK habe sich auf die Summe
von 26 000 Euro festgelegt. Im Übrigen hätten die Bundes-
länder in der Vereinbarung mit dem Bund klar zugesagt, dass
sie die Gesamtfinanzierung des Hochschulpaktes sicherstell-
ten.

Der Bund sei bereit, zusammen mit den Ländern im Rahmen
des Hochschulpaktes das Problem zu lösen und die Hälfte
der 26 000 Euro weiter zu finanzieren. Die Vorauszahlung
sei aufgrund der KMK-Prognose von 2008 vereinbart wor-
den. Eine Abrechnung anhand der tatsächlich in den Ländern
geschaffenen zusätzlichen Studienplätze erfolge nachlau-

Berlin, den 15. Dezember 2

Florian Hahn
Berichterstatter

Sw
B

usitz)

Nicole Gohlke
Berichterstatterin

K
B
fend nach zwei Jahren.

Man stehe selbstverständlich über alle relevanten Themen
im Gespräch mit den Ländern. Es treffe zu, dass überwie-
gend SPD- oder mit der SPD regierte Länder die Erwartung
hätten, dass der Bund entweder alles bezahle oder auf jeden
Fall eine Anpassung der jährlichen Vorauszahlungen vor-
nehme und die Studienanfängerzahl insgesamt über die
275 000 hinaus ausweite. Die Bundesregierung hoffe, dass
die Bundespolitiker und auch die Bundestagsabgeordneten
die Position des Bundes stärkten, zumal sie auf klaren recht-
lichen Grundlagen beruhe. Alle Leistungen darüber hinaus
seien freiwillig. Jede Seite habe ihre Aufgaben zu erledigen,
die Bundesländer hätten enorme Leistungen zu erbringen,
und die Bundesregierung sei bereit, sich partnerschaftlich
einzubringen.

010

en Schulz (Spandau)
erichterstatter

Dr. Martin Neumann (La
Berichterstatter

ai Gehring
erichterstatter

x

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